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Lan! D«L-LLZK«LS L« LSK«ZZZL«T>SK^ Mso war Christa frei. . Mit jubelndem Herzen machte sie sich zum Ausgehen fertig. Noch einmal betrachtete sie sich in dem kleinen Spiegel. Das Helle, einfache Kostüm mit der netten weißen Bluse kleidete sie ganz allerliebst, und der kleine Helle Hut stand ihr hübsch zu Gesicht. Sie konnte sich schon sehen lassen! Freilich, ob sie in ihrer Einfachheit Doktor Brecht ge fallen würde? Ein bängliches Gefühl wollte sie beschleichen. Dann aber schüttelte sie diese dummen Gedanken ab und trat rasch ins Wohnzimmer. Olga Wald saß am Fenster und zog ein hämisches Gesicht. „Wohin willst du?* fragte sie mißtrauisch. „Ich gehe ein wenig spazieren", antwortete Christa ausweichend. Olga lachte höhnisch. „Du hast wohl ein Stelldichein mit deinem Verehrer? Du, vor dem Doktor nimm dich in acht, den feinen Herren ist nicht zu trauen. Zum Heiraten ist unsereins doch nichts für die Vornehmen, die wollen sich nur amüsieren. Wenn das der Vater wüßte!" Christa hatte eine Zurechtweisung auf den Lippen. Dann aber schwieg sie und verließ schnell die Wohnung. Die Worte der Schwester brannten ihr schwer im Herzen. Wie, wenn sie recht hätte, wenn Matthias Brecht sie wirklich nur als bloßen Zeitvertreib betrachtete? Am liebsten wäre sie jetzt aus der Stelle umgekehrt. Die lachende Sonne, die vielen sonntäglich gekleideten Spazier gänger aber lockten zu sehr; und so eilte sie, alle Bedenken in den Wind schlagend, hastig vorwärts. Um zwei Uhr hatte Doktor Brecht Christa Wald am Wannseebahnhof erwarten wollen. Als er sie jetzt wie der junge Frühling selbst daher kommen sah, schwenkte er schon von weitem den Hut und eilte ihr entzückt entgegen. „Wie lieb von Ihnen, daß Sie doch gekommen sind", ries er, und drückte erfreut ihre Hand. „Nun soll es ein besonders schöner Tag werden. Wir fahren natürlich hinaus. Ich schlage Wannsee vor. Wir können dann dort Kaffee trinken, sicher kann man heute schon im Freien sitzen." » Wie zwei glückliche Kinder schlenderten sie beide den Bahnsteig entlang, um den Zug zu erwarten. — — Nie glaubte Christa Wald einen schöneren Tag verlebt zu haben. Ganz selbstvergessen sah sie öfters zu ihrem Begleiter auf, der immer wieder ihre zarte Gestalt mit freude trunkenen Augen umfaßte. Es dunkelte bereits, als sie sich nach kurzem Abend essen zur Heimfahrt rüsteten. Christa duldete es, daß Matthias Brecht ihren Arm in den seinen zog. Wortlos, glücklich gingen sie durch die allmählich stiller werdende Natur. Matthias Brecht merkte, wie Christa bei jeder Be rührung erbebte. Er liebte dieses kleine, schüchterne, hübsche Mädchen schon lange, und doch hatte er es bisher noch immer ver mieden, ihr von seiner Liebe zu sprechen. Gewiß, er war ein Mann mit gutem Einkommen; aber da er in allernächster Zeit mit einer Berufung auf einen Auslandposten rechnete, wollte er mit seiner Werbung warten, bis diese Angelegenheit völlig geklärt war. Doch dieser Frühlingsabend warf alle seine guten Vorsätze über den Haufen. Er sah die halbgeöffneten Lippen, die feuchtglänzenden Augen Christas, die ihm so verlockend entgegenlachten. Und es war um ihn ge schehen. Kaum wußte er selbst, wie alles geschah. Plötzlich hielt er das geliebte Mädchen fest an feine Brust gepreßt, und v Christa wehrte sich nicht, sie duldete in seligem Glück völliger Hingabe seine heißen Küsse. „Christa, kleines, liebes Mädel, wie lieb ich dich habe", flüsterte Matthias Brecht glückstrunken. „Sag', hast auch du mich lieb, so lieb, daß du nicht mehr ohne mich leben kannst?" „Matthias, lieber Matthias", hauchte Christa fast ton los. Tränen schimmerten dabei in ihren großen, wunder schönen Blauaugen, und sie drückte sich fester an die Gestalt des geliebten Mannes. Plötzlich aber zuckte sie, kaum merklich, zusammen, und ihr eben noch von Purpur übergossenes Gesichtchen wurde schneeweiß. Zugleich wurde ihr Blick angstvoll, gespannt. Mit einer fast wilden Bewegung versuchte sie sich von Brecht frei zu machen. Matthias sah die jähe Veränderung des gerade noch so anschmiegenden Geschöpfs mit wachsendem Staunen. Christa hatte sich losgerissen, und stand jetzt, am ganzen Körper bebend, einige Schritte weit von dem Geliebten entfernt, während Matthias Brecht sie fassungslos be trachtete und sich ihr Gebaren nicht zu deuten vermochte. „Christa, um Himmels willen, Kind, was bedeutet das alles plötzlich, was ist geschehen? Habe ich dich verletzt, habe ich dir irgendwie weh getan? Sprich, sag' ein Wort, sieh meine furchtbare Bestürzung!" stieß er hervor. Das ehrliche Erschrecken Brechts schien das junge Mäd chen langsam wieder zu sich zu bringen. Die seltsame, nervöse Spannung in ihrem Gesicht löste sich, und plötzlich schlug sie die Hände, laut aufschluchzend, vor das noch immer todblasse Gesicht. Matthias Brecht war mit einem Sprung bei ihr und hielt sie in seinen Armen, in die sie sich jetzt selbst wie ein verwundetes Vögelchen flüchtete. „Christa, sprich doch, was war das eben?" drang Brecht aufs neue flehentlich in sie. „Jetzt, da du mir gezeigt hast, daß auch du mich liebst, da du meine kleine, süße Braut geworden bist, habe ich doch ein Recht, zu wissen, was dich bedrückt. So sprich doch, Liebste. Weshalb quälst du mich so mit diesem seltsamen Schweigen?" „Mein Gott, ich dachte nur ", kam es endlich ruck weise von Christas zuckenden Lippen, während ihr Körper von Schluchzen geschüttelt wurde. „Was dachtest du, was ist geschehen, Christa? Hab' doch Vertrauen", bat der Mann, sanft über ihr tränen feuchtes Gesichtchen streichelnd. „Olga sagte heute, als ich sortging, daß ich mich vor dir hüten solle; sie glaubt nicht, daß du es mit einem armen, einfachen Mädchen, wie ich es bin, ehrlich meinen könntest", stammelte Christa jetzt fast tonlos. „Daran mußte ich vorhin plötzlich denken." „Christa!" Matthias Brecht hatte sie mit einem Ruck freigegeben, und stand nun, bleich bis an die Lippen, aufs tiefste ver letzt vor ihr. „So schändlich kannst du von mir denken, einer solchen Nichtswürdigkeit hältst du mich für fähig? Christa, beinahe möchte ich an dir zweifeln. Sagtest du nicht erst vorhin, daß auch du mich liebst, und erwidertest du nicht meine Küsse? Weshalb duldetest du meine Lieb- kosungen, wenn du mich für einen verächtlichen Schurken hieltest? Wo man wirklich liebt, muß man auch Vertrauen haben, sonst 1" Brecht unterbrach jäh seinen erregten Wortschwall. Christa, in plötzlicher Erkenntnis, wie Weh sie dem liebsten Menschen mit ihrem Mißtrauen getan hatte, und in zitternder Angst, daß sie nun ihr ganzes Glück zerstört habe, war wie gejagt davongeeilt. Wenige Sekunden später hatte sie Matthias Brecht ein geholt und fest an sich gezogen. „Christa, kleines törichtes MSdelchen, nun habe ich dich so sehr erschreckt, daß du mir um ein Haar davongelaufen wärest", sprach er tröstend aus sie ein. „Weshalb martern wir uns beide nur so, und gerade in der Stunde, die uns das höchste Glück, die Offenbarung unserer großen Liebe,