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Beilage zur Weitzeritz-Zeitung Dienstag, am 15. Oktober 1929 95. Jahrgang Nr. 241 helk Dr. -«K Sahl nus nift per- lrch- en nzel iber >4,00 >8'2» >5 0» >2,2» >2,50 ik.oo IO,N» >5,50 >5,0» >1,00 W.50 >7,50 ober, rrle »cht- rsen, men eine a 24 eine, ange ',98, 4) 2» iähr. 138, -64, 109, I btS Volksbegehren und Befreiung. Die Rundfunkrede des RcichSjnstizministerS. — Di< Stunde der Aufhebung der Kriegsschuldklau;el wirk kommen! Reichsjustizminister v. Guörarv sprach am Sonn tag im Rundfunk über das Volksbegehren gegen der Uounqplan. Der Minister führte aus, durch Beschluss, deutscher Instanzen könnten Artikel des Versarlle, Vertrags nicht aufgehoben werden, es sei jedoch ge > inngcu', durch die zehn Jahre konsequent lortgefuhrt, ! Politik zu erreichen, daß am 60. Ium 1060 keir fremder Soldat mehr auf deutschem Boden stehe. Die schmerzliche Tatsache, daß wir den Krieg verloren haben, sei leider Wahrheit, und es sei auch wahr, daß im Falle der Nichterfüllung übernommener Ver pflichtungen nach den Bestimmungen des Versailler Gewaltvertrages die geräumten Gebiete wieder besetzt werden könnten. Minister von Guörard behandelte dann die Frage der Kriegsschuld und erklärte dazu: Deutschland hat niemals die Alleinschuld am Kriege anerkannt. Jeds deutsche Regierung hat dies« These des Versailler Vertrages zurückgewiesen nnd in diesem Kampfe gegen die Schuldliige ist das Volk einig. Ebert hat die Kriegsschuldliige zurückgewiesen. Hin denburg hat es getan. Noch vor wenigen Monaten hat die gegenwärtige Regierung die zehnjährige Wieder, kehr des Tages der Nnterzeichnnng des Versailler Vertrages znm Anlaß genommen, ein« feierliche Ber- wahrung gegen die Kriegsschuldlüge z« erheben. Das deutsche Volk ist darin einig, die Welt anfznklären, daß wir das Schnldnrteil zerreißen dürfen. Dies« Stunde wird komm««! Aber auch die dann erreicht« förmlich« Aufhebung des Schuldparagraphen^rd keine Zerreißung des auf dem Verlust des Krieges »ertrage» und somit auch kein« deuten" El«S,chaltnng der Reparationsleistungen »-> besonderer Schärfe wies Minister v. Gusrard die Behauptung zurück, nach dem Uoungplan konnten Ostdeutsche Handwerks-Tagung. Jahr^versammlnttg der ostdeutschen Handwerkskam mern in Schneidemühl. Die ostdeutschen Handwerkskammern versammelten sich in Schneidemühl zu ihrer diesjährigen Haupt versammlung. Vertreten waren die Kammern von Rundschau im Auslande. ! Der polnische Staat will im kommenden Jahre 230 Millionen Zloty für Bahnbauten austvenden. L Der frühere englische Außenminister Chamberlain veröffentlicht einen Nachruf für Stresemann, in dem es heißt, zu guter Letzt sei es Stresemanns Hand gewesen, die die Katastrophe vermieden habe. bisher noch nicht stattgesunden. Die Generale sind noch mit dem Aufmarsch beschäftigt. Kritisch ist die Lage der Nankingregierung vor allem deshalb, weil sie zugleich an zwei Fronten kämpfen muß. deutsche Volksgenossen exportiert werden, vaS sek eist» ungeheuerliche Lüge. Zusammenfassend sei festzusteNe». daß ein Erfolg des Volksbegehrens einen neuen Rück« gang der schwer ringenden Wirtschaft und neues Elend ftir weite Volkskretse bringen müsse. Am härtesten aber würde das schwergeprüfte Land an Rhein und Ruhr zu leiden haben. Frankreich, das «inst d«l Schemel seiner Vormachtstellung am Rhein durch Be setzungen gewonnen habe, erhalte dann neue Mvg* lichketten. Die Grenzen -er -ritten Zone. Genaue Festlegung der Nordgrenze. — Befreiungs« stunde für Koblenz und Ems. — Am IN. November Umzug der Rheinlandkommisfion. — Berlin, den 15. Oktober. Durch eine soeben veröffentlichte Verordnung des Reichskommissars für die besetzten Gebiete wird die Nordgrenze der dritten Besatzungszone genau festaelegt. Die Verordnung wurde notwendig, weil der Versailler Vertrag die Nordgrenze der dritten Zone nur als Luft linie enthält. Der Veröffentlichung der Verordnungen sind Verhandlungen mit der Rheinlandkommission und mit den beteiligten Landesbehörden vorausgegangen. In diesen Verhandlungen wurde ferner erreicht, daß eine Anzahl Ortschaften der Kreise Daun und Adenau, die nach den Vorschlägen der Gegenseite noch Wetter als besetzt gelten sollten, aus der dritten Zone ausscheiden. Die Grenzziehung beginnt hiernach att der deutsch-belgischen Landesgrenze; südlich Aachen durchzieht sie die Eisel in südöstlicher Richtung nach der Mosel; bei Bromm folgt sie ein kurzes Stück dem Mosellauf bis zur Biegung Nehren, verläuft dann weiter in südöstlicher Richtung durch den Huns rück und gelangt über Simmern an den Rhein bei Bacharach. Der Stadtkreis Aachen wird in seinem ganzen Gebietsumsang von der Besatzung frei. Di« Interalliierte Rheinlandkommission hat den Reichskommissar davon in Kenntnis gesetzt, daß sie in der Zeit vom 10. bis 25. November Men Sitz von Koblenz nach Wiesbaden verlegen wird. Koblenz wird nunmehr am heutigen Dienstag von den Be- satznngstrnppen — zwei französischen Jnfanterieregi- mentern und einem Artillerieregiment — geräumt. Die Verladung der Truppen ist bereits im Gange. Gleichzeitig wird auch Bad Ems frei. Bon de« Auf hebung der vesetznng wird ein Anfleben des Kur betriebes «rwartet. In Wiesbaden weilt gegenwärtig ein Ausschuß der Rheinlandkommission, dem die Arbeit des Quar tiermachers obliegt. Maginot berichtigt sich. Der französische Kolonialminister Maginot, «in sehr weit rechtsstehender Politiker, sprach bei der Ein weihung eines Gefallenendenkmals in Longueville noch mals über die Rheinlandräumung. In Bar-le-Duc hatte er den Standpunkt vertreten, die Räumung der dritten Zone hänge von der Ausführung des Uoung- plans ab, was soviel besagen sollte, als daß die Fran zosen gegebenenfalls auch nach dem 30. Juni 1936 im Rheinland bleiben könnten! Offenbar veranlaßt durch die scharfe Zurückwei sung dieser völlig unbegründeten These durch die deutsche Presse, drückte sich Maginot jetzt wesentlich anders aus. Er sprach nicht mehr von Tatsachen, son dern erklärte nur, die große Mehrheit des sranzö- schen Volkes dürfte mit ihm darin einig sein, daß es nur eine Möglichkeit zur Wahrung der französischen Interessen gäbe, nämlich die, solange am Rhein zu bleiben, bis der Uoungplan Wirklichkeit geworden sei Deutschnationale Rhein-und Saartagnvg« Geheimrat Hugenberg übe« Uonngplan, Volksbegehren nnd Stahlhelm verbot. In Neustadt a. d. Haardt fand «ine deutschnatio nale Rhein- und Saartagung' statt. Eröffnet wurde die Tagung mit einem gemeinsamen Kirchgang und mit einer Kranzniederlegung am Grabe Helfferichs» Dr. v. Dr Yan der gedachte zu Beginn der Tagung Helfferichs; die Hauptrede hielt Geheimrat Hug«n« berg. Redner führte aus, der Osten sehe di« Gefah ren des YoungplaneS deutlicher als der Westen, weif im Westen die Freude über Die unniittelbar« Folg« des Uoungplanes, nämlich die Räumung, überwieg« Es sei möglich, daß ein Erfolg des Volksbegehrens eine Verzögerung der Räumung zur Folge haben werde. Die paar hundert Millionen Mark, die Witz nach dein Uoungplan im Jahre wenige« zu zahlen hätten, als nach dem Dawesplan, seien unbedeutend. Das Volksbegehren wolle den Bankrott des Dawes« Plans. Geheimrat Hugenberg gedachte dann des Todes Stresemanns und betonte dabei, ein Gegner, der nicht mehr unter den Lebenden weile, dürfe nicht mehr zum Zielpunkt von Angriffen gemacht werden. Zum Mahd! helmverbot erklärte Geheimrat Hugenberg, vor dein Verbot hätte das Kabinett als ganzes gehört werden müssen. Frankurt (Oder), Berlin, Schneidemühl, Stettin, Kö nigsberg, Danzig, Allenstein, Gumbinnen, Breslau, Oppeln, Liegnitz und Stralsund. Es wurde beschlossen, zur Besprechung des Ostprogramms im November eine Sondertagung nach Berlin einzuberufen. Bei der Behandlung der Fragen der Wohnungs- Wirtschaft wurde angeregt, ein den heutigen Ver hältnissen Rechnung tragendes Wohnungsgesetz zu schaffen, das die Rechte der Mieter und ^Mieter regele. Bei der Erörterung der Novelle zur ^werbe- ordnung und der Handwerksnovelle wurde verlang daß die Verteilung der Sitze den Handwerks kammern auf einzelne Gewerbezweige nicht rmr aus die großen Gewerbegruppen erfoigen soN. Weiterhin »na ne Diese Frage müsse einheitlich durch ^den^Handwerks- und Gewerbekammertag ge- »um neuen Steuergesetzentwurf wurde betont, de« a-ntwurl entspreche keineswegs den Wünschen und For derten des Handwerks. Die Taaung erhob weiterhin g^en die tarifliche Regelung des LehrlingswefenS Tin- 'p^Besonders beklagt werden die Auswüchse des Sub- missionswesens. Poincare wird nochmals operiert. * Der frühere französische Ministerpräsident PoincarS soll im Laufe des Monats Oktober zum zweiten Mal operiert werden. Bisher war wegen des ungünstigen Ge sundheitszustandes von der Durchführung der zweiten Ope ration Abstand genommen worden. Windhuk erhält einen deutschen Bürgermeister. x Der Herausgeber der „Allgemeinen Zeitung" in der in der früheren Kolonie Deutsch-Südwestafrika ae- legenen Stadt Windhuk, Meinert, ist zum Bürgermeister von Windhuk gewählt worden. Chronik -es Tages. — Am heutigen Dienstag wird Bad EmS von den Franzosen geräumt. — Bei einem Automobilunglück auf der Avus erlitt der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschasts- bundes, Letpart, einen Schädel- und Oberschenkelbrmy- — Der Herausgeber der „Allgemeinen Zeitung" in Windhuk, Meinert, wurde zum Bürgermeister von Wind huk gewählt. , — In Koblenz wurden mehrere Reichsbahnbeamte unter dem Verdacht Ler passiven Bestechung verhaftet. - In Buchwald in Schlesien wurde eine Leich« kurz vor der Beerdigung von der Staatsanwaltschaft beschlag- Nahmt^ Mailand stürzte ein mit sechs jungen Leuten - besetztes Auto eine Straßenböschung hinunter. Drei, Per sonen waren sofort tot, die übrigen drei wurden schwer verletzt. Bürgerkrieg i« China. Aus China kommen erneut alarmierende Nach richten. Die Aufstandsbewegung gegen die von Tschangkaischek geführte Zentralregierung in Nanking, die in den letzten Monaten bald kler, bald dort aufflackerte, hat einen mächtigen Antrieb erhal ten. Der sogenannte christliche General Feng, Tschangkaischeks großer Gegenspieler, hat Farbe be kannt und sich den Rebellen angeschlossen. Für Tschangkaischek handelt es sich jetzt um Sein oder Nichtsein. Vom Norden her rücken ihm die „eisernen Divisionen" Fengs aus den Leib, im Süden des Landes aber reißt Tschangfakwei der Zentral regierung die Macht aus der Hand. Natürlich hat die Regierung gute und zahlreiche Truppen, die sie den Rebellen entgegenwerfen kann. Aber es sind auch Ge nerale darunter, die nur mit halbem Herzen bei der Sache sind und die vor allem erst einmal abwarten wollen, wohin sich die Waage neigen wird. ' Es geht aber nicht nur um das Schicksal der chine sischen Zentralregierung, auf dem Spiele steht auch das Werk der Einigung Chinas! Tschangkai scheks Verdienst ist es, den Krieg aller gegen alle be endet, den Norden, die Mandschurei und den Süden wieder zu einer Einheit zusammengeschweitzt zu haben. Wird es ihm gelingen, diese Einheit jetzt auch gegen mächtige Widersacher erfolgreich zu verteidigen? Die Hintergründe der neuen Wirrnisse sind im Augenblick noch nicht zu durchschauen. Handelt es sich um einen Vorstoß der Kommunisten und des linken Flügels der herrschenden Kuomintang, oder wird Tschangkaischek nur deshalb bekämpft, weil es einige sehr selbstbewußte Machthaber nicht über sich bringen können, ein dienendes Glied im Ganzen zu sein? Daß im chinesischen Einigungskampf die schwerste Belastungsprobe noch ausstand, war allgemein bekannt. Als Tschangkaischek mit russischer Hilfe von Sieg zu Sieg marschierte, als Peking fiel uno eine Provinz nach der anderen zur Nationalregierung übertrat, hiel ten es einige Generale für ratsam, mit Tschangkai schek ihren Frieden zu machen, um an der Macht zu bleiben. Innerlich lehnten sie das Programm der Kuomintang aber ab. Wenn Tschangkaischeks Gegner jetzt die Stunde der Generalabrechnung für gekommen erachten, so liegt das daran, daß sich die Nationalregierung in der Mandschurei arg verritten hat. China ist zwar bisher im Konflikt mit Rußland um eine offene Demüti gung herumgekommen, doch gilt hier das alte Wort: aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Inzwischen benutzen die Gegner der Regierung die Gelegenheit, um den Volksmasscn an Hand von Beispielen aus dem Mand- schureikvnflikt die Unfähigkeit der Negierung darzu legen. Sie sagen, Tschangkaischek habe es zwar zum Konflikt kommen lassen, er sei jedoch unfähig, den Konflikr zu beenden oder die Russen von Einfällen in China abzuhalten. Von den Rebellen ist bekannt, daß sie Freunde Rußlands sind. Im übrigen weiß man wenig Po sitives von ihnen. Undurchsichtig ist vor allem Feng, über dessen Persönlichkeit ein Engländer sagt: „Gene ral Feng ist auch seiner Umgebung eine Sphinx. Un wandelbar ist nur sein Hatz gegen England, und wenn er England damit schaden könnte, würde er sich zn diesem Zweck auch dem Teufel verschreiben. Was Fengs Uedcrzeugung betrifft, vermenge man Rudolf Steiner mit HuS, gieße etwas Cromwell und etwas Trotzki hinzu, dann hat man Feng, wie er lebt und denkt." Der Lebenslauf Fengs nimmt sich phantastisch aus. Nach einer entbehrungsreichen Kindheit als Sohn armer Eltern wurde Feng mit 17 Jahren Soldat; Offizier geworden, bekannte er sich 1910 zum Christen tum. Von Haus aus zu Verschwörungen geneigt, ließ er sich mit Gegnern des herrschenden Regimes in ein Komplott ein, was seine Dearadieruna zur Folge hatte. Die ihm darüber hinaus zudiktierte Frei heitsstrafe hatte er kaum angetrcten, als in China die Revolution ausbrach. Feng wurde wieder Sol dat und brachte es nun in kürzester Zett zum Heer führer. Bedeutung gewann er dadurch, daß er sich eine tüchtige Truppe heranbildete, aus Manneszucht hielt und so immer ein entscheidendes Wörtletn mit reden konnte, wenn chinesische Generale Verhandlun gen führten. Ferner rühmt man Feng ein gutes Fingerspitzengefühl nach. Er versteht sich darauf, Dolksstrvmungen zu erkennen und sie für seine Zivecke auszunutzen. Schlimm ist nur seine Unzuverlässig rett, ist doch Feng in entschrtdenden Augenblicken sei nen Verbündeten wiederholt in den Rücken gefallen! Größere Gefechte in den jetzigen Wirren haben Pottttsche Rundschau. — Berlin, den 15. Oktoh« 1SSV. r: Reichsminister a. D. Sülz über „demokratische Kommunalpolitik". Auf dem Parteitag de« D«ut- schen Demokratischen Partei für die Wahlkreise Düssel dorf-Ost und West sprach Reichsminister a. D. Dr. Külz über das Thema „Demokratische Kommunalpoli-" tik". Der Redner Betonte, Bas Verhältnis der kom munalen Körper untereinander und das zu Staat und Reich sei in starker Wandlung begriffen. Das letzte Ziel demokratischer Gemeindepolitik bestehe darin, die deutschen Selbstverwaltungskörper zum Ausgangspunkt lebendiger schaffender Kraft für Volk und Staat zu machen.