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An Zuchthaus als Künstlerheim. Das frühere bayerische Zuchthaus, die Plassenburg bei Kulmbach, wurde zu einem Heim für schaffende Künstler umgewandelt und in Gegenwart zahlreicher Ehrengäste eingeweiht. Ferienzett. Fast überall in deutschen Gauen ist es jetzt fm Die Schulranzen und Schultaschen sind in die Ecke ge flogen. Die Freiheit ist da, die Ferienzeit! Jugend atmet auf, freut sich im Sonnenlicht, denkt nur an Erholung, wirft auch nicht einen Blick mehs aus das verstaubte alte Bücherbrett, „an dem die Wür- iner nagen. Die ganze Weisheitslast, die es trägt htdnmert die vor Freude mehr oder weniger laut jubelnde junge Welt nicht mehr, wenigstens nicht mehl Mts einige Wochen. Hinaus zieht es alle in die Ferne! Glückliche, lachende Gesichter glühen aus den Fenstern der Züg< bei der Abfahrt die Zurückblsibenden, hier und do wird auch verstohlen unter hem Lachen so eine kleine, salzige Träne fortgewischt, aber die Freude siegt. Denn es geht ja hinaus, dorthin, wo die Saaten wogen, wo das Grün der Bäume in der Sonne winkt, dorthin, wo aus Bergen die Burgen winken und raunen vor aller Zeit und ihrem Wesen, dorthin, wo sich del Ströme Silberbänder durch Aehrenfelder ziehen, dort hin, wo in edlen Gauen deutscher Wein der Reif« entgegenwächst. Und die anderen, die vielen anderen, denen dü Wirtschaftlich« Lage das »Hinaus in die Ferne!" ver bietet, die brauchen nicht traurig zu sein. Das nächst« Jahr vielleicht oder das übernächste sieht es ändert aus! In diesen Tagen aber sollen sie sich trösten mii der Erwägung: ,Mozu in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt fv nah!" Da« HSusermeer auch der Großstadt, auch del allergrößten Weltstadt, hört ja auch einmal auf, irgend wo fmd doch seine Grenzen, an denen sich der weite Gotteögarten öffnet, der alle Menschen einlädt, zum Besuch, der auch den „Zurückgebliebenen" das bietet, was die „Verreisten" draußen suchen und finden. Hinaus also dorthin, wo die Natur uns zu Gaste lädt, wo Licht und Luft und Sonne uns heilen wollen, alt und jung, von dem, was die Stadt an unserer Gesundheit gesündigt, wo der Geist Ruhe und Er- hÄnmg findet vom Schaffen und neue Kräfte sammelt zu neuer harter Arbeit! Denn die kommt ja doch wiÄ>er; die Ferien können nicht ewig währen, weil das LÄen so harte Anforderungen an jeden einzel nen stellt, einerlei, ob er noch die Schulbank drückt oder bereits den Kampf ums Dasein ausgenommen hat. H. D. Jägers Pflicht und Freud im Juli. Bislang war es herkömmlich, daß in den ersten Julitagen die Ballerei aus die noch nicht flugbareu Jungenten ein setzte; wollte man Patronen sparen, dann ließ man die armen Tiere jagdschindermäßig vom Hund fangen, und zwar nicht nur die Jungenten, Andern auch die vielen vorübergehend flugunfähigen Mausererpel. Einige deutsche Länder hatten schon seit längerer Zeit diesem jagdlichen Unfug einen Riegel vorgeschoben, indem sie den Ausgang der Jagd aus den 16. Juli verlegten. Heuer ist man, Hubertus sei Dank, mit Rück ficht auf die verheerenden Auswirkungen des schlim men vergangenen Winters in den meisten deutschen Ländern zu einer begrüßenswerten Verlängerung der Schonzeit geschritten, und nur in Bayern, Württem berg und Sachsen sängt di« Jagd bereits am 16. Zull an. In normalen Jahren kann man froh sein, wenn allgemein dieser Termin gültig wäre. Die zu- ständigen Stellen setzen sich ja dafür ein, denn di« Dinge liegen doch so, daß die Scbose zwar allmählich sAutzreif werden aber sehr verschieden nach ihrem Ent- wuklungsgrad. Der Rehbock, aus den di« Jagd mit dem 1. Juli überall in deutschen Revieren fretgeaeben ist, nachdem meist di« Schonzeit dankenswerterweise um einen Mo nat verlüyaert worden war, tritt gegen Ende de- Heuert« in die Brunft. « nccht damit ddevon VW- len Jägern so Heitz ersehnte Blattzeit. Schon HS- her galt der Grundsatz: Wer eS aut mit seinem Wild stand meint, der sollte erst im folgenden Monat, w der zweiten Hälfte der Brunstzeit, fnne Böcke zu streb ken suchen und, wer es am allerbesten meint, d« läßt, wie eS die alten weidgerechten Jager taten, wäh rend der ganzen Brunft sein Büchse ruhen, damit du FortpflanzungSzeit ohne Störung verläuft. Sollten wir guten deutschen Jäger, wenn wir nichl vom Schicksal besonders begünstigt wurden und un< ftr Revier ohne Schaden durch den Winter gebrachi haben, nicht wenigstens dieses Jahr so handeln wie du Alten? Wir müssen dafür sorgen, daß unsere Rey bestände wieder zahlenmäßig aus di« Höhe kommen; das ist zunächst die Hauptsache. Für die Zuchtwahl, die Hege mit der Büchse, ist eS in späteren Jahren noch früh genug. Unser Rehwild ist furchtbar dezimiert worden, Eine zahlenmäßige Verlustangabe für die einzelnen Wildarten liegt ftir Preußen nicht vor, in Prozenten ausgedrückt kann man aber ohne jede Gefahr, daß man zu hoch greift, nach den Berichten fcststellen, daß 20 Prozent des Rehwildes verloren gegangen ist. In Sachsen, wo unter den Jägern mustergültige Ein« mütigkeit herrscht, hat man greifbare Zahlen. Di- Sächsische Jagdkammer gibt die Verluste an Reh wild zahlenmäßig aus 10183 Stück an, hiervon 1684 Böcke, 3842 Ricken, 4657 Kitze. Uebrigens waren die stärksten Verluste in Sachsen genau wie in Preu ßen im Flachland zu beobachten; besonders in Feld revieren mit wenig natürlicher Aefung hat das Reh wild stark gelitten. Reviere mit Beeren- bezw. Heide kraut hatten geringere, teilweise sogar keine Verluste. Es mag ohne weiteres als richtig unterstell! werden, daß die Verluste zum großen oder größten Teil auf schwache oder kümmernde Stücke fallen, das ist aber kein Grund, nun wahllos Bock oder Böckchen auf den Kopf zu schießen. Vielmehr muß man nun bestrebt sein, mit dem gebliebenen, hoffentlich durch- aus gesunden Rest möglichst bald durch vermehrt« Hege und Schonung einen ordentlichen Rehstand her anzuziehen und die Lücken aufzufüllen. Im übrigen gibt es im Revier gentwend „Ar. beit". Beeren-, Pilzsammler und sonstig« Waldbumm ler sind verschärft zu überwachen, ebenso die Herren Wilddiebe, die sich die Blattzett gern zunutze machen, um die Ricke von den Kitzen wegzuschteßen. H.D * Krankhafte Ermüdung. Von Dr. med. G. Zickgraf. Die Leistungsfähigkeit des Menschen steht im um gekehrten Verhältnis zu seiner Fähigkeit, müde zu tver- den. Menschen im Vollbesitz geistiger und körperlicher Gesundheit kennen das Gefühl der Ermüdung eigent lich überhaupt nicht und werden erst am Ende eines arbeitsreichen und nicht zu kurzen Tages müde, um im Schlaf neue Kräfte für den nächsten zu sammeln. Anders verhält es sich bei vielen modernen Menschen, die über leichte Ermüdbarkeit schon während des Tages Nagen und, vorzeitig ermüdet, ihre Arbeit einstellen müssen. Derartige Erscheinungen werden dann als Nervosität oder als Blutarmut bezeichnet, während sie in Wirklichkeit meist nur die Anzeichen einer verkehr ten Lebens- und Ernährungsweise sind und mit Leich tigkeit vermieden werden könnten. Es soll hier nicht von jener Müdigkeit gesprochen werden, die man so häufig bei erwerbstätigen Personen findet, und die nichts weiter als der Ausdruck einer ungenügenden Nachtruhe ist. Wenn die halbe Nacht durchtanzt oder durchzecht wird, so zeigt sich natürlich am nächsten Tage eine große Müdigkeit. Ze öfter dies vorkommt, desto größer ist die Restschuld de« ge raubten Schlafes und damit die FähigkÄr zu ermüden. Aber auch Leute, die sich in dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen haben, leiden häufig schon am Morgen an einer Müdigkeit, die sie zu jeder intensiven Arbeit unfähig macht. Sie stehen eigentlich schon müde auf. Ihre Müdigkeit macht sie verdrossen, noch bevor da« Tagewerk begonnen hat. Bei manchen bessert sich der Zustand im Laufe des Bor- oder Nachmittags, fo daß sie häufig sogar am Abend ganz frisch und lei stungsfähig erscheinen. Besonders dann wird dieser Müdigkeitszustand besser werden, wenn sie — wie man das leicht feststellen kann — Reizmittel zu sich nehmen. Kaffee, Tee, Schokolade, Nikotin, Alkohol sind die ge bräuchlichsten und bekanntesten Stimulantien, zu denen aber auch Fleischbrühe, kräftige Fleischgerichte und manche Gewürze gehören. Gerade diese zuletzt genannten Reizmittel sind als solche unbekannt, sie gelten nicht dafür und werden deshalb harmlos genossen. Ihre Wirkung im Körper ist aber eine ganz ähnliche wie die Wirkung der erst genannten Reizstoffe und Genußmittel. Sie erregen zuerst die Nerven und hinterlassen nach Abklingen der Erregung ein Müdigkeitsaefühl. ES handelt sich dabei um Eiweißprodukte, die nicht ganz im Körper abgebaut werden, und die im Blute als Gifte wirken. So ist ». B. bei der Migräne neuerdings während des An falls Histamin im Blute gefunden worden, ein Ei weißabbauprodukt höchst giftiger Art, das aus der Eiweiß- und Fletschverdauung stammt. Wenn man die nervösen Beschwerden, die sich bei leichter Ermüdbarkeit etnstellen und die sich in Kopf weh, Migräne, Magenstörungen usw. äußern, nähe» prüft, so ähneln sie den durch Äbbauprodukte de- FleischeS hervorgerufenen Zuständen wie ein Ei dem andern. E« besteht auch schon längst kein Zweifel mehr, daß derartige Menschen mit leichter Ermüdbar- Kit beim Sehlen sonstiger Krankheitssymptome nun unter den Einwirkungen «iner zu reichen Fleischkost läden. Die Empfindlich?«« gegen reichliche Fleischkost ist eben ganz individuell, und was der «in« Organis mus noch mit Leichtigkeit verarbeiten kann, bereitet dsm anderen schon schwere Unannehmlichkeiten. Solche Menschen können nichts Besseres tun, als ihre Ernäh rung etwa« zu reformieren. Die Fleischtöpfe Aegyp. tenS müssen ihnen entzogen werden, das Fleisch mutz aus dem Mittelpunkt der Mahlzeit verschwinden. ^Gänzlich verkehrt ist e«, Wenn sich solche empfind- «Lsa MSnschm künstAch MN Hilfe d« eigentlich«» RÄzmittelt Kaffee, Allvhol und Nikotin m «inen Zustand der Frisch« und SeAungSfähtgkett steigern wollen. Säe machen da- Uebel damit nur grober, ^nn auf die Dauer müssen auch diese aufpeitschenoen! Gemchmittel versagen. HiexWst nur äneS: Abkehr von der gewöhnlichen Ernährungsweise, Bevorzumtng! von Gemüse und Obst bei der Nahrung, vor allem; auch Ordnung tn der zeitlichen Aufeinanderfolge der Mahlzeiten. Dann muß aber auch venniedsn werden, daß noch am späten Abend größere Mahlzeiten sind genommen werden. Dann wird her Schlaf erquickend sein: ein Ermüdungsgefühl am darauffolgenden Mor gen wird ausbletben, und kein künstliches Reizmittel wie starker Kaffee braucht den Schlaf aus den Augen zu treiben und die quälenden Symptome der Nervo sität zu unterdrücken. Unternehnnmgslust, Arbeits trieb und Leistungsfähigkeit stellen sich dann von selbst wieder ein. Indische Modelle. Portratmalerei im Land der verschleierten Frauen. Der englische Maler Bertram Sidney Mith, der üne Studienreise durch Indien gemacht hat, auf der w eine Reih« hervorragender Inder porträtierte, gibt iber seine Erfahrungen in einem Londoner Blatt ünen fesselnden Bericht. Die Porträtmaleret ist da nach ganz und gar nicht mehr das einträgliche Geschäft, ms fte einmal war, als Indien von ausländischen Nalern noch wenig besucht wurde. „Mein erster Auftrag," so schreibt der Maler, „war das Bild eines etwa fünfzehnjährigen Mäd- hens aus Burma. Wir kamen miteinander recht gut ms, und die kleine Inderin unterließ es nie, mich nach »er Sitzung durch eine Ansichtskarte, ein Buch oder Irgendein« andere Aufmerksamkeit zu erfreuen. Eines Tages aber merkt« ich zu meinem Erstaunen, daß das Mädel durch die nächste Tür verschwand. Ich lief Ihr nach und sah einen jungen Menschen von zwanzig Zähren bei ihr stehen, der mit ihr verlobt war. Ihre Eltern waren zwar aufgeklärte Leute, hielten aleich- vohl aber an der alten Sitte fest, daß stch Brautleute oor der Hochzeit nicht von Aygesicht LU Angesicht ehen dürfen. Da der junge Mann keine Miene machte, ich von der Geliebten zu trennen, war ich aenöttgt, hn hinauszuwetsen, worüber er tiefbetrübt schien. Später hatte ich einmal als Modell ein burma- irisches Mädchen, mit deren Vater, einem Tischler, der bet mir arbeitete, ich das Abkomme« getroffen hatte, baß seine Tochter mir gegen entsprechende Entloh- nung Modell fitzen sollte. Er bestand aber darauf, daß die Mutter bet de« Sitzungen zugegen sein müsse. Auch dieser Bedingung stimmte ich zu, obwohl es mich überraschte, da die Frauen in Burma nicht gerade M besonders prüde getwn. Am nächsten Tag meldete Nir der Diener, daß das junge Mädchen da sei, und ich befahl ihm, eS ins Atelier zu führen. Der erste, der eintrat, war der Bruder d«S Milluhens, dem die Mutter, eine verheiratete Freundin und schließlich das Modell selbst folgten. Man hatte eö für unbedingt notwendig gchalten, daß bei dLn Sitzungen ein Mann und eine verheiratete Frau anwesend waren. Da das Mädchen so gut betreut war, glaubte ich, nrir erlauben zu dürfen, ihr durch handgreifliche Anweisungen die richtige Stellung zu geben. Sobald ich sie aber nur berührte, floh sie entsetzt in den äußersten Winkel des Ateliers, fo daß ich schließlich die Geduld verlor und die ganze Gesellschaft an die Luft setzte. Unter den Inderinnen, die mir saßen, befans sich auch eine entzückende kleine Frau aus dem Paud- ;chab, die Mutter von drei Kindern war. Ihr Gatte war ein reicher und aufgeklärter Sikh; trotzdem behielt mein Modell den Schleier vor dem Gesicht. Als ich eines Tages nach der Sitzung im Hause ihrer Eltern vas Frühstück einnahm, saß ich zur Rechten der Schönen, während ein indischer Gast zu ihrer Linken Platz ge nommen hatte. Während der ganzen Mahlzeit stützte sie sich mit dem linken Ellenbogen auf den Tisch und hob eine Seite ihres Schleier« so geschickt, daß der Inder von ihrem Gesicht nichts sehen konnte, während sie mir die eine Seite des Gesichts ohne Scheu ent hüllte. Natürlich konnte sie nur die rechte Hand zum Essen benutzen. Wir alle waren recht amüsiert über den Ausweg, den die kleine Henchlerin gesunden hatte, um der westlichen Anschauung und oer heimischen Sitte gleicherweise gerecht zu werden. Das Rätsel des Doppelgängers. Tis Geschichte ist reich an den verschiedenartig sten Doppelgängern. So tauchten im Jahre 1300 meh rere Ritter wieder aus, von denen man angenommen hatte, daß sie tn der Schlacht von Courtrat gefallen waren. Sie trugen berühmte Namen wie Godefroy, Jean von Brabant und Graf von Eu. Von ihren Frauen wurden sie sofort als ihre totgeglaubten Män ner erkannt, bis es sich auch hier herausstellte, daß man raffinierten Schwindlern aus den Leim gegangen war. In Frankreich erschien zur Zeit de« ersten Kaiser reichs der Geiger Bouche, der Napoleon 1. zum Ver wechseln ähnlich sah, daß ihn dts alten Soldaten bei feinem Erscheinen als Kaiser jubelnd, begrüßten. Bouche tat zwar Mes, um solchen ihm peinlichen Verwechslungen aus dem Wege zu gehen, konnte aber nicht verhindern, daß ein Dienstmädchen des Hotels, tn dem er abgestiegen war, bet seinem Anblick auf di« Straße rannte und wie besessen schrie: „Der Kaiser ist aus Helena entflohen." Die Sache nahm schließlich solche Dimensionen an, daß stch die Regierung zur Ausweisung des geigenden Doppelgängers des Kaisers veranlaßt scch, um Unruhen zu verhindern. Auch die alte Geschichte weist derartige Verwechs lungen aus. So wird von einem falschen Nerv und einem falschen Agrippa berichtet. An einem fal schen Konstantin fehlte es ebensowenig, wie an einem falschen Balduin von Flandern, einem falschen AlertuS, Kaiser von Konstantinopel, der sogar, seinem echten Vorbild getreu, stotterte, und an einem falschen Se bastian, dem König von Portugal, der Donizettt den