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ZWKAAKLjKkjZs Z?EL^LK»sL „D«s >M Zett." '. Der rang« Hane beobachtet, daß die Baronin unter ge senkten Lidern zu ihm herüberschielte: „Wir können ja dann zusammen essen." . Der junge Führer war begeistert; hatten es auch alle gehört, daß der Lange mit ihm zusammen essen wollte? „Natürlich, famos. Die Baronin wird sich sehr freuen!" Und während der junge Führer mit strahlendem Ge sicht triumphierend in die Runde sah, löste sich der Lange aus der Gruppe und schritt hart an dem Stuhl der Baro nin vorbei zum Portier. Im Vorbeigehen blinzelte er aus schräggestellten Augen auf die schlanke Frau herunter, die, wie getroffen von die sem Blick, zusammenzuckte. An der Portierloge sah er sich noch einmal um. Die weißen, runden Arme auf die Lehnen des Sessels gestützt, die Hände vor dem schmalen roten Mund gefaltet, saß die Baronin und folgte ihm mit den Augen. Und so auffällig, daß sie es merken mußte, fragte der Lange den Portier: „Ist das die Baronin...?", und als dieser, sich vorbeugend und in die Halle sehend, bejahte: „Rufen Sie meine Schwester auf ihrem Zimmer an, sie soll sofort zum Essen kommen." Im Speisesaal des Klubhotels war alles auf Tempo gestellt. Hochrot vom eiligen Servieren, rannten die Kell ner zwischen den Tischreihen hindurch. Schüssel auf Schüssel wurde herangeschleift, Pikkolos sausten mit wehender Serviette in die Anrichteräume. Wie ein Lord stand der Herr „Ober" in der weißen Weste und schwarzer Binde inmitten dieses essenden, rufenden und rennenden Menschenhaufens und dirigierte mit den Blicken die Ldeks äu rLNß, die Lehrjungens und die Aushilfskellner. Schmunzelnd schritt der dicke Wirt von Tisch zu Tisch. Das war Leben, das war Schwung, das brachte Geld. Und im Kopfe überschlug er sich ganz schnell die Einnahmen, die ihm die Meisterschaft bringen würde. Das Haus war ausverkauft. Bis unter das Dach wohnten die Bobfahrer, zu dreien und vieren oft in einem Zimmer. Da konnte man Presse nehmen, da konnte man sich gesund machen für viele Wochen und Monate. Denn die Bobfahrer, alle, wie sie hier saßen, wollten leben, und die paar Tage, die sich um die Meisterschaft kristalli sierten, genießen, und fragten nicht nach dem Zimmer preise, wenn sie nur ein Unterkommen fanden. Auf den runden Tischen des Eß-Saales standen die Tischflaggen des Schierstädter Klubs. Neben ihnen die Wimpel der Wintersportvereine, deren Mannschaften an den verschiedenen Tischen zusammensaßen. Die Fahne der Rheinländer, um die der junge, energische Vorsitzende des Sonnenberger Klubs die Seinen geschart hatte, der Wim pel der Thüringer, eines der ältesten Bobklubs des Rei ches, die Bayern, die Sachsen, die Schlesier. Auf einem Mitteltisch prangte das Banner des Ver bandes. Er war nock unbesetzt, und nur das blitzende Kristall der Gläser, das Blinken des Silbers, die Blumen, schöner als die auf den anderen Tischen, verrieten, daß hier besondere Gäste erwartet wurden. Nun ritz auch der Page die Tür zur Halle auf, und all dem Halbdunkel des Vestibüls schritt, von der Schwester des Langen dicht gefolgt, die schlanke exotische Baronin in . das Helle Licht des Saales. Hart hinter ihnen der Lang« und der junge Führer. Durch die Reihen der Tische führte der hastig herbei geeilte Oberkellner die elegante Gruppe. Ueberall ruhten einen Augenblick Messer und Gabel. Ueberall verneigte man sich leicht, wenn die Gruppe vorüberschritt, überall sahen die Frauen mit neiderfüllten Blicken den Triumph, den die Baronin in vollen Zügen auskostete, den der junge Führer im stillen erhofft, der die Schwester erfreute, und der dem Langen „ganz egal" war. ' Er kannte das und war es gewohnt, überall auszufallen und eine Rolle zu spielen. So war jetzt auch seine Ver beugung in die Runde mehr eine Geste, selbstverständlich und ohne Bedeutung, während des jungen Führers schnelles Verneigen nach allen Seiten bei vielen ein Lächeln hervorrief, das sich am Tisch des lustigen Berliners bet dessen Bemerkungen über das „Stehaufmännchen" zu lau tem Gelächter steigerte. Der Ober bediente den Tisch des Grafen selbst, und munter gingen Rede und Antwort über den Tisch. Un gläubig lächelte der Lange zu den Erzählungen des jungen Führers, der wieder bei seinem Lieblingsthema „Schier städter Bobbahn" angelangt war. Lebhaft beteiligte sich die Baronin an der Unterhaltung, und wohlerzogen zu hörend saß die Schwester. Nun hatte die Baronin also doch den Erfolg gehabt, der ihr zuerst versagt geblieben war. Wie sie alle auf- gc .hen, wie neidisch und mißgünstig sich die Frauen nach ft umgedreht hatten! Und auch-jetzt noch schien sich das E spräch an den zunächst stehenden Tischen um sie und ihren „Einzug" in den Saal zu drehen. Der Lange beachtete sie nicht sonderlich. Jedenfalls schien dies den anderen so. Aber, wenn er ihr einschenkte o er eine Frage an sie richtete, senkte er seinen Blick einen L^ment tief in ihre Augen, beherrschend fast war dieses C iel der Mienen, dieses wie zufällige Berühren der H nde, wenn er ihr eine Schüssel reichte. Und die im Ver- kr r mit Männern bewanderte Frau merkte nur zu bald, daß er an ihr mehr als ein flüchtiges Interesse nahm und — von ihr verlangte. Und als sie wenig später die Tafel aufhob, als der Lange sich vor ihr verneigte, um sie in die Halle zurück- zuführen, drückte sie, einen Moment nur, aber doch für ihn fühlbar, den Arm ihres Tischherrn, denn sie mußte ihrer gehobenen Stimmung, ihrem Glücksgefühl durch irgendeine Geste Ablenkung geben. Sechzehntes Kapitel. Im Sekretariat des Klubs hatte der Major die Bob fahrer zur Führerbesprechung versammelt. Einzeln und truppweise waren sie gekommen, die Führer und Brem ser meist zusammen, die Mannschaften in kurzem Abstand hinterher. Der Major rief die Namen der Führer und ihren Schlitten auf und stellte fest, daß fast alle zur Stelle waren. Dann ging er hinaus, um dem Vorstand die Vollzäh ligkeit zu melden und zugleich den mächtigen Sanitätsrat zu begrüßen, der soeben angekommen war. Die Bobfahrcr blieben allein zurück. Wie eine Horde krabbelnder Ameisen drängten und schoben sie sich in dem kleinen Raume durcheinander. Man hatte sich ja so lange nicht gesehen, und soviel gab es zu fragen und zu berich ten. Aussichten wurden erwogen, Urteile über die Bahn, über die Organisation, über Schlittentypen, Fahrtechnik und Trainingsmöglichkeiten gefällt. Und dann verstummte plötzlich die Unterhaltung, neig ten lieb alle in leickter Verbeuauna — der Vorktand!