Volltext Seite (XML)
e- ls e- es b, h- gt -L on ch n, >ie ist M a- >er ill !N he es m !N -g ü- m !l- ie i- n H ie n r s 2 l- >» >. l- d S Chronik des Tages. ' — Der Preußische Landtag beginnt am heutigen Don ¬ nerstag seine Sommerserien. — Di« französische Regierung hat in einer Note an England erneut die Einberufung der Konferenz nach einer neutralen Stadt gefordert. — Per Hauptbelastungszeuge im Ovlow-Prozetz, Sie wert, erlitt einen Nervenzusammenbruch. > « — Der deutsche Jungflieger Freiherr von König-Wart hausen-Sommershausen ist in El Paso, Texas U. S. A., gelandet, wo er unter ungeheurem Jubel der Bevölkerung empfangen wurde. i - In der Nacht sank auf den Höhen des Hochwal des bei Trier die Temperatur auf 3 Grad unter Null. Am Morgen waren die Täler und Berge mit Reif bedeckt. Die Kartoffel- und Getreidefelder sind zum zweiten Male hart mitgenommen worden. — Der U-Boot-Zusammenstoß in den englischen Ge wässern hat 24 Todesopfer gefordert. — Aus der Eisenbahnstrecke Mukden—Tschamschan in China wurden bei einem Zusammenstoß zwischen einem D-Zug und einem Militärzug 16 chinesische Soldaten ge tötet und 29 verletzt. ReichswehrundKriegsheer Von Reichswehrminister Groener. Bet einem Besuch der Marineschule Mürwik wandte sich Reichswehrminister Groener mit fol gender Ansprache an Lehrer und Schüler. In der Lage, in der wir uns befinden, genügt es ! nicht, nur eben ein Durchschnittssoldat zu sein. In unserer Lage wird von jedem einzelnen gefordert, daß er ein ganzer Soldat sei, ohne Schwächen, leistungsfähig über das hinaus, was etwa anderswo geleistet wird. Sie alle wissen, unter welchen Fesseln, unter welchen niederschmetternden Beschränkungen wir leben müssen, daß wir vieles nicht haben können, was not wendig ist für eine moderne Wehrmacht. Aber eines können wir haben, das ist die Ueberlegenheit des Gei stes, die Ueberlegenheit des Willens und die Ueber legenheit des Charakters. Tie Grundsätze des Soldatentums sind von alters- her dis gleichen. Und so ist niemals ein scharfer Schnitt zu machen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. So manche glaubten einen solchen Schnitt machen zu können zwischen der Wehrmacht, die vor dem Welt krieg bestanden hat, und der Wehrmacht von heute. Tas ist unmöglich! Aber wir brauchen eine organische Verbindung zwischen dem, was war, und dem, was werden soll. Man nennt diese Verbindung Tradi tion. - Mit diesem Wort wird häufig Unfug getrieben. Falsch ist, an Aeußerlichkeiten der Vergangenheit hän gen zu bleiben, falsch ist, an veraltete Formen und an veraltete Ausbildung sich festzuklammern, falsch ist, veraltete Gebräuche, wenn sie noch so liebenswert in der Vergangenheit waren, in die Zukunft mit hinüber zunehmen, falsch ist, die Vergangenheit im Uebermah zu feiern und damit der Zukunft des Recht auf neues Leben zu bestreiten. Wenn wir die Tradition richtig pflegen wollen, so müssen wir vor allem eins besitzen: es mutz das Sehnen nach geistiger Freiheit in uns lebendig fern; nur dann werden wir die Vergangenheit so beur- teUen können, so schätzen lernen, wie es nötig ist, um für den Fortschritt zu arbeiten. - Die .geistige Freiheit hat niemand besser erkannt und geschätzt als Friedrich der Große, wie überkauvt unser ganzes militärische- Fühlen und Denken auf Friedrich den Großen zuvückgeht, ganz abgesehen von den Lehren der Kriegskunst» in denen der Mte Fritz ein nicht übertroffener Meister war. - Die geistige Freiheit muß uns davor bewahren, daß wir nicht auf dem Gebiete der Ausbildung und der Weiterentwicklung der Formen des Gefechtes ge hemmt sind, sie mutz uns auch weiterbringen als Menschen. Tas alte Heer und die alle kaiserliche Marine waren wunderbare Kriegsinstrumente. Das Heer, das 1914 über den Rhein zog, war in einer solchen Ver fassung, dah mit ihm alles zu schaffen war, und von der alten kaiserlichen Marine habe ich auch die feste Ueberzeugung, datz mit dieser Truppe der Teufel aus der Hölle zu holen war. Aber schwere Irrungen und Wirrungen der Führung sind den Leistungen der Truppe nicht gerecht geworden. So gehen heute die Verbindungen der Tradition zurück in allererster Linie auf die glänzende Truppe, die 1914 ausgeboten wurde. Und wenn wir uns die Eigenschaften der Truppe von damals vor Augen führen, so steht obenan: Gehor sam, Selbstzucht, Opfer-Willigkeit, Kameradschaft, Staats gesinnung, Dienst am ganzen Volke und Vaterland! Tiefe Eigenschaften wollen wir uns bewahren als ein teures Vermächtnis der dahingesunkenen alten Wehrmacht. Der jungen Wehrmacht obliegt aber noch eine ganz besondere Verpflichtung der Tradition. Wenn neben der Kriegsflagge Schwarz-Weitzi-Rot die neue Reichsflagge wcht, Schwarz-Rot-Gold, so soll das be deuten, datz die beiden zusammengehören, daß nicht ein Gegensatz besteht, datz nicht daraus geschlossen wer den kann, die Wehrmacht sei etwas arideres, als das Reich, etwa ein Staat im Staate. Die Wehrmacht ist nichts als ein wichtiger Teil des ganzen Volkes und ist das Machtinstrument der Deutschen Re publik, an dem von keiner Seite gerüttelt werden darf. Wenn die Flaggen friedlich zusammenwehen, so bedeutet das die Verbindung der Vergangenhell mit der Zukunft, und zwar die Verbindung einer Vergan genheit nicht etwa nur von 1914 und kurz vorher oder der Vergangenheit seit 1870, sondern es bedeutet die Verbindung mit einer sehr viel früheren Ver gangenheit. Denn die Farben Schwarz-Rot-Gold haben eine sehr viel längere Vergangenheit als die Schwarz- Weiß-Roten. Insbesondere hier in Schleswig-Holstein muß es einem ja entgegentreten, datz der erste Befrei ungskampf von Schleswig-Holstein stattsand unter dem Flattern von Schwarz-Rot-Gold. Und noch weiter zu rück gehen die Farben aus die alten Burschenschaften, aus die Lützowschen Jäger, ja, letzten Endes bis aus die Hohenstaufen in den Farben Schwarz und Gold. Briands Antwort an Henderson. Einberufung der Konferenz nach Lausanne? — Eng land gibt in der Saarfrage nach. — London, 11. Juli. Die französische Antwortnote auf die Darlegun gen Hendersons ist nunmehr im britischen Auswärtigen Amt eingegangen. Ter Inhalt der Note stimmt mit den Mitteilungen überein, die wir in den voraufgegangenen Tagen über den französischen Standpunkt veröffentlicht haben. Briand stellt fest, datz man sich über den Zeitpunkt ! und die »erhandlnngSmethove einig geworden iß, er sucht aber «och einmal in bestimmtester Form die Konferenz nach einer neutralen Stadt, vielleicht Lau sanne, einzu berufe«. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Te legraph" verzeichnet das französische Zugeständnis — die Aufgabe des Widerstandes*gegen die gleichseitige Behandlung der Räumung»- und der Reparation-- frage — mit Genugtuung und meint, dah die eng lische Regierung den Franzos» nunmehr dadurch ent gegenkommen werde, daß ste den französischen Stand punkt in der Saarfrage unterstütze. Trifft das zu, dann würde jetzt also auch Eng land für die Vertagung der Saarfrage eintretenl Die Arbeit -er Ausschüsse. Deutschland entsendet Nachreferenten. — Amsterdam Sitz der ReParationSbank? — OneSnah „in Front". - Berlin, 11. Juli. Wie verlautet, hat das Relchskabinett in den letzten Tagen auch eine Entscheidung darüber gefällt, welche Persönlichkeiten in die im Young-Plan vorge sehenen Organisationsausschüsse entsandt werden sollen. Da es sich vorwiegend um die Ausarbeitung ein gehender Entwürfe über bestimmte technische Fragen handelt, ist anzunehmen, datz die Fachreferenten der beteiligten Ministerien, also des Reichssinanzministv- riums, des Reichswirtschaftsministeriums, und des Auswärtigen Amtes, den Hauptteil der Arbeiten über nehmen werden. Neben dem Organisationsausschuß für die Bank für internationale Zahlungen ist von ganz besonderer Wichtigkeit der Ausschuß für die Anpassung der nach dem Tawesplan erlassenen deutschen Gesetze, der drei Unterausschüsse haben soll. Zwei dieser Unterausschüsse werden sich mit den großen Fragen der Unabhängigkeit der ReichSbank bzw. der Unabhängigkeit der Retchs- bahngesellschast beschäftigen. Der dritte Unterausschuß wird für die im Benehmen mit den Treuhändern vorzunehmende Anpassung des Systems zu sorgen ha ben, nach dem die für die Dawesanleihe bestellten Sicherheiten verwaltet werden. Was den Sitz der zukünftigen Reparationsbank betrifft, ist jetzt besonders von Amsterdam die Rede. Als aussichtsreichster Kandidat für den Posten des leitenden Direktors wird der Franzose Pierre OneSnah, ein Nachkomme des berühmten französischen Rational» Skonomen des 18. Jahrhunderts, genannt. Ouesnah gehörte der französische« Delegatton auf der Pariser ReparattonSkonferenz an und ist zur Zeit volkswirt schaftlicher Direktor der Bank von Frankreich. Bl Rheinlandmanöver offiziell abgesagt. England bereitet die Räumung vor — Frankreich er» weitert die Kaserne«! Der englische Kriegsminister bestätigte im Un- rerhaus, daß die diesjährigen Manöver der britischen Rheinlandarmee abgesagt wurden. Ueber den Termin der Räumung äußerte sich der Minister nicht. Es ist aber bekannt, datz die englische Besatzungsbehörde die bet ihr beschäftigten deutschen Zivilangestellten zum 1. September gekündigt hat. Der «SnnmnMlterutt« liegt ,edoch wahrscheinlich i« der Nähe der Weihnacht«, zeit. Man nimmt an, datz, wenn die Franzose« Tchwie» Arnold Merten'S Modell Roman von Anna Fink Oop^rigkt bx Luna kiuk, visLü<m-I»»uds8Sst, LiLinsrstr. 21 (3S. Fortsetzung) Sie ging an die Kiste, in der sie ihren Vorrat an frischem feuchten Ton hatte, holte sich einen Klumpen heraus und begann eifrig daran zu kneten und zu formen. Ste bekam heiße Backen vor Eifer und war ganz in ihr Werk vertieft. Nach zwei Stunden erst hörte sie auf, nahm «inen nassen Lappen, umhüllte ihre Arbeit behutsam damit, um sie vor dem Eintrocknen zu schützen und stellte sie dann fort. Es war, als sei ein Druck von ihr abgefallen, so leicht und froh fühlte sie sich jetzt. Si« zog ihren Arbeiismantel aus Mld wollte gerade hinunter zu ihren Eltern gehen, als die Tür geöffnet wurde und ihr Bruder hereinkam. „Rate einmal, wo ich jetzt herkomme!" fragte er lustig. „Aus der Schule?" meinte seine Schwester. „Ach, Du, heute ist doch Mittwoch, Du hast auch, seit Du unter die Künstler gegangen bist, alle Zeitrechnung verloren. Mutter jammert auch immer, du wärst kaum noch unten zu sehen, stäkest den ganzen Tag hier oben. Ich machte es an Deiner Stelle genau so: Nein, ich bin bei Deinem Lehrer gewesen. Wir haben uns famos unterhalten, bald zwei Stunden. Er sagt, Du machtest fabelhafte Fortschritte. Er sei ganz erstaunt darüber." „Wirklich?" fragte Gertrud verwirrt und sah sehr glück lich aus. „Kriege ich nun ein Stück Schokolade für meine gute Nachricht?" fragte der Kleine listig und sah seine Schwester von der Seite an. „Wenn ich noch welche habe?" lachte diese und suchte in einer Schublade sehr bereitwillig danach. Sie war froh, daß eS bereits dunkel wurde, sodaß Eduard nicht sah, wie ihr das Blut in die Wangen schoß. Ste merkte erst jetzt, wie sehr ihr an der Anerkennung Arnolds gelegen war. Selten hatte Eduard ein so großes Stück Schokolade erhalten wie heut» Merten ging mit großen Schritten in seinem Atelier auf und ab. Zwischendurch musterte er kritisch seine letzte Arbeit, die allerdings' vorläufig nur ein Entwurf war. Sie stellte einen weiblichen Akt dar. Merten schüttelte den Kopf: „So wird das nichts!" murmelte er vor sich hin. „Ich müßte mal wieder ein Modell haben. Es ist zu schwer, ganz die lebendige Anschauung zu entbehren." Mißmutig warf er sich auf seinen Diwan und begann eine Zigarette zu rauchen. Er hatte so gern diese angefangens Arbeit beenden wollen. Denn nächste Woche sollte er ja zu seinen Freunden reifen. Richtig, — daß er nur nicht vergaß, es Gertrud Thorwaldt miizuteilen. Unwillkürlich blieb er bei diesem Gedanken stehen. Er müßte ihr für die Zett seiner Ab wesenheit eine größere Aufgabe stellen, damit sie weiter arbeiten konnte. Es war wirklich allerhand, was das Mädchen innerhalb kurzer Zeit bet ihm gelernt hatte. Merten war ehrlich ge- nug, anzuerkennen, daß in Gertrud ein ziemlich starkes Talent steckt«. Si« war so überraschend schnell voran» gekommen, wie es ohne «ine offensichtliche starke Begabung gar nicht möglich gewesen wäre. WaS wohl aus ihr werden würde? — Wahrscheinlich Loch nicht allzuviel. Merten traute einer Frau nicht -de Ausdauer zu und das Durchhalten, das un» bedingt zum Erfolge geraü« in künstlerischer Arbeit ge hört. Schließlich würbe ste eines Tages heiraten und ihre ge samte künstlerische Arbeit an den Nagel hängen. Wie alle Frauen. „Klatsch!" machte es und ein Brief knallte auf den Fuß boden, den Ler Postbote zu Lem schmalen Schlitz in der Ateldertüre hinein geworfen hatte. Arnold Merten sprang auf und hob den Brief auf. Er besah nachdenklich die Adresse und mußte sich erst fammeln, bis er bemerkte, Laß der Bries von seiner Mutter war. Ganz deutlich erkannte er ihre feinen und etwas -arten Schriftzüge. Er machte ihn auf und überflog ihn rasch. Sie schrieben sich selten, er und seine Mutter. Jeder wußte von dem anderen, daß er schwer zu kämpfen hatte, um Lie nötigsten Existeuzmittel zu verdienen. ,-Weshalb wollen wir uns Lamtt das Leven schwer machen, daß wir uns gegenseitig etwas vorklagen", hatte seine Mutter gesagt, als er bas letztemal bet ihr gewesen war. Und er hatte ihr recht geben müssen. So schrieben sich die beiden nur, wenn «twaS Besonderes vorlag. Im allgemeinen brachte Merten immer -ie Weihnachts- tage bet seiner Mutter zu. In diesem Briefe nun teilte sie ihm mit, Laß ihre leidende Schwester plötzlich einer Lungenentzündung erlegen sei und daß sie die Weihnachtsfeiertage bei einer Freundin verbringen wolle, die sie schon seit langer Zeit etngelaben habe, bet ihr ein paar Wochen zu verbringen. „Das paßt ja hervorragend", dachte Arnold bei sich, „daß ich diesmal bei Graf Münsterberg eingeladcn bin." Merten hing s«hr an seiner Mutter. Aber am liebsten hätte er ihr -aö Lebe» schön und leicht gemacht und weil ihm LaS nicht möglich war, zeigte er sich nicht gern bet ihr. Denn ihr dürftiges Dasein war ein dauernder Vorwurf für ihn, Laß er es materiell noch nicht weiter gebracht hatte. War er nicht bet ihr, so erschien ihm seine strenge Kunst eine hinreichende Entschuldigung, und deshalb waren seine Besuche bei ihr für ihn immer eine höchst zweischneidige Angelegenheit (Fortsetzung folgt.