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krZ-ZLe Z--§I°-BLL GZ L§SZssL ZrZZLZsLKK LZ M-Z SLLZ^ «'Z L L »L^ssL'IF -U^o « Lv 2 2 -2- 2 ZS Auf einmal fiel ihm ein: er hatte feine Brieftasche mit dem Geld in seiner Rocktasche stecken lassen. Nun mußte er doch aufstehen und die Brieftasche holen, um sie unter sein Kopfkissen zu legen. Natürlich, das mußte er. Es war sicherer, das Geld bei sich zu haben. Nun verlöschte er auch das Licht. Die Brieftasche in der Hand, tappte er sich zUm Bett zurück. Einen Moment blieb er stehen und lauschte. Was war das? Kamen da nicht leise schleichende Schritte? Er hörte sie ganz deutlich. Schon wollte er gehen, um seine Tür zu verschließen. Wenn Westphal herein wollte, mochte er klopfen. Aber da verloren sich die Schritte in der Ferne. Sein Herz pochte laut und dumpf gegen die . Rippen. In feinen Schläfen tickte es hastig, als wäre in ihnen ein zu rasch gehendes Uhrwerk. Er hatte zuviel getrunken, das war er nicht gewohnt. Seine Brieftasche unter seinem Kopskissen bergend, kroch er wieder in sein Bett. Aber der Schlaf wollte doch nicht kommen, der wurde von der großen Unruhe, die in ihm war, verscheucht. Das Mondlicht peinigte ihn auch. Es bohrte sich förmlich in sein Gehirn. Schloß er seine Augen, so drang es durch seine Lider und füllte seinen Kops mit rotem schimmernden Licht. Riß er sie aus, so trafen sie jedesmal auf den Uhu, der, von weißem Mondlicht über flossen, auf dem Schrank hockte und Leben zu haben schien. Die gelben Glasaugen des Tieres waren ihm unheimlich. Endlich drehte er sich zur Wand, schloß die Augen fest. Nun mußte Westphal doch auch bald kommen. Immer seltener ging unten die Tür auf, immer seltener drang noch ein Laut zu ihm. Aber der Schlaf wollte doch nicht kommen. Sein Kopf schmerzte. Er zwang sich, an nichts zu denken. Das ging nicht. Die Gedanken kamen, die ließen sich nicht abweisen. Immer dieselben, immer dieselben. „Nu wird's a doch Zeit, daß ma sich uffs Lager streckt", meinte der Wirt, „sunst find't ei noch der Morgen bei de Sauferei." Er fchob die Gläser in die Mitte des Tisches, sah in die Terrine, die während der ganzen Nacht nicht leer ge worden war, weil er sie immer wieder frisch gefüllt hatte. Die Kreidefiriche auf einer Tischkante zeigten an, wie oft. Er zählte sie nach. Das konnte er noch. Acht Striche. Also achtmal hatte er die Terrine gefüllt, und achtmal hatten sie sie geleert. Hui, das war eine Leistung! Nun war es aber genug. Ob die Herren noch nicht müde wären? Sie erhoben sich schwerfällig, standen nicht mehr sicher auf den Beinen, und ihre Gesichter waren rot und verquollen. Westphals Stirn war feucht von Schweiß, und seine Augen hatten einen leeren stieren Blick. Es schien, daß er nicht die Kraft hatte, sich von der Stelle zu bewegen. Der Wirt faßte seine Hand und zog sie unter seinen Arm, um ihn in sein Zimmer zu führen. Fast schleppte er ihn vor wärts. „Was so a Kerle!" schimpfte er in sich hinein, „kei Kraft, kei Saft hat a so eener. E paar Pulle Wein schmißen en um." Der andere schleppte si-b am Treppengeländer hoch. Plötzlich machte er halt. „Haben Sie gehört?" Ein stöhnender Laut drang zu ihnen. Der Wirt ließ Westphals Arm fallen, nahm mit ein paar Schritten die fchmale Stiege, der andere folgte ihm. Die Tür zu Geyers Zimmer, in das sie stürzten, stand offen. Ein furchtbarer Anblick bot sich ihnen. Auf dem Bett wälzte sich Geyer in seinem Blut, und vor ihm stand ein Mann, nur notdürftig bekleidet. Er hielt ein Messer in der Hand. Sein Gesicht hatte einen entsetzten Ausdruck. Der Wirt, der in ihm seinen Gast erkannte, packte ihn roh am Arm. „Lassen Sie mich los, ich bin kein Mörder. Das SMykN dss Unglücklichen hat mich hierher getrieben. Ich habe ihm das Messer aus der Wunde gezogen — da, hier." Er ließ das Messer fallen. „Lassen Sie die Polizei holen." Der Wirt gab seinen Arm frei. Keiner sollte sich vom Platze rühren. Der Wirt schrie das ganze Haus zusam men. Aus der oberen Etage kam der Hausknecht, die Mägde und die Frau. Alle drängten sich in die Stube, in der Geyer seinen letzten Atemzug tat. Das fahle Licht des Morgens fiel über sein wachsbleiches Gesicht. Der Haus knecht wollte die Polizei holen. „HiergebliebenI" schrie der Wirt. „Keiner rührt sich von der Stelle!" Eine der Mägde mußte gehen. So, nun würde die Polizei bald kommen. Der Wirt ging hinunter, um das Haus aufzuschlicßen. Westphal halte keinen Schritt vorwärts getan. Er hielt sich am Treppengeländer. Sein Kops neigte sich mehr und mehr dem Geländer zu, um schließlich daraus nieder zusinken. So schlafend fand ihn der Wirt. Er war vom Schlaf übermannt worden, während das Haus in Aufruhr war. Der Wirt rüttelte ihn wütend. War so etwas mög lich, der war ja wohl sinnlos betrunken! Wenn die Polizei kam und den so fand, dann würde sie denken, daß er ihn betrunken gemacht. Am Ende würden sie noch glauben, er stecke mit dem, der seinen Reisegefährten umgebracht, unter einer Decke und habe die anderen absichtlich in der Gaststube zurückgehalten. Eine ärgerliche Geschichte war das... Lotte hatte eme schlaflose Nacht verbracht. Das Kind, das sie zu sich ins Zimmer genommen, hatte fast aie ganze Nacht geweint. Erst gegen Morgen war es ein- geschlafen. Müde und zu Tode erschöpft, sank Lotte ans ihr Bett, als das erste blasse Licht des Morgens durch die Fenster fiel. Sie hatte dem Mädchen, das nach ihr ge sehen, gesagt: „Wecken Sie mich nicht, und wenn ich bis Mittag schlafe, ich bin so todmüde." Man ging auf den Fußspitzen durch die Wohnung. Mutter Menkin kam, um nach Lotte zu sehen. „Ich darf Frau Geyer nicht Wecken, sie hat die ganze Nacht keinen Schlaf gekriegt." Nein, nein, sie wollte nicht stören. Sie nahm Nora, deren Fräulein ausgegangen war, mit sich. Das Kind langweilte sich allein. „Willst du, daß wir ein bißchen spazieren gehen?" fragte sie Nora. Ob die wollte? Nichts tat sie so gern wie Spazieren gehen. Tante Lotte ging fast täglich mit ihr in den Tier garten. Da grünte und blühte schon alles. Und auf den Teichen schwammen die hübschen bunten Enten, die in ihrer Eckigkeit wie aus Holz geschnitzt schienen... Lotte erwartete voll heißer Unruhe das Heimkommen der Mutter. Ida war bei ihr. Die todblassen Gesichter beider verrieten der Mutter, daß etwas Schlimmes ge schehen war. Nora war von dem Mädchen in Empfang genommen worden. Die Frauen gingen in Lottes Zimmer. „Mutter, es ist Furchtbares geschehen", sagte Ida, „Jakob ist tot." Hörte sie recht? Sie sah von Ida auf Lotte. Lotte hatte sich in ihrem Schreibtischsessel niedergelassen and saß nun da, das Gesicht in die aufgestützten Hände vergraben. „Herrgott, so plötzlich?" fragte die Mutter. Ida nickte. „Ermordet", sagte sie leise. Die Mutter schien es nicht zu verstehen, sah mit weit geöffnetem Blick auf Ida. Die wollte es noch einmal wiederholen. Die Mutter wehrte ab. „Sag's nich, sag's nich noch mal, ich weiß es schon. Allmächtiger Gott, wie konnte das geschehen?" Sie sah Ida an. Ihre Blicke krallten sich förmlich in einander. „Wer hat es euch mitgeteilt?"