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gerade in diesem Augon- blicke aus dem House, / um nach ihrem Liebling / I I" sehen. Da sah sie die I dahinrollendo Wassor- vx 1 i nV woge und die kleine j ML-» 's 1^, Wiege auf ihrem — Rücken, darin dar Kindchen erwacht war und zu weinen begann. Die Mutter muhte sich vor Schreck am Türpfosten festhalten; in der nächsten Minute aber stürzte sie zum Strand und begann ins Wasser hinein- zuwaten, der Wiege nach, die schon eine Strecke ins Meer geschwommen war. Smmer ferner klang der verzweifelten Mutter das Weinen ihres Kindes, immer heftiger vor- luchte sie durch Schwimmen und Vorwärts- hasten ihr Kind zu retten, — es war umsonst. Kein Kahn war in der Nähe, der Fischer kehrte immer abends erst von seinen Fisch zügen heim. Nun war die Bernsteinwlege ganz und gar aus dem Gesichtskreis der Mutter entschwunden, und totunglllcklich wandte sie sich dem Lande zu, wo sie unter Tränen einschlief. Als der Fischer abends aus seinem Kohn ans Land sprang, er hatte heute so viel Fische gefangen, daß der Kohn fast sank, da sah er seine Frau am Ufer wie leblos liegen, und da er die Bernsteinwiege nicht sah, ahnte er gleich ein Unheil und werkte seine Frau voller Schrecken. Als sie endlich die Augen aufschlug, weinte sie gleich wieder und klagte ihren Mann an, daß er mit dem Bcrnsteinraub die Meoresgötter erzürnt habe, die nun so grausam Rache übten. Der Fischer ging still in die Hütte und nahm sich das alles so sehr zu Herzen, daß er schwermütig wurde und sich nicht mehr vom Flecke rühren wollte. Nun hatte die arme Frau doppelte Sorge. Sie »ahm sich zusammen, machte ein ruhiges Gesicht und besorgte Ihren Mann mit Liebe und Güte. Aber jeden Frühmorgen wanderte ie draußen auf den einsamsten Klippen um- >er und spähte übers Meer, ob sie nicht rgondwo ein Zipfelchen von dem Schleier ähe, der an ihres Kindes Wiegenbett lotterte. Lines Tages traf sie eine alte Frau, mit der niemand im Dorfe gern sprach, weil sie im Rufe einer Zauberin stand. Diese Alte gab der jungen Zischerfrau den Rat, die Schildkröte im Zennermoor aufzusuchen, die viele tausend Zcchre alt wäre und schon manchem einen guten Rot gegeben hätte. Die Fischerfrau machte sich denn auch am Abend auf nach dem Zennermoor und nahm »ine Schale Milch mit für die Schildkröte. Richtig saß das große Tier auf einem Stein am Strand und äugte der Fsscherfrau ent gegen. 2n dem uralten, verwitterten Kopf der Schildkröte saßen zwei kluge, schwarie Augen, denen wohl nichts verborgen blieb. 150 — Die junge Frau hatte sogleich Zutrauen zu dem Lier, setzte sich neben es aus dm Strub und gab ihm von der Milch zu trinken. Als die Schildkröte von der Milch getrunken hatte, richtete sie sich aus und flüsterte der Fischerfrau ins Ohr: „Du hast schon viele Tränen vergossen um deinen kleinen Lieb ling, den die Meerfrauen geraubt haben, well er ihnen verfallen war in der Wiege aus Bornstein. Setze dich ans Meer und weine, soviel du weinen kannst. Wenn dis Perlenketten gewundm sind, wirst du dein Kind wiederbekommen." Dann zog die Schildkröte ihren Kopf zwischen ihr steinernes Gehäuse und schlies. Die junge Frau aber war selig Uber diesen Trost, sprang noch Hause, versorgte ihren Mann mit Lssen und Trinken, setzte sich dann auf eine Klippe am Meer und begann Träne um Träne zu ver gießen. Von Zeit zu Zeit blickte sie auf und sah, daß ihre Tränen in die Wellen rollten, sah, daß dort unten kleine goldene Zische die Tränen mit ihren Mäulern auf- fingon und schnell fortschwammen. Nun wußte sie, daß ein Zauber mit diesen Tränen bestand und weinte, soviel sie nur weinen konnte. Sn einer Vollmondnacht, in der sie wieder weinend auf der Klippe saß, sah sie plötzlich von fernher etwas heranschwimmon. Wie eine kleine 2nsol sah es aus und lieblicher Gesang tönte herüber. Bold kam die 6nsol ganz nahe herongoschwommen und siehe: Bier Meerfrauen saßen inmitten blühender. Blumen und reihten Perlen zu langen Ketten auf. Sn der Mitte der «önsel aber stand, — die junge Zischerfrau stieß einen jubelnden Schrei aus — die Bernsteinwiege mit ihrem Töchterchen, das lustig krähte und von den Meerfrauen an Schleiorbändern hin und her gewiegt wurde. Da standen die vier Meerfrauen plötzlich auf, schlangen sich die Porlmkotten um den Hals, winkten der Ascherfrau, die wie Im Traum von der Klippe heruntorschritt und die Snsel betrat.