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AL 3 3 I L NNt Mr HLofst auf. Er Mich sich den struppigen, fveißgrauen Bart, verzog unwillig, wie bei starkem körperlichen Schmerz, das Gesicht und wandte sich un- „Haben Sie der Dame nicht gesagt, daß ich verreist bin?* „Getoiß! — Doch die Dame erklärte, Ihre Reise fände erst heute nacht statt, und im Augenblick seien Sie, wie sie wisse, bestimmt noch daheim.* Das Fräulein errötete. (Wer sollte das nicht, wenn eS sich um Fred Bronnen handelte —, zumal wenn man die zehrende Erinnerung an einen Blick und ein Lächeln hatte!) Herr Hoofft warf das Billett auf den Tisch. «Gut, ich komme hinunter. — Führen Sie die Dame einstweilen ins Kontor!* Das Fräulein ging. Herr Hoofft las das Billett noch einmal. Er wurde dabei vom Aerger übermannt und zerriß es in zorniger Aufwallung. — Das sollte gerade fehlen, daß sich eine Weibergeschichte zwischen Fred Bron nen und seinen Kampf drängte! — Was ihm hier zu verhindern möglich war, das sollte geschehen! Gerda von Gagern war eine bildschöne Frau von herrlichem Wuchs und natürlicher Anmut der Haltung. Sie besaß kluge Augen und ein ausdrucksvolles Gesicht. Ihre Kleidung war einfach, doch mit raffiniertem Ge- schmack gewählt. — Sie hatte diesen Gang sehr ungern getan. Aber sie fühlte sich unfähig, ihn unterlassen zu können. Herrn Hoofft kannte sie gut. Die reichen Prämien, die sie bei SchwimmwettkäMpfen stiftete, hatten sie mit dem Vorsitzenden Hoofft seit Wochen gut bekannt gemacht, ohne daß es zu einem, wenn auch nur äußerlich herzlicheren Ver hältnis gekommen wäre. Einem solchen stand die Reser viertheit der eleganten Frau und das leicht mißtrauische Junggesellentum des alten Herrn im Wege. Daran änderte auch der ohne Zutun des Vorsitzenden zustande gekommene Beschluß des Vereins nichts, der Frau von Gagern zum Ehrenmitglied der „Schwimmfreunde* ge macht hatte. „Gnädige Frau*, grüßte Theodor Hoofft steif und for mell. Frau von Gagern nickte ganz konventionell und sprach rasch, ohne Erregung: „Ich habe nur einen Wunsch, Herr Hoofft, den Sie mir leicht erfüllen können und auf dessen Erfüllung ich fest rechne * - Herr Hoofft setzte sich Frau von Gagern gegenüber und heuchelte Ueberraschung. „Bitte, bitte * „Sie fahren an die Küste von Nordsrankreich, wo Herr Bronnen sein Leben auf Spiel setzen will * Theodor Hoofft mußte Wider Willen etwas lächeln. Er wehrte leicht ab, und sprach sehr höflich und bestimmt: „Eine sportliche Aufgabe —, nichts weiter. Eine große, für einen Sportsmann, gnädige Frau!* Gerda von Gagern schlug den Blick für Sekundendauer nieder. Doch sie war danach gleich wieder die kühle, vor nehme, zurückhaltende Dame. „Sie wissen, daß mir Herr Bronnen mein Töchterchen unter Einsatz seines Lebens vom Tode des Ertrinkens rettete? — Ich war Zeuge dieses heldenmütigen Kampfes mit den hochgehenden Wogen des Rheins: Ingeborg hatte am Kai gespielt. Ich sprach mit einer Bekannten. Da stürzte das Kind die zwei Meter hohe Kaimauer hinab ins Wasser. Fast im gleichen Augenblick sprang Herr Bronnen hinterdrein. Der Rhein fließt an jener Stelle sehr rasch. Ueberdies zogen mehrere Dampfer dicht am Ufer hin, so daß sich größere Wellen bildeten. In diesen Strudeln kämpfte der Herr unerschrocken um mein Kind. Zch sah die Größe des Kampfes und glaubte auch den Atter verloren. Die Wogen des Rheins haben zwar And und Retter herausgegeben —, welchen Kampf es burchKtte und erlitt ich in allen Teilen des Kampfes am User. - Ich bin dem Retter meines Kindes auf ewig dankbar! - Man hat mir dieses verdacht und unedle Absichten ^nlc.. i —, das ist kleinliches Geschwätz! Es drängt mich, Ihnen e.is zu sagen! — Ich habe keinen anderen Wunsch, als mei Dankbarkeit gegenüber dem Retter meines Kindes durch (luteilnahme an seinem sport lichen Streben zu zeigen * Hier hielt Frau von Gagern etwas inne, führte das parfümierte Tuch an die Augen und vollendete darauf hastig: „Darf ich Sie bitten, Herrn Bronnen Grüße von mir und meinem Kinde aus dem heimatlichen Deutschland mit zunehmen? Ich bete für das Gelingen seines großen Kampfes —, und wenn sich ihm Schwierigkeiten bieten sollten —, bitte, verstehen Sie mich richtig, Herr Hoofft: wenn er in Verlegenheit wegen der finanziellen Durch führbarkeit des großen Unternehmens sein sollte, -dann stehe ich jederzeit zur Verfügung. Leider bin ich ja bei den Haussammlungen, von denen ich erst durch die Zei tungen erfuhr, übergangen worden " Gerda von Gagern erhob sich. Sie blickte in das ver änderte, minder abweisende Gesicht ihres Gegenübers und heischte eine Antwort. „Gern, gnädige Frau", versetzte Herr Hoofft, leicht verwirrt, fast unsicher. Frau von Gagern neigte im flüchtigen Dank den Kopf. Sie fühlte deutlich, daß der Weg umsonst war. So eilte sie rasch und enttäuscht aus dem niedrigen, dumpfen, muffigen Kontorraum. — Schwer ließ sie die Glastür hinter sich zufallen. Herr Hoofft war keineswegs überzeugt von dem, was Frau von Gagern da über den Zweck ihres Besuches ge sagt hatte, aber er fand sich merklich ruhiger als vor diesem Gespräch und schritt, wenn auch nachdenklich, einigermaßen befriedigt die Treppen hinan zu seiner kleinen Jung gesellenwohnung im zweiten Stock des Hauses. Daß er Fred Bronnen von diesem Besuch nichts sagen würde, das stand fest 3. Kapitel. Hannelore Hinz war pünktlich am Nachtschnellzug, der nach dem Westen unter Dampf in der nachtdüsteren Bahn hofshalle stand. Sie kam früher als Herr Hoofft und suchte seinen Graukopf mit dem zerfuxchten Alte-Herren- gesicht vergeblich an den wenigen besetzten Fenstern der langen Wagenreihe. Da kam er. „Kindchen, Kindchen, also wirklich gekommen? So brennend das Verlangen, mich abreisen zu sehen?" Hannelore Hinz wehrte entrüstet ab. „Nun verspotten Sie mich, obwohl ich mir die Nacht Ihretwegen um die Ohren schlage?" „Meinetwegen?" verwunderte sich Theodor Hoofft. Das junge Mädchen errötete tief Wider Willen. Herr Hoofft amüsierte sich über die Verlegenheit Hannelore Hinz' und erkletterte rasch einen Wagen dritter Klasse. Als er sich einen Platz in dem nur schwach besetzten Zuge gesichert hatte, trat er wieder auf den Bahnsteig hinaus. „Nehmen Sie auch Grüße von mir an meinen Ver lobten entgegen, Herr Hoofft?" fragte Hannelore Hinz, als Hoofft wieder an ihrer Seite stand. Bei dem merkwürdig gepreßten Tone blickte der alte Herr das Mädchen verwundert genauer an und fand erst jetzt, daß es wie Trauer und Mutlosigkeit um ihre Mund winkel gebreitet war. „Nanu? — Wieso? Wie kommen Sie denn zu dieser sonderbaren Frage?" „Sie haben doch bereits Grüße auszurichten " „Woher — ? — Unsinn! Von wem denn? — Von den Sportkameraden! Das ist doch selbstverständlich!" „Verstellen Sie sich nicht, Herr Hoofft; ich weiß, daß Frau von Gagern heute abend bei Ihnen war und Ihnen Grüße an Fred Bronnen aufgetragen hat!" (Forts. folaO