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Chronik des Tages. urlaub zu vollbringen. ,^-^^^ler Müller hat nach seiner Operation erstmals das Bett verlassen. _ — Die schwere Krisis der Haager Konferenz besteht nach wie vor weiter. — Stresemann hatte eine Unterrelmng mit Henderson! di« Minister Curtius und Hilferding verhandelten nm Loucheur. — In Berlin hat «in 18Mriger Mechanikevlchrling seine 20 jährige Geliebte erschaffen. — Die Weltreklametagung in Berlin hat ihre Ar beiten mit einer Sitzung in der Funkhalle begonnen. — In Koblenz stürzte von der Moselbrücke ein Last- auto in den Strom. Der Wagenführer sand den Tod. — Das furchtbare Schlagwetterunglltck in Waldenburg hat insgesamt 33 Bergleuten das Leben gekostet. — Auf der Pariser Untergrundbahn wurden bei einer wilden Schießerei zwischen Bauarbeitern und kommunisti schen Ruhestörern drei Personen verletzt. Jahr, in dem noch fremde stehen dürfen, ferenz davon Gebiet in der Was notwendig ist, um die Basis zu schaffen Mr eine solche Zusammenarbeit, ist von Deutschland getan worden. In bezug auf das, was finanziell zu leisten ist, sind wir zumindest bis an die Grenze dessen gegangen, was einem Volk überhaupt zugemutet wer den kann. Nicht weil wir uns der Schuld am Kriege oder seines Entstehens bewußt fühlen, sondern, weil wir den Krieg verloren haben. Ich hoffe, daß das wir leben, das letzte sein möge, in dem Truppen aus deutschem Boden Man wird die Ergebnisse dieser Kon abhängig machen, was auf politischem Entwicklung der Beziehungen der Völ ker hier geschehen ist! Tie Geschichtsschreibung der kommenden Jahr hunderte wird den Wiederaufstieg unseres Vaterlandes nach einem Sturz ohnegleichen in die Geschichte der Völker einreihen als eine der größten Taten aller Zeiten. . . Tie deutschen Leistungen rn dem letzten Jahrzehnt sind deshalb o'außerordentlich, weil sie ein Einleben in ganz andere Verhältnisse verlangen, weil der Staat um die Gleichberechtigung nach außen und die Lebens- Notwendigkeiten nach innen kämpfen mußte. Tas Deutschland vom Jahre 1919, das kein Schiff über 1200 Tonnen hatte, hat in dem kurzen Zeitraum von zehn Jahren einen deutschen Tampfer das Blau« Band des Ozeans wiedergewinnen lassen. Tas deut. sche Volk zeigt auf allen Gebieten neue Wege für den Fortschritt der Menschheit. Wir sind nicht mehr ein Volk des Reichtums. Wir haben keinen fundierten Besitz mehr. Wir haben d" Persönlichkeiten, um Und vergessen wir dabei nicht, Ar ^Ets stolz darauf waren, das Volk der Dichter U? berufen wir nicht, die Jnnerllch- bewahren gegenüber dem, was vA«"An entstanden ist. Lassen wir die Eigenart des deutschen Volkes erhalten, lasten wir, wie immer wir zu den Erttanik^ das, was groß war, lm Alten. eW allen Kräften leben Mr die GegA^rt tm Glauben an die deutsche Zurarbeiten Deutschland im Haag. Bon Reichsaußeuminister Dr. Stresemann. , Aus Anlaß des 10. Jahrestages der Verfassung oon Weimar fand im Haag ein Festgottesdienst der deutschen Gemeinde und un Anschluß daran eine Feier in der deutschen Gesandtschaft statt. Reichsautzenmini- ster Dr. Stresemann hielt ein« Rede und führt« darin aus: Als nach dem Niederbruch in einem südamerika- nischen Staat die deutsche Kolonie sich vereinigte, hat ein Vertreter dieses Landes seine Auffassung über den Niederbruch dahin zusammengefaßt: „Das Haupt wund von Lorbeer, so ist die deutsche Armee niedergesunken im Kampf gegen eine ganze Welt. Aber der Ruhm ihrer Taten wird durch die Jahrhunderte leuchten." Tie Zeit nach dem Frieden war die Zeit, die die stärksten Anforderungen an den Erhaltungswillen des deutschen Volkes stellte. Der römische Friede nach dem zweiten Punischen Krieg war maßvoll gegenüber dem Diktat von Versailles! , Als die verfassungslose Zeit zu Ende war, hat der Kampf um den Wiederaufstieg begonnen. Jetzt können wir zurückblicken auf zehn Jahre dieser Ent wicklung. Am 6. August waren es genau Mnf Jahre, daß eine deutsche Telegatton nach London gegangen ist zu den Verhandlungen über den ersten Versuch der weltwirtschaftlichen Regelung der Verhältnisse nachdem Kriege. Gegenüber dem Ausmaß von Selbstsucht unserer Gegner war hier der erste Versuch gemacht worden, in den Geist des maßlosen Forderns den Gedanken der Verständigung und der weltwirtschaft lichen Vernunft einzuschalten. Seitdem ist wieder ein halbes Jahrzehnt vergangen, und heute stehen wir im Haag vor neuen großen Entscheidungen über die Be ziehungen der Völker zueinander Mr die Zukunft. Zwei große Probleme kämpfen hier miteinander! der Gedanke der Souveränität und der der völkerverbin denden internationalen gemeinsamen Arbeit. Die in ternationale gemeinsame Arbeit ist eine Notwendig keit gerade nach der Unordnung der Weltwirtschaft, dl« auf den Krieg gefolgt ist. Aber eine friedliche Zu sammenarbeit der Nattonen ist nur möglich, wenn ein« die andere nicht nur mit Worten, sondern in Wirk lichkeit als gleichberechtigt anerkennt und ihr di« freie Souveränität zugesteht, die die Grundlag« ist Mr jede Entwicklung von Völkern und Staaten. Telegramm der Delegation an Hindenburg. — verlfit, 13. August. Reichspräsident von Hin- oenourg erhielt ein von Dr. Stresemann unterzeich netes Telegramm der deutschen Delegatton aus dem Haag, das nach einem Hinweis auf die Verfassung von Wei mar als „Fundament des deutschen Wiederaufbaues" mit den Worten schließt: ,/Km Ringen mn Deutschlands Freiheit und Aufstieg wird uns und dem gesamte« Bölke die treue und aufopferungsbereite Hingabe un seres Reichspräsidenten Borbild und Ansporn sein." Reichspräsident von Hindenburg antwortete der Delegation: „Herzlichen Dank Mr das freundliche Mein- gedenken am heutigen Verfassungstage. Ich erwidere Ihre Grüße mit den besten Wünschen Mr Ihre Arbeit aus der Mr unser Vaterland so bedeutsamen Konferenz im Haag." x sfi die Konferenz zn retten? Macdonald billigt Snowdens Vorstoß. — CurtiuS über Deutschlands Opfer. — Deutsche Besprechungen mit Henderson «ud Loucheur. — Haag, 13. August. Die Haager Konferenz bietet gegenwärtig das Dcyauspiel eines großen Durcheinanders. Die Stim mung schlägt mehrmals am Tage um; und immer ist eS von der Hoffnungsfreudigveit bis zur größten Nieder geschlagenheit nicht weit. Eine Wendung zum besseren wird hierin erst dann eintreten, wenn man sich über die finanziellen Streitfragen, die noch immer im Vor dergrund stehen, sachlich geeinigt hat. Um Zeit zu gewinnen, hat sich die Finanzkommisston von Montag bis Mittwoch vertagt. Inzwischen bemüht man sich in privaten Besprechungen um einen Ausgleich. So hat ten am Montag die deutschen Minister Dr. Curtius und Hilferding eine längere Unterredung mit dem französischen WirtschaftsMhrer Loucheur. Im Mittelpunkt der Sitzung der Finanzkommisston stand eine zweistündige Rede des deutschen ReichSwirt- schastsministers Dr. Curtius. Minister Dr. Curtius trat Mr die Beibehaltung des NoungplancS ein und betonte unter Hinweis ans die Reden der Gläubiger von angeblichen schwere« Opfern, daß Deutschland die allerschwersten Opfer ge bracht hat. Tie gleichen Industriezweige, die in Eng land notleidend seien, litte« a«ch i« Deutschland Not. Dazu habe Deutschland noch eine hart kämpfende Landwirtschaft, wie es auch mit dem Rückgang seines Anteils am Welthandel von 12,7 Prozent 1S1S aus 8,7 Prozent 1927 weit schlimmere Verluste zu be klagen habe, als irgendeine andere Macht. Ma« solle I deshalb im Haag «icht wie an einem vpferaltar Klage- j liedcr anstimmen, sondern praktische Arbeit leiste«. Neue Zumutungen für Deutschland nicht tragbar. Zum Schluß seiner Rede gab Minister Dr. Curtius ' oer Erwartung Ausdruck, daß Deutschland keine neuen Zumutungen im allgemeinen und im besonderen hin- ! sichtlich der Sachlieferungen gestellt würden, die über die Opfer hinausgingen, welche der Joungplan von Deutschland forderte. Tie Mahnung des deutschen Wirtschaftsministers ist sehr am Platze. Praktische Arbeit hat man im Haag > bisher nicht leisten können, weil die Finanzkommisston ! nicht vom Fleck kommt. Ter persönliche Konflikt, der j dadurch entstand, daß der englische Schatzkanzler Snow § den die Argumente seines französischen Kollegen Chö- ! ron als „lächerlich" abtat, ist zwar beigelegt, doch j hat es dazu erst einer Sonderbesprechung der Führe, der großen Delegationen bedurft. Tie Einigung besteht darin, daß Snowden in eine, Erklärung feststellte, es habe'ihm fern gelegen, seiner französischen Kollegen zu beleidigen. 'Tas ganze Miß- > Verständnis beruhe eben darauf, daß in der französisch«, und englischen Sprache gleichlautende Worte eine der, schieden« Bedeutung hätten. ! Telegramm Macdonalds an Snowden. ! „Der Sachverftändigenplan bevarf einer Revision.* - Sachlich bestehen die Engländer jedoch nach wi« ' vor aus ihren Forderungen. Unterstützt wird Snowden noch durch die Billigung seiner Haltung von der ge- ! samten englischen Oeffentlichkeit. Sensation im Haag ! rief ein Telegramm Macdonalds an Snowden hervor, ! mit dem sich Macdonald hinter seinen Finanzminister stellt und sich die Forderung auf Revision des Uoung- ! Planes zu eigen macht. Tas Telegramm lautet: - „Ter Finanzausschuß würbe einen schweren Feh. ! ler begehen nnv den Fortschritt ei«er baldige« Regelung ' hinausziehen, wen« ma« «icht endgültig einsieht, daß der Sachverständigenbcricht einer Revision bedarf «« de« gerechten Forderungen dieses Lande» (Englands) zn entsprechen. Unabhängig von Parteien und Gruppe« j unterstützt das Land einstimmig Ihre Haltung. Soweit ich sehe« konnte, stehe« alle Zeitungen hinter Ihnen und alle Parteien im Unterhaus sind auf Ihrer Seite. ! Ich hoffe dringend, daß Ihre Kollegen im Kinanzaus. ! schuß einsehen werden, daß sie einer Lage gegenüber, stehe«, wo »le allerersten Grundsätze »eS „fair Platz* zwischen eine« Lande und »em andern dazu zwinge«, gewisse Empsehlunge« des Sachverständigen berichte» z» revidieren. Unsere bisherige Haltung «nd die Regelung fit Europa auf »er Grundlage des gute« Willens vor» wärtS z« bringen, Ist ei« Beweis dafür, »aß wir eine« guten Erfolg Vieser Konferenz sowohl fi» finanziell«, als auch in politischer Hinsicht wünsche«, aber wi, sind j« »em Tragen einer ungleichen Last bis zu« äußersten gegangen." Die Franzose« fi«d mißgestimmt. Nach dem Bekanntwerden dieses Telegramms Vs teuerten die Franzosen, ein« Einigung zwischen Eng« land und Frankreich über di« finanziellen Fragen s« nunmehr fast unmöglich geworden. M<m könnt getrost di« Koffer packen. Das beste Resultat sei noch die Vertagung der Konferenz bis November! j Der Zweck, der mit dieser Stimmungsmache veri folgt wird, ist wohl klar: die Franzosen wollen dfi öffentliche Meinung dahin beeinflussen, daß «in Zm sammenbruch der Konferenz ausschließlich der englischer Arbeiterregierung zur Last zu legen ist. Demgegenüber muß von deutscher Seite denn doch darauf hingewieseu werden, daß Frankreich nach dem Aoungplan so en hebliche Vorteile finanzieller Art erhält, daß die vor England geforderte jährliche Erhöhung seines Anteils um 48 Millionen Mark Mr Frankreich überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Auch die ErWlung der beiden übrigen englischen Forderungen, Abänderung der Bel teiliguna am ungeschützten Teil und andersartige R« gelung der Sachlieferungen kann Frankreich ernsthaft keinerlei Schwierigkeiten bereiten. Es muß daher jetzt bereits festgestellt werde«, »a> im Falle eines Zusammenbruches der Konferenz Vit Verantwortung hierfür ausschließlich ans die fram zösische Regierung entfällt. Sollte eS tatsächlich noch im Laufe dieser Woche zu dem Abbruch der Konferenz kommen, dann wird von feiten der deutsche« Regier»^ mit größter Entschiedenheit die Forderung aufgestelu werden müssen, daß unabhängig von dem Zusammen, bruch der finanziellen Verhandlungen wenigstens dfi politischen Fragen der Rheinlandräumung und die Er» ledignng der mit der Bergleichskommifsio« zusammen» hängenden Frage« weiter berate« werde«. Stresemann besucht Henderson. ReichSautzenmfittster Dr. Stresemann hatte aw Montag eine neue Besprechung mit dem englischer, Außenminister Henderson. Bon amtlicher deutscher Seit« wurde Wer den Verlauf der Besprechung keine Mittefi lung veröffentlicht. Hindenburg in Dietramszell. Reichspräsident von Hindenburg, der nach der Berfassungsfeier seinen Urlaub angetrete« hat, tras am Montag in München ein. Beim Verlassen des Bahnhofs wurde Hindenburg, der von seinem Sohn, Oberstleutnant von Hindenburg, begleitet war, von einer sehr zahlreichen Menge mit Hochrufen und Tücherschwenkcn stürmisch begrüßt. Von München aus trat der Reichspräsident in einem geschlossenen Kraft wagen die Weitersahrt nach Schloß Dietramszell an, das er in den Mittagsstunden erreichte. Deutscher Ministerrat im Haag. Unter Teilnahme Wissels «nd Severings. — Gegen sätze in der Frage der BersicherungSreform. Am Montag weilten der Reichsminister des Innern, Severing, und der Reichsarbeitsminister Wis sel im Haag, so daß an diesem Tage sechs deutsche Mi nister im Haag anwesend waren. Es sand ein« gemein same Besprechung statt, in der die Frage der Reform der Arbeitslosenversicherung behandelt wurde. In parlamentarischen Kreisen sieht man in der Reise Wissels und Severings nach dem Haag einen Beweis dafür, daß die Auseinandersetzungen über dis Reform der Arbeitslosenversicherung im Kabinett einen kritischen Charakter angenommen haben. Es verlautet, daß der von Wissel ausgearbeitete Entwurf auf einen entschiedenen Widerstand im Kabinett gestoßen ist. Tie Mehrzahl der Reichsminister soll eine wesentliche Ab änderung des Entwurfs gefordert haben, doch soll Reichsarbeitsminister Wissel der Erfüllung dieser For derungen ablehnend gegenüberstehen. Zeitungsmeldungen zufolge soll Wissel sogar die Möglichkeit seines Rücktritts erwogen haben. * Nach der Rückkehr der Minister Severing und Wissel findet in Berlin eine neue Kabtnettssitzung statt, in der über den Entwurf Beschluß gefaßt werden mutz. Ten sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags wird die Frage der Reform der Arbeitslosenversiche rung am Donnerstag beschäftigen. Die Verfassungsfeiern im Reich. Ueberatt ruhiger Verlauf. — Vaterländische Kund gebungen im Rheinland und Saargem«. Die Feiern aus Anlaß des zehnten der Reichsverfassung nahmen im ganzen Retchsgebiei einen ruhigen Verfiruf. Lu ernsteren Zwischenfällen ist es nirgends gekommen. <^n Berlin fand die Berfassungsfeier am Mon- pen vor dem Schloß Aufstellung genommen. Nach nm. fikaltschen Borträgen hielt der preußische Innenmi nister Wrzesinski die Festrede. Nach der Feier mar. schierten die Polizeimannschaften vor dem PoNzeiprä. sidenten vorbei. .