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Ihr Mann hatte Bedenken. „Sie haben ihre Lebenshaltung darauf eingestellt, Lotte.* „Dann sollen sie sich umstellen. Nimmt Doktor John durch seine Praxis nicht soviel ein, daß er eine Wohnung in der Tauentzienstraße bezahlen kann, soll er in die Frank furter Allee ziehen * Jakob gab ihr recht und teilte seinen Schwestern mit, daß er in Zukunft nichts mehr geben könne. Die Schwestern schäumten vor Wut. Daß man leinen Fuß mehr über Geyers Schwelle setzen würde, war selbst verständlich. Hanna hatte sich während einer Woche nicht mehr im Geschäft gezeigt, zuvor war sie alle paar Tage ge kommen. Westphal, der sie in ihrer Wohnung besuchte, wurde sehr kühl von ihr ausgenommen. Daß sie ihm einmal Zärtlichkeiten geschenkt und von ihm empfangen hatte, er schien Westphal wie ein Traum. So fremd und unnahbar stand sie ihm gegenüber, daß er zuweilen, wenn er schon den Weg bis zum Kurfürstendamm gemacht hatte, es nicht wagte» zu ihr hinaufzugehen, und sich wieder nach Hause schlich. , , . Lotte war in Begleitung ihrer Mutter nach Thüringen gefahren, um nach Erich zu sehen, dessen Flehen, ihn aus dem Pädagogium zu nehmen, immer dringlicher wurde. Direktor Lamottke, klein, mager, mit verkniffenem Ge sicht, empfing die Frauen mit Zurückhaltung. Daß sie im Privatauto vorgesahren waren, hatte seinen Grimm, den er im geheimen aus jedenBesitzenden hatte, aufgcstachelt. Er nötigte die Damen in sein Konferenzzimmer, dann leitete er die Unterredung damit ein, daß er über die absolute Unzulänglichkeit des Knaben Menkin klagte. „Worin zeigt sich seine Unzulänglichkeit?* fragte Lotte. Sie sah mit einem scharfen Blick auf den verknöcherten Menschen, der, während er sprach, unablässig mit seinen Fingern seinen spärlichen schwarzen Bart kämmte. „Unzulänglich in jeder Beziehung", gab er zurück. „Hat mein Bruder nicht die Fähigkeit, Ihrem Unter richt zu folgen, so wäre es doch das Richtigste, wir nähmen ihn aus Ihrer Schule.* Lamottke, in der Angst, einen Schüler zu verlieren, beeilte sich, das Gegenteil zu versichern: „Er hat sie schon, er hat sie schon — aber er ist ver wahrlost, gründlich verwahrlost, durch die allzu große Freiheit, in der er bisher gelebt.* Lotte ersuchte ihn, nicht so starke Ausdrücke zu ge brauchen. „Verzeihung, es ist nicht meine Absicht, dadurch zu ver letzen, ich will Ihnen nur ein klares Bild vcs Knaben geben. Er kann nicht dafür, daß ihm die Manieren und Gewohnheiten der Straße, aus der er sich nach Belieben hat tummeln dürfen, anhängen. Sie auszuroticn, ist mein Bestreben. Es ist keine leichte Aufgabe. Der Knabe hat schon zu viel von den Lastern der Großstadt gesehen.* 27 Lotte hörte kaum mehr auf sein Geschwätz. Die Mutter anschend, fragte sie: „Was meinst du, nehmen wir Erich gleich mit nach Hause?" Lamottke griff in ihr Gespräch ein: Den Knaben sofort aus oer Schule herauszunehmen, wäre ein Unrecht; es sei auch nicht angängig. Es hieße, seinen Gang aufhalten. „Haben Sie Geduld — wie ich auch Geduld mit ihm haben werde." Lotte wollte nichts davon wissen. Lamottke beschwatzte aber die Mutter solange, bis sie sich entschloß, Erich einst weilen noch in der Anstalt zu lassen. Mutter Menkin verlangte ihren Jungen zu sehen. Eben wäre es unmöglich, er habe Unterricht. Er sah auf die Uhr. „In etwa einer Stunde ist Schulschluß. Vielleicht bemühten sich die Damen noch einmal her." Sie verabschiedeten sich. Lotte, ohne Lamottke die Hand zu reichen. Eine Stunde später standen .sie wieder im Konferenzzimmer, und Erich wurde ihnen wie ein Straf gefangener vorgeführt. Der Direktor und der Pastor be traten mit ihm das Zimmer. Lamottke sagte: „Herr Pastor Diersseld, erlauben Sie, daß ich Ihnen die Mutter und die Schwester unseres Schülers Menkin vorstelle.* Der Pastor streckte mit öligem Lächeln Mutter Menkin die Hand hin. Lotte übersah er vorerst. „Sie sind also die Mutter des Knaben. So, so. — Na, das freut mich. Sie kommen eben aus Berlin, wie ich von Herrn Direktor Lamottke hörte... Eine weite Fahrt, Sie hätten sie sich sparen können, liebe Frau; über die Qualitäten Ihres Knaben hätte Ihnen Herr Direktor Lamottke schriftlich Auskunft gegeben." „Daran war mir weniger gelegen, als meinen Jungen zu sehen, Herr Pastor. Ich wollt' mir doch mal davon überzeugen, wie er hier untergebracht is." „Mich", verbesserte er. Dann sagte er: „Sie werden sich überzeugen, liebe Frau, daß der Knabe gut unter gebracht ist. Herr Direktor Lamottke hat nur Knaben aus allerersten Familien. Ja, aus al—ler—ersten. Sie können dankbar sein, daß Ihr Sohn in diesem vorzüglichen Hause untergebracht ist,. Tja, das können Sie." Er nahm seine Brille ab, polierte sie und sah, während er das voll Eifer betrieb, mit zugekniffenen Aeuglein zu Lotte hin. Lotte wandte sich an Lamottke: „Sie gestatten wohl, daß wir Erich für den Nachmittag mit uns nehmen." Lamottke zog die schmalen Schultern hoch. „Leider kann ich das nicht gestatten, von zwei bis vier Uhr ist Unterricht, dem darf er nicht fernbleiben. Aus jedem Fernbleiben vom Unterricht kann für ihn ein un ermeßlicher Schaden entstehen." Lotte sprach dagegen, sie wollte nicht einsehen, daß das Fernbleiben von zwei Unterrichtsstunden einen Schaden nach sich ziehen könnte. — Der Pastor sah mit mißbilligen dem Blick auf sie. „Sie nehmen die Sache zu leicht. Dadurch, daß wir dem Knaben erlauben würden, vom Unterricht fern zubleiben, um seinem Vergnügen nachzugchen, pflanzten wir selbst etwas in seine Seele, vor dem wir ihn bewahrt wissen wollen: vcn Hang zur Pflichtverletzung." „Sie übertreiben, Herr Pastor." „Keinesfalls, ich nehme es nur mit der Erziehung unserer Schüler genau." Er verließ mit kurzem Gruß das Zimmer. Lamottke stellte es Frau Menkin und Frau Geyer frei, sich bis zum Beginn des Nachmittagsunterrichts im Hause aufzuhalten. Er dachte aber nicht daran, sie auch nur einen Augenblick mit dem Knaben allein zu lassen. So konnte man nicht in Erfahrung bringen, über was Erich zu klagen hatte. Lamottke pries die Vorzüge seines Pädagogiums, seine gesunde Sonnentage, die den Kindern von unschätz- barem Nutzen sei. Dann sprach er von der guten einfachen Kost, die die Knaben erhielten, bei der sie vorzüglich gediehen.