Volltext Seite (XML)
Berg, um hier mit verbundenen Augen nach einem Hahn zu schlagen, der an einem langen Strick von einem hohen Pfahl herabhängt. Wer ihn trifft, wird regelrecht als Sieger gefeiert und im Triumph ml» Ostergesängen in das Dorf zurückbegleitet. Wie diese merkwürdige Ostersitte entstanden ist, ist nickt mehr festzustellen. Windröschen (Anemone memorosa), die mit ihren lieb lichen weihen oder außen rosaroten, manchmal auch purpurnen Blüten unsere Laubwälder im ersten Früh ling, also meist zur Osterzeit, schmückt. Im Grunde sind aber auch das Leberblümchen und die gelbe Anemone, sowie andere Erstlinge des Lenzes richtige Osterblumen. Unsere Fluren weisen noch eine reizende Blüte auf, mit der wir den Osternamen in Verbindung bringen, das ist die Osterluzei. Seltsame Ostersitten. Das Verhältnis der Menschheit zu den unsichtbar waltenden Kräften der Natur hat schon in den ältesten Zeiten gewisse For men angenommen» die sich je nach den kulturellen Fortschritten mit der Zeit immer bestimmter gestalte ten. Besonders das Wiedererwachen der Natur im Frühling hat zu den verschiedensten seltsamen Ge bräuchen geführt, die teilweise noch heut herrschen, wenn auch nicht mit jenem Glaubensernst der Mensch heit früherer Jahrhunderte. Zu Ostern soll Freude herrschen, die lange Fastenzeit, die stille Zeit der Trauer um die Kreuzigung Christi ist vorüber. Nun kann man wieder fröhlichen Mutes vorwärts blicken und seinen weltlichen Regungen nachhängen. Ein eigenartiger Brauch der noch heute in manchen Ge genden Deutschlands bei der ländlichen Bevölkerung sich erhalten hat, ist der „Osterritt". Zn ihn, ver sammeln sich die Bauern und Knechte, alle aus Pfer den, man singt ein Osterlied, reitet unter Glocken geläut dreimal um die Kirche und dann durch das Dorf, vor allen Häusern Geld einsammelnd. — In Hessen begibt man sich in großer Gesellschaft auf den nächsten Ä Lästerliches Allerlei. Osterkucheü-Vacken bei Goethe. Goethe hatte be kanntlich für alles Interesse. So kam er auch einmal in seinem Weimarer Heim ins Wohnzimmer, als ge rade ein Bäckergeselle da war, um den Teig für das Osterfest zu kneten. Freundlichen Sinnes sprach der Dichter mit ihm, war auch mit seinem Tun, das er I in sauberer und geschickter Weise vornahm, zufrieden ' und fragte ihn zuletzt: „Was sind Sie eigentlich für i ein Landsmann?" „Ein Schwabe bin ich, Herr Ge- beimrat." „Was sind Sie? Ein Windbeutel sind j Sie?' antwortete Goethe und verließ das Zimmer. Der Bäcker beklagte sich nun bei den Damen Goethes, wenn er auch nicht den schwäbischen Dialekt spreche, so sei er doch bei Sulz am Neckar geboren mit noch sechs Geschwistern. Im Alter von acht Jahren aber habe ihn ein kinderloser Onkel nach Westfalen geholt. Jetzt sei er auf der Wanderschaft und wolle dem nächst einmal wieder nach seiner Heimat gehen. Das wurde Goethe natürlich hinterbvacht, und als am nächsten Tage die Osterkuchen fertig waren, ließ ihn Goethe zu sich rufen. Hier hörte er nochmals die Lebensgeschichte an, klopfte dem Gesellen wohlmei nend aus die Schulter und sagte: „Nun, mein lieber Gottlieb, ich sehe, Sie sind wirklich ein Schwabe, wir wollen uns wieder vertragen. Hier trinken Sie das Glas Wein, aber verschlucken Sie sich nicht!" Diese Warnung war nicht zwecklos, denn Gottlieb, der sich nicht weiter nötigen ließ, fand auf dem Boden des Glases einen Doppeltaler. DaS Osterfest spielt bei der Benennung von Tieren und Pflanzen seltsamerweise eine weit unbedeutendere Rolle, als das Pfingstfest. Soweit die Tierwelt in Frage kommt, haben wir Ostern dem Pfingstvogel (Pirol) nur den Osterhasen gegenüber zu stellen, der aber nur in der Kinderwelt Wirklichkeit gewonnen hat. Eine der Pfingstrose entsprechende Osterblume dagegen verzeichnen wir, es ist die Osterblume oder das weike Scherz und Ernst. tk. Die Frau, die i» zwanzig Jahre» um die Wett wanderte. Nach LOjähriger Wanderung um die Welt kehrte vor einiger Zeit Miß Benham, eine rüstige! Sechzigerin, nach ihrer Heimatstadt Plymouth zurück. „Vor zwanzig Jahren," so erzählte sie den Jouv, nalisten, „machte ich eine Reife nach der Schwei-., Die überwältigende Schönheit der Berge packte mickt so, daß ich beschloß, die Schönheiten der Natur auL dem ganzen Erdenrund kennen zu lernen. Da meiuel; Mittel für eine Weltreise im üblichen Sttl nicht auS- reichten, sah ich mich genötigt, den weiten Weg zumt größten Teil zu Fuß zurückzulegen. Ich bin steM allein gereist. Da meine Ansprüche schr bescheiden! waren, habe ich meinen Plan ausführen können. Dio gefährlichste Stunde habe ich 1913 in Afrika erl^t^ Ich hatte mich etwas unvorsichtig in die Wüste vovi gewagt und wanderte meilenweit, bis ich vor Erschöpf fung nicht mehr weiter konnte und kraftlos zu Boden! sank. Dies wäre wohl meine letzte Station gewesen^ wenn nicht eine Karawane zufällig des Weges ge-> kommen wäre. Jetzt will ich den Rest meiner Tag« in Ruhe verbringen und in der Erinnerung noch ein mal die unvergeßlichen Eindrücke meiner Wanderschaft auskosten." tk Patriotismus und Lippenstift. Generalmajor Warner, der dem englischen Unterbaus angehört, machte eine Frauenversammlung in London mit der erschüt ternden Tatsache bekannt, daß ein den englischen Damen unentbehrliches Schönheitsmittel so gut wi«