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18 - , «Für Ihren Vater?' «Ja. Er ist in der Gewalt Archibald Mantles. WaS mir mein Vater in seiner Not eingestanden hat, wird Ihnen Mes klar machen. Mein Vater hat in dem Wunsche, für mich die Zukunft zu sichern und ein behaglicheres Da» sein zu schaffen, sich verleiten lassen, an der Börse zu spielen. Er ist eine Zierde der Armee, aber er Hai doch nie etwas von Geschäften verstanden. Dabei hat er das kleine Vermögen, das wir besaßen, eingebüßt. Aber was hätte däs gemacht, wenn er keine andere Schuld aus sich geladen hätte? In seiner Dankbarkeit und Liebe für Major Mac Daniel — Sie kennen ihn ja — veranlaßte er den Major, sich auch an dem Vörsenspiel zu beteiligen. Der Major ist der liebenswürdigste, bravste Mensch, aber er ist ein leiden schaftlicher Spieler. Er beteiligt sich an den höchsten Spielen und Bitten, und verliert mehr, als er gewinnt. Da er aber eine große Zahl von Freunden hat, denen es Spaß macht, seine Spielschulden von Zeit zu Zeit zu begleichen, so ist er imstande, sich im Klub, im Regiment, in der Gesellschaft zu erhalten. DaS Börsenspiel war das einzige, das er noch nicht versucht hatte. In seiner Maßlosigkeit übernahm er Wohl Verpflichtungen, die alles bisher weit übersteigen. Die anfänglichen Gewinne, die auch meinen Vater ver- lockter^ trieben den Major anscheinend immer weiter, und er konnte sich nicht, wie mein Vater, entschließen, aus jeden Gewinn zu verzichten, und sich mit einem nicht gar zu großen Verlust zurückztehen. Mein Vater war noch in der Lage, sich frei zu machen, wenn auch mit Verlust unseres Vermögens, aber aus dem Major blieb eine Schuldenlast von ungefähr zehntausend Pfund, und er hatte nicht einen Penny mehr zur Deckung.' .Zehntausend Pfund!' Unwillkürlich tastete Gilbert nach der Brieftasche an seiner Brust. »Plötzlich versagten alle Freunde. Niemand konnte oder jvollte ihm helfen. ES gab ein Mittel: das Verbrechen — und nur einen einzigen Freund: meinen Vater. Der Major war der Verwalter der Regimentskaste.. " »Um Gottes willen!' »...und mein Väter als Kommandant besaß den Kon trollverschluß. Er ließ es geschehen, daß der Major, sein Lebensretter, der Regimentskaste den ganzen Betrag ent nahm, um seine Börsenschulden zu bezahlen. Für den leichtsinnigen Major Mae Daniel war die Sache damit er ledigt. Papa mochte sehen, wie er die Deckung schaffte. Und unglücklicherweise verfiel mein Vater in seiner Angst auf Ihre» Petter, auf Herrn Mantle.' »Wat ernenn so befreundet mit Ihm?' »Reim er ^kannte ihn nur aus dem Klub, und er hatte sich vielleicht bei seinen Börsengeschäften beiLerrn Mantle Rat geholt. So war er der Ansicht, der Bankier, für den ver Betrag ja nichts bedeutete, würde sich ein Vergnügen daraus machen, ihm^ zehntausend Psund zu leihen. Aber Herr Mantle «ttworftte damit, daß er mich zur Frau be gehrte. Diese Werbung war für meinen Vater nieder schmetternd, er ahnte ja.^aß ich .Nein, sagen würde; und da überdies Herr Mantle Andeutungen darüber gemacht haben dürfte, daß Papa die Schuld des Majors nur durch eine Unredlichkeit begleichen konnte, so gestand mir Papa alles. Ich hatte nun die Wahl: .Nein' sagen und den Vater und mich dadurch in Schande und Not bringen? Denn wenn Mantle nicht half, war ja alles verloren. Oder ich sagte La', und wurde für mein Leben unglücklich, aber die Ehre meines Vaters war gerettet. Welche Wahl blieb mir da? Papa versuchte, mich zu trösten. Wir zwei, meinte er, seien noch so jung, daß wir ja vor einer Aenderung unserer Gefühle nicht gesichert wären. Dazu käme die Ent- feryung. Wäre ich einmal Mantles Frau, so würde ich bald alles verschmerzt haben, und auch Sie, Gilbert, wür den mich vergessen...' »Niemals!' »Wenn es nun aber doch so kommen muß!' »SS darf nie so kommen!" .Gilbert!' .Arme Elinor, fürchten Sie sich nicht, ich Werde Sie retten und auch Ihren Vater." .Was wollen Sie tun?" .Darüber möchte ich schweigen, ich sehe noch nicht alles klar in mir. Wie gut, daß Sie zu mir gekommen sind! Aber jetzt bringe ich Sie nach Hause. Weitz denn Ihr Vater, wo Sie hingegangen sind?" .Er ist nicht zu Haufe gewesen, und ich bin vielleicht wieder zurück, bevor er heimkommt. Ich werde ihm meinen Besuch bei Ihnen aber keinesfalls verschweigen." .Morgen früh bekommen Sie Nachricht von mir." — Gilbert führte Elinor in einem Auto nach Hause zurück. Beide schwiegen, von banger Erwartung erfüllt. Doch wagte das Mädchen, Gilbert eine Liebkosung zu gestalten, indem sie den Handschuh von ihrer linken Hand zog, und diese Hand von seiner Rechten umsatzt halten ließ. Als sie vor Grahams Villa angekommen waren, hob er das Mäd chen aus dem Wagen, führte sie zur Tür, und drückte einen Kutz auf die schmale, zarte und doch kräftige Hand. .Gute Nacht." „Auf morgen!" Das Mädchen verschwand im Hausflur, Gilbert aber stieg wieder in das wartende Auto, und rief dem Chauf feur zu: «Grosvenor-Straße, zu Herrn Mantle!" * , * Oberst Graham war, nachdem er sich überzeugt hatte, daß Elinors Ohnmacht nur ein rasch vorübergehendes Zeichen ihrer seelischen Erschütterung gewesen sei, aus dem Hause gegangen. Er hatte sich verpflichtet, und hielt es auch für notwendig, Archibald Mantle Elinors Jawort so rasch wie möglich zu bringen, aber nun zögerte er doch noch vor der nie wieder gut zu machenden Entscheidung zurück. Gab es wirklich keinen anderen Weg zur Rettung? Mutzte wirklich Elinor gezwungen werden, sich zu opfern? Er fühlte sehr genau, daß alle diese Reden von der Jugend- lichkett und der daraus entspringenden Unzuverlässigkeit ihrer Empfindung und von der Heilkraft der Entfernung nur banale Tröstungen waren, mit denen widerstrebende Eltern ihr Kind und sich selbst zu täuschen versuchen. Gerade der Antrag Mantles hatte die Krise herbeigeführt, gerade durch ihn war sich Elinor über ihre Empfindungen klar ge worden. Dem Oberst war nichts anderes übriggeblieben, als feiner Tochter die Wahrheit zu sagen. Nur scheinbar über ließ er ihr die Entscheidung, denn diese konnte nicht zweifel haft sein. Und im Bewußtsein, durch seine Schuld das Glück seiner Tochter verscherzt zu haben, sragte er sich noch einmal: Muß es denn sein? Gibt es keinen Weg? Er selbst besaß keine intimen Freunde, die imstande oder willens gewesen wären, ihm zu helfen. Hätte er sich denn sonst in seiner Notlage an den ihm nur flüchtig be kannten Klubgenosse»« Mantle gewendet? Sein einziger Freund war und blieb doch nur derjenige, der ihm einst das Leben gerettet hatte, um ihn jetzt zu verderben — Major Mac Daniel. Mac Daniel! Hatte dieser niemals verlegene, leicht fertige Schuldenmacher wirklich alle Hilfsquellen erschöpft? Hatte er sich nicht mit ein paar vergeblichen Versuchen be gnügt, in der Ueberzeugung, der angesehene, vermögende Regimentskommandeur werde schon alles in Ordnung bringen? Darüber mußte sich Oberst Graham noch ver gewissern, und da er den Major im Klub wußte, so wandte er sich dorthin. Mac Daniel saß eben beim Bridge; er blickte auf, und nickte dem Oberst zu, ohne sich im Spiel stören zu lassen. Erst als er eine Partie verlor, begrüßte er den Oberst. »Ich muß dich sofort sprechen", sagte der Oberst halb laut. „Sosort? Nun, gehen wir einen Augenblick ins Kon- üersationszimmer."