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„In dem Dorfe? Oh -7- warum nicht in der Stadt, in einem guten Hotel, wo es alle Bequemlichkeiten gibt? — Die brauchen Sie doch für Ihren Körper!" Der Schwimmer wurde etwas verlegen bei dieser Frage. Er konnte der Dame nicht gut sagen, daß das der Geldbeutel nicht vertrug. Und daß es so besser und be quemer sei, das würde ihr nicht einleuchten. »Sie können doch rasch mit einem Auto von der Stadt hierher fahren " Theodor Hoofft, der das Motorboot festgemacht halte, trat hinzu. Ein wenig freundlicher Blick Miß Blanks empfing ihn. Das steigerte nur seine Gereiztheit. Er ver stand Fred Bronnen nicht. Er hatte kein Gefühl für nette oder überhaupt Tollheiten und kleine oder große Abenteuer. »Wir sind zur ernsten Arbeit hier", fuhr er schroff in das Gespräch. »Dazu gehören Autos nicht und auch nicht große Hotels!" „Oh", machte Miß Blank mit großen, erschrockenen Augen und wich einen Schritt zurück. Fred Bronnen nahm den Arm Theodor Hooffts, zwinkerte ihm von der Seite zu und sprach entschuldigend zu den Damen: »Mein Freund, Herr Hoosft! — Er ist böse aus Sie, well er glaubt, Sie könnten mich stören, während ich da draußen im Wasser arbeite!" „Gewiß nicht", beteuerte Miß Blank voll Eiser, „das soll nicht geschehen!" Da weder Fred Bronnen noch Theodor Hoofft hierauf etwas erwiderten, wandte sich Miß Blank. Die Begleiterin mahnte zum Aufbruch. Miß Blank schwankte unent schlossen. Doch dann wandte sie sich, nickte flüchtig und stieg mit ihrer Begleiterin zur Düne hinan. Fred Bronnen blickte den Damen nach, und als sich unter dem Zwange seines bewundernden Blickes die rei zende Amerikanerin für Sekunden umblickte, da war er ganz jungenhaft glücklich. Er warf die Arme in die Luft, trat ein paar Schritte ins Wasser und streckte darauf die Arme dem Wasser entgegen, das Welle auf Welle ans Land sandte. „Wissen Sie", redete er auf Theodor Hoofst ein, der grämlich abseits stand, „das Leben ist doch schön! Wenn man hier so kämpft und alles aufs Spiel setzt es muß doch irgendeinen Zweck haben , es muß doch für irgendwen geschehen man mutz wissen, für wen und für was man es tut! — Das bitzchen Sportehrgeiz und der Sportruhm ist ja ganz schön aber wenn einem ein paar Augen sagen: Du bist ein Großer, das ist doch beinahe mehr!" „Denken Sie an diese da " Herr Hoofst nickte grämlich zu den Dünen hinauf. Fred Bronnen lachte unbekümmert. „An die oder an eine andere — an eine, die es eben ist!" Theodor Hoofft besaß dafür kein Verständnis. Er drängte eilig zum Aufbruch und wußte schnell ein Ge spräch über das zu bereitende Hautfett und sonstige sport liche Dinge zu beginnen und damit nicht früher auf- zuhören, als bis man an dem schweren Holztisch der niede ren Wirtsstube einander beim einfachen Mittagsmahl gegenübersaß. Da das Essen immer schweigend genossen wurde und danach von Hoofst Bettruhe verordnet worden war, kam man aus die reizende Miß nicht mehr zu sprechen allein sie schritt ungeachtet dessen durch Fred Bronnens Gedanken und lächelte ihn noch im Traum lieblich und verheißungsvoll an - 5. Kapitel. Am folgenden Morgen erschienen die Damen wiederum ,-uf der Höhe der Düne. Als Herr Hoofst die Hellen Klei- Ar und die große» Strohhhüte austauchen sah, sprach er Mvrderbfte Verwünschung aus. .^yr^ Bronne» war glücklicherweise längst rm Wasser. UN Bmncktlaa. den man ungestört zu sein glaubte, viel vorgenommen. Nun schien es freilich wieder nichts Hechtes zu werden! Allein die beiden Damen kamen heute die Düne nicht hinabgeklettert und verschwanden auch bald wieder, da Fred Bronnen beständig im Wasser blieb und durch Herrn Hoofft vom Motorboot aus dirigiert wurde. Der Schwimmer merkte so nichts vom Erscheinen der beiden Hellen Kleider und fragte zur heimlichen Freude Theodor Hooffts hernach auch nicht nach den Damen. — So wiegte sich Herr Hoofft in Sicherheit. Er tat nicht gut daran! Am Abend empfing Fred Bronnen ein Billett. Die glutäugige Wirtin brachte es dem Schwimmer aufs Zim mer und tat sehr geheimnisvoll. Sie klopfte an, und als Fred Bronnen im Türrahmen erschien, winkte sie ihn auf den Gang hinaus und reichte ihm hier im diskreten Halb dunkel das Briefchen. „ Monsieur " flüsterte sie mit heißen Augen. Merci, merci", stammelte Fred Bronnen ganz er schrocken über Brief und Blick, und wich zurück. Die Frau lächelte mit glutvollen Augen zwinkerndes Verstehen und stieg, da Fred Bronnen ins Zimmer wich, schwer die steile Holztreppe hinab, in die verräucherte Wirtsstube, hinter den schmalen Schanktisch. Fred Bronnen wog das Briefchen unschlüssig m der Hand. Es unterlag für ihn keinem Zweifel, daß der Brief, von der reizenden amerikanischen Miß stammte. Er hatte eine solche Botschaft ersehnt und war nun betroffen 'und unschlüssig, und wußte nicht, ob es geraten war, den Brief zu öffnen. Minutenlang schwankte er unentschlossen, betrachtete die wenig charaktervolle Schrift, die ihn ent täuschte, dachte an das liebreizende Gesicht, mit den ernst haften, guten Augen Da riß er den Umschlag entschlossen auf, entfaltete das mehrmals gefaltete große Blatt und las mit einiger Verwunderung: Sehr geehrter Herr! Miß Maud Blank läßt Ihnen durch mich mitteilen, daß im Palace-Hotel in Dunkerque für Sie und Ihren Manager ein Appartement reserviert ist. Miß Maud Blank hat auch die Absicht, Ihnen ihren neuen Renn wagen zur Fahrt an den Kanal zur Verfügung zu stellen. Miß Maud Blank erachtet es nicht für möglich, daß Sie weiter in den dürftigen Verhältnissen wie bisher ohne Beeinträchtigung Ihrer Leistungsfähigkeit leben können. Miß Maud Blank und ich haben das schmutzige Gasthaus besucht und kennen die minderwertige Unter kunft, die Sie gefunden haben. Miß Blank erwartet, daß Sie am Abend Ihre Appartements bereits be ziehen. Die Hotelleitang ist von Ihrem Kommen ver ständigt. I. Bagenstecher. Miß Bagenstecher — das war die Gesellschafterin! Von ihrer Hand der Brief. Es freute und enttäuschte den Schwimmer zugleich. Warum schrieb Miß Blank nicht selbst? Doch daß sie nicht diese charakterlose Schrift schrieb, das freute ihn — er wußte freilich nicht recht, weshalb. Er las den Brief noch einmal und amüsierte sich nun über den steifen, geschraubten Stil des Briefchens. Er las ihn vergnügt ein drittes Mal, und bei der heiteren Fröhlichkeit über das Geschreibsel kam ihm das Bedenk liche, das der Brief für ihn besaß, nicht zum Bewußtsein. Der Brief verlor durch seinen Stil und seine Abfassung die Macht, die er sonst auf ihn hätte ausüben können. „Miß Maud Blank wird warten müssen", sprach er ganz im Stil und der Steifheit des Schreibens sehr ent schlossen — und leicht verstimmt, da Miß Blank ihn nicht selbst von ihrem Entschluß benachrichtigt hatte. Er riß den Brief in tausend kleine Fetzen. Diese ließ er achtlos aus dem einen engen Fenster seines Stübchens auf den in voller Ursprünglichkeit zu ihm in allerlei ländlichen Zf üchen hinaufgrüßenden Hof flattern. (Forts, folgt.)