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Sv» 95. Jahrgang Freitag, am 16. August 1929 Nr. 190 — Im Haag beurteilte man in den letzten Stunde« « die Aussichten der Konferenz wieder ungünstiger. I — Am heutigen Freitag findet ein« neu« Besprechung über die Reform der Arbeitslosenversicherung statt. — Die Untersuchung hat ergeben, daß RechnunaSrat a. D. Karl Vendt aus Berlin doch ermordet worden ist. — Bei Breslau hat sich ein schweres Eisenbahnunglück ereignet. — In Rotterdam nehmen die Erkrankungen an Blat tern zu. — Die Zahl der Verwundeten des Lodzer Eisenbahn unglückes hat sich auf 27 erhöht. Weitere Leichen sind nicht gefunden worden. Drei verantwortlich« Eisenbahn- b«amte wurden verhaftet. > — Das russische Flugzeug „Land der Sowjets", das nach Amerika fliegen sollte, Ist zum dritten Male not gelandet. „Graf Zeppelins" Stunde — Berlin, 16. August. Tas Luftschiff „Gras Zeppelin", das gegenwärtig die zweite Etappe seines Weltflugs zurücklegt, wird aus der 10 000 Kilometer langen Strecke von Frie drichshafen nach der japanischen Hauptstadt Tokio aus Herz und Nieren geprüft. Der „Graf Zeppelin" muh ! seine Generalprobe bestehen! Und das Ergebnis dieser Prüfung wird für die weitere Entwicklung der Luftschisfahrt von entscheidender Bedeutung sein. Tie Ozeanfahrten haben dem Zeppelin und den Männern in Friedrichshafen Ruhm und Ehren einge- bracht; die Fahrt nach Asien kann zu einer Pioniertat im Dienste der Weltwirtschaft werden! So erfolgreich die Atlantik-Fahrten verlaufen sind, so viel ehrliche Begeisterung sie erweckt haben, ihr wirtschaftlicher Nutzen war gering. Wenn das anders werden soll, dann muß man größere und stärkere Luftschiffe bauen, denen die Ozeanrtesen der großen Reedereien nicht so hart auf den Fersen sind. Tenn sonst besteht zwischen Zeitgewinn und den gegenüber den Dampfern höheren Fracht- und Beförderungssätzen des Luftschiffes ein Mißverhältnis. Günstiger steht es für das Luftschiff hinsichtlich großer Ueberlandfahrten in west-östlicher Rich tung. Dr. Eckener hofft, den Weg von Friedrichshafen nach Tokio in viereinhalb Tagen und ohne Zwischen landung zurücklegen zu können. Gelingt das, dann Hal das Luftschiff damit einen Schnelligkeitsrekord auf gestellt, den ihm kein anderes Verkehrsmittel entreißen kann. Und der Vorsprung ist so groß, daß, der Zeitgewinn erhöhte Aufwendungen durchaus rechtfer tigen wird. Tas ist die große Chance, die dem Zeppelin jetzt gegeben ist, und ein Erfolg des „Gras Zeppelin" aus der jetzigen Fahrt könnte sehr wohl wesentlich zur Ein richtung einer West—Ost-LuftvervinduNg beitragen. Ten erhöhten Erfolgsaussichten steht allerdings auch ein erhöhter Einsatz gegenüber, dürfte die Streck« Friedrichshafen—Tokio doch den schwierigsten Tei! der ganzen Weltfahrt bilden. Ferner stellt sie der räum- lichen Entfernung nach die längste Strecke dar, über die je ein Luftschiff in ununterbrochener Fahrt hin weggeflogen ist. Diesmal rauschen zwar keine Ozean- wellen unter dem Luftschiff, dafür führt gut die Hälft« des Weges über ein dünn besiedeltes Gebiet und durch ein Luftmcer, das völlig unerforscht ist. Auf dem Ozean konnten dem „Graf Zeppelin" regelmäßig Wet terberichte gefunkt werden, nach deren Inhalt Dr. Eckener den Kurs des Luftschiffes bestimmen konnte. In Sibirien und China fällt diese Möglichkeit fort. Gefahren für das Luftschiff sind also vorhanden, gemindert werden sie dadurch, daß die Männer des „Graf Zeppelin' sich als umsichtige und bewährte Luft- sahrer und das Luftschiff sich als ein allen W eitern und Wetter Unbilden trotzendes Fahrzeug bewähr! haben. Und deshalb sehen wir der ersten Luftschiffahri über Sibirien und China nach Japan mit Zuversicht entgegen! An Bord des Luftschiffes befinden sich 59 Män ner und eine Frau, die Journalistin Lady Trum- mond-Hay. 40 Mann von den 60 gehören zu den Führern und der Besatzung des Luftschiffes; von den rest lichen 20 Passagieren sind acht Journalisten, zwei Photographen, vier Geographen, drei Vertreter der. amerikanischen und japanischen Luftstreitkräfte und drei schlichte Privatleute. Post hat der „Graf Zeppelin" von Lakehurst her 450 Kilogramm Plus 100 Kilogramm aus Friedrichshafen an Bord. Als Fracht führt man nur ein Stück mit: eine Hünefeld-Büste, die dem japanischen Kaiser als Geschenk überreicht werden soll. Aus dem Verzicht auf Fracht spricht das Bestre ben, die Fahrt nicht noch unnütz zu erschweren, nur um einige Tausend oder Zehntausend Mark Unkosten zu sparen. Tenn aus der Fahrt nach Tokio werden die Motors des „Graf Zeppelin" bis aufs äußerste ausgenutzt. Vielleicht muß das Luftschiff noch einige durch die Wetterzonen bedingte Umwege machen, so daß statt der 10 000 Kilometer 12 000 und mehr zurückgelegt werden und damit die Aktionsfähigkeit des „Gras Zeppelin" voll ausgenutzt wird. In Tokio wird das Luftschiff seinen Brennstoff ergänzen und dann zum Weiterflug über den Stillen Ozean nach San Franzisko an der Ostküste der Bereinigten Staaten rüsten. Von San Franzisko geht eS rund 4000 Kilometer lang quer durch Amerika nach Lakehurst, wo die Weltfahrt des „Graf Zep pelin" offiziell endet. , Die Gesamtlänge .der Weltfahrt beträgt etwa PO 000 Kilometers die Unkosten dürften sich aus BOO 000 Mark belaufen und durch Einnahmen in glei cher Höhe wieder «tngebracht werden. Als Ganzes wird die Weltfahrt de« „Graf Zep pelin", oder richtiger der Flug über die nördliche Halb kugel, einzig dästehen. ES wird ein Flug über Land und Meer, über Stätten der Arbeit und über Wüsten, es wird ein Flug durch wesentlich voneinander ver schiedene Wetterzonen, durch Hitze und Kälte, und aus der Fahrt nach Tokio wird den Passagieren vielfach die Mitternachtssonne die Nacht erhellen. Hunderttausende jubelten dem „Gras Zeppelin" am Donnerstag zu, als er, überstrahlt von der Sonne, seinen Weg durch Deutschland nahm; Millionen und aber Millionen verfolgen weiter den Weg des Luft schiffes, wünschen ihm Erfolg und ein herzliches , Glück ab! Zeppelin-Kurs auf Moskau. Bisher guter «erlauf der Weltfahrt. — Der Flug über Deutschland. Seit Donnerstag früh 4,35 Uhr befindet sich der „Graf Zeppelin" in Fortführung seiner Weltfahrt wie der in der Luft. Tie nächste Etappe ist die japanische Hauptstadt Tokio. Tie Entfernung bis dahin beträgt mehr als 10 000 Kilometer. Dr. Eckener hofft, am Montag in Tokio landen zu können! Ter größte Teil des Fluges führt über wenig erforschtes Gebiet hin weg. Ser Star». Dem Start in Friedrichshafen wohnte« rimd 10V 666 Menschen bei. Die ganze Nacht hindurch lärmte es vor der Werfthalle von Kraftwagen und Omnibusse«. Immer neue Zuschauermasse« trafen ei«. Schulen marschierten auf und die Polizei hatte zu tun, um die Ordnung aufrecht zu erhalte«. Von Friedrichshafen flog der „Gras Zeppelin" die Eisenbahnlinie entlang nordwärts nach Ulm. Eine Stunde später wurde das Luftschiff in Nürnberg gesichtet, dann folgten rasch aufeinander Bayreuth, der Main und die Stadt Hof. Kurz vor 10 Uhr be fand sich der „Gras Zeppelin" über Wittenberg, 10,20 Uhr über Potsdam und zehn Minuten später über Berlin. Schleifenfahrt über Berlin. I« der Reichshauptstadt erwarteten ««geheure Menschenmasse« de« Zeppelin. Die Dächer waren bre che«» voN, auf den Straßen stauten sich weitere Me«- schenmafsen, die Schulen unterbrachen den Unterricht, «ns dem Flugplatz stiegen sieben Flugzeuge auf und gaben dem „Graf Zeppelin" da« Ehrengeleit. MS da» Luftschiff sichtbar wurde, brach die Masse in Hoch. r«fe aus, überall wurden Tücher geschwenkt. Tie Fahrt über Berlin führte den „Graf Zep pelin" in 200 Meter Höhe über die Potsdamer Straße, das Zeitungsviertel und über die Regierungsgebäud« hinweg. Der Verkehr erfuhr, sobald der „Graf Zep pelin" auftauchte, eine Unterbrechung. In den AutoS und auf den Omnibussen reckten sich die Menschen di« Hälse aus. Am Dönhoffplatz wurden aus dem Lust- schiff zwei Postsäcke aügeworsen. Schlechtes Wetter in Rußland. Tie Wetterlage ist während des ersten Teils der Fahrt günstig. Im Osten Rußlands ist jedoch ein« ausgesprochene Schlechtwetterzone zu erkennen, die sick aber bei der Ankunft des Luftschiffes bereits erschöpf! haben dürfte. Tie Route des Luftschiffes über Nußlant ist natürlich von den Wetterverhältnissen abhängig Ob Dr. Eckener für die ganze Dauer der Fahrt der nördlichen Kurs steuern wird .dürfte sich entscheiden wenn der „Graf Zeppelin" die Höhe von Omsk erreich hat. Den südlichen Weg über Irkutsk und die Mand schurei will Dr. Eckener nur bei ganz günstigem Wind, wählen. In Sibirien dürfte das Luftschiff einige Stun den den Anschluß an die Funkstationen verlieren, Wei die europäischen Stationen dann zu weit und die öst lichen noch nicht nahe genug sind. Gebirge hat das Luftschiff nur an der europäisch asiatischen Grenze zu überfliegen, nämlich das Ural gebirge. Später wird cs dann wieder in der Gegend von Jakutsk etwas gebirgiger, doch bilden diese Gebirge von mittlerer Höhe keine Schwierigkeiten. * Tas Gewicht deS Luftschiffes. Tas Luftschiff „Graf Zeppelin" hatte beim Start in Friedrichshafen ein Gesamtgewicht von 80 000 Kilo gramm, das durch eine Traggasmenge von 75 000 Kubikmeter ausgeglichen wurde. Die Nutzlast (Be satzung, Passagiere, Gepäck) betrug rund 15 000 Kilo gramm, die Benzinlast ebenfalls 15 000 Kilogramm. Ferner werden 1,5 Tonnen Oel, 3 Tonnen Wasser ballast, 1 Tonne Ersatzteile mitgeführt. Prodi an .führt das Luftschiff für sechs Tage mit Tie Teilnehmer des WeltreklamekopgresseS sandten an das Luftschiff folgenden Funkspruch: „Tie Schlußsitzung des Weltreklamekongresses er fuhr eine Unterbrechung, köstlich für alle Teilnehmer, als soeben das stolze Luftschiff „Graf Zeppelin^' im strahlenden Glanz« seiner Schönheit über uns hinflog. Wir grüßen de« „Graf Zeppelin" und da» Werk seine« Führer» als einen Teil »er weltumspannenden Arbeit, an der auch wir einen Teil leisten, »er Arbeit der «ertiesmtg de» «erftändnisse» unter alle« Völker« de, Erde. Wir grüße« den „Graf Zeppelin" al» eine Bot. schäft »e» guten Willen» über die ganz« Erde hi«. Wünschen von Herze« gute Fahrt dem erprobte« Schiffe, feine« Führer», sei««« Offiziere«, sei«er Man«- schäft und alle« Mitreiseude«." Leber Danzig und Königsberg. Bon Berlin aus wandte sich das Luftschiff d« Ostsee zu, 12.05 Uhr befand es sich über Stettin und um 15 Uhr über Danzig. Die Freude i» Danzig war groß. Tausende und aber Tausende standen auf de« Dächern und auf de« Straßen und jubelte« dem Luftschiff zu. Dr. Ecken« erwiderte den «ruß der deutsche« Bevölkerung diese, «-getrennten Stadt mit dem Schwenke« der Reichs flagge. Während der Schleifenfahrt über Danzig e», tönten die Sirene« sämtlicher im Hase« liegende« Schiffe. 16.15 Uhr sichtete KS«ig»»ers de« silt -ernen Lustriese«. Auch hie» gab es ein herzliche« Grüße« hinüber und herüber. Oberbürgermeister Loh. meyer entbot dem „Graf Zeppelin" 1« einem K««b sprach de» Gruß der Stadt Königsberg. Bei der Fahri über Königsberg und Danzig gaben mehrere Klug, zeuge dem Luftschiff ein Stück Weges da» Geleit. In den Wendstunden des Donnerstags passiert« der „Gras Zepelin" die russische Orenze uns nahm dann Kurs auf Moskau. Die russische Regie» rung hatte Dr. Eckener gebeten, auch der Sowjsthaupfl stadt einen Besuch abzustatten. Wiffell legt einen Entwurf vor. Interfraktionelle vesprechnnge« über die Reform de» Arbeitslosenversicherung. Tie in Berlin anwesenden Reichsminister hatte« eine Besprechung mit den Vertretern der Koalitionspar teien über die Reform der Arbeitslosenversicherung, An der Besprechung nahmen für die Regierung dm Minister Wissell, v. Gutrard, Dietrich-Baden, Groom, und Severing teil. Das Zentrum war durch die Ab geordneten Brüning, Frau Leusch, PerlitiuS und Esser vertreten, Mr die Demokraten waren Fra« Dr. Bäumer und Wg. Schneider-Berlin, Mr die VolkSpartei Dr, Schötz und Dr. Pfeffer, Mr die Bayerische VoWpartel Tr. Leicht, Mr die Sozialdemokraten Dr. Hertz, Wels und Dittmann erschienen. Ma« einigte sich dahin, 1« de« allernächste« Lage« eine Bereiwbarung z« treffe« u«d hierzu interfraktio nelle Besprechungen anzuderaume«. Dis erste Aus sprache findet bereits am heutige« Freitag statt. De» ReichSarbeitsmtuister wird eine« neuen Entwarf aus- arbeiten, der de« sozialpolitische« Ausschuß sofort vor gelegt werden soll. Wie wir in Ergänzung dieser Meldung erfahren, rechnet man in parlamentarischen Kreisen zwar noch mtt krisenhaften Auseinandersetzungen über das heikle Thema einer Erhöhung der Beiträge Mr die Arbeits losenversicherung, glaubt aber, daß eine Regierungs krise vermieden werden wird. Diese Hoffnungen grün den sich daraus, daß sich schließlich doch noch Mr die vorgeschlagene Erhöhung der Beiträge um V- Prozent eine Mehrheit finden wird. Politische Rundschau. — Berlin, den 16. August 1929. :: Pünder erstattet dem Reichskanzler Bericht. Oer Staatssekretär der Reichskanzlei, Dr. Pünder, traf »m Donnerstag in Heidelberg ein und erstattete dem fieichskanzler über den bisherigen Verlauf der Haager Konferenz Bericht. Ter Staatssekretär befindet sich deretts wieder auf dem Weg nach dem Haag. :: Wiederaufnahme der Kirchenverhandlnnge«. Oie Verhandlungen der preußischen StaatSreaierung nit den evangelischen Kirchen über den Abschluß eines Kirchenvertrags, die am 11. Juli ihren Anfang nah- nen, werden am heutigen Freitag fortgesetzt. ' Sport. rr Paris besiegt Berti« knapp 7:5. Au; ven Rot- Weiß-Plätzen in Berlin-Grunewald wurde ein Tenuis- klubkampf Paris —Berlin ausgefochten, in dem die - Franzosen knapp mit 7:5 gewannen. Der interessanteste ! Kampf war der Dreisatzsieg des deutschen Tennismeisters - von 1928, Prenn, über den Meister Boussus von ; 1929 mit 3:6, 6:2, 6:1. rr Der Stand nach der 12. Runde. In der 12. Runde des Karlsbader Schachturniers blieb das Glück Sbrelmann in seinem Endspiel mit Bogoljubow treu. Im 62. Zuge endete das Spiel nach zähem Kampf unentschieden. ; Turnierstand nach der 12. Runde: Spielmann 9>/z, Capa- blanca 8Vs, Vidmar, Niemzowitsch 8, Bogoljubow 7H, Euwe, Grünfeld 7, Rubinstein 6Vs (1), Becker 6, Gila, Colles, Casal, Mattison, Marshall, Samisch, - Johner SH, Tartakower 5, Maroczy, Yates, Tretzbal 4H, Thomas, i Mentschtk 3 Punkte. rr Welscher-Fraukfurt wurde w Berge« besieg i« 116-Mewr-Hürdenlaus, und zwar von dem Norweger HaA« in 15,4. Außerdem riß er mehrer« Hürden um und w«uv« distanziert. Wichmann gewann die 200 Meter und En»- tracht-Frankfurt die 4X10V-M«ter. ! rr Kttnsch ««d BStz-le« wollen, wie es heißt, im nächsten Jahr in Berlin im Doppelzweier starten. Mnsch . soll 1930 nach Berlin übersiedeln. rr Für di« deutschen tag in Glogau gingen 1Ü Mewungen Mr o« Ler di« Entscheidungen «gen Max Schmeling er- durch «in« «ew YEr MWm»g ewe erblicher« Ergänzung, wonach guter ^nd für die ««nähme besteht, dass dw R-w Yorker staatliche Boxwvrtbehtkd« de« Baun gegen Schmeling aufheben und den Kampf «oe« PH« Eeott