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. den Weg an, den sie eben gekommen war. ist diese plötzliche «Eine niederträchtige Schurkerei Unterbringung in eine Irrenanstalt zweifellos-, sagte Lotte, als die Mutter mit ihrem Bericht zu Ende war. , Und ohne seine Zustimmung abzuwarten, faßte sie in ihren Kleidausschnitt, unter dem sie Westphals Notizbuch und zwei Briefe verborgen hatte. Sie reichte es der Mutter. .Die Briefe sind mir heute erst in die Hände gefallen. Trage beides, Buch und Briefe, zu Herrn Goldmann, sag' ihm, er solle die Notizen, die ich mit roter Tinte unter strichen habe, mit den Eintragungen in Westphals Büchern vergleichen; dann wird er wissen, was er zu tun hat." Die Mutter umarmte sie. .Jdaken — Herrgott, Jdaken, wenn ick dir doch helfen könnte!" Einer von den Männern schnitt ihr das Wort ab: »Nu aber Schluß, uff so 'n Theater könn'n wa uns »ich einlassen!" Sie traten auf die Straße. Neugierige Blicke drangen auf Ida ein. Mitleidige Ausrufe, gröhlendes Lachen, Schimpfen untermischten sich und drangen in schrillen Lauten, die sie als tiefste Schmach empfand, zu ihr. Vor ihren Augen wurde es blutrot. Ein schmerzhaftes Grauen schüttelte sie. Mit niedergeschlagenen Augen ging sie durch die zu beiden Seiten des Hauses stehende Menschenmenge und bestieg den Wagen, dessen Tür sich hinter ihr schloß Mutter Menkin gewann es nicht über sich, in Westphals Wohnung hinauszugehen. Sie trat mit wankenden Knien .Aber gut ist es, daß er sie begangen hat, sonst wäre es noch lange nicht zur Katastrophe gekommen — nun ist es so wett. Westphal beabsichtigte, Ida unschädlich zu machen, und hat sich dadurch selbst ans Messer geliefert." Die Mutter sah sie mit großen, fragenden Augen an .Wat meinste damit? Er will se los werden?" .Er fürchtet sie, Mutter. Er fürchtet sie." Mutter Menkin begriff das nicht. Sie sah auf Lotte, ote mit zitternden Händen in dem Notizbuch blätterte. .Die Notizen mit roter Tinte, Lotte, sind von Idan femacht; die soll Goldmann aufmerksam lesen." .Gib mir mat die Briefe, Mutter!" - Sie streckte die Hand nach den Briefen aus, ohne den Blick von dem Notizbuch zu erheben. Dann sagte sie leise vor sich hin: .Probst und Engel ersuchen um sofortige Zahlung der fett Juli außen stehenden Rechnung von achtundzwanzigtausend Mark. Die Mahnung ist vom ersten April - die Zahlung-ist am sechsten April erfxlgt." Lottes Gesicht wurde kalkweiß. .Am fünften April kam Westphal von Grachenberg zurück." Sie ließ die Hand, die den Brief hielt, sinken. Emen Moment sah sie vor sich hin; dann sprang sie auf, und ging in das Arbeitszimmer ihres Mannes, um Goldmann tele phonisch anzurufen. Die Mutter war ihr gefolgt. Von der Privatwohnung Goldmanns kam der Bescheid, daß Goldmann noch im Geschäft fei. Lotte ließ sich mit dem Geschäft verbinden. , -Merkwürdiger Zufall, daß er noch im Geschäft ist; es « Kreits sieben Uhr. Aber für mich ist es ein glücklicher Zufall , raunte sie der Mutter zu. Lotte bat Goldmann, sofort zu ihr zu kommen, und zwar .mit dem Kaffabuch, das Westphal führe, überhaupt Ochern, die sich in Westphals Schreibtisch und Kassenschranke vorfänden. ftand Goldmann vor ihr. Mutter AAegN d°s Zimmer, während Goldmann Md^ei^ dAW^K Westphal zu führen hat", stH^Sr' nahm ihr gegenüber P^" "" ^em Lotte .Mir scheint, Sie haben die Vermutung, daß die Bücher nicht in Ordnung sind. Aber da muß ich Ihnen gleich sagen, Frau Geher, vaß es mir unmöglich ist, hier so im Augenblick Fehler sestzustellen." „Es handelt sich um mehr, als um Fehler." Und Westphals Notizbuch und die Briefe vor ihn hin- legend, bat sie: „Lesen Sie bitte diese Notizen! Meine Schwester, in deren Händen das Buch war, hat sie gemacht." Goldmann las einige Anmerkungen. „Es ist Westphals Buch?" „Ja, meine Schwester hat es an sich gebracht — auch diese Briefe." Seine großen, dunklen Augen ruhten auf Lottes Gesicht. „Meine Schwester hat gewiß etwas damit bezwecken wollen, daß sie Buch und Briefe an sich genommen hat." „Sie wissen nicht, was?" „Nein, ich ahne es nur." „Pardon, warum fragten Sie Frau Westphal nicht? Das wäre doch das einfachste." Mit stockendem Atem teilte Lotte ihm das mit, was mit Ida vorgegangen war. Goldmanns Blick verfinsterte sich. In schmerzlicher Empörung ballte er die Hand zur Faust, und ließ sie auf den Tisch fallen. „Eine Infamie ist das, eine niederträchtige!" fchrie er. Dem Staatsanwalt muß man diesen Kerl ausliefern. Und Sie glauben, es geschah, um sie unschädlich zu machen?" „Ganz gewiß. Sehen Sie her, und Sie werden sich gleich selbst davon überzeugen, daß er ein Schurke ist. Hier die Mahnung von Probst und Engel, Tuch und Flanell en grvs, Eingang am ersten April, gezahlt am sechsten April achtundzwanzigtausend Mark; eine zweit» Mahnung von Berger und Elias, Futterstoffe eu gros, Mahnung der vom Juni, Juli außen stehenden Rech nungen in Höhe von siebenundzwanzigtausend Mark, ge zahlt am sechsten April; hier seine eigenen Notizen." Goldmann las. „Es ist nicht, so recht klug daraus zu werden. Ihre Schwester hat hier eine Anmerkung gemacht, nach der war sie wohl der Meinung, daß er die Zahlungstermine ver schoben hat. Sehen wir doch die Bücher nach. Aus dem Kassenbuch gehl hervor, daß die Rechnungen bei der Firma Probst und Engel und bei der Firma Berger und Elias am ersten Juli gezahlt worden sind." .Da haben wir es!" „Es sind noch andere Schiebungen gemacht worden. An Hand seiner eigenen Notizen können wir feststellen, daß diese Manipulationen schon seit dem Frühjahr vorigen Jahres ausgeübt werden." Goldmann sah von den Büchern auf. „Was soll nun geschehen, Frau Geyer? Ich würde Sie nicht danach fragen, wenn es sich um einen ungetreuen An gestellten handelte; denn was mit solchem zu geschehen hat, weiß ich. Aber es handelt sich hier um Ihren nahen Verwandten." Lotte machte eine abwehrende Handbewegung. Ihr Gesicht war totenbleich und hatte einen Ausdruck großer innerer Erregung. „Nicht darum geht es mir, ihn des Betruges zu über führen, nein, um viel Schlimmeres." Sie machte eine Pause, weil die Erregung ihr das Sprechen erschwerte. Endlich fuhr sie fort: „Die Zahlungen sind am sechsten April gemacht worden; am fünften April kam Westphal aus Grachenberg zurück." Goldmann sprang au;. „Herrgott, Sie glauben, daß er...?" Er brachte die Frage nicht zu Ende. Er brauchte es auch nicht; denn die Antwort las er aus Lottes Gesicht. -----S-°»