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SL2 KZ- S Z o- ZZ 12 Matthias Brecht hatte sich auf das Sofa gesetzt und hielt das geliebte Mädchen fest in seinen Armen. Beruhigend strich er ihr über die Stirn, und sagte: »Werde erst ganz ruhig, mein Liebling, und quäl« dich nicht mit so törichten Gedanken. Weshalb sollte ich dir böse sein? Ich bin ja so froh, daß du in deiner Not den einzig richtigen Beg, den Weg zu mir, gewählt hast. In meinem Schutz soll dir kein Haar gekrümmt werden. Nun erzähle mir in aller Ruhe, was vorgesallen ist." Leise weinend berichtete nun Christa, was sich seit ihrem gestrigen Zusammentreffen ereignet hatte. Immer finsterer zog sich Matthias Brechts Stirn zu sammen, und ab und zu stieß er einen Ausruf tiefster Empörung aus. »Mein armes, armes Kindl" rief er dann aufs höchste erregt. »Nun ist es aber genug. Jetzt stelle ich mich schützend vor dich, und wehe dem, der dir auch nur ein Haar krümmen wollte. Großer Gott, kann es denn so ver- blendete, hartherzige Menschen geben. Man kann es gar nicht fassen." »Was aber soll nun werden? Wohin soll ich gehen?" fragte Christa, noch immer schluchzend. »Verlasse dich jetzt ganz auf mich, ich werde die An gelegenheit sofort ins reine bringen. Das nächste ist, daß ich Frau Alvens, die ein gütig verstehendes Herz besitzt, von allem verständige. Natürlich bleibst du bis zur Klärung der Sachlage hier bei mir. Jetzt aber, mein armer Liebling, versuchst du ein wenig zu ruhen, während ich zu deinem Vater fahren werde, um ihn zur Rede zu stellen" . »Ach, Matthias, es wird ein nutzloses Beginnen sein; du kennst meines Vaters Strenge nicht. Er wird selbst dir nicht glauben und nicht davon abzubringen sein, daß ich in der vergangenen Nacht mit dir zusammengewesen bin", entgegnete Christa traurig. Matthias Brecht erhob sich, strich noch einmal durch das blonde Lockenhaar seiner Braut, und küßte sie innig auf die Stirn. »Mache dir jetzt keinerlei Gedanken, Kind, und überlasse alles mir. Ich hoffe, dein Vater wird mit sich reden lasten, und sein Unrecht einsehen. Wenn ich zurückkomme, mußt du dich wieder Wohler befinden, da ich dir eine wichtige Mitteilung zu machen habe, die dich sicherlich sehr erfreuen wird." Gehorsam schloß Christa die tränenschweren Augen, und Matthias Brecht verließ leise das Zimmer. Wenige Minuten später befand er sich auf dem Wege zu Emil Wald. Als Matthias Brecht nach reichlich zwei Stunden wieder nach Hause zurückkehrte, war seine Stirn ties ge furcht, und ein finsterer, entschlossener Zug lag in seinem Gesicht. Christa hatte wenig Ruhe zu finden vermocht und sah in großer Spannung mit ängstlich fragendem Blick auf Matthias Brecht, der gerade ins Zimmer trat. »Du bringst nichts Gutes", sagte sie fast tonlos, „ich lese die Antwort meines Vaters in deinen Augen. Oh, Matthias, warum tut man mir so bitter unrecht?" Matthias Brecht hatte Christa fest in seine Arme ge schloffen und einen innigen Kuß auf ihr? zuckenden Lippen gedrückt. »Armes Kind, du hast recht", sagte er dabei gepreßt, »dein Vater hat sich nicht bekehren lassen. Alle meine Borte verhallten nutzlos unter seinen Zornesausbrüchen. Er hat mir höhnisch die Tür gewiesen. Erspare mir die genauen Einzelheiten, wir sollen es genug sein lassen. UebrigenS ist er ja nur dein Stiefvater, also verlierst du nichts an ihm." »Ich Nebe ihn wie meinen leiblichen Vater, und er hielt «ich, gleich Olga, wie sein eigenes Kind. Habe ich doch meinen wirklichen Vater gar nicht gekannt, ja, ich Weitz nicht einmal, wer es war." »Laß Vergangenes ruhen, Kind. Du bist nun mein, und ich will vir deine Liebe und dein Vertrauen zu mir ewig lohnen. Vor allem gilt es jetzt, für dich ein gutes Unter- kommen zu schaffen, damit ich dich bei meiner Abreise in sicherem Schutz weitz." „Matthias, du willst fort!" rief Christa aus. erschrocken aufspringend. „Ist das die freudige Mitteilung, die du zu machen hattest, Liebster? Oh, wie schrecklich ist das doch!" „Bleibe ganz ruhig, Liebstes, und laß dir alles erst ein- mal in Ruhe erzählen. Sieh, es gilt ja unserem Lebens glück, unserer schnelleren Vereinigung fürs Leben. Du sollst doch so bald als möglich meine kleine Frau Professor werden." „Professor? Matthias, wie meinst du das?" „So, wie ich es eben sagte, mein Herz. Doch höre mich ruhig an: Ich wurde heute morgen durch einen telephonischen An-' ruf eiligst nach dem Ministerium befohlen. Natürlich ahnte ich sofort, um was es sich dabei handelte, auch dir hatte ich ja schon an unserem Verlobungstage die Andeutung ge macht, daß ich wahrscheinlich bald eine Berufung auf einen Auslandposten erhalten würde. Im Ministerium eröffnete man^mir nun heute, daß ich zum Professor ernannt und nach Aegypten an ein ar chäologisches Ausgrabungsunlernehmen berufen sei. Schon in spätestens drei Tagen müßte ich abreisen. Du kannst dir mein Glück und die unendliche Freude wohl vorstellen, die mir diese Eröjsnung bereitete. Ich dachte dabet auch sofort an dich, mein kleines Lieb, und daß ich dich bald als mein geliebtes Weib nachholen würde. Freilich trübte der Gedanke an die damit verbundene schnelle Trennung von dir meinen Glückstaumel etwas, doch sagte ich mir, daß diese kurze Zeit der Trennung ja nur dazu dienen sollte, um unser gemeinsames kleines Liebesnest einzurichten. Mit dieser Freude im Herzen eilte ich nach Hause, und wollte deinen Vater aufsuchen. Nun ist alles anders gekommen, und ich werde so schnell als möglich für dich sorgen. Sei also tapfer, meine Christa, und mache mir das Scheiden nicht schwer. Noch haben wir ganze drei Tage vor uns, in denen ich um dich bin. Ich reise ja auch nicht eher ab, als bis ich dich wohlbehütet in sicherer Obhut weitz." Christa lag in des Geliebten Armen, und schmiegte sich zitternd, voll Angst, fest an ihn. »Nimm mich doch lieber gleich mit dir", flüsterte sie bittend. »Latz mich hier nicht allein zurück. Was soll ich ohne dich beginnen?" „Wenn das anginge, wie gern würde ich dir deinen Wunsch, der ja auch im stillen der meine ist, erfüllen", ent gegnete Matthias zärtlich. „Aber dem stellen sich viele Un- Möglichkeiten entgegen. Siehst du, Aegypten ist für mich ein fernes, fremdes Land, in dem ich selbst erst, wenn auch nur kurze Zeil, allein festen Futz fassen mutz. Ich glaube jedoch bestimmt, datz ich dich in spätestens zwei Monaten nachkommen lassen kann. Verlasse dich ganz auf mich. So fort bei deiner Ankunft lassen wir uns dann aus dem dortigen Konsulat trauen. Die Zeit wird dir mit Reise vorbereitungen sowieso sehr schnell vergehen. Meinst du nicht auch?" Christa nickte nur stumm; aber in ihren Augen leuch tete ein Schimmer auf, als sie des kommenden Glücks ge dachte. Matthias Brecht hatte für einen Augenblick das Zimmer verlassen, um mit seiner Wirtin Rücksprache zu nehmen. Bald darauf kehrte er in Begleitung der alten Dame zurück, die Christa jetzt mit ausgestreckter Hand entgegen ging. (Fortfetzung folgt.)