Volltext Seite (XML)
32 Geschäft Gesicht zu machen! Fortsetzung folgt.) ! Du weißt, daß ich, ehe ich zu deinem Bruder ins kam, ein armer Bankbeamter war.« »Woher sollte ich das wissen?* Sie sah ihn fremd und kalt an. «Ich erzählte es dir doch, Hanna/ »Wirklich?* fragte sie achselzuckend. hatte man schon, was man brauchte. Sie würde es mir Freuden tun, wenn sie ihn dadurch vor dem Schlimmsten bewahren könnte. Noch an demselben Tage ging er zu ihr. Es regnete heftig. Das zerstreute seine Besorgnis: sie könnte am Ende nicht zu Hause sein Er traf sie in schlechter Stimmung an. Schon wollte ihn dies in seinem Vorhaben schwankend machen, als eine Stimme in ihm mahnte: »Es geht um dein Leben!* Diese Mahnung trieb ihn zum Entschluß. »Hanna, heute komme ich als Bittender zu dir*, sagte er, ihre Hände erfassend, »ich bin in großer Not, aus der du mir helfen mußt * Mit unsicherem Blick sah sie zu ihm auf. »Was heißt das, du bist in Not?* Der Ausdruck ihres Gesichts war hart und herrisch. Hermann Westphals Mut wurde klein. Die da vor ihm stanv, würde sich nie als seine Mitschuldige fühlen! Aber würde sie nicht Erbarmen mit ihm haben? »Hanna, ich muß das Geld, das ich dir für deinen Mann gab, jetzt ersetzen, und habe es nicht.* »Was heißt das: ersetzen? War es denn, nicht das deine?* Sie entzog ihm ihre Hände. »Nein, Hanna, wie sollte ich zu so viel Geld kommen? »Ich bin es durch Sich geworden, Hanna. Du weißt es, hast es von Ansang an gewußt. Ich bin kein gemeiner Dieb, Hanna * Er suchte noch einmal Verständnis bei ihr: »Was ich getan habe, habe ich aus Liebe zu dir getan.* Sie ließ ihre Hände von seinen Armen, trat einen Schritt von ihm zurück. Ihre nachtschwarzen Augen sahen ihn durchdringend an. »Aus Liebe*, wiederholte sie seine Worte, „Lus Liebe tut man so etwas nicht. Wenn du mich geliebt hättest, io könntest du mich jetzt nicht preisgeben. Leidenschaft war es, die verpufft ist.* »Möglich, Hanna, daß es nichts anderes war. so will ich erst recht nicht daran zugrunde gehen.* Sie zog die Schultern hoch, ließ sich wieder in ihren Sessel fallen, und sah vor sich hin. Nach einer kleinen Weile fragte sie: „Und was versprichst du dir von diesem -rlles um fassenden Geständnis?* Der Hohn, der in ihren Worten mitschwang, raubte ihm den letzten Rest von Besinnung. »Meine Rettung. Geyer wird seine verheiratete Schwester nicht selbst an den Pranger stellen. — Begreifst du das?* Er schrie, daß sie fürchtete, ihre Dienstboten könnten es hören. »So mäßige dich doch!* sagte sie. „Ich hab' nun nichts mehr zu sagen. Ich gehe!^ Er stürzte aus dem Zimmer. Sie machte keinen Ver such, ihn zurückzuhalten. Gleich würde er gewiß nicht zu Geyer laufen. Wer Weitz, ob er es überhaupt tat? Sie ging an den Schreibtisch, auf dem sich ein kleines Tischtelephon besand. Sie Netz sich mit der Wohnung Chatenays verbinden. „Ist Herr von Chatenay zu Hause?* Die bejahende Antwort hätte ihr beinah einen kleinen Freudenschrei entlockt. „Sagen Sie Herrn von Chatenay, Frau Donat möchte ihn sprechen!' Der Gerufene meldete sich. Hanna nannte ihren Namen noch einmal. „Was ist, Herr von Chatenay, hätten Sie Lust, mir ein bißchen Gesellschaft zu leisten? — Ja? — Ach, das ist ttettl Kommen Sie bitte recht zeitig! Wann Franz heimkommt, wollen Sie wissen? Ja, ich denke, so in drei, vier Tagen. Er befindet sich schon auf der Rückreise. Ich erzähle Ihnen alles — natürlich — kommen Sie nur recht bald; ich bin mutterseelenallein* Gott, wie gut es doch war, datz man noch Freunde hatte! Ein Glück war es, daß sie ihn nicht aufgegeben hatte, wie sie es Westphal vorgemacht hatte.. * * * Geyers saßen bei ihrem Morgenkaffee, als die Woh nungsklingel laut und hart durch das Haus schrillte. »Nanu, wer klingelt denn so unverschämt; wir sind doch keinem etwas schuldig?* sagte Geyer scherzend. Das Mädchen kam, um Herrn Professor Donat zu melden. Jakob sprang erfreut aus, und eilte in den Salon, in welchem Donar wartete. „Du, Franz! Wo kommst du in aller Herrgottsfrühe her?* Er streckte ihm beide Hände hin, von denen Donat nur eine flüchtig berührte. Geyer beachtete es nicht. „Komm mit ins Wohnzimmer, wir sind noch beim Kaffee!* forderte er ihn auf. „Trinkst eine Tasse mit — was?* Er sah, freundlich lächelnd in Donats Gesicht. Nun erst fiel ihm dessen abweisende Miene auf. „Laß uns hier bleiben, ich habe dir eine fehl wenig erfreuliche Mitteilung zu machen.* Geyer war gescannt. Wollte er Geld? Aber um einen Pump einzuleiten, brauchte er doch nicht ein so grimmiges Sie ließ sich in einem Sessel nieder, und sah gelang weilt vor sich hin. Hermann sah auf sie nieder. In ihrer Art war etwas, das ihn aufreizte. Am liebsten hätte er seinem Gefühl dadurch Luft gemacht, daß er ihr ins Gesicht geschrien hätte: »Du bist an meinem Unglück schuld!* Aber er bezwang sich. Er zog sein Schnupftuch aus der Tasche und tupfte sich damit die Stirn, die ihm Heib und feucht geworden war. »Es ist aber möglich, daß du es mir gesagt hast; ich habe eS aber gleich wieder vergessen, weil es ja nicht sehr interessant ist.* . Eine Geringschätzung lag in ihren Worten, die ihn nun doch aus der Fassung brachte. So, also das hat dich nicht interessiert — vielleicht interessiert dich das: ich habe nach und nach fünfund- zwanzigtausend Mark aus der Geyerschen Kasse entwendet, die restlos in deine Hände übergegangen sind.* Die Hände vor ihre Ohren gepreßt, bat sie: »Bitte, verschone mich mit deinem Geständnis!* Ihr Gesicht war weiß bis in die Lippen; es rührte ihn nicht. , »Hör' nur weiter, nimm deine Hande von den Ohren, sonst muß ich schreien und deine Dienstboten könnten hören, was erst einmal nur für dich bestimmt ist.* Sie ließ die Hände fallen. Sah mit starrem Blick vor sich hin. -Ich kam zu dir, um dich zu bitten, das Geld zu be schaffen.* „Wie könnte ich das?* unterbrach sie ihn. Er hob beschwichtigend die Hand. -Du sollst es nicht, ich habe es mir anders überlegt: ich werde zu deinem Bruder gehen und ihm alles gestehen, alles, Hanna.* Das peitschte sie auf. »Was heißt alles? Willst du mich etwa preisgeben?* Ihre Augen stammten. »Brächtest du das fertig, mich bloßzustellen?' ' Er zog die Schultern hoch. »Notwehr, Hanna!' Sie trat vor ihn hin. Ihre Hände umklammerten sein Arme. »Muß ich leiden, weil du schuldig geworden bist?*