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Im Jahre des Herrn. i „Anno Domini" — „im Jahre des Herrn", schrie- ven unsere gottesfürchtigen Vorfahren regelmäßig vor die neue Jahreszahl. Fürwahr ein erhebendes Zeichen freudigsten Vertrauens auf den alten, guten Gott, der niemanden der Seinen verläßt. „Anno Domini" . . . Sollten nicht auch wir end lich wieder damit beginnen, den schönen, ehrwürdigen ! Brauch unserer Altvordern nachzuahmen uns uns dar- - auf zu besinnen, daß es so, wie wir es bisher getrieb- > den haben, unter keinen Umständen weitergehen kann? Wir haben von allen möglichen Götzen und Wahnge- ) bilden Rettung erhofft, nur den, der uns wirklich helfen , kann, den haben wir vergessen. Wir haben uns sogar absichtlich dem Gnadenwillcn des Allerhöchsten ent zogen, weil wir den falschen Göttern, die uns von den modernen Propheten vorgeführt wurden, mehr glaub ten, mehr vertrauten. Mit Entsetzen aber ist es uns klar geworden, daß alle diese Götzen eine ungeheuer liche Trostlosigkeit bedeuten und daß Erlösung und , Hilfe allein bei dem ist, der der Gott unserer Väter war. ' ES gibt ein altes, ernstes Wort: „Irret Euch nicht! j Gott läßt seiner nicht spotten. Was der Mensch säet, ' das wird er ernten". Beim Wechsel der Jahre hallt für jeden vornehmlich die Stimme der Ewigkeit in den - Wandel der Zeiten. Ist nicht die größte Einheit dieses ; Lebens, das Jahr, so erschreckend kurz? Dabei wissen i wir gar nicht einmal, wieviel von diesen Einheiten : nns überhaupt geschenkt sind. Und wir sind frevel- ! Haft genug, Tage, Wochen und Jahre dahinschwinden . zu lassen, ohne sie im rechten Ewigkeitssinne zu nützen! > Unendlich viel Unheiliges muß in seelische und sittliche Werte gewandelt werden, wenn es wirklich anders werden soll. Wir brauchen endlich wieder die Demut unserer Väter, die sich in zuversichtlichem Gott vertrauen dem großen Weltgeschehen eingegliedert ha- > den. Nur von seelischer Wiedergeburt haben wir ein anderes Schicksal zu erwarten, da der Mensch sein Schicksal selber gestaltet, sei es zum Guten oder zum Schleckten. „Anno Domini", — zwei Worte nur und doch mächtig genug, eine ganze Welt umzugestalten, wenn w i r mit ehrlichem Willen wollen . . . (s.) Scherz und Ernst. ik. Südafrika befehdet die neuzeitlichen Tänze. ! Von den christlichen Kirchen in Südafrika ist den mo- ! dcrnen Tänzen der Kampf angesagt worden, da durch sie das Ansehen der weißen Bewohnerschaft im schwär- j zen Erdteil auf das ärgste beeinträchtigt werde. Die Geistlichkeit der südafrikanischen Kirchen sieht ein be sonderes Verhängnis darin, daß der Europäer den Einfluß der Kirche in der Bekämpfung dieser Tänze, die man den Eingeborenen äks barbarisch hinstelle, in schlimmster Weise untergrabe. Vom Dechanten von j Johannesburg, der bereits zwei Jahrzehnte in Süd afrika gelebt hat, wird darauf hingewiesen, daß die ' neuzeitlichen Tänze der Europäer völlig gleichartig ! sind mit den bei den Bantustämmen und bei den Kasfern gebräuchlichen Tänzen. Unter solchen Umständen sei es wahrlich nicht zu verwunderu, wenn der Eingeborene, der ^um Verzicht auf diese Tanzarten aufgefordert werde, sein Erstaunen darüber ausdrückc, daß selbst im kultivierten Europa solche Tänze in Uebung seien. * Die Gegend von Calanla (Italien) leidet unter ae- waltiaen Ueberschwemmungen. Drei Kinder kamen in den Flut«! um. * Die 26 Mann starke Besatzung des 75 Meilen von Leningrad gesunkenen deutschen Danipsers „Walter Holken" ist von dein russischen Eisbrecher „Lenin" ge rettet, worden. ' "" Rundfunk Leipzig (Welle 365,8), Dresden (Welle 284). Pädagog. Rundfuuk Königswustcrhauseu (Welle 1SVV) i Wochenläalich von 8Z0 abends ab bringt Vie Deutsche Welle auch s das Berliner Rundfunkpronramni. Sonntags von vorn«. 11.30—2 , und abends von Ü Uhr ab. Sonnabend, 1. Januar 1927 (Neujahr). 8.30—9.00: Orgelkonzert aus der Leipziger Uttiversitäts- kirche. 4- 9.00: Morgenfeier. * 11.00—12.00: NeujahrSseier. * 4.00—5.30: NeujahrSsinfoniclonzert. Dirigent: Alfred l Szcndrci. Das Leipziger Sinfonieorchester. 1. Beethoven: ! Zweite Leonorcu-Ouvertüre. 2. Schubert: Siebente Sinfonie i (ODur). 3. Wagner: Vorspiel zu »Meistersinger von Nürn- i bcrg". -- 8.15: Lustiger Abend. * 10.00: Sportfunk. * 10.15 bis 12.00: Tanzmusik. Sonntag, 2. Januar. 3.30: Oigclkou-r t aus der Uqiverütnt^ gcchc. G 9: Morgenfeier. G 10.30: Dc. Sieber Aue: „bleichiuoe > dec erzgebiraischen Industrie." 2. T. S 11: „Woher lummen die elektrischen Maste?" D 11.30: Berufswahl. „Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Sozialschweftern". „Drogisten und verwandte s Berufe.". D 12: Muiik. Stunde. Mitw.: Erna fachen. Gesang: j Th. Blumer, Klavier: Dresd. Streichquartett. Respighi: Quar- : tettn Lorico. — Klehli: Lieder: Requiem: Sehnlucht: BialtersaU: > Winternacht. — Th. Blumer: Streichquartett G-Moll. S 3.30: ! Uebertr. aus Berlin: Funlheinzelmann. S 4.30: Kriegsnuvcllen. ' Mitw.: Hans Zeise-Gött v. Alten Theater Leipzig: Rundfunkurch. : D 6.30: „Volkstümliche Einführung in die Musiklehre." 11. V. s Dr. Hitzig. S 7: Privat-Doz. Dr. Schingnitz: „Die philosophische i Grundlage." 1. T. D 7.30: Dr. Herrmann: „Geschichtliche Vor- f aussetzung der deutschen Wirtschaft." S 8.15: Orchesterkonzelt, i Leipz. Funkorch. Schubert: SUo. „Rosamunde". — LuNq-Mottl: Ballettsuite. — Wieniawskn: Polonaise in A-Dur. — Weber: Auf forderung zum Tanz. — Li t: Ung. Rhapsodie Nr. 2. — Verdi: Szenen aus „Traviata". - Straust: Kaiser-Walzer. D 10.15: Tanzmusik aus Berlin. Montag, 3. Januar. 4.30: Leipz. Funkorch. Mitw.: MeUita Meinel (Klavier). Dir.: Hilmar Weber. S 6.05: Schach. S 7: Ministerialrat Ristau: „Die Fürsorge im Wandel der Zeit." S 7.30: Vortrag: „Die deutsche Milch." D 8.15: Uebertr. aus dein Ber- einshaussaale, Dresden: Kammerorch. Sol.: Konzertm. Dahmen (Violine). Mozart: Ballcttmusik. — Mozart: Violinkonzert (B-Dur). — Wolf: Serenade. — Volkmann: Serenade. D 10.15: Tanzmusik. Königswusterhause». Montag, 3. Jan. 2P0: Fr. Kuestner- Gerhard: Rationalisierung der ländl. Hauswirtschaft. D 3.30: Ob.- Std.-Dir. Hildebrandt: Die neue Schule. Die jugendpsnchologische > Einstellung der Schule. D 4: B. K. Graef: Kunst des Sprechens. S 4.30: Dr. Klopfer: Erziehungsberatung. D 5: E. Nebermann: ' Schach. S 6: Prof. Dr. Heuser, Danzig: Die Beziehungen zwischen : Bodenbearbeitung und Düngung. D 6.30: Std.-Rat Friebel, Lektor ) Mann: Englisch für Anfänger. D 7: Dipl.-Hdll. Wieg u. Katthem: Spezielle Buchhaltungslehre. S 7.30: Alice Behrend: Reise nach , London. Tageouchbiätter über das bürgerliche London von heute. '. i s Für findige Köpfe. Bilder-Rätsel. Nenjahrs-Diamant-Rätfel. 7 Wörter und 2 Buchstaben, richtig «ntercinandergestettt, ergeben, wenn mau die Mittelbuchstaben dieser Wörter von oben nach unten liest, ebenso, wie bas mittelste Wort, einen Neujahrsgruß. Die Wörter bestehen aus folgenden Buch staben: 4a, 1c, Id, Oe, 2f, 2g, 1h, 1i, 3k, 3l, 2m, 3», 3o, 1p, 2r, 1s, 1t, 4n. Sic haben folgende Bedeutung: 1. Amphibie, 2. Peitsche, 3. Alttestamentlicher Prophet, 4. Neujahrsgruß, 5. Betäubung, 6. Bezeichnung für daS päpstlich: Kopftuch/ 7. Russisches Gewicht. Rätsel. ; Immer, wen» cs kommt gegangen, Sieht mit Hassen man und Bangen , Allerorten ihm entgegen,' Denn es bringt dem Mcnschenherzen Sowohl Freuden mit, wie Schmerzen,- Schenk'S uns diesmal Heil und Segen. - ' Die Weinkarte. Bcrnkastcler Doktor, Eitclsbacher, Ellcrer, Eughöller, Ingelheimer Lanbenhcimcr, Lieserer, Oppenheimer, Gold berg, Nanenthaler, Scharzhosbcrger, Steinberger, Trabener, Valwigberger, Wachenheimer. Ein Festgetränk erhält mau, wenn man vorstehende Wcinsortcn in eine bestimmte Reihenfolge bringt und dann die Anfangsbuchstaben zusammcnstellt. Rätsel. Wo 1—2 kommt, wird 2 geboren, doch wo 2 stirbt, kommt auch 1—2,- 1 ist die Losung aller Toren, 1—2 bringt Wandel mancherlei,- 3 ist im guten stets willkommen, er schenkt un- reichlich Simmelslohn, doch mag er nur dem Herzen from men, die Wirklichkeit weiß nichts davon. 1—2—3 kommt von allen Seiten, bricht von 1—2 der Morgen an,- amh du be- förd're ihn beizeiten, daß sich kein Freund beklagen kann. Ergänzungs-Rätsel. 1. B m. 2. I c. 4. O S. 5. K o. 6. O o.7. V. n. Vorstehende Bruchstücke sind durch je 2 Buchstaben zu Hauptwörtern umzngestaltcn. Die ie 2 Buchstaben miteinander verbunden, ergeben ein mintersport- lichcö Ausrüstungsstück Die Wörier bedeuten: 1. Heilmit tel. 2. Gedanke. 3. Hurzslüßchcn. 4. Haustier. 5. Muse. 0. Männlicher Personenname. 7. Teil der Eifel. Auflösungen aus voriger Nummer r Krcuz-Wort-Rätsel. « Gleichklang: — Börse. — Verschmelzungs-Aufgabe: Kanzlei Alumnat Lorbeer Ernestine Neugierde Dolman Elentier Reveille. — Ka- lender. — Bilder-Rütscl: Wcr's Feuer bläst an, verbrennt sich daran. Auslösung des Silbeu-Rätsrls: 1. OLol. 2. Begouic. 8. Eigelb. 4. Robbe. 5. Hanan. 6. Oesterreich. 7. Forum. 8 Kalium, v Namßan. — Oberhof — Krummhuebel. — Auslösung des Ftill-Nätscls: z «I m > V a ii e e l . a m c i s c ... Sv i c s z a S r c Durch eigene Hand. Roman von B. Caron,. 30. Fortsetzung. „Jetzt können Sie einem der interessantesten Ex perimente beiwohnen," flüsterte Dr. Hagen, dessen Au gen wie vom Jener der Begeisterung beseelt glühten, Dr. Werner zu. „Dieser Reupert ist seit fünfzehn Jahren Schreiber bei einem Rechtsanwait. Er erfreut sich eines tadellosen Rufes und hat sich stets durch groben Fleiß und die gewissenhafteste Ehrlichkeit aus gezeichnet. Infolge von Ueberanstrengungen, weil er des Nebenverdienstes wegen oft bis in die Nacht hin ein arbeitete befiel ihn ein nervöses Leiden, und er geriet in Gefahr, sein dürftiges Einkommen zu ver lieren. In diesem verzweifelten Zustande wandte sr sich an mich, und es gelang mir auch, eine bedeu tende Besserung seines Zustandes herbeizuführen. Seitdem betrachtet er mich als seinen Helfer und Er löser und ist mir herzlich dankbar. — Nun, mein Freund, wie geht es heute?" wandte er sich an den Neuangekommenen. „Ich bin säst wieder gesund," erwiderte der Schrei ber. „Zuweilen nur fühle ich noch einen schmerzenden Druck zwischen den Augenbrauen. Dann fangen die Buchstaben vor meinen Augen zu tanzen an. Doch das geht immer wieder bald vorüber." „Und cs wird bald gar nicht wiedcrkommen!" ver sicherte Dr. Hagen, indem er seinen Patienten eiulud, Platz zu nehmen. „Sie scheinen sehr rasch gegangen zu fein, Neupert. Wir brauchen uns aber auch nicht zu übereilen, sondern können erst einige Worte austan- schen. Sind Sie zufrieden in Ihrer Stellung?" „Ach, Herr Doktor, ick beklage mich nicht; aber es ist doch ein elendes Dasein, von früh vis spät am Cchreibpnlt sitzen zu müssen und kaum das Nötigste zu verdienen. Es ist schwe^, sich ehrlich dnrchzuschlagen." »Ich glaube es Ihnen," erwiderte Hagen, crust mit dem Kopfe nickend. Gleich daraus lachte er, wäh rend alle noch machenden Anwesenden den Borgang gespannt beobachteten, kurz und spöttisch, klopfte Neupert auf die Schulter und rief: „Da sind diejenigen doch klüger, die es mit der Ehrlichkeit nicht so genau nehmen, sondern ans ihren eigenen Borteil bedacht find, ohne sich viel darum zu kümmern, ob daraus für ihre Nebenmcnschen ein Nachteil entsteht. Meinen Sie nicht auch, lieber Freund?" Sein scharf geschnittenes Gesicht hatte jetzt einen Ausdruck, der Carolas Worte: „Er erinnert manchmal an. Mephistopholes!" vollkommen rechtfertigte. Neupert sah ihn erstaunt an, lächelte verlegen und antwortete: „Sie scherzen natürlich, Herr Doktor." „Nehmen Sie einmal an, ich spräche im Ernst." „Ich weiß ja doch, daß Sie das nicht tun." „Sie könnten sich irren, Neupert. Ich habe meine besonderen Ansichten, über diese Sache. Sollte Ihnen der schöne Ausspruch: „Niemand hat ein Recht auf Ueberfluß, solange noch jemand das Nötige entbehrt" — nicht bekannt sein?" „O doch — aber —" Dr. Hagen lachte wieder und strich mit der wohlge- pflegten Hand über seinen Spitzbart. „Wäre es denn so unverzeihlich, dos blinde Schick sal, das dem einen die schönsten Gaben verschwende risch zu Füßen streut und für den anderen nur Sorge und Elend hat, ein wenig zu korrigieren? Der liebe Nächste, der so reich vom Schicksal bedacht wurde, wird deshalb nicht gleich zugrunde gehen." „Der liebe Nächste wohl nicht — der würde es viel leicht gar nicht merken — aber etwas Anderes ginge zugrunde." „Was denn?" „Die Selbstachtung." „Ha, Hal Lieber Neupert, glauben Lie etwa, daß jeder, vor dem sich die Menschen bis zur Erde bücken, -er von allen Leiten umschmeichelt wird und der eine Anzahl Orden ans der Brust trägt, in dieser Hinsicht ein ganz reines Gewißen Hot? Wahrscheinlich nicht! Er wird jcdensolls mit der grüßten Gemütsruhe alle Auszeichnungen l)i»nehmen, und nicht einmal rot wer- z den, wenn man ihn einen „Ehrenmann" und einen : „Wohltäter der Menschheit nennt!" „Das mag wohl sein. Aber etwas Hot doch auch der Aermstc, woran er mit ganzer Leele hängt und : von dem er sich nicht trennen möchte Dem einen ist : sein Kind das Liebste, dem andern sein Weib. Ich stehe einsam in der Weit und bobe nichts als meine . Ehre. Aber die ist mir teurer ols mein Leben, nnd ür nichts ist sie mir seil! Läge hier ein Lchatz aufge- . hängt und wüßte ich, daß kein menschliches Ange mich : sähe — ich würde doch lieber verhungern, als mich an ! fremden Eigentum vergreifen!" „So denken Lie?" „Ja — und ich bi» fest überzeugt, daß Lie ebcn- falls io denken." „Natürlich, natürlich, Neiipert! Ich befinde mich heute in ausgezeichnet guter, fast übermütiger Laune. Aber nun Scherz beiseite! Jetzt bin ich wieder ganz Arzt. Also der Kops schmerzt noch?" ; „Hier über den Augen." „Das soll gleich ein Ende nehmen. Lehnen Sie sich zurück, und blicken Sie fest diese Ampel an." Der Schreiber gehorchte. Nach drei Minnien sielen ihm die Augen zu. Er bemühte sich vergebens, sie zu öffnen. Von Dr. Saaen aufgesordert, die Arme zu erheben, tat er es zmar^ aber i langsam, ruckweise wie ein Automat. Der Doktor bolle jetzt ein Kissen und gab es ihm mit den Worten: „Sie fiihicn doch diese Angorakatze?" „Ganz deutlich!" erwiderte Neupert. „Sie können jetzt die Angcn öffnen und werde« daS Tier sehen." Der Schreiber sob sick die imooinäre Katze an unk ! streichelte sie. Als Hogen das Kissen wcgnahm und i unter den Tisch legte, stand Neupert sofort auf und holte es wieder. „Nun, melii Lieber," sagte der Arzt, nachdem er noch mehrere Versuche angestellt hat, „Sie sehen dort einen Schrank, an welchem der Schlüssel steckt. In der oberen Schublade liegt ein Geldtäschchen. Es enthält zweihundert Mark. Die Gelegenheit ist günstig. Neh men Sie es." Neupert zögerte. Er führte den erhaltenen Befehl nicht aus, sondern sträubte sich offenbar dagegen. Dr. Werner beobachtete die Vorgänge mit wachsen der Lvannung. „Er lehnt es ab, eine Sandlnng zu begehen, die - mit seinem Charakter und seinen Grundsätzen in Wi derspruch steht," bemerkte der lunge Arzt. „Er muß aber doch gehorschen," erwiderte Hagen. ' „Scheu Sie, Herr Kollege, an diesem Mann schei- : tert Ihre Macht," entgegnete Dr. Werner. „O ncinl Ich muß mich nur entschließen, in ihm > eine falsche Vorstellung zu erregen, dann schwinden j seine Bedenken," widersprach Hagen nnd wandte sich § dann dem Schreiber zu: „Warum zögern Sie denn? > Es ist jo kein fremdes Geld, das Sie dort weguehmen I und zu sich stecken sollen, sondern Ihr eigenes. Er- , inner» Sie sich nicht, mir das Geld vor acht Tagen zur , Aufbewahrung übergeben und selbst in die Schublade > gelegt zu haben? Ich will es nicht länger aufbewah- rcn. Stecken Sic es zn sich!" Jetzt erst ging Neupert zu dem Schrank, ergriff ' das Portemonnaie und ließ eS in die Brnsttasche seines s Nockes gleiten. Dr. Hagen strich ihm über die Stirn nnd sagte: „Sie werden jetzt erwachen, sich gestärkt und erquickt fühlen, aber jede Erinnerung an das, was während Ihres Schlafes vorging, verloren haben." ES geschah wirklich so. „So leicht nnd frei war mir lange nicht mehr zu mute," erklärte der Schreiber einige Minuten später. Im Vcgrlss, sich z« entfernen, hielt ihn Dr. Hagen aber zurück mit den Worten: „Geben Sie mir aber erst die zweihundert Mark wieder, die dort in dem Schrank lagen."