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t-Roman-Beilage-» ocncgW » illMMiM« VOdl LL^S^öL-rN dlLV Lopyrlsdt dz^ Lsartta k'eu^tvnn^er. »sUe sLuLle» Ilona TakLts aber ließ plötzlich den Arm ihres Tän- zers los, raffte am Tisch ihren Abendmantel aus, und drängte sich zur Tür. Ihr war auf einmal so entsetzlich angst. Sie hörte das Arbeiten der Schiffsmaschinen nicht mehr, es war so un heimlich still, und dann erschien es ihr wieder, als er zitterte der Schiffsrumpf wie der Körper eines verwunde ten Tieres. An der Treppe verweigerte ihr ein Matrose den Durch gang .Ich, ich will ja nur zu meiner Kabine', stotterte sie voll Angst in den schönen Äugen, und für einen Moment war cs ihr, als wenn sie hier unten ersticken müßte. .Gnädige Frau, Befehl ist Befehl!' antwortete der Malrofe, und sie fühlte, daß seine Stimme trotz eiserner Beherrschung keine Festigkeit hatte, daß sie leise schwankte. Ilona TakLts sah auf, und nun erst gewahrte sie, daß Fritz Kraft vor ihr stand Auch dieser erkannte sie erst jetzt, denn in dem Treppen- gang brannte aus irgendeinem Grunde kein Licht mehr. .Gnädige Frau, liebe gnädige Frau', stotterte Fritz Kraft nun mit hilfloser Bewegung, und seine Augen ver rieten ihr in dieser Minute alles. .Das Schiff', murmelte sie erbleichend. Er nickte nur und in seinen Blicken flatterte die Ver zweiflung. .Was ist's?' forschte Ilona fast heiser. „Wir sind aus ein Wrack ausgelaufen, gnädige Frau, aber es kann noch alles gut gehen', flüsterte er. „Lasten Sie mich passieren', bat sie flehend. .Bleiben Sie in meiner Nähe', antwortete er. „Oben ist es ohnedies stockfinster. Wir haben Kurzschluß.' In diesem Moment ging eine zweite, noch stärkere Er schütterung durch das ganze Schiss. Drinnen setzte die Musik von neuem aus. Schreien, wttde Flüche, Rufe erschollen, und gleich dar- aus hastete, quoll eine dunkle Menschenflui die Treppe empor, einer den anderen rücksichtslos niederreitzend, hin auf auf das nur schwach erleuchtete Deck, denn auch hier hatten bereits die meisten Glühlampen versagt. Fritz Kraft hatte Ilona TakLts mit sich sortgeriffen. Irgendwoher hielt er plötzlich einen Rettungsgürtel in Händen, den er eilig um ihre zarten Hüften schlang. .Mein Dienst ruft, gnädige Frau', keuchte er, „halten Sie sich rechts vom Heck, ich sorge für Sie.' Dann rannte er davon. Ilona TakLts stand wie betäubt. Hatte sich das Schiss nicht nach Steuerbord geneigt? Die junge Frau klammerte sich fest an l is Eisengelän- der, und starrte aus die wild schreiende, gestikulierende Menge, die jetzt, ohne Unterschied aus Paffagieren erster, zweiter und dritter Klaffe bestehend, in wahnsinniger Angst durcheinander lief. - Der Sturm heulte, Blitze flammten aus, und mit Höllengetöse rollte der erste Donner durch das Brüllen der Nacht. Inmitten dieses Chaos standen die Offiziere, die Waffen schußbereit, mit ernstem, entschlossenem Gesicht zur Ruhe mahnend. „Es ist nichts, ein kleines Leck, das bereits auSgedeffert wird, in einer Stunde fahren wir weiter', hörte sie einen hohen Offizier rufen. Die Worte wurden gehört, schafften sichtlich Beruhigung. Man stand jetzt beisammen, verstört lauschend, in dm Augen die Angst. Ilona TakLts lehnte noch immer an der gleichen Stelle, die Hände um das eiserne Geländer gekrallt, um von dem rasenden Sturm nicht einfach sortgeriffen zu werden. Wie lange sie so stand, wußte sie nicht. Ihr war eS, als neige sich das Schiss tiefer und tiefer. Da, Licht flammte auf; es war gelungen, die Beleuch tung wieder in Ordnung zu bringen, nur am Steuerbord blieb es unheimlich finster. Aber mit dem Licht wuchs die Zuversicht. Man atmete fast hörbar auf, ja, hier und da sah man verstohlen eine Beruhigungszigarette ausglühen. Und jetzt ging ein leises Zittern durch den Schiffs- rümpf, und nun begann langsam stoßweise die Schiffs schraube zu rattern. Doch das srohe Ausatmen wurde zum Entsetzensschrei. Wieder ging ein fürchterlicher Stoß durch das Schiff; es bäumte sich wild empor, um dann wieder zurückzu taumeln, als wolle es in die unendliche Tiefe versinken. Eisige Stille folgte, grausiges Entsetzen lähmte die Kehlen der zu Tode erschrockenen Mensche«. Dann ging es wie ein einziges furchtbares Brüllen durch die dicht zusammengeballt stehende Menge. Umsonst versuchten die Offiziere und Mannschaften Ordnung zu halten. Man überrannte sie einfach, man achtete nicht auf die Schreckschüsse, die von ihnen abgefeuert wurden. Alles hastete, wie von Furien gepeitschtz zu dm Kabinen. „Die Schwimmgürtebl' war wohl jÄreS einzelnen einzigster Gedanke. Ilona TakLts stand noch immer wie gelähmt an der gleichen Stelle und starrte mit hilflosem Blick inS Leere. Da hörte sie ein haltlos schrilles Schreien, und er kannte Joseph Meierhofer, der sich mit brutaler Gewalt von seiner Frau loSriß. „Du mußt die Tür auffchließeu, mußt sie freilassen', hörte sie deutlich rufen. „Was ist's mit der Kabine', dachte sie fast mechanisch; und plötzlich wurde ihr diese verschlossene Kabinmtür, hinter der, wie sie ja deutlich auS den Worten zu ver nehmen meinte, ein Mensch eingesperrt saß, zum nächst liegenden Gedanken, der sie sogar beinahe die Angst um sich selbst vergessen ließ. Und mitten in ihrer Verwirrung tauchte plötzlich Fritz Kraft, der junge Deutsche, vor ihr auf, und schrie ihr durch das tobende Element zu: „Schnell zu den Booten, ehe eS zu spät ist!' Sie begriff zuerst nicht, dann aber umfaßte sie die Hand des Mannes, der sie retten wollte, und bat: „Schnell, führen Sie mich zu den Kabinen, ein Steward wird wissen, welche Kabine der Passagier Meterhofer be wohnt.' „Wir haben keine Zeit zu verlieren', mahnte Fritz Kraft erregt. „Es gilt ein Menschenleben', stieß Ilona TakttS her vor, und wußte doch selbst nicht, wie sie darauf kam.