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Lrnft >enie. Roman-Beilage eopvrigdt dx tlsrtlo?«icktv»oeer, UsU» <8a»I«> o »r di vo^i di^x OvkL -vo-r Mutter Lienhart wußte zwar nicht, was das zu be deuten hatte, aber ihr gefiel schon das Wort. »Noch einen Augenblick* sagte sie, und verließ das Zimmer. Man hörte sie draußen pochen. .Grete, mach' auf! Es wird photographiert." Die Küchleins warfen sich vielsagende Blicke zu. Die Grete aber hörte nicht. „Ist das eine dumme Kröte", sagte Mutter Lienhart ärgerlich, als sie wieder hereinkam. „Aber sie ist selbst schuld, wenn sie nicht auf daS Bild kommt." Man begann sich zu gruppieren. Lienhart und seine grau wurden in den Hintergrund gesetzt, und damit sie über die anderen besser wegsahen, erhöhte man ihre Sitze mittels des Schneidermeisters Hauptbuch und einer um gedrehten Waschschüssel. Mutter Lienhart legte ihre fette Hand auf Fanuttis Schulter, der vor ihr saß, und ebenso machte es der Schneidermeister mit Uiszigeth. Vo: den beiden Fremden aber, im Halbkreise, setzten sich die Küchleins, und im Vordergründe lagerten sich die beiden Jungen malerisch auf den Boden. Es gab nur noch einige wenige Streitpunkte, die bald behoben wurden. Mutter Lienhart fiel es nämlich plötz lich ein, den Hut von Pollinsky aufsetzen zu wollen, und da sie allen Einwendungen, allen Vorstellungen, jeder Ueberredungskunst gegenüber taub war, mußte man ihr den Willen lassen. Damit aber das Bild nicht zu ungleich ausfiel, mußte dafür Lienhart den Zhlinderhut nehmen. Um den Ge sichtsausdruck nicht zu schmälern, setzte er ihn weit aus der Stirn heraus. Fanutti wollte mit aller Gewalt eine Brille mit blauen Gläsern aufsetzen. Er behauptete, die Augen nicht so lange starr auf einen Punkt richten zu können. Nur mit Mühe gelang es dem Photographen, ihn hiervon abzubringen. Dafür machte er aber nun ein solch blödes Gesicht, daß er gänzlich verändert aussah. Uiszigeth andererseits suchte im letzten Augenblick hinter des Spezereienhändlers Kahlkopf Deckung zu ge winnen. Doch der gewandte Jünger der Kunst wußte sich zu helfen. Mit allen Zeichen des Schreckens wies er zum Fenster. „Was ist denn dort los? Ich glaube, es brenntI" Sofort wandten sich alle Köpfe in der angedeuteten Richtung. Diesen Augenblick benutzte er, um die Aufnahme zu machen. Eine Helle Flamme blitzte auf, ein durch dringender Angstruf der Frauen folgte. Aber in der näch sten Sekunde verschwand das Licht wieder. „Danke!" sagte der Photograph sehr freundlich. „Es ist schon in Ordnung." Nun erkannten sie alle, daß sie sich hatten täuschen lassen, und die Gruppe löste sich auf. Lienhart brach in ein törichtes Gelächter aus, während Uiszigeth und Fanutti wiederum sehr unbefriedigt schienen. Mutter Lienhart aber war geradezu entrüstet. „Das ist einfältig! Wie können Sie einen solch dummen Witz machen? Run habe ich gerade den Mund ausgemacht." Der Schnellphotograph glaubte zuerst, sie spaße. Mit seinem Lächeln packte er sein Zeug zusammen. Lienhart war entzückt. „Es wird ein kostbares BW>, sag' ich euch. Du machst ein fideles Gesicht, Alte!" Darüber wurde sie noch wütender. „Das war eine Ge meinheit", sagte sie. „Es war Absicht, das merk ich geuqp. Damit ich möglichst wüst aussehen soll." Da aber der Photograph sah, daß es ihr Ernst war, wurde auch er grob. „Ich kann Sie nicht schöner machen, Madame, als Sie sind!" Das war zuviel für Mutter Lienharts erregte Nerven. Sie zitterte vor Wut. „Lienhart, was du machst, ist dumm! Wenn du eine» Photographen kommen lassen willst, so schicke zu einem richtigen Photographen und nicht zu solch einem Affen!" Der beleidigte Künstler schüttelte wild seine Mähne. Sein Gesicht wurde dunkelrot vor Zorn, während er stch den Schein gab, als bleibe er eiskalt. „So, Madamchen, gut, sehr gut..." Er wiederholte immer wieder mrr dieses Wort, während er die Beine des Stativs zusammen klappte. „Sie haben es alle gehört... gut, ganz gut... Ich habe ja Zeugen!" Dann erhob er seine Stimme. „Bor Gericht Wen wir uns wieder, Madame!" Und mit unnachahmlicher Würde verließ der gekränkte Mann das Zimmer . * Der Nachmittag war nun schon zieüMh stark an gebrochen. Es ging gegen halb vier Uhr. Nachgerade war es Zeit, ein wenig frische Lust zu schöpfen. „Wie wär's, wenn wir einen kleinen Spaziergang machten?" schlug Mutter Lienhart vor. „Und nachher gehen wir in Enderles Biergarten", er gänzte der Schneidermeister. „Der Wein macht eine stächt bare Hitze. Ich habe Verlangen nach eine« Mas kühlen Bier." „Und Madame Hellborn nehmen wir auch mit. Und Effingers müssen auch kommen", fügte Frau Lienhart hinzü. „Der Hans soll die Hellborn einladen und Friedrich mutz zu Herrn und Frau Bankier Effinger." Es war ihr hauptsächlich darum zu tun, ihren neuen Hut zu zeigen. Lienhart war alles egal, wenn er nur sein Bier bekam. „Also", sagte er phlegmatisch, „in einer Viertelstund gehen wir weg." Aber dabei stietz er auf verschiedenen Widerspruch. „Wir müssen uns doch ankleiden", sagten die SÜOedrs. „Selbstverständlich! So kann ich doch auch nicht weg", stimmte Mutter Lienhart bei. „Sagen wir: vier Uhr!" Die Spezereienhändlerseheleule gingen sogleich in ihre Wohnung hinüber. Sie verabschiedeten sich mit einem herzlichen Händedruck. „Auf Wiedersehen!" Uiszigeth näherte sich dem Schneidermeister mit einem Gesicht, als ziehe er in den Krieg. „Herr Lienhart, ich hätte eine große, große Bitte. Wen« Sie mir einen Augenblick Gehör scheräen wollten, aber unter vier Augen... Ihre Frau Gemahlin wird ent schuldigen." Lienhart sah ängstlich um sich. Nun pumpt er mich doch noch an, dachte er. Außerdem kam es ihm jetzt furchtbar ungelegen, etwas Ernsthaftes zu reden. „Wenn Sie die Güte hätten, mir eine kleine Be- sprechung in Ihrem Bureau unten zu gewähren", drang Uisziaetb auf ibn ein.