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(Nachdruck Verbote») Ritter packt's mächtig. Er ist orauf und i Helläugige in ihm, das das Leben ohne dunke^den an, über die Zugbrücke zu reiten, um im Schatten sieht. en Nimm andrer Dich in Treuen an; Denn dahin steht Dein Verlangen. Und kehrest Du wieder, so find'st Du gewiß Ein Grab, auf dem Veigelein prangen." Und ein weißes Scheidetuch flattert verloren im Winde über die Brüstung des Söllers hin. ... Kamen Joachim von Brandt Gedanken dieser Art? Er hätte der Frage nicht Antwort zu geben vermocht. Nur das wußte er: es klingt in mir wie Lust. Meiner Seele Land ist wie ein Heller Wanderweg zu sommer- lichen Zeiten. Grünes Laub rauscht. Die Lust weht rein und stark. Es ist wie ein Klingen von blanken Waffen in der Ferne. Es ist wie schnell pulsendes Leben um mich her in Erwartung, in Sehnsucht... Aber es spinnen sich auch Töne ein, die etwas vom Scheiden an sich haben. Die weh sind und bang. Die banges Herzerzittern aus« lösen. Und das wußte er auch: das, was die Lust in mir erzeugt, hat seinen Ursprung in dem Bewußtsein, binnen kurzem ein Kommen, ein Wiedersehen zu erleben. Woher aber das andere? Das eigene Wehe? Lag es begründet im unbewußten Gedanken an das Gesetz des ewigen Wechsels, des Wandelbaren in der Schicksale Kreis? Oder war es nur Stimmung, auftauchend aus verborgenen Winkeln der Seele, emporgehoben von ungekannten Kräften?... Warum grübelte er über Unerfreuliches, wo das zum Frohsein Stimmende überwog und in seinen Gründen so klar zutage lag? Gab er sich ihm doch ganz hin! Er vermochte es endlich auch. Und als er von Ider- stedt nicht mehr weit entfernt war, stand nur noch das dran, über die Zugbrücke zu reiten, um im Burghofe vom Rosse zu springen und Gast freundschaft anzunrymen. Aber das Lachen . draußen in der Welt lockt stärker. Das lebensvolle, prangende Lachen. Die Lust, der wundersamen Frau Aventiure zu begegnen, über windet die Sehnsucht nach der Minne Süße... Sein Roß bäumt sich auf unter dem Sporenhieb. Und das Winken des Ritters zurück, hinauf zum Söller, sagt: „Ich muß in die Welt, o Fraue hold, Ich kann nicht bleiben, auch wann ich wollt', Es zieht mich zu Not und Gefahren. Doch warte in Treuen und warte gewiß, Bis ich wiederkehre nach Jahren." ...Klingt's nicht wie ein Weinen durch die Lust? Vernimmt's sein Ohr nicht deutlich: „Fahr' wohl, fahr' wohl, o mein Rittersmann, Wie für- diesen Tefühlszustand geschaffen, kamen die Ereignisse hinzu. Gerade, als wären sie pro grammäßig seit langem in ihrer Aufeinanderfolge festge legt. Kaum hielt der Wagen vor dem Jderstedter Stationsgebäude, als auch schon die Signalglocken ihr klingendes Spiel begannen und das Nahen eines Zuges anzeigten. In der Ferne rauschte und dröhnte es schon dumpf. Joachim sprang vom Wagen und winkte einen jungen Nichtstuer, der sich auf den sonnenbeschienenen Stufen der Bahnhofstreppe herumlümmelte, heran und betraute ihn mit der Obhut der Pferde. „Hier am Zügel festhalten und keinen Schritt vom Fleck. Ich komme in Kürze wieder." Er sprach in nervöser hast und war mit seinen Ge danken schon bei den möglichen Begebenheiten der nächsten Minuten. Und da waren sie nun. Er stand bereits an der Sperre und sah dem in oer« langsamter Fahrt sich heranwindenden, einer Riesen schlange gleichenden Train mit heftig schlagendem Herzen entgegen. Er spürte ein Zittern in seinen Händen und hatte das Gefühl einer Schwäche. Es knechtete ihn sekundenlang. Bis zu dem Augen blick, da die beiden Schnellzuglokomotiven fauchend und stöhnend standen. Dann verließ ihn Lie Erregung. Suchend lief sein Blick die Wagenreihe hinab. „Iderstedt, drei Minuten!" riefen die Schaffner. Gin paar Türen wurden geöffnet und Ja, dort stand Renate von Groening als eine der wenigen Reisenden, die den Zug verlassen hatten, und sah sich wie in einer Ratlosigkeit um. Er vergaß im Augenblick, daß er keine Bahnsteigkarte besaß, und wollte durch die Sperre treten um ihr ent gegenzugehen. „ Der grauköpfige Beamte kannte ihn. „Die Karte, bitte, gnädiger Herr!" „Ach jal . . . Aber ich habe keine." Wie in Ver wunderung über sich selbst tat er einen Schritt rückwärts und wußte im Augenblick nicht, was er tun solle. Ehe er in seiner Verwirrung zu einem Entschluß kam, sah er sich Renate schon gegenüber. Sie stutzte, als suche sie in ihrer Erinnerung, fand sich dann plötzlich zurecht und lächelte erfreut. „Herr von Brandt? .. Sie selbst? Und meinetwegen wenn ich das annehmen darf? " Er gab sich einen Ruck. Was mußte sie von ihm denken, daß er fast in der Art eines schüchternen jungen Zuf ^esselvöräe. Loman von Fritz Gantzer. <13. Fortsetzung.)