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Beilage zur Weiheritz-Jettung Nr. 103 Sonnabend, am 4. Mai 1929 95. Jahrgang Empfehlenswerte Ausflugs - Gaststätten Belagerungszustand über RenkM« und Wedding. Verkehrs- und Ltchtverbot. Im Laufe des Freitagnachmtttag hat der Ber liner Polizeipräsident über di« Stadtteile Neu««» und Wedding den sogenannten Neinen BelagernngSz«. stand verhängt. Bon 21 «hr abends bis 4 Uhr früh wird wahrend der Nacht jeder Berkehr in de» Strafen und auch jede Beleuchtung der Zimmer a» der Stra- ßensront verboten. ^sn den amtlichen preußischen Stelle» schweben gegenwärtig Erörterungen darüber, ob und welche kommunistischen Organisationen zu verbieten sind. Man ist der Ansicht, daß die Aufrührer zwar durchweg junge Burschen sind, daß die Unruhen im übrigen jedoch sorgfältig vorbereitet, ja direkt organisiert wurde«. Das Zcntralorgan der Kommunistischen Partei, di« „Note Fahne«, ist vom Polizeipräsidenten bereit- verboten worden, und zwar auf die Dauer von drei Wochen. In der Begründung des Berbots wird aus» geführt, die „Rote Kahne" habe in ihren letzten Aus gaben die Kommunistische Partei in dem Bestreben, die verfassungsmäßige republikanische Staatsform zu un tergraben, durch die Tat unterstützt. Bei den Haussuchungen in den Unruhevierteln wurde bereits eine ganze Anzahl Pistolen, Dolche und andere Wassen beschlagnahmt. Ein Teil der Ver hafteten wohnte noch nicht einmal in den umkämpften Bezirken, sondern ist erst aus den anderen Gegenden der Reichshauptstadt in das Unruhezentrum gewan dert, um hier im Trüben zu fischen. Mehrere Ge schäfte sind ausgeplündert worden. An den Häusern sieht man viele Spuren von Kugeleinschlägen, auch kann man noch Schilder sehen mit der Warnung: „Halt, hier wird geschossen!" Das Gebiet zwischen Hermannplatz und Handjerh- straße nach den beiden parallelen Straßen Berliner Straße und Hermannstraße, also das eigentliche Ar beiterviertel Neuköllns, bietet ein Bild wüstester Zer störung. Sämtliche Laternen sind eingeschlagen. Stuck von den Häusern als Folge der Schießereien, sowie Glassplitter von zertrümmerten Fensterscheiben von Wohnungen und Schaufenstern bedecken die Straßen. Zum Teil sind Bäume abgesägt und quer über die Straße geworfen worden. Die ganze Gegend zeigt die Spuren einer großen Straßenschlacht. * Tumultszene« im Berliner Rachans. In der letzten Sitzung der Berliner Stadtver ordneten kam es zu erregten Auftritten, als ein Kom munist einen Dringlichkeitsantrag einbrachte, in dem er von dem „Massenmörder" Zörgiebel und d«n Blut bad der „entmenschten" Polizei sprach. Der Stadt verordnetenvorsteher versuchte vergeblich, die Ruhe wie der her-ustellen. Die Sitzung mußte unterbrochen werden. Sauberungsaktion in Berlin. Das Unruheviertel abgesperrt. — Systematische Haus suchungen. — Verbot der „Roten Fahne". — Berlin, den 4. Mai. Die Berliner Polizei hat am Freitag eine große Säuberungsaktion in den Unruhevierteln eingeleitet. Die Stadtteile Wedding und Neukölln wurden hermetisch abgesperrt. An jeder Ecke sah man starke Polizeitrupps mit umgeHängten Karabinern und mit Maschinenpistolen. Jeder, der die Sperre Passieren will, muß Äusweispapiere vorzeigen und sich durch suchen lassen. „32 Jahre wohne ick nu hier in die Hermannstraße" — schimpft eine Frau — „aber det is mir noch nich passiert, det sie mir beim Milchholen nach'm Ausweis fragen." Hinter den Polizerketten werden alle Häuser vom obersten Dachboden bis in den Keller durchsucht. Die Polizei fahndet nach Waffen, Munition und abgeschossenen Patronen. Hin und wie der wird ein junger Bursche aus den Häusern heraus- gcholt und auf das bereitstehende Polizeiauto gebracht. Wer auf frischer Tat ertappt wurde, dem droht eine schwere Strafe, handelt es sich bei den traurigen Er eignissen in Neukölln und am Wedding doch um of fenen Aufruhr! Ausnahmen gelten nur für Aerzte, Hebammen und Sanitätspersonal. Jedes Umherstehen in den Hausfluren sowie Toreinfahrten ist verboten. Die stra- tzenwärtS gelegenen Fenster müssen geschlossen bleiben. Auch darf in den straßenwärtS gelegenen Räumen während der angegebenen Leit kein Licht brennen. Zu widerhandelnde setzen sich der Gefahr aus, daß oie Fenster von der Straße aus durch die Polizei unter Feuer genommen werden. Am Tage darf in den Stra ßen, sowie in den Hausfluren, Hausnischen, Torein fahrten usw. keine Person stehen bleiben. Niemand darf sich länger auf der Straße aufhalten, als unbe dingt erforderlich ist. Personen, die sich ohne festes Siel auf der Straße bewegen, werden festgenommen. Zusammengehen von drei und mehr Personen ist nicht gestattet. Jeder Radfahrverkehr ist untersagt. Dis Gastwirtschaften werden abends um 9 Uhr geschlossen. Chronik des Tages» — Der Reichspräsident hat dem Reichskanzler a. D, Fürst v. Bülow in einem persönlichen Schreiben sein« Glück- . wünsche zum 80. Geburtstag ausgesprochen. — Am Freitag vormittag fand in Paris zwischen den deutschen Sachverständigen Dr. Schacht und Dr. Bögler und dem amerikanischen Vertreter Owen Aoung eine neue Unterredung statt. — Wegen der mehrere deutsche Minister beleidigenden Plakate, die gelegentlich der Moskauer Maifeiern herum- getragcn wurden, hat das Berliner Auswärtige Amt in Moskau die notwendigen diplomatischen Schritte eingeleitet. — Die Berliner Polizei hat nach einem Wiederauf flackern des Aufruhrs in Neukölln und am Wedding eine systematische Säuberungsaktion in den Unruhevierteln ein geleitet. Ueber beide Stadtteile wurde der Belagerungs zustand verhängt. — Die kommunistische ,Liste Fahne" ist vom Berliner Polizeipräsidenten auf drei Wochen verboten worden. — Der Kommunistische Reichsparteitag, der in den Tageii vom 5. bis 10. Mai in Dresden stattfinden sollte, ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. — In den Genfer Besprechungen ist zwischen den Vertretern der fünf großen Seemächte vereinbart worden, die Erörterung der Seeabrüstung bis zum November zu vertagen. — Das Landsberger Schwurgericht verurteilte den Polen Klhmek, der im Jahre 1922 den Kassenboten der Bornhofener Ziegelwerk bei Neudamm ermordet und be raubt hatte, zum Tode. — In Schwabenmünden in Bayern ist eine Frau unter dem Verdacht des neunfachen Giftmordes verhaftet worden. — Auf dem Pariser Boulevard Voltaire stieß ein Autobus mit einer elektrischen Straßenbahn zusammen, tvv- bei 13 Personen teilweise schwer verletzt wurden. — In den westlichen und südlichen Staaten Nord amerikas haben Tornados fürchterliche Verheerungen ange richtet und viele Menschenleben vernichtet. — In den letzten drei Monaten wurden in Chino acht Amerikaner ermordet, darunter mehrere Missionare. Von Woche zu Woche. Randbemerkungen zur Zeitgeschichte. In der vierzigjährigen Geschichte der Mai. feiern ist es erstmals in Berlin zu schwersten Aus schreitungen, zu Straßen- und Barrikadenkämpfen ge kommen. Tausende von Schüssen krachten aus den Straßen und von den Dächern herab, Leuchtraketen flammten auf, erhellten gespenstisch den Kampfplatz, und die Lichtkegel der Scheinwerfer geisterten an den Fensterfronten entlang. Und als am Donnerstag be< reits neun Tote auf der Bahre lagen, krachten die Ge wehre erneut, gab es wiederum Tote und Verwundete. Die traurigen Ereignisse in Berlin, die sich übri gens nur aus ein engbegrenztes Gebiet erstrecken — offenbaren ein erschreckendes Bild innerer Gegensätze. Bon den Kommunisten wird angeführt, sie hätten fick das Recht aus die Straße nicht nehmen lassen können. Nun gut, so selbstverständlich es ist, daß man heute niemandem das Recht zur Demonstration neh men kann, ebenso selbstverständlich muß es sein, daß die Demonstranten die Gesinnung der Angehörigen des anderen Lagers respektieren. Und daran hat es in letzter Zeit denn doch sehr gefehlt! Immer wieder hörte man von Messerstechereien und fanatischen Re volverhelden. Jetzt ist genug Blut geflossen! Die Ordnung muß schnellstens wieder hergestetlt werden. Groß ist di« Zahl derer, die ein Strafverfahren zu erwarten haben. Hoffentlich gelingt es, auch derer habhaft zu werden, die hinter den Kulissen das Blutbad vorbereitet haben Tief bedauerlich ist es, daß bei den Kämpfen in Ber lin — wie überall in der Welt — der Unschuldige mit dem Schuldigen zu leiden hatte, und daß der Tod auch den Lebensfaden völlig unschuldiger Menschen zerschnitten hat. Wird uns der Mai auch sonst noch unerfreuliche Ereignisse bringen? Gewölk steht unverkennbar am Horizont. In den Bankbureaus spricht man von der Möglichkeit einer neuenHeraufsetzung der Dis kont- und Zinssätze. Der Reichsbankausweis au! den. 30. Aprrl zeigt, daß wir hinsichtlich des Deckungs- veryalMisses unserer Nolen dicht an der gesetzlich ge zogenen Grenze stehen. Die Deckung der umlaufenden Noten durch Gold und Devisen beträgt gegenwärtig 43 Prozent. Sinkt das Deckungsverhältnis unter 44 Prozent, dann muß die Frage des Transferschutzes aufgerollt und eine Noten st euer eingeführt werden. Selbstverständlich wird dann auch der Diskontsatz aber mals in die Höhe schnellen. Die Lage ist ernst, aber es wäre verfehlt, sich über triebenen Befürchtungen hinzugeben. Einmal ist es nicht das erstemal, daß der Deckungssatz für die Noten der gesetzlichen Mindestgrenze ganz nahe rückte, zum andern dürfte sich in dem letzten Bankausweis die letzte Erhöhung des Diskontsatzes noch gar nicht ausgewirkt haben, und schließlich würde auch bei einer weiteren Anspannung der Weg zur Gesundung keineswegs ver baut sein. Eine Inflation droht uns nicht, eher schon eine Deflation, d. h. eine Verminderung der Geld zeichen, also der Banknoten. Ueber die weitere Entwicklung der deutschen Wirt schaftsverhältnisse sollte man sich jetzt jeder Voraus sage enthalten. Klar sehen wird man erst dann, wenn in Paris das letzte Wort gesprochen ist. Sehr wahr scheinlich steht die Entscheidung dicht bevor, die Kon ferenz ist bereits an ihrem letzten Wendepunkt angelangt! Ueber den Stand der augenblicklichen Verhand lungen, ist wenig zu erfahren. Man kennt weder die einzelnen Vorschläge, noch ihre Aussichten. Reichs bankpräsident Dr. Schacht, der am Donnerstag wie der in Paris eintras, hatte in den letzten Stunden Unterredungen mit den Führern der einzelnen Dele gationen, ferner hielt der Unterausschuß für die Kom merzialisierung der Reparationsschuld eine Sitzung ab. Die Verhandlungen drehen sich gegenwärtig in der Hauptsache wohl um einen amerikanischen Vorschlag, ver als Brücke zwischen dem deutschen und dem aln- ierren Entwurf gedacht zu sein scheint. Wie die Debatte schließlich ausklingen wird, weiß man zur Stunde noch nicht, wohl aber weiß man, daß Deutschland nach wie .vor nur einem Projekt zu stimmen kann, von dessen Durchführung es innerlich überzeugt ist. Ist eine solche Einigung nicht zu er zielen, dann müssen wir weiter abwarten, in der Hoffnung, daß die Welt sich bald selbst von der un-< möglichen' Durchführung des Dawesplanes überzeugen wird. Viele Erscheinungen deuten daraus hin, daß oie zweite Reparations-Konferenz zu f rät h stattfand. Schließlich war es aber nicht Deutschland, das die Ein berufung der Konferenz betrieb, sondern der Zusam mentritt der Konferenz ist das Werk des Reparations agenten Parker Gilbert. And darüber, ob Die Einbe rufung der Konferenz auch eine Folge großer Hofs« nungsseligkeit ist, werden wir bald Klarheit er langen. * dir. am Stausee, schakt. Garten, Beranda, savb.Fremdenz.,Gesellsch.-6aal, Küche u. Keller o. Auf. stchhh, IMMP. still1 «glüfill. WlM'M. 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