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SV» 8°s 2 »LS 38. Ilchr-«lg »rs Landmanns Wochenblatt M-emke 2rtt«ng für Lanawimeftsfl. «attenbau «nü hauswittrehM Beilage zur Weißeritz-Zeitung Schriftleitungr Oekonomierat Grundmauu, Neudamm Jeder Nachdruck aus dem Inhalt dieses Blattes wird gerichtlich verfolgt (Gesetz vom 19. Juni 1901) Die MWasle M ihre wirtMstliche Bedeutung. Von C. Kjärböll. (Mit 2 Abbildungen.) Unter den Bäumen, die sich bald reich mit Blüten schmücken werden, ist die Roßkastanie die stolzeste Blüherin. Wer kennt und liebt nicht diesen herrlichen, reichlichen Schatten spendenden Baum, der auf dem Geäst mächtiger Kronen seine straffen Blütentrauben gleich flammenden Kerzen trägt! Die Roßkastanie (^ssonlas 8ippoaa;tLanin) ist in der Tat ein schönes Gebilde in allen ihren Organen. Der gerade aufstrebende Stamm sendet symmetrisch nach allen Richtungen seine Äste aüS. Schwellende Blattknospen, die sich eintretenden Frösten gegenüber durch Aus schwitzen eines klebrigen Saftes zu schützen wissen, entfalten im Frühling fächerartige, aus sieben ungleich großen keilförmigen Blättchen zusammengesetzte Blätter. Mit ihnen zugleich erscheinen die endständigen Blütensträuße, die sich aber erst später in üppigster Schönheit entwickeln und dann den dicht belaubten Baum mit zahllosen Blütenständen überladen, deren einzelne weiße, rosenrot- und gelbgefleckte Blümchen gar bald sich lösen und ein Spiel der Winde werden. Kaum sind sie geschwunden, so bilden sich an ihren Stellen morgenstern ähnliche Früchte, die innerhalb ihrer derben Hülle ein bis drei Samen reifen. Diese haben nach Farbe und Gestalt eine große Ähnlichkeit mit der eßbaren Kastanie. Daher hat der Baum auch seinen Namen wiloe Kastanie erhalten, obwohl er außer dieser zufälligen Ähnlichkeit sonst nichts mit dem edlen Kastanien baum gemein hat, sondern in botanischer Be ziehung von ihm sehr verschieden ist. Den Namen Roßkastanie' führt der Baum, weil seine Früchte schweratmenden Pferden sehr heilsam sein sollen. Wenn dieFrüchte zureifen beginnen, schwindet auch meistens das prachtvolle Kleid des Baumes. Die Blätter erliegen dem Einflüsse der som merlichen Hitze; sie verdorren und fallen gebräunt zu Boden, nicht selten bevor noch Stamm und Äste sich zur winterlichen Ruhe entschlossen haben; dann entsprießt ihnen ein erneuertes Leben, und sie treiben frische Blätter und Herbst- liche Blüten, die frei lich nur zu bald den ersten Wintermah nungen zum Opfer fallen. Die Heimat der Roßkastanie ist in Tibet und Afghanistan zu suchen. In neuester Zeit wurden ausge dehnte Wälder, in denen fast ausschließ lich dieser Baum herrscht, in den Tälern und Schluchten des Himalaja gefunden. Im Jahre 1588 wurde der Baum zuerst in Wien gezogen; in kurzer Zeit hat er sich von hier aus als schnell wachsender Park- und Alleebaum über das übrige Europa verbreitet. Er gedeiht bei uns bis auf ooo, ja 1000 Meter über dem Meeres spiegel; im Norden dringt er bis nach Bodos am Saltenfjord in Norwegen vor, in Christiania erreicht er noch 20 Meter Höhe. Wir ziehen bei uns zwei Arten des Roß kastanienbaumes und seiner^ Abarten. Die ältere Art ist die weiße Roßkastanie (^.ssoulus Sippooastannm), die auch Abbildung 1 zeigt. In ihren Lebensanforderungen bescheiden, ge deiht sie auch in minder gutem Boden; wo ihr die Entwicklungsbedingungen in reichlicher Menge geboten werden, da wächst sie rasch, kräftig und in einer Fülle heran, wie wenige andere Bäume, und erreicht dabei ein hohes Aller. So steht neben dem Pfarrhause des Dorfes Gries bei Straßburg eine 250jährige Roßkastanie, deren Stamm in Fußhöhe über der Erde beinahe 4 Meter im Umfange mißt. Dieser Stamm hat außerdem noch die besondere Eigentümlichkeit, daß er alljährlich nur auf einer Sette Blüten treibt, und zwar abwechselnd einen Sommer auf der östlichen, den andern auf der westlichen Seite. Die rote Roßkastanie Abbildung i. Di« weitze «»hkaftaale c^eeculu« »Ippocretrnum,. L Zweig mit Blütenstand, L Seitenzweig de» Blütenstande;, 6 einzelne Blüte, v Frucht. (^ssaulns rnbiauLlts.), Abbildung 2, ist kleiner als die vorhergehende und unterfchecket sich VM ihr im Winter dadurch, daß ihre Knosp« nicht klebrig sind. Von andern, weist « Amer« einheimischen Arten der Roßkastanie wockm « unsern Anlagen, wenn auch bei weitem selten«^ gezogen: ^ssanlus Sava mit schwefelgAb« Blumen und ^.ssonlas oallkornia», ei« schöner Baum von 8 Zis 12 Meter Höhe, «tt weiß«, wohlriechenden, eng an die Rispen gedrängt« Blüten. Es waltet häufig die Ansicht vor, daß die Roßkastanie wohl als Zierbaum zu schätze^ daß sie sonst aber auch gänzlich nutzlos sei. Diese Annahme ist vollkommen unrichtig. ES ist wahr, daß ihr Holz in sein« Eigenschaft« dem der Linde ähnlich, ein minder gutes ge nannt werden kann, obwohl es zu mancher»« Schnitzarbeit« verwandt wird; dagegen ist die Rinde reich an Gerbstoff mid wird nckft dar zrünen Frnchtkapsein in GnLereien «d Färberei« -enutzt. Sie schmeL bitter, znsa»km«Kth«d, jat ein« angenehmen Geruch und würde « rüherer Zett arzneilich wie die Weid «rücke, velcher sie in ihrer Wirksarrckett gleicht, als Ersatz für die Chinarinde gebraucht. Die Blätter geb« ein vortreffliche- Laubfutter fikr Schafe und Ziegen. Die Blüten werd« v« dm Bienen gern besucht. Die FruchtkapsM liefern gegen 40 Prozent reine Pottasche, die Samenfruchte sind reich au Stärkemehl, besitz« aber einen bitteren, süßlich-herb« Geschmach welcher einem eigentümlich« Bitterstoffe, dm sie enthalten, entstammt. Wird dieser Hu« durch TuS- saugen entzog«, so kann immerhm ein verwend bares Mehl gewonnen werd«, jedenfalls ei« nahrhaftes Futter für alle Haustiere. Mit Vorliebe genießt Rotwild die Früchte, daher werden auch Roßkastanien in Tiergärten häufig gepflanzt. In Branntweinbrennerei« last« sich die Früchte gleich den Kartoffeln recht gut verwerten. Noch jetzt dien« sie den Tierärzte«