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„Sic lebt, Christa lebt, sic ist nicht tot, und sie ist hier!" Matthias Brcchl brachte diese Worte in mühsam ver- hallcucr Erschütterung hervor. Dann avcr befiel den grasten starken ^!aun ein heftiges Dillern, sc^rc Schultern zuckten verräterisch, und er barg das Gesicht in beide Hände. Jul! ging Ernö Karolanyi, der cs übcruouiinen hatte. Matthias Brecht die frohe Nachricht so schonend wie möa- Rettung nahte. Mich'hob man ins Boot. Was dann ge schah, weiß ich nicht zu sagen. Ich nahm an, daß die beiden ums Leben gekommen sind!" stieß Ilona Takats in fliegen der Hast hervor. „Sie, gnädige Frau, Sie also befanden sich ebenfalls auf dem Unglücksschiss, und Sie waren demnach eine der beiden Frauen, die ich in den Wellen mit dem Tode ringen "fah? Ich bemerkte ein Rettungsboot, das aber von einer Sturzwelle abgetrieben wurde. Unserem Boot gelang es dann, das junge Mädchen zu retten, während der Matrose vor unseren Augen versank." „Oh, mein Gott, mein Gott", stammelte Ilona Takats, in haltloses Schluchzen ausbrechend. „Wenn es wahr wäre, wenn dieses junge Mädchen da unten -- !" Sie vermochte nicht weiter zu sprechen. Dann aber umkrampfte sie Mister Karolanyis Arm, und rief: „Kommen Sie schnell, lieber Freund, noch wage ich ja nicht an das große, unausdenkbare Glück zu glauben. Wenn sie es wäre, wenn Christa Wald lebte! Kommen Sie, ich muß Gewißheit haben", schluchzte die junge Frau, und eilte Karolanvi voraus, die Treppe hinab, quer über den Rasen, zu der Stelle, wo die Kranke schlummerte. Ernö Karolanyr vermochte ihr aber nicht so schnell zu folgen. Er vernahm gleich darauf einen lauten Freudenschrei, und, als er endlich ebenfalls die Stelle erreicht hatte, lag Ilona TakLts unter Weinen und Lachen vor dem Roll stuhl und hielt die Kranke fest umschlungen „Sie ist es, sie ist es! Christa Wald lebt! Oh, mein Gott, ist es denn wahr!" rief sie in überquellender Selig keit immer wieder aufs neue aus Die Kranke aber hatte sich aufgerichlet und starrte in gleich-großer Erregung auf die vor ihr Iniende, ganz in Tränen aufgelöste, schöne, junge Frau. „Meine Christa, mein Liebling, erkennst du denn deine Freundin nicht, weißt du nicht, daß ich Ilona TakLts bin, die dich auf der Reise nach Triest begleitete?" fragte die Ungarin weinend. „Ilona — Ilona TakLts?" klang es da zitternd von des jungen Mädchens Lippen, und in ihren Augen glomm es hell und glücklich aus. Sie hatte mit einem Schlage das verlorengegangene Gedächtnis wiedergefunden. „Weißt du nun wieder, wer du bist, mein armes Herz?" fragte Ilona erschüttert und ängstlich. „Ja, Ilona, ich weiß es wieder. Oh, ich habe ja so entsetzlich gelitten", antwortete Christa, und sie begann leise zu weinen. „Weine nicht, kleines, liebes Mädelchen, danke Gott, daß Mister Karolanyi dich rettete. Du bist nicht weit von Kairo entfernt. Weißt du, wer bald stirbt vor Weh, dich verloren zu haben?" „Matthias, Matthias", stammelten Christa Walds bleiche Lippen. Dann aber sank die Wiedergefundene, übermannt von der furchtbaren Umwälzung in ihrem armen Kopfe, be wußtlos in die Kissen zurück Man trug sie ins Haus. Der schnell herbeigerusene Stadtarzt brachte die Ohn mächtige bald wieder zu sich, die nur einmal mit glück lichem Lächeln zu Ilona TakLts aufschauie, um dann in einen mehrstündigen tiefen Ichlaf zu verfallen, den Schlaf der völligen Genesung. Still gingen Ernö Karolanyi und Ilona TakLts aus dem Zimmer. Christa Wald der treuen Obhut der eben falls überglücklichen Schwester überlassend Jie traten aus die Terrasse und iahen hinaus aus das Meer, und Ilona TakätS erzählte Ernö Karolanyi Christa Walds Geschichte. „Gottes Wege sind oft wunderbar", sagte Ernö Karo lanyi andächtig, als sie geendet hatte, Frau Ilonas Hand küssend. In seinen Augen schimmerte es feucht „Christa Wald heißt sie also, die schöne, junge Deutsche", fügte er dann, traurig lächelnd, hinzu. „So ist sie also nicht Bebe Miltons Tochter. Schade, es wäre so schön gewesen." Ilona TakLts sah erstaunt zu ihm auf. „Bebe Milton?" fragte sie nachdenklich. „Ich hörte den Namen schon einmal aus Christas Mund, damals, als sie mir die Geschichte ihres Lebens erzählte." „Bebe Milton, mein Gott, reden Sie, gnädige Frau! In welchem Zusammenhänge gebrauchte das junge Mäd chen diesen Namen?" „Bebe Milton nannte sich Christa Walds Mutter, als sie noch eine kleine Chansonette war, jetzt entsinne,ich mich genau, Mister Karolanyi." „Und wer, wer ist Christa Walds Vater?" rief der alte Herr, atemlos vor spannender Erregung. „Ihren Vater hat sie nicht gekannt. Bebe Milton heiratete später einen biederen Handwerksmeister, und dieser nahm Christa an Kindesstatt an. Er Hal sie jetzt um ihrer Liebe willen verstoßen." Ernö Karolanyi hatte aus die letzten Worte gar nicht geachtet. „Ihren Vater Hai sie nie gekannt", stammelte er nun fassungslos. „Frau Ilona, ist es denn wahr, ist es kein ^uk, ist es kein Traum!" rief er dann, die Erschrockene beinahe ungestüm an beiden Händen erfassend. „Mein Gott, Mister Karolanyi. was ist Ihnen?" rief Frau Ilona aus. „Wenn Bebe Milton Christa Walds Mutter war, dann, dann kenne ich auch ihren richtigen Vater, liebe, liebe gnädige Frau." „Nicht möglich! Wer sollte es sein, Mister Karolanyi?" „Ich, ich, Frau Ilona, ich bin der Rabenvater, der sich all die Zeit nicht um sein schönes Kind gekümmert hat» bis es ihm jetzt nun das Schicksal sozusagen vor die Füße spülte, kurz bevor der Tod danach zu fasten vermochte." „Sie, Mister Karolanyi, Sie wären !" „Allerdings, es kann nicht anders sein, gnädige Frau. Ich werde mir auch darüber schnellstens Gewißheit ver schaffen. Vielleicht auch, daß Christa selbst Auskunft zu geben vermag." „So muß ich mit Ihnen sagen, lieber Freund: Gottes Wege sind wahrhaftig oft wunderbar. Doch die Geschichte Ihrer Liebe zu Bebe Milton, die erzählen Sie mir erst später", erklärte die schöne Frau, unter Tränen lächelnd. „Jetzt nämlich muß ich eilen, um Doktor Platen telepho nisch in Kenntnis zu setzen, daß der Flieger Bill Firth heute noch unbedingt einen zweiten Passagier in seinem .Helios' nach hier befördern muß. Nämlich den armen Pro fessor Brecht, der sich halb zu Tode quält um den Verlust seiner kleinen Braut. Wenn Christa erwacht und des ge liebten Mannes Gesicht über sich gebeugt sieht, dann wird sie gänzlich gesunden. Meinen Sie nicht auch, lieber Freund, oder sind Sie sehr böse, an ein und demselben Tage nicht nur Vater, sondern auch gleich noch Schwieger vater zu werden?" „Frau Ilona, ich mutz Ihnen einen^Kuß geben!" rief Karolanyi in überströmendem Glück. „Sie haben mir in mein einsames Leben endlich das große ersehnte Glück ge bracht." Und ehe sich Frau Ilona versah, hatte sie der alte Mann an sich gezogen und aus die Stirn geküßt Sie drohte ihm schelmisch Er aber stürmte wie ein Jüngling davon, um Doktor Platen persönlich in alles einzuweihen, mit der Bitic, Matthias Brecht nicht sofort die ganze Wahrheit zu verraten. * . * 8 «KT ..Le: y