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ls in der Ihnen am geeignetsten scheinenden Form aufzu« schreiben und mir morgen zur Unterschrift zu schicken." .Auch das schon morgen?" .Wenn Sie es sofort hier niederschreiben wollen, ist es mir ja lieber. Ich fürchte aber doch, für heute zu viel auf Ihre Schultern geladen zu haben." .Nicht auf die Schultern allein, Herr Mantle", sagte Everard lachend. .Ich meine, wir setzen einen Ehevertrag auf, und verfassen überdies ein Testament, das ja Bestim mungen aufzunehmen hat, die nicht in den Ehekontrakt ge hören." Der Anwalt zog sein Notizbuch heraus. „In welcher Weise gedenken Sie Ihren Vetter zu entschädigen?" .Der ist bereits abgefunden", sagte Mantle kurz, „das ist geregelt. Die Dienerschaft wird im Falle meines Ab lebens von meiner Frau gebührend berücksichtigt werden; auch wird sie, davon bin ich überzeugt, meine Beiträge für humanitäre und gemeinnützige Zwecke ungekürzt weiter leisten. Sie werden ja Ihr Sachwalter sein." „Wenn ich selbst noch lebe. Ich bin ja älter als Sie." „Die paar Jahre Unterschied! In meinem Beruf ver braucht man sich rascher. Und kann der Tod mich nicht im nächsten Augenblick treffen?" „Aber ich bitte Sie..." „Ich denke darüber sehr nüchtern, so gern und voll ich lebe." „Sprechen wir also vom Ehevertrag.-. .Meine zukünftige Frau heißt Elinor Graham, sie ist die Tochter des Oberst Graham." .Sie bringt in die Ehe mit..." „Nichts. Die Mutter hatte ihr ein winziges Vermögen hinterlassen, das der "Vater vor kurzem mit samt feinem Vermögen verbraucht hat. Im Vertrauen: er hat sich von einem kleinen Bankier verleiten lassen, an der Börse zu spielen, hat alles auf,North Australian' gesetzt und, anstatt zum höchsten Kurs zu verkaufen, gewartet und gewartet, bis er dem Bankier nicht nur seine Aktien, sondern auch sein ganzes Geld ausliefern mußte." .Und was wollen Sie bringen?" .Ich will bei Lebzeiten selbstverständlich Herr meines Vermögens bleiben, meiner Frau aber eine Jahresrente sichern, die doppelt so groß sein darf, als mein gegen wärtiger Hausverbrauch. Ich will die Ziffer gleich morgen mit ihr selbst besprechen, denn, wenn sie auch sehr jung ist, führt sie doch zu Hause die Wirtschaft, und wird schon einige Erfahrungen haben. Für den Fall meines Todes gehört ihr, wie gesagt, alles, unbeschadet der gesetzlichen Rechte etwaiger Nachkommenschaft." „Das ist alles klar und wird keine Schwierigkeiten machen." .Nehmen Sie meinen besten Dank, Herr Everard, daß Sie so willig meiner Einladung gefolgt sind, und sich noch meine geschäftlichen Aufträge gefallen ließen. Ich werde Ihnen diesen angenehmen Abend nicht vergessen." .Sie haben mir die Pflicht zum Vergnügen gemacht. Und wenn ich um eins bitten darf: Sollten Sie wieder mal eine Sendung aus Genua bekommen..." „Dann schicke ich Ihnen ein Dutzend Dosen ins Haus, damit Sie nicht gezwungen sind, sie bei mir abzuarbeiten, wie heute." „Vielen Dank im voraus. Sie erhalten also morgen so rasch wie möglich alle gewünschten Bescheide. Gute Nacht." .Gute Nacht." Als Elinor aus ihrer Ohnmacht erwachte, sand sie sich auf dem Sofa gebettet, und ihre Augen begegneten dem zärtlichen Blick des Vaters, der sich über sie beugte. Sie fühlte sich noch ein wenig betäubt. .Was ist geschehen?" fragte sie. * .Nichts, liebe Elinor; du hast in übergroßer Aufregung für einen Augenblick das Bewußtsein verloren, aber elfen nur für einen Augenblick.. Ein wenig Salmiak Hal dich wieder geweckt, und ich merke, daß dein Puls ruhig geht. Es wäre am besten, wenn du schlafen gingst; es ist ohnehin unsere Schlasstunde. Ich muß noch ausgehen; ich habe eine Verabredung, und ich wäre beruhigt, wenn ich dich in deinem Bett wüßte." „Geh' nur, lieber Papa, geh' nur; ich werde deinem Rat folgen." Er streichelte ihre Hand, dann ging er. „Gute Nacht, Liebling." Noch in der Tür winkte er ihr zu; sie merkte ihm aber an. daß er es eilig hatte. Und nun war sie allein, und jetzt erst stürzte die Erinne rung an das Gespräch, das sie eben mit ihrem Vater ge führt hatte, mit allen seinen grauenvollen Einzelheiten in ganzer Wucht auf sie nieder. Das Leben der Dürftigkeit schreckte sie nicht. Aber daß der geliebte Vater, zu dem sie bisher ehrfürchtig wie zu einem Gott emporgeblickt hatte, seinen guten Ruf verlieren konnte, daß er, wenn auch nicht für sich, vielmehr aus den edelsten Beweg gründen etwas begangen hatte, was von der Justiz und von der Gesellschaft nach seinen äußerlichen Kennzeichen be urteilt und als Verbrechen angesehen werden würde, das brachte sie außer sich, das zwang sie, sich zum Opfer zu bringen. Sich, ihr ganzes Lebensglück I Denn, hatte sie nicht auch zugleich erfahren, war es ihr nicht zur Gewißheit geworden, daß Gilberts Herz ihr gehörte, daß er sie liebte, wie sie ihn? Ach, und er war ohne Abschied gegangen, ohne Wort, ohne Händedruck! Und sie konnte ihn nun, da sie um sein Herz wie um das ihrige wußte, übers Meer ziehen lassen? Sie hatte es über sich gebracht, ihre Liebe zu verraten, und sich einem anderen zu versprechen, der sie mit seinen Schmeicheleien, mit feinem Reichtum lockte, und zugleich dem Vater mit der Schande drohte? War denn das mög lich? Konnte der Himmel das zugeben? Aber was tun, was anfangen? Nun, sie hatte in ihrem furchtbaren Schreck dem Vater versprochen, die Werbung des Mannes, von dem seine Ehre abhing, anzunehmen. Aber vielleicht ließ sich doch noch Rat und Hilfe schaffen. Vielleicht zeigte der klare Morgen die Sache in einem helleren Lichte, vielleicht fand sie morgen, übermorgen noch einen Weg, die Gefahr abzuwenden. Doch inzwischen war Gilbert fort. Inzwischen war er hoffnungslos davon. Nein, das durfte nicht sein! Heftige Sehnsucht durchströmte sie. Sie mußt« ihm Lebewohl sagen. Und da sie ja in ihrer Liebe eins waren, konnte sie ihm ruhig alles offenbaren. Er war jung, er war entschlossen, es handelte sich darum, Elinor für sich zu erhalten! Viel leicht fand er den glücklichen Ausweg, vielleicht besaß er die Krast, den Kampf mit dem gefährlichen Nebenbuhler auf zunehmen. Es war kein gewöhnlicher, kein gefahrloser Schritt, den sie vor hatte: in so später Abendstunde allein einen jungen Mann aufzusuchen; aber der Gedanke an die Schicklichkeit war der letzte, der ihr in diesem Augenblick hätte kommen können. Ihr einfaches, edles, von Liebe erfülltes Herz dachte an dergleichen nicht. - Sie nahm einen Mantel und setzte ihr graues Hütchen auf. Dann verließ sie das Haus. Sie kannte ihr Ziel. Bei der fast väterlichen Fürsorge, die der Oberst Gilbert wid mete, hatte es ja nicht fehlen können, daß er sich bei dem jungen Mann nach dessen Unterkunft erkundigte, wie auch Gilbert zuweilen von dem kleinen netten Privathotel in der Chandos Street sprach, wo er von dem Ehepaar Rose so gut gepflegt wurde, daß er die große Redseligkeit Frau Roses mit in den Kauf nahm. Das machte Elinor auch die Ausführung ihres Ent schlusses leichter. Ein- oder zweimal war sie vormittags bei notwendigen Gängen in das Stadtinnere an dem Hause vorbeigegangen und hatte mit einem Seitenblick seine Fenster gestreift, wobei ihr Herz ein wenig stärker klopfte, obgleich sie wußte, daß Gilbert um diese Zeit nicht zu Hause war, sondern in feinem Bureau im Südosten arbeitete. lFortsetzung folgt.)