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Beilage Mr WeHeriy-Zeiwag 92. Jahrgang Montag, am 20. September 1926 Nr. 219 'N iK e. V. le >el los »ze'n ützen ^vom Zwer fallen 7424. , 723, 1635, 1967, 2581, 3186, 4130, 5130, 6276, VölLerbund und Kriegsschuld. Ein Schreiben an den Genfer Bund. Der durch seinen Kampf gegen die Kriegsschuld lüge bekannte Berliner Geschichtsprofessor Hans Del» Das Ergebnis von Thoiry. Der amtliche Bericht über die Zusammen» kunst Briand — Stresemann. Nach der Rückkehr Stresemanns lind Briands aus dem französischen Oertchen Thoiry, in dem die fünf stündige Aussprache zwischen den beiden Ministern statt- gefnnden hatte, wurde am Freitag abend folgende ge meinsam vereinbarte amtliche Mitteilung ausgegebenr „Ter deutsche Rcichsaußeuminister Dr. Strese mann «nd der französische Aussenminister Briand trafen sich znm Frühstück in Thoiry. Sie hatten dort eine mehrstündige Nntcrhaltnng, die in herzlichster Weise verlief. Im Berlanf dieser Nntcrhaltnng prüften sie der Reihe nach alle ihre beiden Länder interessierenden Frage» und suchten gemeinsam «ach den geeignetsten Mitteln, nm die Lösung dieser Fragen in deutschem «nd in fran- zösisck-em Interesse «nd im Geiste der von ihnen «nterzeichneten Bereinbarnnge« sicherznstellcn. Tie beiden Minister brachten ihre Ans» fass« «gen über eine Gesamtlöfnng der Fra gen in Einklang, wobei sich jeder von ihnen M Chronik des Tages. — Bei der Aussprache zwischen Briand und Strese mann wurde eine Uebereinstiinmuug über die Gesamtlösuna der dcutsch-srauzüsischen Probleme erzielt. — Die Zahl der ThphuSerkrankungen in Hannover hat die Zahl von 1500 bereits überschritten. rrichlung deswohb 50« M. reit, bas ehn von eichsstoch zinsfrei ast Halle Lrwerbs- Die Ge- umschast «achraum nme von iemeinbe enzelsche Der 1«. von der rr Dor- dirokasie ltek: 3'/, Gelder, Brückenkopfes Geltung Häberl und in "denen die Aus hebung der sogenannten Schutzverordnungen sowie die Amnestierung und Freilassung der unter der Geltung dieser Verordnungen verfolgten bzw. verurteilten und inhaftierten Personen ausgesprochen wird. Ausgenom men sind nur Personell, die Verbrechen gegen das menschliche Leben mit Todeserfolg begangen haben. Die Verordnungen sind bereits in Kraft getreten. ^,4 gleichgesinnte französische Herren, und man beschloßt an den Völkerbund in Genf ein Schreiben zu richten, das in der Aufforderung gipfelt, der Bölkerbund möge eine unparteiische Untersuchung der Ursache« des Welt krieges vornehme«. In dem Schreiben wird zunächst sestgestellt, daß die Völkerbundsversammlung durch Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund und durch Gewährung des Ratssitzes tatsächlich den fundamen talen Artikel des Versailler Vertrages, der Deutschland die Schuld am Ausbruch des Welt krieges zuschreibe, annulliert. Indessen das öffent liche Gewissen, das durch jene Parodie eines Rechts« spruches tief verletzt sei, werde in dieser Maßregel der Wiedergutmachung nur eine verspätete und un genügende Genugtuung erblicken. Wörtlich heißt es dann in dem Schreiben: „Eine unparieiische, gründliche und strenge Unter suchung über die Ursache des Weltkrieges wird der ösfent- liche» Meinung Vic notwendige Beruhigung geben. Fl,re Sache ist cS, sie vornehmen zu lasse«. Fhrc Sache ist eS, Fälschungen anszudcckcu, die anch heute «och die Geister vergiften und den unversöhnlichen Has, weiter gären lassen. Diese Nntersuchung ist nicht allein »»entbehrlich für die völlige Wicdcrherstellnug des Friedens, sie wird gefordert durch die Würde nnd daö Ansehen des Völkerbundes, der geschaffen ist durch eben jene« Vertrag, dessen verdiente Mißachtung er teilen muß, wenn er nicht die Satzung, auf die er gegründet ist, reformiert. Dnrch die Lüge hat man die Geister aufgeregt und die Nationen veranlaßt, sich auscinandcrziistiirzcn. Nur aus der Wahrheit wird der Friede geboren werden. Außer halb der Wahrheit ist ein Politischer Ausba» moralisch »n° möglich. Entweder der Völkerbund wird das Licht bringen, oder er wird ein Nichts sein." Unterschrieben haben den Brief, der an den Prä sidenten und Mitglieder der Völkerbundsversammlung gerichtet ist, anher Delbrück und Barnes die Franzosen Demartial, Dupin, Morhardt und Pevet. Wundschau im Auslande. » ! Der frühere belgische Kultusminister Deströ tritt im Brüsseler „Svir" für eine neue freie und geheime Volks abstimmung in Eupen-Malmedy ein. * Das französische Kriegsministerium läßt durch HavaS erklären, daß die Nachricht über französische Truppenan sammlungen an der italienischen Grenz« unzutreffend sei. * In London sind abermals 105 000 Pfund Sterling zur Unterstützung der streikenden englischen Bergarbeiter von dem russischen Bergarbeitcrverband eingegnngcn. * Der amerikanische Schatzsekretär Mellon ist nach mehr monatigem Aufenthalt in Europa wieder in Washington ein getroffen. » Masscnvcrhaftttttgcn in Rom. k Im Zusammenhang mit dem letzten Attentat aus Mussolini hat die römische Polizei eine große Razzia nach politischen Verschwörern durchgeführt. Mehr als 300 ver dächtige Personen wurden verhaftet und etwa 600 Haus suchungen vorgenommen. Bcrzicht Spaniens auf Tanger? k Wie aus London berichtet wird, hat die spanische Regierung in einer gleichzeitig an England und Frankreich gerichteten Note erklärt, daß sic nicht länger auf ihrer Forderung nach Einschluß Tangers in die spanische Ma rokkozone bestehe. Die spanische Regierung schlage Vorbe sprechungen zwischen Großbritannien, Frankreich und Spa nien zur Erörterung der Zulassung Italiens unter einem abgeänderten Statut vor. Auf diese Besprechuno würde eine Vollkonfereuz aller Signatarmächte des Alge ciras-Vertrages folgen. In amtlichen britischen Kreisen über wiegt anscheinend die Ansicht, daß keine Notwendigkeit für eine Beschleunigung der Verhandlungen besteht und daß es praktisch wäre, wenn informelle Besprechungen vor allem zwischen Frankreich und Spanien, die die am nächsten inter essierten Mächte seien, stattfänden. Ein Amerikaner in Mexiko ermordet. ; An der amerikanisch-mexikanischen Grenze hat sich ein ernster Zwischenfall ereignet. Mexikanische Räuber Hotter den New Uorker Kaufmann Rosendahl gefangen, nm eir hohes Lösegeld zu erpressen. Als sie sich von, Militär v«r- fvlgt sahen, ermordeten sie ihren Gefangenen. Präsident Coolidge hat von der mexikanischen Negierung die lwäLkstc Bestrafung der Banditen gefordert. Politische Wundschau. ' — Berlin, den 20. September 1926. — In einem Schreiben an den in den einstweiligen Ruhestand getretenen Staatssekretär im Reichsfinanzmini sterium, Fischer, spricht der Reichspräsident dem Schei denden de» wärmsten Dank des Reiches für die wertvollen Dienste aus. — Die Pariser Verhandlungen zur Bildung der Inter nationalen Nohstahlgcmeinschaft konnten nicht zu Ende ge führt werden, da die den belgischen Vertretern angebotene BetcilignngSmenge den Forderungen dieser Gruppe nicht entsprach. Die deutschen Vertreter sind wieder abgercist. * :: Ein «eue» Memoircnkwrk Wilhelms II. wird in den nächsten Tagen erscheinen. Das Buch behandelt die Lebenszeit des früheren Kaisers bis zu seinem Ne- gierungsantritt und beginnt mit dem Geburtsjahr 1859, cs endet mit dem Jahre 1888 und umfaßt die Kind* heitseriunerungen, sowie die ganze Periode bis zur Krönung. Auch die Beziehungen politischer und ver wandtschaftlicher Art zum englischen Königshause, sein Verhältnis zu seiner Mutter und zu seiner Großmutter, der Königin Viktoria von England, werden in dem Buch behandelt. :: Der Geioerkschaftsring zur Rede Silverbergs. Der Gewerkschaftsring dentscher Arbeiter-, Angestell ten-- und Beamtenverbände nahm in einer Vorstands sitzung Stellung zu der auf der Dresdener Tagung des Reichsverbandes der deutschen Jndnstrie durch Dr. Silverbergs aufgeworfenen Frage einer Verständigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Folgende Voraussetzungen erklärte der Gewerkschaftsring für un erläßlich: Vorbehaltlose Anerkennung der Ge werkschaften als Vertreter der Arbeitnehmer, end gültige Verzichtlcistuttg auf Uuterstützuug und Begün stigung der sogenannten wirtschaftsfriedlichen Verbände und Werksgemeinschaftcn, Anerkennung des Tarifver tragsgedankens und des Schlichtungswesens, Anerken nung der Erhaltung und Weiterführung der Sozial politik. Unter diesen Voraussetzungen ist der Gewerk« schaftsring zu einer den heutigen Volksstaat bejahen den Verständigung bereit. :: Die Befried»«« des Rheinla«deS. Die Inter alliierte Nheinlandkvmmissivn erläßt in Ausführung des mit der Neichsreaierung getroffenen Abkommens zwei Verordnungen Nr. 310 und 311, die für das gesamte noch besetzte Gebiet einschließlich iws Ketzler Gesamtlösung. Der idyllisch gelegene Ort Thoiry im französi schen Jura, etwa 20 Kilometer westlich von Genf ent fernt, ivar das Ziel des gemeinsamen Ausfluges, den Stresemann und Briand am Freitag nachmittag un ternommen hatten, um in aller Stille, weitab von dem Getriebe der Völkerbundsstadt, den ganzen Komplex der zwischen Deutschland und Frankreich schwebenden j Fragen zu erörtern. Im Hotel Leger war ein Pri- i vatzimmer für die Besprechung eingcräumt, die durch I eine Mittagsmahlzeit unterbrochen wurde. Die Uu- I Erhaltung, an der außer Briand nud Stresemann nur ' Professor Hesnard, der Pressechef bei der französischen Botschaft in Berlin, als Dolmetscher teilnahm, hat fast ! fünf Stunden gedauert. Erst gegen 6 Uhr abends kehr ten die beiden Minister nach Genf zurück, wo Dr. Stresemann alsbald der deutschen Delegation über seine Aussprache mit Briand Bericht erstattete. Kurz , darauf wurde von den beiden Delegationen eine ge- i meinsame Mitteilung über die Zusammenkunft in Thoiry ausgegeben. Wie in diesem amtlichen Bericht gesagt wird, wur- den im Laufe der Unterhaltung alle in Betracht kom- , wenden Fragen geprüft und eine Gesamtlöfnng ge- . sucht. Es drehte sich also bei der Aussprache nicht um die Herbeiführung einer Verständigung über die eine oder andere Teilfrage,' cs handelt sich nm Sen ernsten Versuch, alle Streitfragen zn lösen, die bisher eine deutsch-französische Verständigung unmöglich gemacht , staben. Neber die näheren Einzelheiten schweigt sich der amtliche Bericht aus, doch kann man annehmen, daß > die Aufhebung der Rhein la ndbesatzung im Mittelpunkt der Erörterungen gestanden hat. Eine „Gesamtlösung", in die die baldige Räumung der zweiten und dritten Zone nicht einbegriffen wäre, ist eben gar nicht denkbar. Geradezu unumgänglich ist anch die Beseitigung der interalliierten Militär- kontrvlle. Für die militärische Ueberwachung kann kein anderes Regime in Betracht kommen, als das für andere Länder nach der Völkerbundssatzung vor gesehene Verfahren. Der dritte wichtige Punkt der Anssprache von Thoiry dürfte zweifellos die Rück gabe desSaargebictes an Deutschland bezw. Vor verlegung der im Versailler Friedens-Vertrag vor gesehenen Volksabstimmung gewesen sein. Möglich wäre es auch, daß über den Rückkauf der Kohlengrube» im Saargcbiet gesprochen worden ist. Anch die Frage der preußischen Schutzpolizei, über deren Stärke, Aus bildung und Organisation immer noch einige Mei nungsverschiedenheiten zwischen der Ncichsregicrnng und der Kontrollkommission bestanden, dürfte in den >'reis der Verhandlungen miteinbczogen worden sein. Zu wünschen wäre cs auch, wenn die Frage der fried lichen Wiedergewinnung von Eu pen-Malmedy, -in der cs bekanntlich bereits fast zn einer Einigung zwischen Deutschland nnd Belgien gekommen mar, bet der Gesamtlöfnng nicht vergessen wird, denn auch diese Frage ist doch sicherlich „geeignet, die beiden Länder zu interessieren". Ohne auf diese Fragen im einzelnen einzugehen, wird in dem amtlichen Bericht die wichtige Feststellung , gemacht, „daß b c i d e M i n i st e r ihre Auffassung über die G e s a m l l ö s u n g der Fragen in Ein klang gebracht haben." Man darf also annehmcn, daß Briand den deutschen Forderungen in weitem Um fang zugestimmt hat, allerdings wohl nicht ohne die Voraussetzung, daß ihm entsprechende Gegenleistungen, in der Hauptfache auf finanziellem Gebiete, in Aus sicht gestellt wurden. Man weiß, daß Frankreich die Neberlassung eines Teiles der von Deutschland auf G' und des Dawesplancs ausgestellten fünsprozentigen Eisenbahnobligationen im Gesamtbeträge von 11 Milliarden Goldmark erstrebt, nm dnrch Ver wertung dieser Papiere seine eigene Währung zu sa nieren. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt daß gerade diese finanzielle Gegenforderung Frank reichs bei der Anssprache in Thoiry , wie anch bei den kommenden Verhandlungen der beiden Negierungen eine große Nolle gespielt hat, bezw. noch spielen wird. vorbehielt, seiner Regierung darüber Bericht z» er statten: Wenn ihre Auffassungen von ihren beider seitigen Regierungen gebilligt werden, werden sie ihre Znsammenarbeit wieder aufnehmen, um zn den gewünschten Ergebnissen zn gelangen." Das Schwergewicht bei dem in dem vereinbarten Cvmmuniquö dargestellten Ergebnis liegt, wie von zu ständiger deutscher Seite erklärt wird, vielleicht in der Betonung des Einklangs, der zwischen den beiden „Auffassungen über die Gesamtlösung" der Fragen i erzielt wurde. Es ist bekannt, daß die Auffassung Dr. , Stresemanns stets dahin ging, daß nicht die Lösung j von Einzelfragen, sondern nur eine Gesamtlösung zu i den angestrebten Zielen führt. l Die Regierungen haben jetzt das Wort. - Das Verfahren für die weitere Behandlung der ! erörterten Aufgabe wird dahin gehen, daß. zunächst s die beiden Minister ihren Regierungen über ihren > Gedankenaustausch und die dabet gewonnenen Nesul- > täte Bericht erstatten. Das wird bei Briand, der am Freitag abend einen kurzen Urlaub antrat, etwa Ende . September der Fall sein, also ungefähr gleichzeitig mit dem Termin, zu dem auch in Berlin nach Rückkehr der deutschen Delegation die Erörterung dieser Frage ge- genstündlich wird. Jedenfalls besteht die Absicht, wenn die Billigung der beiderseitigen Kabinette erlangt ist, auf die sowohl Briaud wie Stresemann hoffen, sofort kn die weitere Bearbeitung einzutreten, da eine Gesamt lösung, wenn sie überhaupt angestrebt wird, sobald als möglich erzielt werden muß. Stresemann ist zufrieden. Reichsminister Dr. Stresemann selbst schilderte den Vertretern der Presse seinen Eindruck von der Zu sammenkunft dahin, daß er bei Briand wie stets bisher starkes Verständnis dafür gefunden habe, daß die ganze Situation eine europäische Verständigung fordert, deren Kernstück die deutsch-französische Verständigung sei. Wenn ein Zusammenwirken auf den verschiedenen Ge bieten angestrebt werde, so dürften keine Streitfragen zwischen den beiden Ländern offen bleiben, welche fort gesetzt die Annäherung hemmen. Als seinen Gesamt eindruck bezeichnete der Minister de« einer außeror dentlichen Befriedigung über den ganzen Verlauf der Besprechung. Auch Briand, der Freitag abend Genf verließ» empfing cm Laufe des Abends für einige Minuten die Presse, um ihr in ähnlicher Weise wie Dr. Stresemann seine Befriedigung über die Zusammenkunft in Thoiry auszusprechen. Auch er hat es natürlich ver mieden, auf Einzelheiten einzugehen, für deren Erörte rung der Zeitpunkt heute noch nicht gekommen sei. Fortsetzung der Verhandlung«» in Paris. Wie Havas mitteilt, werden neue Besprechungen stattfinden, jedoch, wie das Communiquä' sagt, nur dann, wenn die beiden Außenminister die Billigung ihrer Regierungen finden. Briand und Stresemann werden in diesem Fall Gelegenheit finden, sich in der ersten Dezemberwoche in G en f bei der nächsten Völker-- bundstagung zu treffen, es sei jedoch auch möglich, daß, wenn der Stand der Verhandlungen es gestattet, sich die beiden Staatsmänner vor diesem Zeitpunkt ent weder in Paris oder anderswo treffen. Die große Liquidation Was iich Frankreich von der Verständi gung verspricht. Die Pariser Blätter befassen sich sehr eingehend mit der Zusammenkunft Briand-Stresemann in Thoiry. Von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken wird die weittragende Bedeutung dieser direk ten dcutsch-srauzösischen Verhandlungen betont und vor allem das finanzielle Moment hervorgo hobe». Was kann Frankreich nnn ans einer Verständi gung mit Deutschland heranSholen?, so fragt der " zu 1,8 )h e» Uec, I-Iv