Volltext Seite (XML)
Beilage Mr Weitzeriy-Zettung 92. Jahrgang Donnerstag, am 28. November 1926 Nr. 274 /X Reue Wohlfahrtsmarken. Ab 1. Dezember wer- ! den zugunsten der Deutschen Nothilse durch alle Post- ämter und die Organe der Deutschen Nothilfe im ganzen Reiche Wohlfahrtsmarken zu 5, 10. 25 und 50 Pf. zum doppelten Nennwert verkauft werden. Außerdem sind Markenheftchen mit 8 Marken zu 5 Pf. und 6 Marken zu 10 Pf. in grünen Umschlägen er hältlich Der Verkauf durch die Post dauert bis 15. j Februar, der Vertrieb durch die Nothilfe bis 20. ! April 1927. Die Marken können mit ihrem ein- ! fachen Nennwerte zum Fretmachen von Postsendungen ! nach dem Inland und dem Ausland benutzt werden. , Ihre Gültigkeit zum Freimachen hört mit dem 30. , Juni 1927 aus. Die Marken sind im Muster der vorjährigen Marken in mehreren Farben gedruckt und ! tragen außer dem Reichsadler die Wappen der Länder ' Württemberg, Baden, Thüringen und Hessen. /X Wethiiachtspakete für den Kreuzer „Emden". ! Die Möglichkeit der Nachsendung von Weihnachtsprivat- j Paketen für die Besatzung des Kreuzers „Emden" nach Teneriffa ist mit dem Dampfer „Ivo" der Woermann- ! Linie ab Hamburg 10. Dezember, an Teneriffa 22. ! Dezember gegeben. Die Pakete müssen bis spätestens .! 4. Dezember bei Matthias Rhode u. Co., Hamburg- , Freihafen, Lager Sandtorquai 35, mit der Post be- : fördert, etntreffen. Höchstgewicht der Pakete 10 Kilo- ' gramm. Die Kosten für die Beförderung bis Ham burg sind vom Absender zu tragen. Mit der Frei gebühr muß bei der annehmenden Postanstalt für Per- > Packung und Verladung im Hafen eine Reichsmark durch Auskleben von Freimarken aus die Paketkarte entrichtet werden. Weiterbeförderung der Pakete von Hamburg auf dem Seewege erfolgt kostenlos. Nähere Auskunft erteilen Matthias Rhode u. Co., Stadtbureau, Hamburg 8, Große Reichenstr. 19-23. Was mancher nicht Weitz. Die Sonnenflecke sind hinsichtlich ihrer Gröhe an eine periodische Zeit von 11 jähriger Dauer gebunden. Ihre Größe sowohl wie auch ihre Zahl steigt von einem Minimum herauf zu einem Maximum, um dann zu ersterem wieder herabzusinken. ; Bei allen Planeten, außer Merkur und BenuS. kommen > Nebenplaneten oder Monde als Begleiter vor. Die Ab. , stände der Trabanten vom Hauptplaneten schwanken zwischen S0ü und Millionen Kilometern * ! Die häufigsten Vogelarten der deutschen Nordseeküste sind die Möwen, die Seeschwalvcn, die Stelzvögel und die Entenvögel. * Das englische Längenmaß Nard entspricht der Länge des Armes von König Heinrich I. vom Ellenbogen bis zur Spitze des Mittelfingers. , 29 009 Kilogramm Weihrauch wurden alljährlich im ! großen Baltempel zu Babylon verbrannt. * Vor nunmehr 78 Jahren wurde das erste Unterseekabel ! in Betrieb genommen, und zwar von Dover aus. ; Pelz und Pelztiere. Keine Kleidung des Menschen reicht in ihrem Ur sprung so weit zurück wie die Pelztracht, denn die ersten ! Hüllen, mit denen der Urmensch sich vor der Kälte der ' Eiszeit schützte, waren die Felle der von ihm erlegten Tiere. Noch heute gehört der Pelz, wenigstens in un serem Klima, zu den geschätztesten aller wärmenden . Kleidungsstücke. Unter den Pelzen, die die Schaufenster -er Kürsch ner schmücken, sind gewöhnlich nur wenige Felle, die ! von der Tierwelt unseres deutschen Vaterlands stam- j men. Nun ist aber die deutsche Fauna keineswegs arm an Pelztieren, denn unsere Stellt- und Edelmarder, i unsere Iltisse, Rotfüchse, Kaninchen und Maulwürfe liefern uns alljährlich eine reiche Fülle brauchbaren , und auch schönen Pclzwerks. In neuerer Zeit wer- - den auch Katzenfelle vielfach zu hübschem Pelzwerk , verarbeitet. Aber die wirklich kostbaren Pelztiere fin- > den wir nicht in Deutschlands Wäldern. Ihre schön- j gefärbten wcichhaarigen Felle kommen alle aus weiter Ferne zu uns, aus Amerika, Rußland und zum Teil auch aus Asien, die schönsten von ihnen sogar aus den Eisgefilden der Polarländer. Das kostbarste Pelzwerk der Erde liefern die in den bochnordischen Teilen Amerikas und Sibiriens leben den Füchse. Unter ihnen an erster Stelle stehen der Schwarzfuchs mit kohlschivarz, glänzendem Haarkleid und der Silberfuchs, dessen schwarzes Fell durch die weiße Spitzenfärbung der Haare einen wundervollen Silberschimmer erhält. Ihnen an Schönheit fast eben bürtig sind die Winterfelle der Weißfüchse und Blau füchse, beide gleichfalls der Tierwelt des amerikanischen und russischen Nordens angehörend, mit langem, dich tem und seidenglänzendem Haar. j Der Vorzug dieser Fnchsfelle liegt, abgesehen von ; ihren prächtigen Farben und ihrem Haarglanz, in ! einer besonderen Leichtigkeit und Weichheit des Pelz- ! Werkes, das daher auch fast ausschließlich zur Anfer tigung von Damenpelzen Verwendung findet. Da die > Jagd aus diese Füchse sehr mühe- und gefahrvoll ist und die Tiere in der Regel auch nur sehr spärlich auf- treten, erklärt sich der sehr hohe Preis ihrer Felle, der oft viele Tausende beträgt. Selbst in der „guten billigen Friedenszeit" wurden für ein tadelloses Cchwarzfuchsfcll bis zn 20 000 Mark bezahlt. Von hervorragender Schönheit ist das Fell des sibi rischen Zobels. In herrlichen Farbentönen, vom hell sten silbrigen Braun bis zum blau schimmernden j Schwarz schmiegt es sich seidenweich und leicht an den Körper au, und man kann beim Betrachten eines ech- > ten Zobelpelzes wohl verstehen, daß viele Pelzkenner ? den Zobel für das edelste aller Pelztiere erklären. Die schneeschweren Wälder Sibiriens beherbergen auch das Hermelin, dessen reinweißer Winterpelz, an dem nur die Schwanzspitze schwarz bleibt, schon im Mittelalter die Königsmäntel verbrämte und auch später noch Jahrhunderte lang nur von Len höchsten Personen getragen werden* durfte. Da die Hermelinfelle sehr klein sind und zu einem einzigen Mantel daher etwa hundertfünfzig Felle gebraucht werden, ist das Tragen § eines echten Hermelinpelzes noch immer ein sehr kost spieliges Vergnügen. ! Wie Newton belehrt wurde. Von KarlAlexanderPruß. Der berühmte Naturforscher Newton machte eines Tages von seinem Landhause, in welchem er die heiße i Jahreszeit zu verbringen pflegte, seinen gewöhnlichen Spaziergang. In tiefes Sinnen verloren, ging er ' durch die Felder, bis ihm ein Junge begegnete, der seine Schafherde eilig nach Hause trieb Der Junge kannte Newton und rief ihm zu: „Schau der Herr nur, daß er nach Hause kommt, es gibt ein Gewitter!" < Newton fuhr aus seinem Sinnen auf, besah sich ! .den Horizont, und da er an dessen Rande nur einige leichte Wölkchen erblickte, so glaubte er, der Junge wolle ihn nur zum Besten haben und setzte seinen Weg fort. Bald war er wieder in seine Gedanken ver tieft, daß er gar nicht merkte, wie sich der Himmel nach i und nach mit drohenden Wolken überzog. Schwere Regentropfen, die ihm ins Gesicht schlugen, störten ihn aus seinem Sinnen auf und in wenigen Minuten prasselte auch unter Donner und Blitz ein heftiger Guß auf den schutzlosen Mann der Wissenschaft nieder. Je- ; doch Newton dachte in dieser keineswegs erfreulichen Lage weder an die Gefahr vom Blitz erschlagen zn werden, noch an seine durchnäßten Kleider, sondern nur an die Mahnung -es Hirtenjungen. Die Frage, woher -er Junge die Beobachtung und sein Wissen hätte, beschäftigte ihn außerordentlich und, alles um sich vergessend, eilte er sofort in das Dorf, um den > Schafhirten ausfindig zn machen. § Als er ihn gefunden, stürzte er mit der Frage über ! ihn her: „Woher weißt du, daß ein Gewitter im An züge war?" Der Bursche lächelte verschmitzt. „DaS möchte -er Herr gerne wißen, ich verrate es aber nicht." Newton, dessen Interesse aber aufs höchste ge spannt war, zog einen Guinee aus -er Tasche und sprach: „Sieh, dieses Gel-stück gebe ich dir, wenn du mir -ein Wißen verrätst/" Der Junge nahm -te Gol-münze und sagte: „Herr, allemal wenn -er Schaf bock sich mit -em Rücken auf -er Er-e herumwälzt, -ann kommt ein Gewitter." Newton zog mit langer Nase und mit -er, durch ! eine Guinee erkauften naturwissenschaftlichen Beleh- - rimg nach Sause, um trockene Kleider anzulegen. dabei - über den Unterschied zwischen Wissenschaft und Er- i fahrung nach-enkend. Sieh mich an! Bon Eugen Stangen. (Nachdruck verboten.! Der Wind war wach geworden, er strich -ie Straßen entlang, schüttelte Schneeflocken in den Tag hinein und tastete zuweilen an Len Fensterscheiben entlang wie scheue Hände, die Einlaß begehren . . . Abend war's — und die Lichter leuchteten auf... In dem kleinen hübschen Eigenhaus, das weit drau ßen vor den Toren der Weltstadt einsam in seinem Gartengeviert lag, war es im Oberstock hell. Zwei wunderltebliche Mädelchen hoben ihre dunkeln Wuschel- köpfe aus dem blütenweißen Bettkissen. „Bringst du uns auch Schokoladenstangen mit, Mutti?" „Unele Joe", mit richtigem Namen Joseph Gurney Cannon, eine der populärsten amerikanischen Persönlichkeiten, die nunmehr, 90 Jahre alt, gestorben ist. Uncle Joe war anch mehr als ein halbes Jahrhundert lang Mitglied des Kongresses und wurde als solcher, namentlich durch die recht drastische Art seiner Redeweise, im ganzen Lande geradezu sprichwörtlich bekannt. »Ja - ja ! „Defüllte?" fragte wichtig die kleine, drollige Mimi. „Ja, auch gefüllte," sagte lächelnd die „Mutti," Lie junge, reizenöe Frau Elma Negro, und schlug Len weichen, seidenglänzenöen Sealmantel über ihr Avend- kleid. „Aber nun müßt ihr auch ganz ruhig liegen un- artig einschlafen. Mutter Herolt wacht ja bei euch." Frau Elma wanöte sich an eine ältere Frau, -ie seitwärts stand: »Ich gehe zu ungern abends aus, zu ungern, aber heut, an Mutters Geburtstag, konnte ich nicht ab- sagcn." „Ja, es wird spät, Elma," mahnte ihr Gatte. Herr Negro hatte Kasse und Wertsachen in ein kleines, wei ßes Wandschränkchen geschlossen. „Bei Mutter Herolt ist alles in bester Obhut!" „Eben," meinte beruhigt Frau Elma. „Dumm nur, Laß Lie Mamsell krank wurde und in's Kranken haus mußte. Na, aber Anton kommt ja sofort zu rück" Der an der Tür stehende Diener, ein junger, blon der Mensch mit einem fahlen, bartlosen Gesicht, ver beugte sich unterwürfig: „Ich bin in längstens einer Stunde wieder da." „Dann ist alles gut," lächelte Elma Negro, „nur Sie sehen mir so matt aus, Mutter Herolt?" „Das Herz, gnädige Frau, das Herz will nicht mehr mit, gar nicht mehr," sagte leise Luise Herolt. „Sie Arme!" Elma reichte ihr freundlich die Hand. Dann gingen Negros. Der Diener folgte, und Luise Herolt ging hinterdrein, Las Hauptportal abzu schließen. Sehr langsam, denn das Herz arbeitete wie- der, stieg sie dann Lie Treppe empor: oben setzte sie sich an der Kinder Betten. Mimmi und Nina bettelten: „Erzählen!" Und Luise Herolt erzählte ein rührendes Märchen. Et was unendlich Beschwichtigendes lag in ihrer Stimme. Die Kinder wurden ergriffen und müde dabei. „Beten," bettelte Nina. Mutter Herolt svrach leise und langsam: „Müde bin ich, geh zur Ruh" ... die Kinderaugen schloffen sich schon etwas . . . „Kranken Herzen sende Ruh, nast Augen schließe zu." ... Da waren sie einge- schlaicn, Mimmi und Nina, tief und fest, wie Kinder schlafen . . . Und Luise Herolt war — allein wach in dem kleinen, hübschen Hause, das weit draußen vor der Großstadt einsam in seinem Gartenviereck lag. Der Wind strich noch immer durch die Straßen, tastete an den Scheiben. Wie Knistern und Klage« klang es zuweilen. „Kranken Herzen sende Ruh." . . . Ach, ihr Herz, war auch krank, krank von all dem Gram, dem Jmn-! mer, den es erdulden mußte, Ser Mann, der sie aus Liebe erwählt, und den sie selbst geliebt — schließlich! doch im T' iink verkommen. All ihre Liebe hatte da nichts nütz n, nichts helfen und halten können. Kin der kamen un- starben früh. Ein Kin- blieb am Le ben, ein einziges, ein Junge — Oskar. Und sie hin»! an diesem Jungen, wie nur eine Mutter, eine wtE! liche Mutter an ihrem einzigen Jungen, an ihrem Lieb ling hängen kann, mit jeder Faser ihres Seins. Unt Oskar -te verschränkten Hän-e im Schoß -er alten Frau zittern und beben leise ... Wie sie so rastend einsam sitzt, geht Bild an Bild an ihrem Geiste vorüber, nichts erspart ihr die Erin nerung von all -em Gram. Oskar gedieh herrlich, rank und schlank un- schön von Wuchs, — ganz-er Vater, äußerlich, —un-auch in Leichtsinn und Lüderlichkeit. Tanz und Kneipe, Wei ber und Nichtstun . . . Abwärts biegt sich da die Le benskurve, abwärts, abwärts, ach so bald . . . Nun ist Oskar so lange schon von der Mutter fort — verschollen .. . Das hat sie so krank und müde gemacht, so früh alt — und das Haar weiß, schnee weiß, vor der Zeit Luise Herolt zuckt plötzlich jäh empor. Eine Uhr schlug, säst laut, wie angstvoll durch Lie tiefe Stille. Was ist? Stunde« sind verronnen? Anton, der Diener noch immer nicht zurück? Was kann das be deuten? Etwas Unheimliches will die alte Frau beschlei chen, sie steht ans. Tappten nicht Schritte unten umS HauS? War da nicht ein leises Surren und Scharren an der Maner? Luise Herolt blickt auf die schla fenden Kinder. Wie friedlich sie da liegen und schlum mern — ahnungslos ... Luise Herolt geht leise durchs Zimmer, öffnet geräuschlos die Tür und tritt ins andere Gemach. Das ist finster. Die alte Frau drückt -ie Tür hinter sich zu. Scharren an der Mauer . . . Wie schützend stellt sich die alte Frau vor die Tür des Kinderzimmers .... Jetzt nein, das ist nicht mehr der Wind, der an die Scheiben tastet — das ist eine Hand . . . Eine Scheibe klirrt . . . Irgendwer steigt in'S Zimmer. Im Moment ergreift Luise Herolt den Schal ter nn- dreht das elektrische Licht auf. Blendendes Helle. Der Einbrecher prallt förmlich zurück und starrt mit schreckhaft geweiteten Augen , „Oskar!" . . . Ein weher, erschütternder Ruf. . . Und der Ein brecher blickt zu Boden. Das Herz der alten Frau arbeitet, Laß es sie ersticken will, aber sie bezwingt es. „Oskar! Sv tief bis du gesunken? Was willst du hier?" „Geld!" sagt dumpf der Einbrecher. „Negros Haven Gel- genug! Was verschlägt es ihnen, wenn ich ihnen etwas vvn ihrem Neberfluß nehme?" . . . „Schämst Lu dich nicht?" ... Er hebt das Gesicht nicht cmpvr, geduckt, an eine Kommode gelehnt, steht er da. — tici. tief den Blick gesenkt. Aber eine Art,