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cöpvrieiüdv»srtlö?eücktVi»nxör^E<Z^tz Es herrschte Nebel, aber er war nicht so undurchdrina- lich dicht, daß er den Schein der Stratzenlampen aanr verlöscht hätte. So konnte Elinor rasch von Highgate Vil- lage Hinunterkommen. Es dauerte immerhin einige Hei« bis sie Camden Town erreichte, wo sie endlich ein Auto sand. Bei der Fahrt, die ihrer Ungeduld viel zu langsam vor- kam, dachte sie: Wie sage ich es ihm? Was wird er denken ? Dann erschrak sie vor der Möglichkeit, daß er noch nicht oder nicht mehr zu Hause sein könnte. Im letzteren Fall war sie verloren. Im ersteren Fall konnte sie ihn doch nicht erwarten. Das Auto war in Chandos Street angelangt, hielt vor dem Hause; sie bezahlte denChausfeur, drückte auf den Knopf der elektrischen Klingel. Ein nicht übergroßer Torflügel össnete sich nach einer Weile; sie trat in den Porraum, der sich sofort beleuchtete. Sie fand die Wohnungstafel, drückte aufdenKnops, über dem die Visitenkarte Gilberts angebracht war. Ein zartes einmaliges Anschlägen des kleinen Glöck chens schien ihr die Antwort zu sein: er war zu Hause. Sie eilte über das Hochparterre die Treppe in das erste Stock- wert hinaus, die dritte Tür mußte es sein. Ja, da stand Gilbert in der offenen Tür, verwundert über den späten Besuch, dessen er von keiner Seile gewärtig war. Sie stand vor ihm - war das nicht? - Ein Schreck durchzuckte ihn. Zweifel, Bangigkeit, süße Hoffnung. Er trat in seine Woh nung zurück, sie solgte ihm, und er sah in das schöne bleiche Gesicht, das mit zuckendem Munde lächelte. „Elinor! Fräulein Graham!" ries er. Es war beiden, als müßten sie einander umfassen, um armen und nie mehr loslassen. Was brauchten zwei Lie bende einander noch zu erklären? Doch dieser erste Augen blick ging vorüber, und nur das Bewußtsein ihrer Liebe war in den beiden jungen Menschen zu voller Sicherheit er wacht. Gilbert führte das Mädchen zu dem hochlehnigen Sofa, einem Erbstück aus seinem Vaterhause. Sie sank in die Ecke. „Ach, Gilbert", ries sie. Und nun löste sich die surcht- bare Bewegung der letzten Stunde in einen Strom von Tränen. Die blauen Augen flossen über, ein Schluchzen, manchmal krampfhaft sich steigernd, schüttelte ihre Brust; immer aufs neue weinte sie. Ties ergriffen, ratlos, stand Gilbert vor ihr, bis er sich auf einen Stuhl neben dem Sofa niederlietz, und eine Hand des Mädchens sanft ergriff. „Elinor! Was ist geschehen? Was bedeuten diese Tränen? Was bedeutet Ihr Kommen? Fassen Sie sich, beruhigen Sie sich! Was es auch sei, Sie wissen, datz ich bereit bin, mein Leben für Sie hinzugeben." Die Tränen versiegten endlich, sie drückte nun dankbar seine Hand. Ja, sie lächelte. „Und haben es doch über sich gebracht, ohne Abschied von mir zu gehen?" „Es hat mir das Herz zerrissen, aber ich durste nicht..." „Ja, Sie hatten es meinem Vater versprochen.. «Wie, Sie wissen...?" ... , „Alles. Und anders, als Sie glauben. Ich bin ein un erfahrenes Mädchen und verstehe nicht, daß ttgendett» Ehrenwort einem Manne verbieten kann, dem Mädchen, das er liebs, seine Empfindung zu gestehen." - < „Ich hielt mich für verpflichtet, vor allem bei Ihre« Vater die Zustimmung einzuholen." „Die er Ihnen aber verweigerte." „Als er mich darüber unglücklich sah, gab er mir auch einen Trost. Ich darf nach einem Jahre wiederkommen, und wenn sich unsere Gefühle nicht geändert haben, dann dürfte ich auf sein Jawort rechnen. Mit diesem Ver sprechen rang er mir den Verzicht ab, Sie noch einmal zu sehen." „Wenn Sie ihm aber nicht gehorcht hätten! Wenn Sie empfunden hätten, datz Ihre Liebe das Jahr der Trennung überdauern würde, und wenn Sie als Bedingung für Ihre Abreise eine Verabschiedung von mir gefordert hittten, dann hätte er doch nachgeben müssen, denn..." „Denn?" „Die Hauptsache war ihm Ihre Entfernung. Wären Sie zu mir gekommen, sei es auch in Vaters Gegenwart, so hätte uns ein Wort genügt, und wir waren für UNS und vor ihm gebunden. Er konnte dann freilich noch auf die weite Entfernung und auf die Wirkung der Zett hoffen. Aber ich hatte doch den Schutz, den ich brauchte." „Sie haben ihn in mir, Elinor. Aber welchen Schutz brauchen Sie? Gegen Ihren Vater doch nicht?" ' „Gegen ihn auch, aber noch gegen jemand anders." „Wer ist das? Nennen Sie ihn mir!" „Es ist Ihr Vetter, Archibald Mantle." „Wer, sagen Sie? Mein Vetter Archibald? Wieso be- rohlerSie?" ' „Er hat mir die Ehre erwiesen, um meine Hand anzu halten." Gilbert war so bestürzt, daß er zunächst kein Wort her vorbrachte. " „Das ist unmöglich!" rief er dann. „Warum? Ist er nicht ein stattlicher Mann in den besten Jahren? Gebildet, angesehen, unermeßlich reich. Mein Vater hat ganz recht, es gibt kein Mädchen in Lon don, das ihn zurückweisen würde. Warum sollte er nicht um die Hand eines vermögenslosen, unbedeutende« Mäd chens werben dürfen?" !' „Sie haben doch abgelehnt?" „Mit welcher Begründung? Haben Sie mich denn nicht freigegeben, Gilbert, da Sie ohne Abschied davongingen? Ein letztes Beisammensein hätte uns gebunden, ich hätte mich Herrn Mantle gegenüber darauf berufen können, büß ich nicht mehr frei bin, und mein Vater hätte es bestätigen müssen. So aber..." ' „Elinor, Sie haben Ha' gesagt?!" . „Ach, Gilbert, ich mutzte." „Unmöglich! Das kann nicht sein! Das darf nW sein!" „Unmöglich, aber es ist doch so. Ich kann es mir ja gar nicht vorstellen, daß ich mein erzwungenes Ha- einlös«» werde. Wenn es sich nur um mich handelte!" „Sie spannen mich auf die Folter." „Hören Sie mir zu, Gilbert. Wir wissen eS ja nun beide, daß wir miteinander unlösbar verbunden sind. ES kann kein Geheimnis zwischen uns geben. Sie werden aller verstehen, und vielleicht, vielleicht sind Sie doch imstande, uns zu retten, vielleicht finden Sie einen Ausweg, den ich nicht sehe, vielleicht besitzen Sie die Kraft! JA Miß Mich für meinen Vater opfern." .