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Gerichtssaal Ein Todesurteil. Das Schwurgericht in Lim burg verurteilte den Kaufmann Iakob Schardt aus Hirzenhain, der am 29. März v. I. die Witwe Lina Ortmann mit Zvankali vergiftet hatte, um sich in den Besitz des Sterbegeldes des einige Zeit vorher ge storbenen Ehemannes der Ortmann zu setzen, zum Tode unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebensdauer. Ser Arbeit-maM in Sachsen. Rund 128 vüv Hauptunterstützungöempfänger. Am 21. Januar begann tm Bereiche des Landes arbeitsamts Sachsen die Sonderfürsorge für die be dürftigen berufsüblich Arbeitslosen. Durch die gleich Zeitig mit der Verordnung neueingeführte Statisti! -er berufsüblichen Arbeitslosigkeit lätzt sich zum erste» Male annähernd der Umfang der saisonmäßig beding ten Arbeitslosigkeit bestimmen. Nach den vorläufige» Angaben der Arbeitsämter befanden sich am 15. Ja nuar ungefähr 70 000 berussüblich Arbeitslose in del Arbeitslosenversicherung,- davon sind am 21. Jannai ungefähr 35 000 in die Sonderfürsorge übergeleitei worden. Es bleibt also immer noch die sehr hohe Zahl von rund 128000 Hauptunterstützungsempfängern iv der Arbeitslosenversicherung, von denen man anneh men muß, daß ihre Arbeitslosigkeit in der Hauptfach« durch den Beschäftigungsrückgang -er Industrie bedingt ist. Wie hoch man diesen bemessen muß, erhelli am besten daraus, -aß diese Zahl den Stand der Haupt unterstützungsempfänger vom 15. 8. 1928 UM rund 13k v. H. überschreitet. An dem ständigen Beschäftigungs rückgang der Industrie in Sachsen seit den Sommer monaten sind in erster Linie die Metallindustrie, daL Spinnstoff- und Bekleidungsgewerbe, die Holz- uni die Glasindustrie beteiligt. Auch in der Berichtswoche hat sich der Beschäf tigungsgrad der Industrie kaum geändert. Im Ma schinenbau und in den Gießereibetrieben fanden einer seits größere Entlassungen, andererseits aber auck stellenweise Einstellungen statt. Aufnahmefähig fül onchkräfte sind weiterhin die Auto- und Motorrad werke. Der Arbeitsmarkt der Textilindustrie wird stellenweise durch Arbeitskämpfe erheblich beeinträch tigt. Eine rege Nachfrage tritt zur Zeit nur in der Strumpfindustrie auf, sowohl für männliche als auck für weibliche Fachkräfte. Auch die Trikotagenbranch« fordert noch Fachkräfte an; dagegen nimmt die Hand schuhindustrie weitere Entlassungen vor. In der Leip ziger Kammgarnindustrie macht sich der Saisonbegimi besonders bemerkbar. Der Bedarf an Selfaktor anlegerinnen kann nicht vollständig befriedigt werden. Auch die starke Nachfrage nach Fachkräften seitens der Ostsächsischen Webereien hat noch nicht nachgelassen und die Umschulungsmaßnahmen nehmen ihren Fortgang Der Zwischenfall Tauber. Ein Disziplinarverfahren nicht möglich Wie erinnerlich, hat der Generalintendant des Chemnitzer Theaters Tauber vor einigen Tagen in Anschluß an eine Stadtverordnetensitzung, in der sein« Amtstätigkeit einer scharfen Kritik unterzogen wurde den Opernkritiker Maushagen auf der Treppe tätlick angegriffen und mit einem Spazierstock geschlagen Mit diesem Zwischenfall hat sich der Rat der Stad Chemnitz in seiner letzten Sitzung beschäftigt «nd eine» Beschluß dahingehend gefaßt, daß der Rat de» Zwischenfall bedauert, aus rechtlichen Gründen jedoä nicht in der Lage ist, eine sofortige Entlastung del Generalintendanten ansznsprechen. Generalintendant Tauber ist vor drei Jahren ivegen Erreichung der Altersgrenze gegen Privat dienstvertrag weiter angestellt worden. Er ist als« heute nicht mehr städtischer Beamter im Sinne -ei Städteordnung. Demgemäß kann auch ein Diszipli narverfahren gegen den Generalintendanten nicht ein geleitet werden. Die Angelegenheit muß also vor den ordentlichen Gericht ausgetragen werden, sofern di« Verhandlungen über die vorzeitige Lösung des bis znm Jahre 1930 laufenden Vertrages keinen Ersoll haben sollten. Die Wohltäterin betrogen Das Schöffengericht in Leipzig hat den Kaufman» Erich Bruno Wolf wegen Unterschlagung und Urkun- denfälschung in drei Fällen und wegen Betrugs i» einem Falle zu einem Jahre Gefängnis verurteilt Die Ehefrau des Wolf wurde wegen Beihilfe zu zwei Monaten und zwei Wochen Gefängnis verurteilt. Die beiden hatten eine alte Frau, bei der sie Unter- kunft gefunden hatten und die sehr vertrauensselig war, um beinahe ihr ganzes Vermögen gebracht. Dei Ehemann Wolf hat über oaS Bankguthaben der Frau nach eigenem Gutdünken und fast ausschließlich zu seinem Vorteil verftigt, hat Wertpapiere, anstatt st« auftragsgemäß ins Depot zu liefern, verkauft und den Erlös zusammen mit seiner Frau verbraucht. Gegen stände, die Wolf im Auftrag versetzen sollte, verkauft« er und nahm das erlöste Geld in Besitz. Insgesamt hat das Paar -er gutmütigen Frau einen Schaden von wenigstens 15 000 Mark zugefügt. Schweres Eisenbahnunglück. «Sieder in Bayern. — D»Z«g rast in einen Güterzng. — vier Tote, acht verletzte. In der Station Sünching der Strecke Plattling— Regensburg raste in der Nacht der von Passau kom mende D-Zug auf einen Güterzug auf. In benagen sind vier Tote, ein Schwerverletzter und sieben Leichtverletzte. Tie verletzten sind im Kran» kenhauS Sünching untergebracht. Das Unglück entstand dadurch, daß der D-Zug das Haltesignal überfuhr und infolgedessen auf den Güterzug, der gerade in Sünching einfuhr, aufstieß. Ein Hilfszug mit Sanitätsmannschaften wurde von Re gensburg abgclassen, ein weiterer Hilfszug traf alsbald von Straubing ein. Die Ursache. Der Lokomotivführer überfährt drei Haltesie rale. Der D-Zug D 155 hatte in Passau 80 Minuten Verspätung und sollte den Gütcrzug 7037 in Sünching Überholen. Da der Güterzug in der Zeit des D 155 Vie vorgclegene Station Radldorf durchfuhr und den Lahnhof Sünching noch nicht erreicht hatte, war 2 155 Vie Durchfahrt durch Haltstcllung der Ausfahrtsignale vurch Radldorf gesperrt. Der Lokomotivführer des D 155 fuhr jedoch durch »nd beachtete auch nicht das auf Halt stehe,«de Ein fahrtsignal in Sünching nnd stieß auf den gerade in Sünching einfahrendcn Güterzng auf. Der Lokomotiv führer des D 155 übersah anch die Haltsignale vcs ihm von Sünching entgegenlanfenden Stationspersonals, das von der signalwidrigc« Tnrchfa.-rt des D 155 durch Radldorf fernmündlich verständigt war. Der Neichsverkehrsminister hat sofort einen Be amten an die UnglückSstclle entsandt. „Räuberbande" im Zuchthaus. Die Glaubwürdigkeit der Zeugen im Sonuenburgcr Zuchthausprozcß. — Der Strafaustaltsdirektor sagt aus. Interessant im Sonnenburger Zuchthaus-Prozeß war die Aussage des jetzigen Strafanstaltsdirektors von Normann, der sich ausführlich über die Glaubwürdig keit der Zeugen äußerte, soweit cs sich um Strafgefan gene handelt. Den Zeugen Paasch bezeichnete ec als einen schlech ten und völlig unglaubwürdigen Menschen, der nie mals ein „offenes Gesicht" gezeigt habe. Acußerlich mache er zwar einen guten Eindruck, aber in Wicl- lichkeit sei er die schlechteste Seele der Anstalt. Nach dem letzten Ausbruchsversuch, der von Paasch und Grüning unternommen worden sei, habe er nach seiner Wiedereinlieferung die Anregung zum Ausbruch den Beamten zugeschoben. Die Beamten hätten ihn ge radezu gezwungen, auszubrechen. Es sei eine große Niedertracht von Paasch, treue Beamte zu verdächtigen. Die Zeugen Paasch, Sommer und Steinbock seien die schlechtesten Leute der Anstalt, und gerade sie seien fortwährend als Zeugen vernommen worden. Als er nach Sonnenburg gekommen sei, habe er in der Anstalt eine richtige Räuberbande angetroffen, die kaum zu zähmen gewesen sei. Sie sei mächtiger gewesen als die Beamten. Anzeigen der Beamten hät ten keinen Erfolg gehabt. Die Leitung der Anstalt habe vorher de» Beamten den Schutz versagt. Auch den Zeugen Grüning nennt v. Normann einen schlechten Menschen. Zeuge Hegenauer, anfangs schwierig, habe zuletzt einen guten Eindruck gemacht. Aus Stadt und Land. Wieder Großfeuer in Berlin. In den ersten Mor genstunden wurde die Berliner Feuerwehr nach einem Fabrikgrundstück in der Prinzenstraße gerufen, wo sie bei ihrem Eintreffen bereits sämtliche Stockwerke eines Seitenflügels in Flammen fand. Auf die Nach richt „Grotzfeuer" eilten neun Löschzüge zur Brand stätte. Aus 14 Rohren stärksten Kalibers wurden un geheure Wassermassen in tue Flammen geschleudert. Die Wehr mußte sich schließlich darauf beschränken, die weitere Verbreitung des Brandes zu verhindern, der in den Holzvorräten mehrerer Tischlereien und anderer Holzbearbeitunasfabriken reichliche Nahrung gefunden hatte. Die Entstchungsursache ist noch nicht ermittelt. Gegen fünf Uhr waren die meisten Stock werke bis auf das Dachgeschoß, in dem noch besonders dichte und zahlreiche Holzstapel lagerten, bereits voll kommen ausgebrannt. In der Verzweiflung. In Riewen (Westhavel land) gab der Landwirt Bratz auf seine Frau aus seinem Jagdgewehr zwei Schüsse ab, die sie am Kopf verletzten. Dann wollte B. die Frau mit dem Ge wehrkolben erschlagen. Sie konnte sich aber in Sicher heit bringen. Daraufhin tötete sich der Rasende durch einen Kopfschuß. B. war stark verschuldet und des wegen in Verzweiflung. 2V Rinder verbrannt. Durch ein Großfeuer wurde das Bauerngehöft des Hofbesitzers Hartmann im Dorfe Lüblow bei Ludwigslust teilweise in Asche gelegt. Etwa 20 Rinder fanden den Tod in den Flammen. Die Pferde retteten sich selbst. Ein Wirtschaftsgebäude brannte vollständig nieder. Landwirtschaftliche Ma schinen und Kuttervorräte wurden mit vernichtet. Als Entstehungsursache wird Brandstiftung vermutet. Die Moselschiffahrt eingestellt. Infolge der Kälte der letzten Tage hat sich auf der Mosel wieder Treibeis gebildet, so daß die Fährbetriebe wie auch die gesamte Moselschiffahrt wieder eingestellt werden mußten. Die Lahn ist in der Nähe von Bad Ems wie auch bei Limburg an verschiedenen Stellen voll kommen zugesroren. Die Eisdecke ist so stark, daß Fuß gänger über den zugefrorenen Fluß gehen können. Der Münzenraub in Gmunden von einem Hof lakaien verübt. Der Gendarmerie und der Polizei ist es gelungen, den Goldmünzendiebstahl im Cumber- landschen Schloß in Gmunden auszuklären. Der Tat wurde der Hoflakai Ernst Deiters aus Hannover überführt, der zusammen mit seinem Hehler verhaftet wurde. Beide haben nach anfänglichem Leugnen ein volles Geständnis abgelegt. Sie wurden in das Be zirksgericht eingeliesert. Leider wurden keine Mün zen mehr bei ihnen vorgefunden, sondern lediglich ein Sparkassenbach und ein kleines Stück eingeschmol- zenen Goldes. Ei», tapferer Schüler. Während der Fahrt ent gleiste der Personenwagen eines Zuges Ruhpolding- Traunstein. Da die Notbremse in dem Unglückswagen versagte, entschloß -sich der 17jährige Anton Plenk aus Ruhpolding, ein Schüler der Bauhandwerker meisterschule Traunstein, rasch auf den vorderen Wa gen zu klettern, um dort die Notbremse zu ziehen. Unter Einsetzung seines eigenen Lebens gelang ihm das Wag- stück. Der Zug wurde zum Stehen gebracht und damit größeres Unglück verhütet. Wegen eines Groschens 1000 Mark Gerichtskosten. In einer Gemeinde bei Straubing hatte ein Land wirtssohn dem Mesner einen Groschen aus den Opfer teller gelegt. Der Mesner stellte den Burschen nach dem Gottesdienst zur Rede und behauptete, daß er ein eisernes, also ungültiges Geldstück geopfert habe. Der Landwirtssohn strengte einen Beleidigungsprozeß an, der durch jedesmalige Berufung des unterliegenden Teiles sämtliche Instanzen (l) durchlief. Jetzt hat der MeSner wegen des Groschens rund 1000 Mark Ge richtskosten zu bezahlen. Der Brand im Lindauer Rathaus. Zu dem Brande im Rathaus von Lindau erfahren wrr noch, daß vier wertvolle Gemälde, darstellend Bismarck, Graf Zeppelin, Hermann von Lingg und Professor Thiersch, zerstört worden sind. Im Vorraum des Sitzungs saales sind einige Altertümer und wertvolle historische Gemälde verbrannt. Ebenso wurden einige Glasge- nälde vernichtet. Das alte Rathaus stand über 500 Zahre und beherbergte seinerzeit den deutschen Reichstag. Zwei Tote bei einem Lawinenunglück. Vormittags ging vom Kranzhorn an der Grenze von Bayern »nd Tirol eine größere Lawine nieder, die oberhalb )es Weilers Mühlhausen eine Holzarbeiter-Abteilung Itberraschte. Die Truppe wurde teilweise unter den Zchneemassen begraben, wobei der Landwirt Joses Wag- aer und der Dienstknecht Joses Grandauör getötet wur- »en. Ein Ziehknecht erlitt einen Nervenschock. Von >en bei der Holzzieharbeit verwendeten Pferden wurde eins getötet, zwei Pferde wurden schwer verletzt Drei Dampfer im veresund gestrandet. Bei dich tem Nebel geriet im Oeresund ein Kohlendampfer aus Danzig mit 3000 Tonnen Kohle für Kopenhagen an Bord auf Grund. Ferner strandete der norwegische Dampfer „Bruce". Bergungsdampfer sind zur Hilfe leistung abgegangen. Ebenfalls infolge dichten Nebels strandete bei Agersö ein Petroleumdampfer, der jedoch aus eigener Kraft wieder frei kommen konnte. Großes Schadenfeuer auf einem rumänischen Lei feld. Im Erdölgebiet von Moreni ist infolge Kurz schlusses ein Brand ausgebrochen. Der Sachschaden wird auf über 50 Millionen Lei geschätzt. Alle Ver suche, des Feuers Herr zu werden, waren ergebnislos. Die Telegraphen- und Telephonverbindungen mit dem Erdölgebiet sind vollständig unterbunden. Die Ar beiter, die im Erdölgebiet wohnten, mutzten ihre Woh nungen räumen. Neue Kältewelle über Benezien. Ueber Vene- zien ist eine neue Kältewelle hereingebrochen. In Venedig wurden 6,3 Grad Kälte verzeichnet, eine Tem peratur, wie sie seit 1918 nicht mehr gemessen wurde. In Padua wurden minus 15, in Rovigo minus 10 Grad gemessen. Aus der Provinz Beluno und aus dem Cadore werden 20 Grad unter Null gemeldet. In San Stefan in den Karnischen Alpen betrug die Tem peratur minus 27 Grad. Udine verzeichnete 11, Tar vis 15 Grad Kälte. Kleine Nachrichten. * Zum Abteilungsleiter der Personalabteilung in del Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn - Gesellschaft wurde Reichsbahndirektor Osthoff ernannt. * Soeben ist der Fernsprechverkehr zwischen Deutschland und Finnland eröffnet worden. Die Postminister beider Län der beglückwünschten sich in einem kurzen Gespräch zu dies« Eröffnung. * Im Bahnhof Kabel-Halden bei Hagen t. W. wurde der Postbetrtebsafsistent Schiller aus Hagen vom Zuge übrr- fahren. Dem Unglücklichen wurde der Kopf vom Rump ge trennt. Schiller hinterläßt fünf unmündige Kinder. * In der Nähe von Torbole am Gardasee wurde ein« in einem Steinbruch arbeitende Arbeitergruvpe durch einen Erdrutsch verschüttet. Fünf Arbeiter wurden unter den Erdmassen begraben. Zwei von ihnen wurden als Leichen geborgen, die übrigen wurden schwer verletzt ins Kranken haus gebracht. * Auf der Strecke von Bcndome nach Mondoublean in Frankreich stießen zwei Personenzllge zusammen. Sieben Reisende wurden verletzt, darunter zwei schwer. * In Cadiz in Spanien wurde die Karavelle „Sania Marta", eine getreue Wiedergabe des Schiffes, auf dein Kolumbus Amerika entdeckte, vom Stapel gelassen. * Das Hauptgebäude der polnischen Gesandtschaft in Tokio ist durch Feuer zerstört worden. Das Personal der Gesandtschaft erlitt keinen Schaden; zwei Feuerwehrleul« wurden bei den Löscharbeiten verletzt Bekämpfung der Schädlinge »nrch Flugzeug. Auf der großen landwirtschaftlichen Schau in Ber lin ist auch ein Junkersflugzeug ausgestellt, das bei der Bekämpfung der Forst-Schädlinge Verwendung findet. Das Bild zeigt einen Jäger bei der Besichtigung der Streuvorrichtuug unterhalb des Flugzeuges.