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Mit Professor Hans Delbrück Hat die deutsche Wissenschaft einen ihrer bedeutendsten Männer ver loren. Wenn die Persönlichkeit Delbrücks politisch auch umstritten war, so galt Dr. Delbrück — Treitschkes Nachfolger an der Berliner Universität — doch allge mein als einer unserer hervorragendsten Historiker und als ein militärwissenschaftlicher Schriftsteller von Qua lität! Noch vor wenigen Tagen stand Delbrück im Mittelpunkt des Interesses: er sollte am 28. Juni in der Berliner Universität die Gedenkrede in der später abgesagten Studentenkundgebung halten. Prof. Delbrück ist der Verfasser einer ganzen Reihe bekannter Werke. Unsterblich wurde sein Name aber vor allem durch die „Geschichte der Kriegs kunst", in der Dr. Delbrück eine Analyse der Schlacht bei Cannae gab, in der 216 v. Ehr. Hannibal den Römern eine vernichtende Niederlage beibrachte. Dieser Analyse entnahm Generaloberst v. Schliessen, der Schöp fer des deutschen Aufmarschplanes, den Gedanken der doppelten strategischen Umfassung, der 1914 in der Schlacht bei Tannenberg so überaus wirksam in die Tat umgesetzt wurde. Hans Delbrück wurde am 11. November 1848 in Bergen aus Rügen geboren. Er studierte an den Universi täten Heidelberg, Greifswald. Am Feldzug gegen Frank reich 1870-71 nahm er als Reserveleutnant teil. 1881 habilitierte er sich an der Universität Berlin für das Fach der Geschichte, 1896 wurde er ordentlicher Professor. Seit 1920 war Delbrück Mitglied der Historischen Kommission für das Reichsarchiv. Der Parlamentarische Untersuchungs ausschuß für die Klärung der Ursachen des deutschen Zu sammenbruchs hörte ihn als Gutachter. Dem Preußischen Landtag gehörte Delbrück von 1882 bis 1886, dem Reichs tag von 1884 bis 1890 an. Prof. Delbrück sah in der Geschichte kein totes Wissen, keine Bücherweisheit. Geschichte war ihm eine Mahnung für das lebende Geschlecht, er entnahm ihr Beispiele für die Gestaltung der Gegenwart. Wo Klin gen gekreuzt wurden, war Pros. Delbrück immer zur Stelle, mit dem Verstand und mit dem Herzen. Und so fehlte er auch nicht in dem Streit, der von allen Freunden der Wahrheit ausgefochten wird, dem Kampf gegen die Kriegsschuldlüge! In diesem Kampf nehmen wir die Waffen auf, die uns Delbrück ge liefert hat, und wir werden sie solange handhaben, bis die Lüge von der deutschen Schuld am Kriege hinweg" gefegt ist. * Die Beisetzung der sterblichen Ueberreste Pros. Delbrücks findet am Donnerstag in Berlin statt. Reichs präsident v. Hindenburg hat Frau Professor Delbrück in einem persönlichen Schreiben seine Teilnahme aus gesprochen. Prinz Mann Georg 60 Mre. Die Glückwünsche sür den sächsischen Prinzen. Dem Prinzen Johann Georg von Sachsen, der sich auch als Gelehrter großen Ansehens erfreut, sind aus Anlaß seines 6 0. Geburtstages zahl reiche Glückwunschschreiben zugegangen. Unter den Gratulanten befanden sich u. a. der Kardinal-Staats sekretär Gaspari, Kgrdinal Bertram und der Erzbischof von Freiburg. Freunde des Prinzen über- mittelten ihm eine Sammlung künstlerischer und wissenschaftlicher Beiträge, die u. a. Blätter von Professor Dorsch und Fanto in Dresden, von Liebermann und Hugo Vogel in Berlin, sowie wissenschaftliche Beiträge von Professor Dyroff, P. Lip pert, Bischof Dr. Christian Schreiber- Meißen und anderen enthält. Anläßlich des Geburtstages weilte der ehemalige König von Sachsen, Prinzessin Mathilde und Erzherzo gin Maria Josepha von Oesterreich in Freiburg i. Br. Dr. Hensler- Dresden hat am Auftrage des Fami lienvereins Wettin eine Zusammenstellung der wissen schaftlichen Arbeiten des Jubilars veröffentlicht. Tarlfverhaadlvggeo in Zwickau. Nachdem mit Rücksicht auf die gleichen Verhand lungen im Ruhrgebiet der gekündigte Rahmen'tarif für die Arbeiter -eö sächsischen Braunkohlenbergbaues und die Mehrarbeitsabkommen vorläufig bis Ende Juli verlängert worden waren, haben die Tarif- «arteien, nachdem der Tarifstreit beendet war, in mehr- tAgigen Sitzungen in Zwickau über die Erneuerung des Mantelvertrages und eines Mehrarbeitsabkom- >nens verhandelt. Hierbei konnte der größte Teil der Tarifsatzung vereinbart werden. Wegen der Vereinigung einiger strittiger Punkte, darunter allerdings des Metze- arbeitSabkommens und des JnvalidendeputatS, wurde der Landesschlichter angerufen, der bereits einen Schiedsspruch gefällt hat. Der Schiedsspruch hält die bisherige Arbeitszeit unter und über Tage aufrecht. Für die Frage des Invaliden- und Witwen- Deputats hält sich der LandesWichter nicht für zu ständig, da er hierin keine schlichtungsfähiae Sache erblickt. Die Erklärungsfrist der Parteien läuft biS Mittwoch, den 17. Juli 1929. Mselhaster Tod in Erfurt. Im Erfurter Otto-Park wurde -er 19 Jahre alte j Kurt Hüttenrauch mit einem Schuß in der linken ! Schläfe schwer verletzt aufgefunden. Er starb ! im Krankenhaus, ohne das Bewußtsein wiedererlangt ! zu haben. Die näheren UmstärHe schließen Moro- j verdacht nicht aus. Die Untersuchungen der Mord- ; kommission haben bisher folgende Ergebnisse gehabt: Der tödliche Schuß wurde von einem Reichswehr soldaten gehört, der mit seinem Mädchen auf einer Bank im Otto-Park Platz genommen hatte. Er fand den blutüberströmten Mann und benachrichtigte sofort die Polizei. Seltsamerweise fand die Mordkommission in einem Gebüsch die Waffe, aus der der tödliche Schuß ' abgegeben worden war. Der Tote, der einen Schuß in der linken Schläfenseite hat, ist nach Ermittlun gen bei seinen Eltern kein Linkshänder gewesen. Zuletzt war Hüttenrauch, wie schon wiederholt, aus dem Elternhaus entwichen und war am 8. Juli in Zwickau aufgcgriffen worden, aber von dort wieder entwischt, lieber die Zeit vom 8. bis 13. Juli fehlt vorläufig jede Spur über den Aufenthalt Hüttenrauchs. Opfer des Verkehrs! Acht Tote, zahlreiche Verletzte. Der Sonntag war für die Auto- und Motor radfahrer ein schwarzer Tag. In Berlin kam es zu zahlreichen Zusammenstößen, bei denen es neun Schwer verletzte und zahlreiche Leichtverletzte gab. Auf der Chaussee Eldena—Bresegard bei Ludwigslust in Mecklenburg wurde ein Motorradfahrer vom D-Zug Uelzen—Wismar überfahren und auf der Stelle ge- tötetet. Beim Uebersteigen von einem Lastkraftwagen aus den Anhänger stürzte in Waren in Mecklen burg ein Arbeiter unter die Räder und erlitt den Tod. In Mülhausen-Saaren stürzte ein mit 58 Per sonen, Männern, Frauen uns Kindern, besetzter Last kraftwagen von einer Böschung ab. Bon de» Insasse», ; Essener Kommunisten, die an einer Gautagnng in Saa- , ren teilgenomme» hatten, wurden zwei Männer getötet, ' zwei weitere schwer verletzt. Außerdem erlitt eine große , Anzahl von Fahrgästen leichtere Verletzungen. Bier Tote in Frankreich. Bei Montpellier in Frankreich befand sich ein ! Bankbeamter mit drei Angehörigen auf einer Fahrt ' im Auto in der Richtung nach Narbonne und stieß mit ! einem Radfahrer zusammen, der überfahren wurde und dabei den Tod fand. Der Kraftwagen dagegen fuhr bei dem Versuch, dem Radfahrer auszuweichen, gegen einen Baum, wobei von den Insassen drei getötet und einer schwer verletzt wurde. j Studcutenkundgebung in München. - Zum Zeichen der Solidarität versammelte sich ein Teil der Münchener Studentenschaft, um sich den Pro- , testen ihrer Preußischen Kommilitonen anzuschließen. Kaffee-Briefmarken. ! Die JubiläumSmarlen von Brasilien. — Postwert zeichen der Negerrepublit. — Kaufen Sie Costa-Rica! Wie Salvador für seinen Kaffee wirbt. Von Max Büttner. j Man sollte eigentlich annehmen, daß zwischen dem braunen Labetrank und den bunten Briefmarken nicht allzuviel verwandtschaftliche Beziehungen bestehen. Es sei denn, daß man beide als Mittel zur Erholung und - Rervenauffrischung betrachten will. Viel weniger an j den Haaren herbeigezogen erscheint es jedoch, wenn die Postverwaltungen verschiedener überseeischen Länder ihr Wertzeichen einer weitreichenden Propaganda für einen ; der wichtigsten volkswirtschaftlichen Produktionszweige und Ausfuhrartikel nutzbar machen. Gerade in den letzten Jahren, in denen die Brief- ! marke für allerlei Zwecke hat herhalten müssen, hat , fick auf dem Gebiete der postalischen Kaffeereklame fast eine Art Wettlauf entwickelt mit dem Ergebnis, daß für den Sammler eine ganze Anzahl recht inter essanter Marken entstanden sind, die manches von der Herkunft der nicht nur in Sachsen beliebten Getränkes erzählen. Erft km Februar vorigen Jahres war es Brasilien, da- KäsMand Par «reellen« (da- mit seinen Bohns« etwa zu vier Fünfteln den Kaffeedurst der ganze« Welt stillt), wo drei Briefmarken zur Erinnerung a« di« vor 200 Jahren erfolgte Einführung des Kaffee" Saume« vorauSgabt wurden. Die Herstellung zeigt im Querrechteck eine sinnbildliche Frauengestalt mit einem Kaffeezweig und im Hintergründe die Andeutung eine« Kafseeplantage. Wenn allerdings die Güte des Brasil" kaffees so beschaffen wäre, wie die drucktechnische AuS" führung dieser Gedenkmarken, dann hätte er kaum lemals seinen Weltruf erlangt! Unvergleichlich hübsche« und künstlerischer ist die Kaffeemarke, die sich vor kur" zem auch das kleine Ländchen Haiti in New Dort drucken ließ, und di« in prächtigem Tiefdruck zwei üp pige Kaffeestauden wiedergibt. Die phtlateltsttsche Würdigung unseres Frühstück«" und Nachmittagsgetränks reicht aber noch Hel weite« zurück. Bereits im Jabre 1909 erschien in der afrikani schen Negerrepublik Liberia n. a. ein Postwertzeichen, yuk dem man die valmengesckmückte Ansicht einer Kas" keepflanzung bemerkt, und ein ähnliches Bild findet sich seit 1918 auf den malerischen Briefmarken der por tugiesischen Mozambigue-Gesellschaft, so daß man fast glauben könnte, aus dem schwarzen Erdteil komme auch der „schwarze" Kaffee. Eines besseren belehrt uns da jedoch z. B. Costa Rica, an dessen „reicher Küste" recht schmackhafte Kasfee sorten gedeihen. Dort wurde im Jahre 1921 eine posta lische Gedenkausgabe zur Jahrhundertfeier der Ein führung des Kaffeebaues in Verkehr gebracht; auf den breitformätigen Marken bemerkt man ebenfalls eine Kaffeeplantage und daneben ein zuständiges Amtsge bäude. Ein Jahr später ließ die Postverwaltung meh rere Wertzeichen mit der Zeichnung eines Kaffeesackes überdrucken, der die Inschrift trug: „Cafe de Costa Rica", und der vermutlich entsprechenden Appetit er regen sollte. Ja, dieser wurde 1923 sogar gewisser" maßen amtlich anbefohlen. Man druckte auf eine 5-Cen- timos-Marke einfach den kategorischen Imperativ „Compre Ud. Cafe de Costa Rica" (Kaufen Sie Kaffee aus Costa Rica!). Ein wenig liebenswürdiger wirkte dann wieder eine spätere Marke, auf der man ein Mädchen bei der Kasfee-Ernte bemerkt. Noch hübscher war freilich die Werbemarke, dis im Jahre 1924 von der geschäftstüchtigen Post des Konkurrenzlandes Salvador herausgegeben wurde. Man sieht darauf zwischen Kaffeezweigen einen an mutigen weiblichen Bubikopf — der offenbar schon da mals „große Mode" bei den Salvadorotheen war — und darunter, von bescheidener Selbsterkenntnis zeu gend, die Inschrift: „El mejor cafS — the best coffec". Nun, auch in dieser Beziehung find die Geschmäcker verschieden, wie der Dolksmund sagt. Schließen wir diesen kleinen philatelistischen Kaf feeklatsch mit der Feststellung, daß den hjstorischen Kaffeesorten, die man im blockierten Deutschland in den letzten Kriegsfahren trinken mußte, aus Brief marken kein Denlmal gefetzt worden ist. Widerliches Geschmeiß. Ter Kampf gegen die Stubenfliege wird ja ziem lich energisch geführt, aber bei weitem doch noch nicht energisch genug, um den Erfolg zu haben, den man aus hygienischen Gründen wünschen muß. Tic Einsicht, daß es ein schädliches Insekt ist, ein Krankheitenverschlep- per, muß viel tiefere Wurzeln schlagen, und vor allem müßte sie von der Schule aus ins Volk dringen. Tie Jugend muß immer wieder über die Schädlichkeit und Gefährlichkeit dieses ekelhaften Insekts aufgeklärt wer den, das sich bald auf Unrat, bald auf Nahrungsmittel niederläßt und, noch so oft verscheucht, immer wieder zurüükchrt. Schlimmer als seine Naschsucht ist sein Reinlich- keitsbedürfnis; abwechselnd bürstet es sich mit den Hinterbeinen-die Flügel ab und reinigt sich die Füße durch Aneinanderreiben. Der Schmutz und die Mi kroben, die ihm an Beinen und Flügeln klebten, bleiben auf Brot, Fletsch usw. liegen und wandern mit ihnen in den Mund und Magen des Menschen. Es ist ekel erregend und gefahrbringend. Als Verbreiterin ansteckender Krankheiten ver dient unsere Stubenfliege ernste Aufmerksamkeit; der Schaden, den sie anrichtet, läßt sich nicht so erkennen wie der, den die Stechfliege oder gar die berüchtigte afrikanische Tsetsefliege verursachen, aber wieviele Krankheitsfälle mag sie verschuldet haben und noch verschulden. Ter Irrtum, daß die Fliege ein harmloses Tier sei, dürfte schon die bösesten Folgen nach sich gezogen haben. Darum ist der Kamps gegen den lässigen und zu dringlichen Zweiflügler eine Notwendigkeit; seine unge heure Vermehrungsfähigkeit darf nicht davon abschrek- ken, und er ist auch keineswegs aussichtslos. Dem Eindringen der Fliegen in die menschlichen Wohnungen mag man nicht immer zu wehren, man dürfte sonst nie Türen und Fenster öffnen, ihre Entfernung ist aber meist schon durch Zugluft zu erreichen; gegen die sie schr empfindlich find. In der heißen Jahreszeit verlohnt e« sich auch Fliegenfänger und FÜegenfallen auszustellen, es gibt dgrunter recht brauchbare. Die Fliegenklappe oder: -klatsche ist ein unpraktisches Instrument und verun reinigt die Zimmerwände und Möbel. Da die Fliege ihre Eier am liebsten in Pferdedünger legt, in dem sie fick in der kurzen Zeit von 24 StuiLen zu Maden ent- Mckeln, wird eine radikale Ausrottung sich zuerst gegen diese Brutstätten richten müssen. —o.— Scherz und Ernst. Haue. In Großkayna entstand eine Kohlen staubexplosion in der Brikettfabrik der Gewerk schaft Michel. Der angerichtete Schaden ist gering. Allerdings verunglückten bet den Löschungsarbeiten fünf Feuerwehrleute, von denen einer schwer durch Stichflammen verletzt wurde. Tie Leiche von Justizrät Böse gefunden. Die Leiche des im Sommer 1928 vermißten Jussizrates Max Böse aus Weißenfels, der einen Ausflug auf die Grat.- spihe bet Rattenberg in Tirol unternommen hatte, wurde am Galten berg in stark verwestem Zu-