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klärt, das! diese Tänze seit Jahrhunderten in den ti betanischen Klöstern ausgesührt werden. Die eigen artigen Tanzschritte gefielen dem englischen Reisenden ßedoch so gut, daß er beschlossen hat, sie auch in Europa einzuführen, und schon sollen sich namhafte englische Tanzkünstler für diesen tibetanischen Char leston begeistert haben. Es besteht also begründete Aus sicht, daß England demnächst die Welt mit einem „Lama-Blues" beglückt. tk. Lanmcnlutschen ist nützlich. Dr. A. Brill, ein ! New Uorker Mediziner, dessen Spezialgebiet die Psycho- i analyse ist, hat in einer Versammlung der zahnärzt- j lichen Sektion der Medizinischen Akademie einen Vor- ' trag gehalten, in dem er auseinandersetzte, das Daumen- : lutschen des kleinen Kindes sei keineswegs, wie in der j Regel angenommen werde, eine willkürliche Angewohn heit, sondern eine notwendige, von der Natur gewollte Geste, durch die das Kind sein Wohlbehagen zum Aus druck bringe. Er verglich diese Geste mit der des Mannes, der sich nach einem guten Essen mit Befriedi gung eine Zigarre anzünde (!), und meinte, Zähne und Gaumen erlitten dadurch keinerlei Schaden. Nütz- i lich sei das Daumenlutschen deshalb, weil es zeige, daß ; sich das Kind gesund und wohl fühle. tk. Der Kammerjäger im Raubticrhans. Der Lon- i doner Zoologische Garten hat einen seiner populärsten ? Pensionäre durch den Tod verloren. Es handelt sich um i den allbekannten und allbeliebten Kater „Rust", der seit , fünfzehn Jahren in den Käfigen des Raubtierhauses getreulich das Amt des Kammerjägers versah und gegen Mäuse und Natten einen erbarmungslosen Krieg führte. Nutz war ein liebenswürdiger, umgänglicher Geselle und war den Löwen, Tigern und Jaguaren, die er von den lästigen Nagern befreite, in herzlicher Freund schaft verbunden. Oft genug sah man ihn seinen Mit- tagsschlaf zwischen den Tatzen des Prachtlöwen Abdul lah halten, der mit sorgenden Augen über den Schlaf seines Schützlings wachte. Rutz genotz im Garten volle Freiheit und war der Liebling aller Besucher. Li-- Gcfaüigtcil mit Vorsicht. „Würden Sie die Güte haben, mir die Adresse Ihres Schneiders zu geben'?" wandte sich ein Herr an einen Bekannten in der Ge sellschaft. „Von Herzen gern," antwortete dieser, „aber nur unter der Bedingung, datz Sie dem Schneider nicht meine Adresse neben." Ein königlicher Krankentransport. — König Georg V. von England hat sich von seiner schweren ikrankheit soweit erholt, daß er kürz lich aus seiner bisherigen Krankenstube im Bucking- hampalast in London nach einem Erholungsort an der englischen Südküste gebracht werden konnte. Der dicke Londoner Winternebel ist einer erfolgreichen Nachkur besonders gefährlich. Da der Zustand des Königs noch sehr schwach ist, haben die Leibärzte alles aufgeboten, um durch den Transport nicht von neuem Gefahren für die Gesundheit des Königs heraufzubeschwören. Der besonders angefertigte Automobil-Krankenwagen für den König gleicht innen einem aufs vollkommenste ausgestatteten modernen Operationszimmer. In der Mitte steht das Bett, das an vier Handgriffen getragen werden kann. Von der Decke herab, über dem Bett, hängt ein Ring, an dem der König sich während der Fahrt bewegen oder umdrehen konnte. An der Seite stand ein Armstuhl für den Hofarzt. Jede Erschütte rung wird durch hydrauliche Federung und Polsterung anfgefangen. Heizapparate und elektrische Fächer regeln die ärztlich vorgeschriebene Temperatur. Um allen unangenehmen Ucberraschstngen auf dem Transport vorzubeugen, mutzte ein Hofbeamter probe- j weise ivie die kranke König auf dem Bett liegend die ! Fahrt machen. B. i Vorsicht über Mes! Vorsicht, Vorsicht über alles, Ueber alles in der Welt. Vorsicht ist's, die heutzutage Dein Skelett zusammenhält. Auf der Stratze, wie im Haushalt, In Fabriken, wie im Feld, Vorsicht brauchst du allemale Allerorten in der Welt. Der deutsche Michel. ! Eine Geschichte von Unterstufe und Oberstufe. Bon F. Schrönghamer-Heimdal, Passau- Haidenhof. (Nachdruck verboten.) Eigentlich hieh er Weber Laver, aber die Dorf leute nannten ihn von jeher nur den deutschen Michel, i Niemand wußte, wer ihm diesen Beinamen gegeben, der ihm von Kindesbeinen an bis zu der Zeit verblieb, da er den Leuten aus den Augen und auch aus dem Sinne kam. Der deutsche Michel war eines Kleinbauern Sohn, j der älteste von vielen Geschwistern, überaus gutmütig und gefällig, stets ein heiteres Lächeln um den breiten zahnblitzenden Mund. Wäre er bösartigen Gemütes zewesen, so hätten wir ihn alle fürchten müssen. Denn er war schon als Kind von herkulischer Gestalt und einer Kraft, die ihn schreckhaft gemacht hätte, wenn er sie gegen etwaige Feinde ausgenützt hätte. Aber der deutsche Michel hatte keinen Feind, es sei denn die Schule und was damit zusammenhing. Aber auch dieser Feind ließ ihn gleichmütig und gelassen. Ich wäre vor Scham und Schande in den Boden gesunken, wenn ich in der Schule das hätte er leben müssen wie der deutsche Michel, über dem die Wissenschaft wie ein grausames, schicksalmäßiges Ver hängnis schwebte. Die erste Schulprüsung kam. Sie brachte hohe Herren ins Dorf: den Bezirks- »mtmann und den Schulinspektor. So oft an den deutschen Michel eine Frage gestellt wurde, lächelte er nur statt einer Antwort. Und io kam es, daß alles lächelte. Der Bezirksamtmann lächelte. Der Schulinspektor lächelte. Der Bürgermeister lächelte. Der Lehrer lächelte, hatte aber dabei einen roten Kopf. Denn der deutsche Michel wußte nicht einmal, wieviel eins und eins ist. Verlegen entschuldigte sich der Lehrer: „Ein sehr schwacher Schüler." „Bleibt natürlich sitzen. Unterstufe," sagte der Bezirksamtmann und lächelte. Der deutsche Michel setzte sich lächelnd, zog ein Stück Brot aus seinem Schulranzen und begann zu essen. Die Herren lächelten wieder. Und der Schulinspektor sprach wie aus tiefer Er- scchrung heraus: „Ich sehe es voraus, daß dieser Schüler niemals in die Oberstufe aufsteigen wird. Er wird ewig in der Unterstufe bleiben. Sie werden noch Ihr Kreuz mit ihm bekommen, Herr Lehrer." Der Lehrer verneigte sich vor dem Gestrengen und atmete auf, datz doch ihm die Unwissenheit des deutschen Michel nicht zur Last gelegt wurde. „Er wird als ABC-Schütze aus der Schule kom men. Verlassen Sie sich drauf, Herr Lehrer," betont« der gestrenge Schulinspektor noch mnmal. Mir tat der deutsche Michel furchtbar leid. Und er merkte sein Elend gar nicht. Gelassen saß er da und atz sein Stück Schwarzbrot. Niemand wehrte es ihm. Es war wie eine Henkersmahlzeit vor dem ge» weissagten ewigen Sitzenbleiben in der Unterstufe, in der untersten Unterstufe sogar, bei den ABC-Schützen. Der Schulinspektor hatte richtig geweissagt. So oft eine Prüfung kam, lächelten die gestrengen Herren ihr hartes bedeutsames Lächeln und taten wich» tia den gewichtigen Spruch: „Der deutsche Michel bleibt nneder einmal sitzen." Seine jüngeren Geschwister flitzten an ihm vorbei in die Oberstufe hinauf. Den deutschen Michel ließ es kalt. Er war ohne jeden Ehrgeiz wie es schien. Sechsmal wiederholte sich der Spruch des Schul- inspeltor». Als ABC-Schütze kam der deutsche Michel «uS der Werktagsschule. Er konnte notdürftig feinen Namen schreiben und bis zehn rechnen, auch ein wenige-! lesen. Aber dieses Wissen und Können des deutscher Michel, das ihm^der Lehrer und seine jüngeren Ge schwister in sieben langen Schuljahren mühselig bei gebracht hatten, reichte niemals für den zweiten Kurl der Unterstufe, geschweige denn für die Oberstufe, Gleichmütig und gelassen, ohne die Spur einer Auf regung, verließ der deutsche Michel das Schulhaus. Er war in den sieben Schuljahren so groß, breit und stark geworden wie der größte Großknecht im Dorfe. Es war seltsam, wie der ABC-Schütze, als der e, die Schule verlassen hatte, auf dem Heimweg neben uns herschritt, uns alle um Haupteslänge überragend. Was ihm an Geistesgaben versagt war, hatte sein Leibliches zugesctzt. Im übrigen war er der alte, gut mütige, gelassene deutsche Michel geblieben, der sich über nichts aufregte, der keiner Laus ein Leid hält, tun können. Sein Vater, dem er als gewaltiger Esser zu star! über die Schüssel hing, tat ihn gleich nach seiner Schul entlassung als Knecht zu einem kinderlosen Verwandten. Es war eine Lust zu sehen, wie er da die Arbeit her packte. Man sah, hier war der deutsche Michel ganz in seinem Element. Hier tat es dem ewigen ABC-Schützen - keiner von uns gleich, auch die nicht, die nicht lauter Einsern im Zeugnis die Oberstufe der Volksschule hinter sich gebracht hatten. Der deutsche Michel war der geborene Bauernknecht, von allen geachtet und bewundert wegen seiner Bärenkrast und Geschicklichkeit im Bauernwesen. * Um diese Zeit begab es sich, daß in einem Heimat dorfe ein Brand ausbrach, der alsbald alle Firste in Feuer hüllte. Es war ein Großbrand, wie er im Waldland nie gesehen wurde. Aus weiter Ferne kamen die Feuerspritzen angerasselt und verzischteu ihre Wasserstrahlen in das wabernde Glutmeer. Sogar der Bezirksamtmann war gekommen und der Schulinspektor, um mit Rat und Hilfe einzu springen. Die Brandleider rannten wie rasend umher und zählten die Häupter ihrer Lieben. Es fehlte ein Kind, das in einem Hause vergessen lag. Niemand wagte, durch den Brandherd vorzu- dringeir und das Kind dem Nachen des Feuertodes zu entreißen. Auf einmal löst sich eine mächtige Gestalt aus dem Knäuel der Wehrleute, wirft die Kleider von sich, stürzt sich in einen Wasserweiher und saust split.ter- nackt, nur ein nasses Tuch um die Lenden,-ins Flam mengeprassel. Bange Augenblicke — da kommt die Gestalt mit dem Kindlein in dem Wickelkissen durch das schwelend« Feuermeer zurück und legt die liebe Last den verzwei felten Eltern vor die Fühe. Jetzt erst erkennt man den Retter, der sein« Brandgluten wieder im Weiher kühlt, und einer ruft eS laut und begeistert: „Das ist ja der deutsche Michel! Ein Vivat, hoch der deutsche Michel!" „Vivat, hoch!" braust es mit dem Flammenge prassel um die Wette. Hunderte umdrängen den herrlichen Retter und drücken ihm die Hand. Der Lehrer kommt herbei mit dem Bezirksamtmann und dem Schulinspektor. Und wieder lächeln sie wie voreinst bet den Prü fungen, aber dieses Lächeln kommt jetzt aus Seelen- tiesen. Sie lupfen die Hüte vor dem Helden. Und der Schultnspektor sagt: „Deutscher Michel, hab' Dank! Jetzt bist du in der Oberstufe! Der Erst«, der un vergleichlich Einzige in der Oberstufe! Das Lüben hat dich bewährt. Was ist die Schule gegen das Leben?" Der deutsche Michel hatte nur eine Antwort: sein breites, gutmütiges, gelassenes Lächeln. „Nicht der Rede wert." * Der Brandleider, ein begüterter Mann, hat dem deutschen Michel tausend Mark gegeben für die Rettung seines Kinder aus Feuersnot. Sind die Hände abgeschnitten, Schief geheilt ein Bruch am Bein« Fehlt ein Arm, wohl gar ein Auge, Wirst du nie mehr fröhlich sein. Keine Haftpflicht, keine Rente Gibt dir volle Kraft zurück. Doch nur völlige Gesundheit Garantiert des Lebens Glück. Du mutzt nicht nur um dich schauen Bei der Arbeit, im Verkehr, Nein, auch in dich mutzt du blicken. Auch aus dir kommt Unheil her: Bist du sorglos, leichten Sinnes, Rücksichtslos, gereizt, nervös, Angetrunken, übermüdet, Droht ein Unfall schwer und bös. Drum, wenn jetzt der KVZVo-Schlachtrufr „Augen auf!" ertönt im Reich, Latz ihn auch in dir erklingen. Denn er gilt uns allen gleich! Technik, Auto und Maschine Haben alles umgestellt. Darum Vorsicht über alles, Ueber alles in der Welt! W. S. MLttotdeuifcher Run-fuM. Sonnabend, 2. März. 12.00: Schallplattenkonzert * 15.15—15.45: Geb. Rai P«ü. Dr. Sellheim-Letpzig: Frau und Gymnastik. 4- 16.00: Prak tische Rechtskunde. Verfaßt von Landgerichtsrat Paul Gäblex und Amtsgerichtsrat Dr. Paul Mayer, Dresden. 4- 16.30: Konzert. Leipziger Funkorchester. 4- 18.00: Funkbastelstund«. * 18.30—18.55: Spanisch für Anfänger. 4 19.00: Dir. Braune, Wittenberg: Bedeutung, Grundlagen und Durchführung moderner Fürsorge und Erziehung. 4 19.30: Dir. Dipl.-Ing. Fritz Rothe, Leipzig: Unfallverhütung für wen, durch wen und wie. 4 20.00: Übertragung aus dem Neuen Theater in Leipzigs „Don Juan." Oper in 2 Akten, Musik von W A. Mozart Während der Pause: Bekanntgabe des Sonntagsprogramnrs. * 22.30: Tanzmusik. , Der deutsche Michel hat die tausend Mark ohne Ziererei und mit einem herzhaften „Vergelts Gott" ge nommen und ist damit nach Amerika gefahren, welk di« Rede ging, daß man im Lande des Dollars mit kräf tigen Armen zehnmal soviel Geld verdiene wie daheim in dem kargen Waldland. Mit seiner Hände Arbeit wollte der deutsche Michel im fremden Lande soviel verdienen, daß er sich daheim ein Höflein kaufen konnte, ein Eigen für Lebenszeit. So ist er nach Amerika gefahren. Nie ist ein Brief von ihm in die Heimat ge kommen, weil er ja nicht schreiben konnte, der deutsAw Michel. Unterstufe . . . Aber von Zeit zu Zeit kam eine Geldanweisung an seinen Vater, der die Beihilfe des Sohnes wohl brauchen konnte. * Mir ist der deutsche Michel viele Jahre verschoben gewesen. Selbst in der Fremde hatte ich von ihm nie mehr etwas gehört. Ich hätte ihn wohl ganz ver gessen, den einstigen Jugendgenossen und Schulkame raden, wenn er sich nicht selbst bei mir — nach vielen, vielen Jahren — in Erinnerung gebracht hätte. Er muß wohl meinen Aufenthalt erfragt haben, denn eines Tages kam ein mächtiger Mann mit breitem Lachen und grundgütigen Kinderaugen zu mir, trat ins Wohnzimmer und ließ sich behaglich am Eßtisch nieder. „Kennst mich noch?" blitzte es aus dem Gehege sei ner prachtvollen Zähne. Dabei wölbte er im Vor neigen gegen mich seinen walroßbreiten Rücken und nahm meine Rechte in seine Pranken, daß ich beinahe ausgeschrien hätte. „Der Weber Laverl?" fragte ich. „Der deutsche Michel!" sagte er. „Well!" „So grüß dich Gott tausendmal „Well! Ich komme gerade aus Amerika. Brauchst ou Geld? Ich habe sechstausend Dollar hier, in fünf undzwanzig Jahren drüben erspart. Jetzt kauf ich mir daheim einen Hof. Und schau zu meinen Leuten, wie's ihnen geht. Well! Daheim ist daheim!" * Nach etlichen Wochen kam der deutsche Michel wieder zu mir. „Well! Ich muß nochmal hinüber!" „Wieso? Ich dachte, du wolltest dir mit deinen sechstausend Dollar einen Hof kaufen in,der Heimat?" „Das Geld ist schon alle. Meine Brüder, die alle auf notige Höse geheiratet haben, können es besser brauchen als ich." „Du hast ihnen die sechstausend Dollar geliehen?" „Geschenkt! Sie könnten mir das Geld doch nicht zurückzahlen. Und ich kann's wieder verdienen . . ." Ich dachte an unsere Schulzeit. Der deutsch« Michel, der in der untersten Stufe der Unterstufe aus der Schule gekommen war, schenkt seinen Brüdern, die die Oberstufe mit besten Zeugnissen hinter sich gebracht haben, sechstausend Dollar, um sie vor Vergantung zu retten. „Deutscher Michel!" sagte ich und machte ihm mit dem Zeigefinger das allbekannte Zeichen auf di« Stirn. „Well! Ich kann's wieder verdienen — und sie können «S nicht." Dabei stemmte er feine gewaltigen Arme vor sich wie zum Beweise, datz er keine Flausen machte. „Wenn ich wieder sechstausend Dollar habe, dann kauf' ich mir den Hof in der Heimat. Behüt MH Gott! Auf Wiedersehen!" Jetzt ist er wieder drüben, der deutsche Michel. Wenn's der Bezirksamtmann und Her Tchuünspek- tor wüßten, würde» sie noch einmal sagen: „Deutscher Michel, du bist der Erste in der Oberstufe, der unver gleichlich Einzige! Und die Schulest dich vom lMen Plätzletn der Unterstufe w« ins Leben geschickt. Was ist die Schule gegen das Leben?" Und ich denke mir oft: Deutscher Michel, du wirst noch in eine ganz andere Oberstufe aufrücken. Und Segenswünsche wandern dem Jugendgenoffen nach über das weite Wasser.