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Chronik des Tages. — Reichspräsident von Hindenburg wobnte am Don- ucrStag der Einweihung der neuen Jnsanterieschule in Dresden bei. — Der frühere Chefredakteur der „Deutschen Allge meinen Zeitung* und ehemalige sozialdemokratische NeichS- tagSabgeordncte Prof. Paul Lensch ist im Alter von kV Jah ren an Herzlähmung gestorben. — Die sozialdemokratische Landlagsfraktion in Sachsen will den früheren Untcrrichtöminister Fleißner alö Mini» sterpräsidcnten der neuen Regierung Vorschlägen. — Die große außenpolitische Debatte des Reichstags ist auf den 23. November verschoben worben. — Am 24. November findet in Paris eine Zusammen kunft zwischen Briand und Tschitscherin, dem Letter der russischen Außenpolitik, statt. — Der spanische König hat die an den Ausstand betei ligten Artillerieoffiziere begnadigt. Die Not des Handwerks. Einst wurde von einem goldenen Boden des Handwerks gesprochen. Heute ist von diesem Sprichwort nur noch wenig die Rede. Umsomehr spricht man von dem Daseinskampf des selbständigen Gewerbetrei benden. Das Sprichwort von dem goldenen Boden des Handwerks war in einer Zeit entstanden, als das Handwerk noch den wichtigsten Teil der gewerblichen Wirtschaft verkörperte. Heute haben diese Verhält nisse eine grundlegende Wandlung erfahren. Die In dustrie hat dem Handwerk den Rang abgelaufen und seine Lebensfähigkeit beeinträchtigt, aber nicht er drosselt. Lebensfähig ist das Handwerk auch heute noch! Davon legen die Debatten im Enqueteausschuß zur Untersuchung der wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands Zeugnis ab. Wichtiger aber ist, daß die Lebensfähigkeit des Handwerks auch durch das Handwerk selbst offenbart wird. Das ist der Fall. Das Handwerk will arbeiten, seine Selbständigkeit und Existenz verteidigen und die allgemeinen Lasten mit tragen. Wer es will nicht, daß die von ihm gezahlten Steuern dazu verwendet werden, um Staats- oder Gemeindeunternehmungen zu gründen, die Arbeiten verrichten sollen, die bisher vom Handwerk und von sonstigen Gliedern des gewerb lichen Mittelstandes ausgeführt wurden. In dieser Frage besteht eine einheitliche Abwehrfront der ge samten Wirtschaft. Diese ist bei der Mitte November in Berlin veranstalteten Protestkundgebung gegen die Betätigung von Reich, Staat und Gemeinden im Er werbsleben deutlich in Erscheinung getreten. Hinter dieser Kundgebung standen die Spitzen- verbände der gesamten deutschen Wirtschaft. Mit allem Nachdruck wurde darauf hingewiesen, daß in Deutsch land die Privatwirtschaft die Hauptträge rin der öffentlichen Lasten ist, und daß es deshalb nicht angeht, die Leistungsfähigkeit der Wirt schaft dadurch zu gefährden, daß die von Reich und Gemeinden betriebenen Unternehmen mit den Unter nehmungen der privaten Gewerbetreibenden in Kon kurrenz treten. Man kann von der Wirtschaft nicht Steuern verlangen und gleichzeitig die Möglichkeit zur Ansammlung von Steuergeld verhindern. Ein Ver treter des Einzelhandels wies darauf hin, daß die Konkurrenz, die ein Gemeinwesen seinen eigenen Steuerzahlern unter Ausnutzung seiner behördlichen Machtstellung bereitet, dem unlauteren Wettbewerb n bekommt. Wie schwer diese Konkurrenz vom Handwerk wie von der übrigen Wirtschaft empfunden wird, zeigt sich darin, daß ein anderer Redner den Kampf des freien selbständigen Unternehmers gegen die Bedro hung seiner Existenz durch Wettbewcrbsunternehmungen von Staat und Gemeinden als wichtiger bezeichnete, als alle Gegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeit nehmern. In einer einstimmig angenommenen Entschließung wurde verlangt, daß diesen Beschwerden bei der Be ratung der neuen Steuergesetze Rechnung getragen wird. Zehr richtig bemerkte der Vorsitzende des Reichsver bandes des deutschen Handwerks, Klcmpnermeister D er- lien, daß man seine Hoffnungen nicht allein auf die endliche Einsicht des Staates setzen darf, sondern sich selbst um Abhife bemühen muß. Derlien er klärte, „wer die Eingriffe der öffentlichen Hand in private Wirtschaft nicht billigt, darf auch die öffent lichen Betriebe nicht unnötig in Anspruch nehmen und ihnen seine Kundschaft zuführen." Es kann allerdings nicht bezweifelt werden, daß die Be folgung dieser Parole, besonders, wenn sie von allen Berufsständen ausgegeben wird, Handwerk und Ge werbe ein gutes Stück vorwärts bringen wird. Natürlich ist die Not des Handwerks nicht allein durch den Wettbewerb der öffentlichen Unternehmungen verschuldet, sondern auch durch die moderne Ent wicklung des Wirtschaftsprozcsscs. Das ist auch vom Handwerk erkannt worden, d^ bereits 1919 ein Forschungsinstitut für rationelle Betriebsführung ins Leben gerufen und sich ganz auf Selbsthilfe ein gestellt hat. Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, daß eine Steigerung der Wirtschaft lichkeit der Handwerksbetriebe nicht zu umgehen ist. Zu gleichem Resultat gelangte auch der Direktor des badischen Landesgewerbeamtes Bucerius, der sich in einer vor dem Enqueteausschuß gehaltenen Rede mit der Lebensfähigkeit des Handwerks befaßte. Buce rius betonte, das Handwerk könne seine Wettbewerbs fähigkeit wesentlich verbessern, und zwar durch die Benutzung von Maschinen, durch Preissenkungen, die den Umsatz erhöhen, und durch Gründung von Einkaufsgenossenschaften. Das Problem der Wiederherstellung der Wirt schaftlichkeit ist beim Handwerk ein anderes als bei der Industrie. Beim Handwerk ist nicht das Kapital, sondern die Arbeit die Quelle des Erfolgs. Ebenso sind die Maschinen dem Handwerk kein Mittel zur Massenherstellung, sondern verbessertes Werkzeug und ein Mittel zur Ersparnis von Ar beitskraft. Alles in allem ist zu sagen, daß das Handwerk auch in der neuen Wirtschaft noch große Bedeutung und wichtige Aufgaben zu erfüllen hat. Andererseits hat das Handwerk.aber auch mit großen Schwierigkeiten zu i rampfen. Tatkräftig ist der Kampf ausgenommen wor- > den. Möge er denn zu einem vollen Erfolge führen, damit auch in Zukunft ein starker und gesunder gewerb licher Mittelstand in Deutschland gedeihen kann. Das Regierungsproblem. Stegerwald und Wirth über die politische Lage. In e ner Versammlung der Zentrumspartei in Osterfeld sprach der frühere preußische Ministerpräsi dent Stegerwald über die Notwendigkeit einer Er weiterung der ReichSregierung. Redner beschäftigte sich mit den Schwierigkeiten, die einer solchen Erweiterung im Wege stehen und fuhr fort: Die Hindernisse nach links liegen darin, daß tie Sozialdemokratie der Deutschen Vvlkspartei und die Deut sche Bolkspartci der Sozialdemokratie nicht traut Die Schwierigkeiten nach links bestehen weiter darin, baß in der Sozialdemokratie ein großer Flügel vorhanden ist, der sich »in die Berantwo.tung herum drücken möchte. Gegen eine Verbreiterung nach rechts bestehen im Zentrumslagcr die größten Bedenken, weil bei der Nechtskoalition die An hänger der monarchistischen Staatsform innerhalb der Koa» lition in der Mehrheit sind und weil starke Kräfte in den Rechtsparteien immer noch nach der alten privilegierte» Kastenherrschast streben und dabet von einem Kreis der höheren Beamten die ebenfalls rechts stehen, nachdrück lichst unterstützt werden. Die Dcutschnationale Partei könne nicht als christliche Volkspartei im ganzen augesprochen wer- den In dem Augenblick, wo die christlich-konservativen Kräfte in der Deutschnationalcn Volkspartei das Ueberge- wicht hätten, gebe es keine Meinungsverschiedenheit mehr im Zentrumslagcr über eine Koalition mit einer wichen Partei. In Bochum hatte die Zentrumspartei den frühe ren Reichskanzler Dr. Wirth als Redner gewonnen. Dr. Wirth beschäftigte sich zunächst mit der Innen politik und forderte die Große Koalition im Reich. Die Sozialdemokratie müsse sich jedoch endlich erklären. Im außenpolitischen Teil seiner Rede fand Dr. Wirth scharfe Worte gegen die Beanstandungen durch die Interalliierten Militärkontrvllkommissionen. Deutsch land habe über den Versailler Vertrag hinaus abge rüstet und sei willig, Frankreich volle Sicherheit zu geben, verlange dafür aber volle Freiheit am Rhein. Politische Rundschau. — Berlin, den 19. November 1926. Generaloberst von Seeckt, der frühere Ches der deutschen Heeresleitung, ist z» längerem Aufenthalt in Ra- pallo eingetrosfen. — Reichsminister a. D. K o ch, der Führer der demokra» tischen Partei ist von seiner Amerikareise nach Deutschland zurückgckehrt. — Der dritte preußische Landgemeindetag hat den Land tagsabgeordneten Oekonomicrat Dr. Schiftan in den Haupt» Vorstand des Verbandes preußischer Landgemeinden gewählt. — Der wegen Beleidigung des Kardinals Faulhaber in N. Instanz zu sechs Monaten Gefängnis verurteilte Schrift leiter Huppertz hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. * :: Reichslaudbund und Staat. Auf einer Ver sammlung des Reichslandbundes in Magdeburg sprach der Präsident des Bundes, Wg. Hepp, über den Kampf der Organisation um ihre Rechte. Er beleuchtete ein gehend die Stellung des Retchslandbundes zum ge genwärtigen Staat, forderte Entpolitisierung des Staa tes und verlangte u. a. im Interesse der Landwirtschaft und des gesamten Volkes eine vernünftige Zoll- und Handelspolitik. Er schloß seine Ausführungen: „Unsere Parole hat zu lauten: Hinein in den Staat! Die Land wirtschaft kann sich nicht mehr außerhalb des staat lichen Machtbereichs beweaen. Sie bat als s ster Berufsstand und Wirtschaftssektor, aber auch als größte Masse nationaldenkender deutscher Menschen ein Recht, verantwortlich an der Macht des Staates betei ligt zu sein." :: Die Rückzahlung ver Mittelstaudskrevite. Auf verschiedene Anfragen teilte das preußische Staats ministerium mit, daß eine Verlegung der Rückzahlungs termine der Mtttelstandskredite, deren nächster am 1. Februar 1927 bevorsteht, nicht notwendig ist. Die Einhaltung der Zahlungstermine bedeute jedoch noch keine Rückforderung der Kredite. Die Zentralinstitute hätten sich vielmehr bereit erklärt, Stundungsantrügen, soweit es irgend vertretbar ist, Rechnung zu tragen und auch den ihnen angeschlossenen örtlichen Kredit instituten zu empfehlen, bei der Einziehung der aus stehenden Kredite mit möglichster Schonung vnrzugehen. Es wird daher in Fällen, in denen von Kreditinstituten oder Darlehnsnehmern eine weitere Belassung der Kredite beantragt werden sollte, dem entsprochen wer den können. :: Fraucuforderungen zum Schundkampfgesetz. Die Vereinigung evangelischer Frauenverbände Deutsch lands hat einstimmig an den Reichstag die dringende Bitte gerichtet, dem Gesetz zur Ben-ahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften zuzustimmen. :: Brauns über Tarifverträge und Arbeitsrecht. In einer Versammlung des Katholischen Volksvereins in Augsburg machte Reichsarbeitsminister Brauns be rechtigte Ausführungen über das geplante Arbeits recht. Das Gesetz verlange die Mitwirkung der Ar beitnehmer bei der Regelung der Arbeitszeit, bei der wirtschaftlichen und sozialen Gesetzgebung, bei der Ver waltung der Arbeitseinrichtungen und bei der Ar beitsgerichtsbarkeit. Diese Mitwirkung sei durch die Verfassung geschaffen und gesichert worden. Im Neichs- wirtschaftsrat seien die Gewerkschaftsvertreter gleich berechtigt mit den Vertretern der Unternehmer, eben so in der Verwaltung und in der wirtschaftlichen Gesetzgebung. Durch die Tarifverträge seien vor dem Kriege 1,4 Millionen Arbeiter erfaßt worden, heute dagegen 14 Millionen. Wenn die beiden Parteien nicht übereinkämen, sehe die moderne Gesetzgebung das Ein greifen des Staates durch einen Verhandlungszwang vor. Ein Wirtschaftskampf, wie er sich zur Zeit in England abspiele, sei bei uns gerade durch diese Be- stimmunaen nie mvalick. i Rundschau im Auslände. > t In Bern ist eine internationale Konferenz des Noten Kreuzes eröffnet worben, a» der 29 Rezierun- aen und 27 Vereine des Roten KrenzeS tcilnclnnen. , t Der polnische Abgeordnete Moraczewski ist au» der Sozialistischen Partei ausgeschlossen worden, da er der Auf forderung, ans der Negierung Pilsudski auSzuscheiben. nicht Folge geleistet hat. t Wie ans Java gemeldet wird, ist die Lage im Westen des Landes, dem bisherigen Herb der Revolution, befrie digend. In anderen Teilen hat der kommunistische Aufstand dagegen ernste Formen angenommen. t Nach einer Mitteilung der mexikanischen Regie rung haben die Regierungstruppen die revolutionäre Erhe bung vollständig niedergeschlagen. * Erstaunen über den deutschen Kolonialgedankeu. t Verschiedene englische Zeitungen beschäftigen sich er. ncut mit dem kolonialen Gedanken in Deutschland, über dessen Lebensfähigkeit einzelne Blätter erstaunt sind. Eö wird ausgeführt, daß Deutschland seine Tätigkeit nicht allein daraus beschränkt, dem Kolonialgedanken Freunde zu ge- winnen, sondern auch große praktische Anstrengungen un- teruünmt 100 HandelS- und Plantagengesellschaften hätten den Wiederaufbau der Kolonialwirtschaft erfolgreich in An. griff genommen. Man würde daher gut tun. der kolonialen Bewegung in Deutschland mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken. Europas Weg zum Frieden. j Zu Ehren des nach London zurllckgekehrten frühe ren Botschafters in Berlin Lord b'Abernon wurde ein großes Festessen veranstaltet, an dem Vertreter der engli schen Regierung, des diplomatischen Korps und zahlreiche führende Persönlichkeiten teilnahmen. Lord Reading wies einleitend auf die von d'Abernon für den Frieden geleistete Arbeit hi». Unter schwierigen Verhältnissen habe er zwischen Deutschland und England neue freundschaftliche Veztehun- gen hergcsteltt. Der deutsche Botschafter Sthamer er- kannte an. daß Lord d'Abernon auch als Mensch der deut schen Eigenart hatte gerecht werden wollen. Minister Chur chill hob die Bedeutung hervor, die einer Zusammenarbeit der europäischen Hauptmächte zustimme. Danach kam Lord d ' A b e r n o n .selbst zu Worte, der ausführte, der Frte- den in Europa sei gesichert, wenn er auch auf dem Wege der Locarno-Beschlüsse etwas langsamer als bisher vorwärtsschreiten würde. Stresemann. Briano und Cham- berlain seien persönliche Bürgen dafür, baß der Weg wei ter beschritten werde. Die europäische Friedenspolitik müise ergänzt werden durch eine gesamteuroväische WirtschastZ- Politik, die die Hindernisse des Handels beseitige. ES iet ein untragbarer Tiefstand, in dem die verarmten euro päischen Länder mit vielen Zollschranken und Verkehrshin dernissen jetzt Wirtschaft trieben. Ein Pariser Versuchsballon. Ständige Völkerbundskontrolle im Rheinland? An der Aufhebung der interalliierten Militärkvn- trolle ist kaum noch zu zweifeln. Die Erörterungen darüber verstummen allmählich. Umso größeren Raum nimmt die Diskussion ein, die sich mit der Ausge staltung der Völkerbundskontrolle befaßt. Nach dem Artikel 213 des Versailler Friedensvertrags unterliegt Deutschland hinsichtlich seiner Entwaffnung nach der Aufhebung der interalliierten Militärkontrolle einer Völkerbundskontrolle. Das Wie dieser Kon trolle ist noch umstritten. Die Anschauungen, die Deutschland und England darüber haben, unter scheiden sich ganz erheblich von denen, die Frankreich zum Ausdruck bringt. Aus diesem Gegensatz folgert der Pariser „Petit Pari- sien", daß ein Kompromiß notwendig ist. Dcnischland habe sich, so behauptet die französische Zeitung, dieser Notwendig keit nicht verschlossen «nd scheine fetzt eine ständige Kontrolle im Rheinlands «nd in der entmilitarisierten Zone ans dem rechten User deS Rheins znlassen zn wollen, während im übrigen Deutschland eine ständige Kontrolle nicht ausgcübt werben soll. Das Verhalten der deutschen Regierung gibt dem Petit Parisien zu dieser Behauptung keine Berechtigung. Das Ziel der deutschen Politik in der Entwaffnungssrage ist die Beseitigung der interalliierten Militärkontrolle und die Verhinde rung jeden Versuchs, die bisherige Einrichtung unter einem neuen Namen fortleben zu lassen. Nach deutscher Auffassung kann eine ständige Völkerbundskontrolle niemals in Frage kommen. Den gleichen Standpunkt nimmt England ein. Danach kann die Völkerbunds- kontrolle nur bei begründeten Klagen irgendeiner alliierten Macht in Einzelfällen praktisch in Erscheinung treten. Und zwar auf Beschluß des Völkerbundsrats. Diese Auffassung wird die Reichsregierung auch weiterhin nachdrücklichst vertreten. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen, doch kann ge sagt werden, daß die Verhandlungen in einem für Deutschland nicht ungünstigen Sinne fortgefllhrt werden. In den letzten Tagen hatte Briand mit dem englischen Botschafter in Paris eine neue Unterredung, bei der ebenfalls vie zukünftige Kontrolle der deutschen Entwaffnung besprochen wurde. Der englische Botschafter soll Briand ersucht haben, nicht auf einer genauen Erfüllung aller Entwaffnungsforderungen zu bestehen, da es sich nur um geringfügige Dinge handele. Eine amtliche Mit teilung über diese Unterredung ist nicht herausgegeben worden. Umso üppiger gedeihen die Gerüchte. So soll zwischen England und Frankreich ein Abkommen abgeschlossen worden sein, das bestimmt, daß die Mi litärkontrolle erst nach der Einrichtung der Völker bundskontrolle zurückgezogen werden soll. Deutscher seits hält man ein solches Abkommen für wenig wahrscheinlich. Man betont, daß die interalliierte Militärkontrolle mit dem Völkerbund nichts zu tun hat und ihre Tätigkeit einstellen muß, wenn die Vor aussetzungen dafür gegeben sind. Auch wird darauf hingewiescn, daß England vorgeschlagen hat, das Haager Schiedsgericht mit einer Auslegung des Artikels 213 des Versailler Friedeusvertrags zu betrauen. Im übrigen wird von zuverlässiger deutscher Seite erneut betont, daß eine sachliche Klärung noch nicht erzielt ist. Von einer Svn- derkonferenz zwischen Stresemann, Briand und Cham berlain zur Regelung der Restfragen der Militärkon trolle, von der ein Teil der Berliner Presse berichtete, ist den zuständigen Stellen nichts bekannt.