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Bettage zur Weiheritz-Zeitung Nr. 51 Freitag, am 1. März 1929 v 5. Jahrgang , , > — - "" >! s . , . ----- ' ,« Dresdner Brief, liresklner allerlei. Es ist seltsam! Wenn die Natur sich einmal einen kleinen, ganz kleinen Scherz erlaubt, gleich stockt alles, was sich der Mensch aufgebaut und zusammengereimt hat, die Technik bekommt einen Knacks, und wer erst noch so eingebildet auf sein modernes Großstadttum war, merkt auf einmal, daß es damit wahrlich nicht zu weit her ist. Also, ganz Dresden jammert. Nicht zu sagen, warum! Da sind hier — uni Entschuldigung, es must gesagt sein — die Klosetts eingefroren, dort die Wasserleitung. Hier ging die Dachrinne kaput, und dort ist das schon ein wenig schadhafte Dach, das aber trotzdem noch geraume Zeit gehalten hätte, vollends in Stücke gegangen. Und selbst unser vielgeliebter Zoo ist in Kälteschwulität gekommen. Natürlich! Wie viele der armen Tierchen, die an tropische Wärme gewöhnt sind, müssen nun frieren! Denn auch mit der Kohlenversorgung hapert es. Jedoch der rührige Direktor des Gartens hat einen Ausweg gesunden, — er hat einige der lieben Tierchen iü Pension gegeben Und was machen die Dresdner mit den Insassen der Verschiedenen Käfige? Nimmt etwa eine einsame Jungfrau die schöne gefleckte Tigerin an Stelle ihres jüngst verstorbenen Mopses? Oder die vielköpfige Familie des Straßenbahn- schaffners einen kleinen Elefanten als Spielgefährten für die lustige Kinderschar, dieweil in der Zweizimmerwohnung in der Hechtstraste allzuviel Platz übrig ist? Mit Nichten! Wie überall Hut sich die allzeit rege Geschäfts welt der Sache angenommen. Da ist es ein Wollwaren- geschäst der inneren Stadt, das zwei Dromedare beherbergt hat. Mit wohlverschnürten Bündeln zu beiden Seiten der Höcker stolzieren die schönen Tiere, geführt von ihren, Wärter, durch die Stadt und tragen auf bräunlichen Kamelhaardecken die Firma ihrer Gastgeber. Dort, auf belebter Geschäftsstrasse in Löbtau hat gar ein Laden drollige, mollige Löwenkinder ins Schaufenster genommen, und nicht weit davon stolzieren verheißungsvoll zwei Störche im Fenster umher, und die kleinen Löbtauer Kinder glauben nun, entgegen den Aussagen aufgeklärter Geschwister, daß die beiden Langbeine just die Insassen dieses Stadtviertels am besten bedacht haben. Unterdest ist der kürzeste und dabei närrischste Monat des Jahres beinah zu Ende gegangen. Er war ereignisreich, trotz alledem. Eine Flugausstellung zeigte anschaulich, wie weit die Menschheit im Nachahmen der Bewegung unserer kleinen und größeren Lustbemohner gekommen ist. Sieben- zylindrige Motore starrten sternförmig hinter den feinen Arbeiten der Propeller, weitgeschweifle Tragflächen aus Alu minium treten aus dem Rumpf hervor, und staunend stehen die Leute, begeistert die Jungen, schaudernd die Bedächtigen, die ja auch der ersten Eisenbahn gegenüber ängstlich genug waren. Und als große Lastautos die verschiedenen Flugzeuge wieder fortgeschafft haben, bevölkerten eine Schar von Hunden aller Rassen die Näunie der Ausstellung. Da war freilich wieder anderes Publikum zu sehen. Zu Zeiten empfing den Besucher ein ganz modern anmutendes Konzert bellender, jaulender und fiepender Töne, und glückstrahlend holte zum Schluß der Eigentümer oder die Eigentümerin irgend eines -der hübschen, klugen Tiere den vierbeinigen Liebling samt einem Preis oder wenigstens einem Diplom ins trauliche jHeim zurück. i Wir denken noch nicht an den Frühling, dieweil auf Straßen und Dächern immer noch neue Schneedecken an den stark bezuckerten Weihnachtsstollen erinnern. Aber gemach! Einige Tage können das Bild ändern. Schon das Nahen des dritten Monatsersten im Jahre macht die Menschen fröhlicher. Die Ausgaben für Weihnacht, Ballzeit und Fa sching sind glücklich verschmerzt, der Frühling beginnt seine ersten, schüchternen Boten hervorzuschicken. Schon wagen sich in den Schausenstern einige Frühjahrshüte hervor, Kon firmation und Jugendweihe, Leh, antritt und Berufswahl stehen im Brennpunkt des Interesses, und ungezählte Dresdner Kinder schauen hoffnungsvoll der Zeit entgegen, wo sie als Erwachsene gewertet werden sollen, bilden sich wohl gar ein, daß nun die Wett eine ganz andre werden wird. Regina Berthold. Lenzmonat. Frühlingsbringer zu sein, ist der alte Ruf des Alärz, Lenzmonat hieß er daher schon im Kalender- Karls des Großen. In vergangenen^ Zeiten, da man den Ablauf des Jahres in seinen entscheidenden Punk ten symbolisch feierte, verbrannte man in dieser Zeit qine Puppe, zum Zeichen, daß die Kraft des Winters gebrochen sei und der Sommer sein Regiment antrete. Mer allzu früh ertönt der Jubel! ' "In unseren Breiten hat der März nicht viel IrühnngShaftes an sich, soviel er auch tut, an sonnigen Mllen Tagen einen aussichtsreich scheinenden Kampf iM dem Winter aufzunehmen. „Frühling laßt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte.' Wie gern glauben wir nach trüben und grauen Wochen, nach Stürmen und grauen Winden an die Botschaft der ersten Frühlingsboten! So war Küher der März reich an Bräuchen und Sitten, die ««nun angehende große Wandlung in der Natur sym- oolifch verherrlichten. Eine nüchterne und nur aufs Zweckmäßige bedachte Gegenwart hat der Poesie dieser schönen Gewohnheit A End« bereitet, und der Landwirt wendet heute sdine ganze Aufmerksamkeit ausschließlich der Pflege des Bodens zu. Felder und Obstbäume müssen ge düngt und mit chemischen Stoffen genährt werden, um der Baumblüte und dem Fruchtansatz zum cve- deihen und zur Entfaltung zu verhelfen. Wo viele Blütenschädlinge auftreten, verlangen die Bäume noch mals nach einer Behandlimg mit Obstbaunkkarbolineum, da solche Bäume von den Käfern bei ihrer in den nächsten Wochen beginnenden Eierablage gemieden werden. Wenn auch der Mürz klimatisu, noch nicht als Frühlingsmonat auzusehen ist, so zeigr die Statur am Ende des Monats wenigstens doch tausendfältiges neues Leben. Die Erlenkätzchen schimmern im Sonnenlicht, die Haseln schaukeln an ihren blattlosen Zweigen die stäubenden Blutenkätzchen, die Birken schicken sich an, kleine Knospen zu treiben. Auf den Wiesen, im Laub wald und am Bachufer zeigeir sich die Erstlinge künf tigen Blumenflors: Märzveilchen, Krokus, Primel, Le berblümchen, Hornkraut, Lerchensporn, Huflattich, Kü chenschelle, Fingerkraut, Vogelmiere, u. a. Von den Bäumen blühen tzie Pappeln, die Espen und die Saal weiden. Die niedere Tierwelt erwacht allmählich aus ! ihrem Winterschlaf. Wespen und Bienen nehmen ihre t Sammlertätigkeit auf. I Von den Zugvögeln kehren Rotkehlchen, Drosseln und graue Bachstelze bereits im ersten Monatsdrittel zurück, ihnen folgen später der Weidenlaubsänger, die weiße Bachstelze, der Wicsenpieper und zuletzt die Rauchschwalbe. Der Star ist wieder da, die Finken ! beginnen zu schlagen, die Goldammer übt ihr Lied, die Spatzen legen sich ihre schwarzen Hochzeitslätze an der ! Kehle an und beginnen ihr Nest zu bauen. j Für die Witterung im März hat der Landmann j eine Menge von Wünschen. Er soll nicht zu trocken, - aber auch nicht zu naß sein; vor allem soll er Wind i und Staub bringen, aber ja keinen Nebel. Unerwünscht i ist auch der Märzenschnee, der den „Saaten weh" tut. Der Steuerkalender. Die Abgaben im Reich. > Fälligkeit der AufbrnmmigÄstcner, erste Rate für 2. Ablieferung der für die Zeit vom 16. bis 28. Fe bruar einbehaltenen Steuerabzüge der Lohn- und Gehalts zahlungen, sofern Ablieferungsvcrpflichtung durch Ueber- weisung vorliegt. Haben in diesem Falle die Abzüge in der ersten Hälfte des Monat Februar den Betrag von 200 Mark nicht überstiegen, so sind auch diese jetzt an die Finanzkasse abzuliefern. Alle Arbeitgeber, die die Beträge nicht im UeberweisungSverfahren entrichten, haben wie bisher in Höhe der Abzüge Steuermarken zu kleben und zu entwerten. 11.: Fälligkeit der Börscuumsahstcner für Februar und Vorlegung einer Anmeldung der Abrechner zum Kavital- verkehrssteucrgcsetz in zwei Stücken. Finanzamt. 20.: Ablieferung der für die Zeit vom 1. bis 15. März einbehaltenen Steuerabzüge der Lohn- und Gehaltszahlun gen wie am 5. d. M. 30.: Letzte Frist für Anträge zur Erlangung von Lohn» »tenererstattung für 1928. Ein Aedernparadies. Der Nationalpark von Teniet el Had. — Zedernfried- höfc. — Ein Schweizer Landschaftsbild in Afrika. — Bänmc von acht Meter Durchmesser. Obgleich die vielbesungenen Zedern des heiligen Salomonshains auf dem Libanon, die man mit der ganzen Baumgattung geradezu identifiziert, im Aus sterben begriffen sind, braucht man nicht zu fürchten, daß der Zedernwald aus der Welt verschwinden wird. Es gibt vielmehr große Zedernwaldungen, die mit jedem Tag noch an Schönheit und Ausdehnung ge winnen. Das sind die Nationalparks in Algier, die zwar nicht so bekannt sind, wie die berühmten Schutz parks in Kanada, nichtsdestoweniger aber diesen eben bürtig zur Seite treten. Der schönste dieser algerischen Nationalparks liegt 190 Kilometer von Algier entfernt im Westen von Teniet el Had und ist von Algier aus in etwa vier stündiger Autofahrt bequem zu erreichen. Wenn man den großen Park betritt, bemerkt man zunächst nur- wenige, zwischen hohen Eichen und Buchen stehende Zedern; ihre Zahl wächst indessen, je weiter man in den Park eiudringt, um schließlich den ausschließlichen Bäumbestand des Parks zu bilden. Wenn der Wind zum Sturm anwächst, räumt er unter den vom Alter- gebeugten Riesen des Waldes gewaltig auf. Man sieht deshalb hier und dort wahre Zedernfriedhöfe. : Die gefällten toten Bäume, die Wind und Wetter i , poliert und zu Elfenbein gebleicht haben, die, in- I einander verstrickt, ihre entlaubten Aeste gen Himmel j ! strecken, erscheinen, von fern gesehen, wie Skelette vor- , sintflutlicher Riesentiere, die von einer elementaren ! Katastrophe überrascht und vernichtet wurden. ; Die Fauna dieses Nationalparks der Zedern um- ! faßt Hyänen, Luchse, Schakale, Füchse, Wildkatzen und i kleineres Raubzeug. Das Wild darf aber nicht ge- > schossen werden und ist deshalb in überreicher Fülle vorhanden. Man findet Hasen, Rebhühner, Wild kaninchen, Krammetsvügel und, zur Zeit des Strichs, Züge von Schnepfen und Wildtauben. Löwen und an dere große Raubtiere, die ehedem zahlreich auftraten, sind seit langem verschwunden. „Wenn man," so schreibt General de Bonneval, der Präsident der Geographischen Gesellschaft von Algier, in der Pariser „Illustration", „den Win dungen des fahrbaren Waldweges folgt, kommt man schließlich zu einem Punkt, der das Waldgelände um mehrere hundert Meter überragt und einen wunder vollen Rundblick über das Rondell der Zedern bietet Vor dem Hintergrund einer kleinen, von Zedern dicht umsäumten Bergschlucht öffnet sich ein weiter in saf tigem Grün prangender Wiesenplan mit üppigem Gras- ! wachs. Man glaubt sich in die Schweiz versetzt, und die weidenden und im Gras lagernden Kühe vervoll ständigen noch den Eindruck emer Schweizer Land schaft mitten in Afrika. , Di« erwähnte Lichtung liegt im schönsten Teil des Waldparks. Wer hier je geweilt hat, kann dielen überwältigenden Eindruck nicht mehr vergessen. Biel- Undertjährige, ja, tauseM Zedern stehen in überreicher Fülle. Sie zeigen die verblüffendsten und verschiedensten Formen und Gestalten. Die Stämme haben nicht selten acht Meter Durchmesser; auch größere Maße sind nicht selten anzutrefsen. Bequeme Wald wege führen den Wanderer von Ueberraschung zu Ueberraschung. Die Verfchlingung der lebenden Bäume mit den toten, die abwechslungsreiche Mischung von Zedern und Eichen stellen vor das Auge des Be schauers überraschende Landschaftsbilder von eindrucks voller Schönheit. Man könnte tagelang hier herum wandern, ohne daß man das Auge ermüdete. Aber einen Ausflug sollte man nicht versäu men, und das ist der zu dem 1714 Meter hohen Gipfel des Kef Siga, der in dreivierielftünbiger öe- quemer Wanderung erreicht wird. Die Aussicht, dis man dort oben genießt, gehört zu den schönsten Berg- sichten. Bei klarem Wetter kann man bis zum Mitc telländischen Meer sehen, das in der Ferne schimmert/ Koch-Nezepte. Fischauflauf. Gekochte Fischreste werden ausge- brochen und schichtweise mit in Scheiben geschnittenen gekochten Kartoffeln und ausgebratenen Speckwürseln in eine feuerfeste Auflaufform gesetzt und mit einev Bechamelsauce übergossen, mit geriebenem Käse be streut und im Ofen gebacken. Gebackene Käseeier. Einige Eier werden 10 Mi nuten lang gekocht, abgeschreckt und nach dem Abküh len der Länge nach geteilt und die Dotter entfernt. Diese verreibt man breiig, mischt sie mit Salz, einev Prife Paprika, Muskatnuß, einem rohen Eigelb, 3 Eßlöffel süßer Zahne und vier Löffel geriebenen Par mesan- oder Schweizerkäse. Nun wird die Füllung in die ausgehöhlten Eierhälften gegeben und einige, Minuten in den sehr heißen Bratofen geschoben. Zum Bräunen der Füllung schiebt man das Blech ganz nach oben. Man richtet dre Eier hübsch an und reicht dazu eine Sauce, die man auf folgende Weise zubc- reitet: Butter und Speck läßt man in einem Topp zergehen und schwitzt mit etwas Mehl eine Helle Sauce, die man mit heißer Milch auffüllt und V- Stund« kochen läßt. Nachdem man sie durchgeseiht hat, wird sie mit Salz und Pfeffer abigeschmeckt und nochmals ein Löffel frischer Butter dazugegeben. Die Sauce wird gesondert gereicht. Leibesübungen für die Frau. Unsere Zeit hat uns auf vielen Gebieten gewal tige Umwälzungen gebracht. Eine der bedeutsamsten ist zweifelsohne die Aenderung der Stellung der Frau im öffentlichen Leben. Während früher im wesent lichen die Frau die Hüterin des Hiuses und die Schafferin im Haushalte war, ist sie ycute aus dem engen Rahmen herausgetreten und ist dem Manne wohl aus allen Gebieten des öffentlichen Lebens gleich berechtigt geworden. Diese neue Stellung der Frau im Leben und der ihr gestellte Aufgabenkreis bedingen auch andere Lebensformen. So ist denn auch der Aufschwung der Leibes übungen in den letzten Jahrzehnten zum großen Teile eng verknüpft mit der neuen Stellung der Frau im öffentlichen Leben. Mit großer Begeisterung sind die Frauen aller Lebensalter dem Rufe: Treibt Leibes übungen! gefolgt, und es gibt nur wenige Zweige der Leibesübungen, die sie nicht betreiben. Aus dem Was ser, im Wasser, in der Lust, auf dem grünen Rasen platz, auf der Aschenbahn, in der Turnhalle, beim Wintersport, allüberall tummeln sich Hunderttausende von Vertreterinnen des zarten Geschlechts, um sich Lebenskraft und Lebensfrische zu erobern, und um sich leistungsfähig zu machen. Das weibliche Geschlecht ist also in die Reihen der Vorkämpfer für die Leibesübungen getreten. Aus bescheidenen Anfängen heraus hat sich ein gewaltiges Arbeitsgebäude errichtet, das heute in das deutsche Land ragt zu Nutz und Frommen des lebenden und des künftigen Geschlechts. Ist doch gerade die Frau fün die Erhaltung der Art weit wichtiger als der Mann. Bon ihrer Gesundheit, von ihrer Tatkraft hängt die Zukunft unseres Volkes mehr ab als mancher auch nur zu ahnen vermag. Scherz und Ernst. tk. Tibetanischer Lama Blues — ei» neuer Mode» verblüffenden Entdeckung erzählt ein englischer Reffender, der von einem längeren AufenL- W Trbet nach seiner Heimat zurückgekehrt ist. Nach vielen vergeblichen Bemühungen gelang es ihm endlich, einem tibetanischen Gottesdienst beizuwohnen, und mkt Spannung sah er den tibetanischen Priestern zu, wia ff« sich anschickten ihre uralten Tempeltänze aufzu führen. Doch wer beschreibt sein Erstaunen, als ev sah, daß die Lamapriester eine Art Charleston tanzten, wozu eine kleine Kapelle eine richtige Jazzmusik her-, vorbrachte. Diese Musik übte denselben anfeuerndent Einfluß auf die tibetanischen Priester wie auf die europäischen Ballbesucher aus. Immer neue Tanz schritte sah der erstaunte Zuschauer vor seinen Auan« entstehen. Auf seine erstaunte Frage wurde ihm eL-