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Die Wahlperiode der WmMe. Die christlichen Eltern gegen die zwei jährige Wahlzeit. In Dresden tagten der geschäftssührende und der Nesamtvorstand, die Bezirks- nnd OrtSgrnppemwr- ätzenden aus ganz Lachsen in Gemeinschaft mit sämt- ichen Ausschüssc»« des Landesverbandes der christlichen Llternvereinc Sachsens, nm zn dem einzigen Punlt )er Tagesordnnng Stellung zu uehrneu: ,'Wie schlitze,i «ir das einzige Recht, welches in Sachsen der Elteru- ichaft zugebilligt lvvrdeu ist, den Elternrat alljährlich -u wählen?" Der Bvrsitzenüe des Landesverbandes, Ober- ianüeSgerichtürat Dr. Hering-Dresden erklärte, ias Volksbildungsministerium habe an, 29. Januar 1929, uumittelbar vor Autritt des neuen BolkSbil- dungsmiuisters, eine Verordnung erlassen, die die zwer- sährige Wahlperiode für die Elternräte in Sachsen sorsieht. Man wisse heute noch nicht, auf wessen Vcr- rnlassung die Verordnung ergangen sei. Die sächsische hristliche Elternschaft müsse ans der Hut sein, damit die schon beschnittenen Rechte nicht noch weiter" ge schmälert würden. Gerade die jüngste Verordnung gebe Veranlassung, alle christlichen Eltern im ganzen Sachsenlande anfznrufen: Denke an dein Kind, denke au dein Elternrecht! „Wir verlange», daß die Verord- aung, die eine zweijährige Wahlperiode vorsteht, turückgezcgen wird." Das Wort nahm dann der geschäftsführcnde Direktor des Landesverbandes, Pfarrer Geiß ler- Dresöen, der kurz auf die formale Seite der Verord nung einging. Wenn auch in der letzten Sitzung des sächsischen Haushaltsansschnsses vom Volksbildungs- Minister Dr. Bünger erklärt worden sei, daß es bei der zweijährigen Wahlperiode verbleiven müsse, daß aber nichts dagegen einzuwenden wäre, wenn in die sem Jahre noch einmal gewählt werde, so könne dieses kleine Zugeständnis die christlichen Elternschaften durchaus nicht befriedigen. Nachdem Pfarrer Geißler auf die Notwendigkeit hingewiesen hatte, alljährlich Elternrüte wählen zu könne« und unter lebhaftem Beifall der Tagungsteilnehmer gegen die planmäßige An- kämpfung gegen das Elternrecht protestierte, ging Dr. Hering nochmals aus die Verordnung ein und legte die Erwägungen des Vorstandes dar, wie mau zu han deln habe, um das Elternrecht sicherzustellen. Nach längerer Aussprache beschloß dann die Konferenz: „Wir fordern die Zurückziehung -er Verordnung des Volksbidungsmivisteriums vom 29. Januar 1929!" Das Ministerium soll weiter ersucht werde«, in solch einschneidenden Fragen nicht über die Köpfe der christ lichen Elternschaft zu beschließe«, soadern die Führung des Laudsverbandes -er christlichen Elternvereinc Sachsens erst zu höre«. Unter lebhafter Zustimmung der Versammelten verlangte Direktor Stettin, der Vorsitzende des Bezirks Glauchan, daß das Elternrecht ausgedehnt werde. „Ratio-Wacht." Ei« Riesenschwin-ler vor Gericht. Artur Schymura, an der polnischen Grenze geboren, zehn Mal vorbestraft, nach Verbüßung einer Gefängnisstrafe von 314 Jahren im Juni 1928 aus dem Gefängnis entlassen, Generaldirektor aus eigener Idee und Machtvollkommenheit geworden, steht jetzt vor dem Gemeinsamen Schöffengericht in Leipzig. Dieser Schymura war im Juni 1928 materiell mittellos, hatte aber die glänzende Idee, wie er vor Gericht aussagte, daß man die Masse nur durch Masse zwingen könne. So gründete er ein „Institut für zeitgemäße Wirt schaftshilfe", genannt „Nstiowscht". Durch dieses „Unternehmen", das einschließlich der Direktoren, Inspektoren, Referenten usw. ein Personal von etwa AM Köpfen beschäftigen ioiite, wobei die gehobene» Angestellten je über ein Trenstanto hätten verfügen können, wollte nichts weniger, als durch wirksame Leistungen die Inseratenteile de" Zeitungen ans schalten. Die „Ratiowacht" des Herrn Schymura wollte alles vermitteln, was au Wünschen nnd Sorgen in der Welt anfallen könnte: Sic wollte alte Kinderwagen »erkau fen und die Liciernug von neuen Antos günstig ver mitteln, sie wollte Beobachtungen für Scheidungs prozesse anstelle« und wollte andererseits als Heirats vermittler bei beabsichtigten Eheschließungen dienen, sie wollte Kinder in Pflege dringen, sich verwahrloster Kinder anuehmcn, sie weilte Kapitalien anlegen und rnnllw dinleideu vermitteln, üe wollte Meinungen aus tauschen und Nat crwilsm und wollte das alles in Form von täglich zinn Versand gelangenden Rund schreiben tun. Zunächst wurden erstmal Werbe prospekte verschickt, in denen angegeben war, daß die Gesellschaft mit einer Million Mark Kapital begründe» woröen sei. ES wurden Angestellte gesucht, die Kaution zu stellen hatten. Antwort wurde zunächst überhaupt uur erteilt, wen» eiu Interessent eine Mark übersandte. Die Inanspruchnahme des Bureans der „Ratiowacht" sollte in jedem einzelnen Falle min destens zwei Mark kosten. Herr „Generaldirektor" Schymura hatte ausgerechnet, daß täglich zwei Millionen Aufträge iu seinem Bnreau eingehe« müßte«, nnd daß er dafür also im Monat 14V Millionen Reichsmark einnehmen l!) könnte. Das Heer seiner Angestellten, einschließlich Antos, würde aber nur 1SF Millionen Mark monatlich kosten- den Ueberschuß kann sich jedermann selbst er rechnen. Nach seinen Angaben will Schymura an die Sache fest geglaubt haben. Die Verhandlung wir- insgesamt -rH Lage in Anspruch nehmen. Deriensonderzüge 1S2S. Auch in diesem Jahre sollen wieder Feriensonder- i züge zu ermäßigten Preisen abgelassen werden, jedoch - nur während der eigentlichen Ferienzeit. Da nach i Einführung des sogenannten Zweiklaffensystems die : Fahrpreise in der jetzigen m. (Holz-)Klaffe wesentlich , niedriger sind, als ehemals in der m. Klasse, wirb die f Ermäßigung für die Feriensonderzugskarten nicht ! mehr 3314 Prozent, sondern 10 Prozent betragen, das f bedeutet, daß die Feriensondcrzugskarten ungefähr > die gleichen Preise wie im Vorjahre behalten. Um den i Reisenden ihre Ncisedispositioneu zu erleichtern, wer- ; den nachstehend die voraussichtlichen Verkehrstage und Zielorte -er Feriensondcrzüge bekanntgegeben, wobei ! allerdings geringe Aenderungcn Vorbehalten bleiben ! müssen. : Für den Bereich der Neichsbahndirektion Dresden i sind folgende Feriensondcrzüge in Aussicht genommen: ! 1. Nach München (über Hof—Regensburg) von f Leipzig und Dresden-Chemnitz am 29. Juni, 6., 10., - 11., 13. und 27. Juli, 14. Uttd 17. August, von Zwickau . am 11. Juli, ferner in Löbau und Bautzen Fahrkarten- i ausgabe bei den Breslauer Zügen am 5. Juli und i 4. August. > 2. Nach Berchtesga-en (über Hof—Regensburg— ! Crailsheim) von Leipzig und Dresden-Chemnitz am j 10. Juli. 3. Nach Ulm-Frle-richshafen (über Hof—Nürnberg - —Crailsheim) von Leipzig und Dresden-Chemnitz am ! 10. Juli. 4. Stach Stuttgart (über Hoß—Nürnberg—Crails- i heim) von Leipzig nnd Dresden-Chemnitz am 11. Juli. 5. Nach Hamburg von Dresden am 10. Juli, von Chemnitz nnd Plauen am 12. Juli. - 6. Nach Bremen-Norddeich von Dresden am 11. Juli. 7. Stach Hirschberg-Glatz und Riesengebirge von Dresden am 11. Juli. 8. Stach der Ostsee von Dresden am 29. Juni, 6., 10., 11. und 27. Jnli und 13. August, nach Stralsund und Saßnitz, von Dresden am 29. Juni, 0. und 27. Juli und 19. August, nach Swinemünde—Carlshagen- Tr. vou Dresden am 5. Juli, nach Misdroy und Kol- berg-Küslin von Dresden am 12. Juli, uach Rostock- Warnemünde vou Chemnitz am 11. und 12. Juli, nach Stralsund-Saßnitz und am 12. Juli uach Swinemündc- Carlshagen-Tr. i 9. Nach Thüringen-Frankfurt a. M. von Breslau, i mit Fahrkartenverkauf in Löbau, Bautzen nnd ' Dresden am 4./5. Juli und 3./4. August. Endgültige Mitteilungen und Bekanntgabe der Fahrpläne kann erst in der zweiten Maihälfte erfol gen. Fahrkartenbestcllungen werden jetzi noch nicht angenommen. Näheres hierüber wird später bckanntgemacht. Der Arbeit-markt in Sachsen. Die Steigerung der Arbeitslosen za hl verlangsamt sich. Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in oer Arbeitslosenversicherung hat sich vom 31. Januar bis zum 16. Februar von 210 980 auf 216 818 erhöht also um 2,8 v. H. Diese Steigerung weist gegenüber dem Zunahmetempo in der zweiten Januarhälftc (6,8 v. H.) ein deutliches Abcbbeu auf. Immerhin ist die ArbcitSmarktlage immer noch sehr schlecht. Auch iu der B erichtswo ch e ist eine wesentliche Besserung der ArbcitSmarktlagc nicht cingetreten Vereinzelt nur zeigt die Landwirtschaft einen größeren Bedarf an Arbeitskräften, in der Industrie dec Steine Niellos de?- Versuch die Arbeit in deu Steiubrücheu wieder aufzunehmen, infolge des Wetters fallengelaffen werden. Während die Lage der Metallindustrie eine ungünstige Entwicklungsrichtung aufweist, hat das Spinnstoffgewcrbe durch die Beendi gung der Arbeitskämpfe einen Anstoß znr Besserung erfahren, doch ist noch nicht überall die erwartete Wiederbelebung cingetreten, weil zum Teil erst die Vorarbeiten in den Betrieben erledigt werden müssen, die Lage ist stark uneinheitlich. Im Bekleidungsgewerbe läßt die Saisonbclebung noch auf sich warten, und die übrigen Verbrauchsgüterindustrien neigen znr Ver schlechterung. Schwerer Eisschaden. Tic BrunShauptcncr Landungsbrücke ein Opfer der Eismafsen. In den letzten Lagen sind in Brunshauptcn Eisberge von etwa 6 Meter Höhe angetriebcn wor den, die die etwa 350 Meter lange Landungsbrücke zum Teil zerstört haben. Es ist damit zu rechuen, daß die ganze Brücke ein Opfer der andringenden > Eismassen wird. Bisher ist ein Sachschaden von etwa 80 000 M. zu verzeichnen. Der Wert der gesamten Brücke wird auf etwa 150 000 M. geschätzt. Die Brücke z ist mit 100 000 Mark gegen Eisschädcu versichert. Stark beschädigt durch die Eismassen wurde auch die Badeanstalt. Die Verkehrs not Warnemünde—Gjedser. Der dänische König 11 Stunden auf See. — Fähr schiff Schwerin in« Packeis abgetrieben. Immer schwieriger werden die Eisverbältnisse in den dänischen Gewässern. Während auf der Strecke Gjedser—Warnemünde die dänische Fähre Warnemünde in 5i/, Stunden erreichen konnte, dauerte die Rückfahrt etwa Stunden. Nm die Mittagszeit hatte die Fähre mit dein auf der Rückreise vou Spanien befindlichen dänischen Königspaar Waruemünde verlassen, »m etwa vier Stunde» später a«f halbem Wege im Eis stecken zn bleiben. Da Vie versuche, freizukommeu, längere Zeit in Anspruch nahmen, wnrde der auf dem Kopenhage ner Hauptbahnhof geplante Empfang des Königs paares abgesagt. Erst um ein Uhr morgens erreichte die Fähre Gjedser. Das Königspaar übernachtete in einem Schlaf- i wagen auf dem Bahnhof in Gjedser. f „Schwerin" in SiSnot. . Das deutsche Fährschiff „Schwerin" ist mit vem ! Eise nach Osten'abgetrieben worden. Das Schiff, das lediglich für den Güterverkehr in Dienst gestellt wurde, hat glücklicherweise keine Fahrgäste an Bord genommen. Gerichtssaal. Wenn ein Kapitän betrunken ist. Vor dem Pots damer Schösscngericht hatte sich der 42 Jahre alte Schiffssührer Karl Fiedler wegen fahrlässiger Körper verletzung zu verantworten. Fiedler hatte am 9. Sep tember vorigen Jahres den schweren Dampferzusam- menstoß an der Pfaueninsel bei Potsdam zwischen dem von ihm geführten Dampfer „La Paloma" und dem Dampfer „Potsdam" verschuldet. Die Vernehmung der Zeugen ergab einwandfrei, daß Fiedler an dem fraglichen Tage betrunken war. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu drei Monaten Ge fängnis unter Ablehnung einer Strafaussetzung ! Die Selbstmord-Epidemie. Tragödie einer fünsköpsige« Familie. In Schwerin drang aus der Wohnung des Tisch lermeisters Otto Zwarg in der Burgstraße ein scharfer Gasgeruch, der bei den Mitbewohnern des Hauses so fort den schlimmsten Verdacht aufkommen ließ. Als man sich gewaltsam Eintritt verschaffte, fand man in den Betten liegend der« Tischlermeister Zwarg »nd seine vicrköpfige Fainilie mit schweren Gasvergif tungen auf. Ei« Gasschlauch war vou der Küche in das Schlafzimmer gelegt mit dem offeubaren Zweck, die fünf Personen zu vergiften. Bier Familienmit glieder, und zwar das Elternpaar, eine Tochter im Alter von 14 Fahren sowie ein Sohn im Alter von etwa zehn Fahren hatten das Bewußtsein schon ver löre»« nnd wurden in bedenklichem Zustande ins Kran» kcnhauö eingcriesert. Ein etwa cinhalbjährigcs Kind, das im Kinder wagen lag, war noch bei Bewußtsein. Ob es möglich sei»« wird, sämtliche vier übrigen Familienmitglieder am Leben zu erhalten, ist noch ungewiß. Ans Stadt u«d Land, k Lanvvoltkundgebnngen. An zehn verschiedenen , Orten der Provinz Schleswig-Holstein fanden große Landvolkkundgebungen statt. Sie nahmen einen ähnlichen Verlauf wie in Itzehoe, worüber bereits be richtet wurde. Ueberall wurden Nothilfen ins Leben gerufen, welche die Interessen des Landvolkes, vor allem gegenüber dem Staat, wahrnehmen sollen. Die Kundgebungen sind ruhig verlaufen. Eisschäden in den Nordseebädern. In Cur- - Haven ist die alte Brücke durch den Eisgang erheblich ' beschädigt worden. Sämtliche Pfähle an der Stirnseite . der Brücke sind durch das Eis abgetreunt worden, s Auch Kugelbake ^eigt Spuren von Beschädigungen, ! ebenso weist die Militärbadeanstalt Verlagerungen und ! Vertiefungen der Balken und Eisenteile auf. In St. Peter ist die 110 Meter lange Brücke vom Strande nach der Sandbank durch die Eismassen stark beschädigt worden. Es besteht die Gefahr, daß sie beim Brechen des Eises völlig zerstört wird. Man ist damit be schäftigt, die Brücke etappenweise, bevor das Eis bricht, abzubauen, um so das Material zu retten. Im Hafen von Büsum solle»« Eissprengungen von einem Rends burger Militärkommando vorgenommcn werden. Aus Westerland wird gemeldet, daß sich zu beiden Seiten des Hindenburg-Damwc" '.'s'ue'lU-w EiSmassen abge lagert haben. Kinder als Bransstifter. Groben Uiisug verübten spielende Kinder in der Schulenburgstraße in Span dau. Dort hielt ein Landwirt aus Flatow mit einem großen, mit Heu beladenen Wagen auf der Straße und hatte auf kurze Zeit eine Gastwirtschaft ausge sucht. Diesen Augenblick benutzte»« mehrere zwölfjäh- ! riße Knaben, um die Fuhre He«« in Brand zu setzen. D«e Kinder zündeten das Hsu an mehreren Stellen an, so daß der Wagen in kurzer Zeit lichterloh brannte. Nur mit knapper Mühe konnte»« die Pferde auSge- fchirrt und vor den» Verbrennungstod bewahrt werden. Die Feuerwehr mußte sich darauf beschränken, den Wage«« vollständig mit seiner Ladung ausbrennen zu ! lassen. Die Polizei hat die jugendlichen Brandstisteri i sestgenommcu. Die Ermordung des Rcichswchrgefreiten Benter. I j Im Zusammenhang mit der Ermordung des Reichs-1 ' wehrgefreiten Benter in Schwedt a. d.O. wurde au'I der Station Bernau in der Mark im Zuge Ebers I ; Walde—Berlin der Gelegenheitsarbeiter Willi Pahl au-1 Schwedt a.d. O. verhaftet, der seine Heimatstadt ohne! Reichs«,.»mfier- Rndolf Wisse«, wird am 8. März 60 Jahre alt. Nach mehrjährig^ Tätigkeit als Schlichter für den Bezirk Berlin wurde er im Juni 1928 der Nachfolger des ReichSarbeits' Ministers Dr. Brauns im Kabinett Müller.