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Dresdner Journal : 28.11.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189411281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18941128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18941128
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-11
- Tag 1894-11-28
-
Monat
1894-11
-
Jahr
1894
- Titel
- Dresdner Journal : 28.11.1894
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IM Beginn der Session vorzulegcn wären, erst nach der Rück kehr des Reichskanzlers habe entschieden werden können, so ergiebt sich ohne weiteres die Frage, warum man trotz dieser, in der That selbstverständlichen Sachlage, schon vor der Rückkehr des Reichskanzlers wichtige Nachrichten in die Welt setzte, nach denen es den Anschein gewinnen mußte, als ob über die Vorlegung der betreffenden Gesetzentwürfe eben schon definitive Entschließung getroffen sei. — Der Inhalt der vom Reichsamt des Innern den Einzelregierungen zur Begutachtung zugestellten Grundzüge zum ReichSapothekengcsetzentwurf deckt sich nach der „Südd. Apothek.-Ztg." im wesentlichen mit dem früher be kannt gewordenen Entwürfe der Preußischen Regierung. Danach sollen also für die Folge nur persönliche unver käufliche Berechtigungen ausgeteilt werden Das würde der König! Preußischen Verordnung vom Juni d. I. ent sprechen Neu dagegen ist, daß die bereits bestehenden, bis jetzt verkäuflichen, nicht dinglichen Berechtigungen nach einer bestimmten Zeit unverkäuflich werden sollen Der festzu setzende Zeitraum dürfte noch Gegenstand weiterer Verein barung sein. Für die Bewerbung um eine erledigte Kon zession soll ausschließlich das Approbationszeitaltcr maß gebend sein. Besitzer, die ihre Konzession oer Regierung zur Verfügung stellen, können sich mitbewerbcn. Real konzessionen bleiben nach wie vor verkäuflich, dagegen behält sich die Regierung eine Art Bestätigungsrecht in Bezug auf die sittliche Befähigung des Käufers vor. — Wiederholt ist bei den Etatsverhandlungen auf das stetige Wachsen und den hohen Stand der Schulden des Reichs hingewiesen und dabei zugleich, und zwar hauptsächlich auch namens solcher Parteien, welche einer „Dotation" der Bundesstaaten aus Reichssteuern wider streben, die Notwendigkeit betont worden, endlich mit einer Tilgung der Schulden vorzugehen, während bisher eine solche überhaupt nicht stattfindet, und selbst die Über schüsse der Reichshauptkaffe zur Deckung der laufenden Ausgaben herangezogen werden Wenn jetzt, so schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten", aus dem Umstande, daß die Reichseinnahmen in dem laufenden Etatsjahre eine erfreuliche Vermehrung aufweisen, Kapital gegen die Tabakfabrikatsteuer geschlagen werden soll, deren auf 35 Millionen Mark geschätzter Mehrertrag zur Herstellung eines dauernd befriedigenden Verhältnisses zwischen den Finanzen des Reichs und der Einzelstaatcn zu dienen be stimmt ist, so wird nicht allein übersehen, daß die Ord nung jener Verhältnisse unabhängig von den augenblick lichen Wellenbewegungen der ihrer Natur nach schwan kenden Einnahmen des Reichs zu erfolgen haben wird, sondern auch, daß es gilt, neben der Herstellung des Gleichgewichts zwischen Überweisungen und Matrikular- beiträgen eben auch den Anfang mit der Tilgung der Reichsschulden zu machen Zur Erreichung dieses Zieles liegt es bekanntlich in der Absicht, die Überschüsse der Reichshauptkasse, sowie die den Etatsansatz übersteigenden Ertrüge der zu Überweisungen an die Bundesstaaten be stimmten Reichseinnahmcn zu einem Fonds zu sammeln, welcher neben der Bestimmung, Deckung für etwaige Fehl beträge derart zu sichern, daß zu diesem Ende nicht auf die Bundesstaaten zurückqegriffen werden braucht, den weiteren Zweck hat, die Mittel zur Tilgung der Reichs schuld zu liefern. Für die Frage, wie hoch der Bedarf zur Herstellung des dauernden Gleichgewichts zwischen Matrikularumlagcn und Überweisungen zu bemessen sein wird, sind zeitweilige Mehrerträge der Reichseinnahme- guellen nicht von Bedeutung — Der „Vorwärts" enthält heute wieder einen langen' als ersten einer ganzen Serie gekennzeichneten Aufsatz Bebels zur Entgegnung aus die gegen seine Person er hobenen Angriffe. Der Ausfatz ist im wesentlichen eine Aufführung von Bebels Auftreten zustimmenden Partei- üußerungcn, schlägt im übrigen aber wieder einen sehr ge reizten Ton gegen Vollmar an Dessen Verhalten wird u. a als die „eines Klosterschülers würdige Taktik" be zeichnet. — Andererseits wird aus Nürnberg gemeldet, daß der Abg Grillenberger in seiner „Tagespost" anschei nend beginnt, zum Rückzüge zu blasen. Er hofft, „daß bei beiderseitigem Entgegenkommen es gelingen werde, den sozialdemokratischen Partei treit beizulcgen." Weimar, 27. November. Zur Beisetzung der Leiche des Erbgroßherzogs werden hier erwartet: Se. Majestät der Kaiser, Sc Majestät der König von Sachsen, Se. Königl. Hoheit Prinz Georg von Sachsen, Prinz Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig, die Fürsten von Hohenzollern und von Waldeck, der Erbgroßherzog von Baden, die Erbprinzen von Sachsen-Coburg Gotha, Sachsen- Meiningen und Reuß j. L., der italienische Botschafter Graf Lanza und eine besondere Mission der Königin-Regentin der Niederlande. — Die Erbgroßhcrzogin-Witwe ist heute nachmittag hier eingetroffen. — Aus Eisenach wird ferner gemeldet: Am Abend kam der Extrazug mit der Leiche des Erbgroßherzogs unter dem Geläute der Glocken hier an Auf dem Bahnhof war eine militärische Ehren wache aufgestellt; ferner waren die Behörden, der Gc- meindcrat, die Kriegervereinc und eine große Volksmenge versammelt. Als der Zug cinlief, entblößte die Versamm ¬ lung die Häupter und die Musik spielte den Choral „Jesus meine Zuversicht" Sodann erfolgte die Weiter- sahrt nach Weimar — Wie aus Jena mitgeteilt wird, soll auf Beschluß des Senats die Universität bei der Beisetzung des Erbgroßherzogs durch eine große Deputation vertreten sein An dem folgenden Tage findet eine Trauerfeier der Üniversität in der Kollegienkirche statt; Professor Nippold wird die Gedächtnisrede halten An beiden Tagen fallen die Vorlesungen aus. — Der Extra zug mit der Leiche des Erbgroßherzogs traf heute abend H 9 Uhr in Weimar ein Die Leiche wurde durch die mit dichten, in ehrerbietigem Schweigen verharrenden Menschen maffen gefüllten Straßen, in denen fackeltragende Krieger und Militärvereine Spalier bildeten, zur Kirche übergeführt, wo in Anwesenheit der Hohen Herrschaften die Einsegnung stattfindet. Österreich-Ungarn. Wien, 27. November. Über den Stand der Wahl reform hat der Ministerpräsident FürstWindischgrätz in der heutigen Abendsitzung veS WahlreformausschufieS ein gehenden Aufschluß erteilt. Anknüpfend an die vorjährige Erklärung der Regierung sagte der Ministerpräsident, daß er es als erste wichtigste Aufgabe betrachte, im Ein vernehmen niit den Koalitionsparteien eine umfassende Wahlreform zu schaffen mit Aufrechterhaltung der bis herigen Vertretung der Interessengruppen, mit genauer Berücksichtigung der Verhältnisse der Königreiche und Länder, mit einer wesentlichen Ausdehnung des Wahl rechts insbesondere auf die Arbeiter und zugleich mit der Sicherung des bisherigen Schwergewichts der politischen Rechte des Bürgerstandes und Bauernstandes. Zur Er reichung dieses Zweckes sei zunächst der Weg vertraulicher Besprechungen eingeschlagen worden, jedoch hätten die seitens der Regierung als Grundlage der Besprechungen mitgeteilten Grundzüge nicht allseitige Zustimmung ge funden Bei Wiederaufnahme der Beratungen, vorerst mit den Obmännern der koalierten Klubs, sei aus der Mitte der Teilnehmer auf den Antrag zur Errichtung von Arbciterkammern, mit Erteilung des Wahlrechts an diese, hingewiefen worden, und es habe nicht aus geschlossen geschienen, daß das Projekt in den Haupt- prinzipicn bei den koalierten Parteien Anklang finde Da zugleich hcrvortrat, daß die Sicherung der notwendigen qualifizierten Majorität für die umfassende Vorlage mancher lei bedeutenden Schwierigkeiten begegnen würde, war die Regierung bereit, jenen Vorschlag zur Errichtung von Arbeiterkammern bez. von Abteilungen bei den HandelS- gewerbekammern für Arbeiterangelegenheiten aufzunehmen, um so mehr als die Vertreter sämtlicher Parteien über einstimmend mit der Regierung die Gewährung einer parla mentarischen Vertretung der Arbeiter unter allen Um ständen angczeigt erachteten. Bei der jüngsten Erweiterung des Kreises der zu den Besprechungen beigezogenen Ver trauensmänner habe cs sich jedoch herausgestellt, daß auch gegen diesen Vorschlag gewichtige Bedenken erhoben wurden, so daß die Einbringung einer derartigen Vorlage keinen unzweifelhaften Erfolg gehabt Hütte. Die Regierung lasse nunmehr eine Ausschußberatung über die Wahlreform ein- trctcn. Nach den Erfahrungen bei den bisherigen Be sprechungen scheine die Einräumung einer parlamentarischen Vertretung an die Arbeiter eine allseitige Billigung ge funden zu haben, und werde eine solche zunächst in Aus sicht zu nehmen sein. Sollte eine Berücksichtigung auch anderer, bisher nicht wahlberechtigter Volksschichten die Zustimmung der genannten Parteien finden, so werde die Regierung, insofern solche Anträac in dem Rahmen der obenerwähnten, maßgebend bleibenden Erklärungen sich be- wegen, bereit sein, an dem Zustandekommen von Gesetzentwürfen auf dieser Basis mitzuwirken Seitens der Konservativen erklärten sich hierauf Graf Hohenwart, seitens der Polen Stadnicki und seitens der Vereinigten Deutschen Linken Kuen bürg mit dem von der Regiening eingeschlagencn Wege einverstanden. Namens der Jungtschechcn trat Brzorad für das allge meine gleiche und direkte Wahlrecht ein. Fürst Windisch - grätz teilte weiter mit, die Wahlreformvorlage sei vom letzten Ministerium zurückgezogen worden Die Regierung habe die im Jahre 1893 abgegebene Erklärung nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern habe vielmehr alle da mals maßgebenden Umstände in die heutige Erklärung ausgenommen und könne nur einer von sämtlichen koalierten Parteien angenommenen Wahlresorm zustimmen, nicht aber den aus das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht ab- zielendcn Anträgen Prinz Karl Schwarzenberg, Dipauly (Ruthene), Romanczuk (Pole) und Rulowski sprachen sich sür die Erklärung der Regierung, der deutschnationale Prade und der mährische Tscheche Fanderli dagegen aus. Buda-Pest, 27. November Ministerpräsident Wekerlc kam gestern abcnd an. Er brachte einen Erfolg der Reise insofern, als der König den drei ihm vorliegenden Gesetz entwürfen die Sanktion erteilt, ohne die noch aus stehende Genehmigung der Vorlagen über die Religions- sreiheit und die Judenrezeption durch das Oberhaus abzu warten. Die Ausfafiung war, der Monarch wolle durch die Sanktion keinen unverfafsungSmäßigen Druck auf das Oberhaus auSübcn; sondern nach besten Votum entweder alle fünf oder nur die drei Vorlagen sanktionieren Wekerlc gelang e-, diese Bedenken zu zerstreuen unter Hinweis darauf, daß die Magnaten - Opposition eben die ausbleibende Sanktion als unverfasiungSmäßige Stellungnahme der Krone gegen das Ministerium ausbeute Die Regierung wurde somit ermächtigt, auf etwaige Anfragen der Oppo sition zu erklären, die Sanktion werde nächster Tage er- folgen Die Regierung besitze da» volle Vertrauen der Krone und werde die ausstehenden Vorlagen demnächst im Oberhaus neuerdings verhandeln. Soweit ist formell alles geklärt, gleichzeitig aber taucht die Nachricht auf, die Krone verlange, wenn die zwei Vorlagen im Oberhause fallen, solle die Regierung diese preisgebcn, um den Frieden herzustellen. Ein solches Preisgeben wäre jedoch unstreitig eine ernste Niederlage der Regierung Über haupt verkündet eine Anzahl Blätter, daß keine Lösung er folgt sei, sondern nur ein Moratorium Die Krise werde nach Bewilligung des Gesamtbudgets ausbrcchen Sehr wahr scheinlich ist auch für den objektiven Beobachter, daß die Neubildung des Kabinett» gegen Jahresschluß erfolgt; möglich, daß Wekerlc selbst dann mit Szilagyi, mit dem er übrigens persönlich nicht harmoniert, an den ihn jedoch prinzipielle Erwägungen gebunden halten, zurücktritt. Es verlautet auch, daß der König demnächst nach Buda-Pest kommt, obgleich er sich erst während der Delegation hier aufhielt. Das wäre das sicherste Zeichen, daß eine Krise vorhanden, welche die Anwesenheit des Monarchen er fordert. Alle diese Momente zusammen machen den Ein druck, daß für den ruhigen Fortgang der Geschäfte bis über die Budgetberatung vorgesorgt, über die Zukunft jedoch noch keine endgiltigen Entschlüsse vorhanden sind — Das Abgeordnetenhaus trat sofort in die Be ratung des auf der Tagesordnung stehenden Budgets des Handelsministeriums ein, ohne daß zuvor seitens der Oppo sition irgendwelche Anfrage gestellt wurde. Frankreich. Paris, 27. November. Von einer Begegnung der Prinzessin Mathilde Demidow, geborenen Bonaparte, der Schwester des verstorbenen Prinzen Napoleon, und der Gemahlin des Präsidenten der Republik bei dem Trauergottcsdicnstc in der russischen Kirche wußte der „Figaro" mit solchen Einzelheiten zu erzählen, als ob da durch ein neuer Kurs in Frankreich eingcführt worden wäre. Die Prinzessin, bekanntlich eine sehr gescheidte Frau, welche, ähnlich wie der Herzog von Aumale, der Annehm lichkeit, in Paris bleiben zu können, jede Parteinahme für dynastische Interessen geopfert hat, trat an der Kirchcn- thüre zurück, als Frau Casimir-Perier gleichzeitig, ohne sie zu kennen, die Schwelle überschreiten wollte, und nun fand ein Austausch von Höflichkeiten statt, der die Ge mahlin des Präsidenten zu einem Besuche bei der Tante des Prinzen Victor Napoleon führte. Daraus schloß der „Gaulois" etwas kühn, im Elysöcpalaste sei man mehr als je geneigt, der konservativen Gesellschaft und Partei wich tige Zugeständnisse zu machen. Darüber spottete gestern Henry Foaquier, der jetzt im „Figaro" an der Stelle Magnards ohne Unterschrift, mit dein vorangesetzten Figarozeichen, dem l' mit der Feder Figaros, schreibt. Er meint, man dürfe nicht solche Schlüffe ziehen, sondern müsse einfach die Thatsache anerkennen, daß mit dem Ver schwinden der Throne die Aristokratien sich erweitert haben und die alten Klassenunterschiede neuen Zuständen weichen muffen. Weil der Boden unter den Füßen zittert, schlage ein jeder seine Klagen um Vergangenes in den Wind und suche einen Stein zu einem starken Bau zu tragen. Vor dem drohenden Sozialismus könnten die Franzosen niemals stark und einig genug sein. — Die großen Pariser Blätter, wie die „Tcbats" und der „Temps", beschäftigen sich angelegentlich mit der inneren Politik Deutschlands und bezeichnen mit einer gewissen Absichtlichkeit den neuen Kanzler als einen nur interimistischen. Geschieht dics, um Mißtrauen gegen die Stetigkeit der auswärtigen Politik Deutschlands zu er regen? — Für die Flußtransporte auf Madagaskar werden zwölf Kanonenbote mit geringem Tiefgang ge baut. — Der „Progrös militairc" übt eine zutreffende Kritik an der Idee des Kriegsministers, die Linien-Infan terie in dem Expeditionscorps nicht etwa durch ein ge- fchloffencs Regiment, welchem die Freiwilligen anderer Truppenteile einzuvcrleibcn, vertreten zu lassen, sondern durch ein sogenanntes „Marschregiment" zu repräsen tieren, das aus Kadres und Mannschaften aller achtzehn europäischen Corps bunt zusammengewürfelt wird. Was ein solches kombiniertes Regiment, dem jeder innerer Zu sammenhang abgeht, wert ist, das hat die Kriegsgeschichte in zahlreichen Beispielen erwiesen, wie der „Progres" betont. Grof; brita nnieu. London, 27. November. Die Morgcnblätter widmen der Vermählung des Zaren Leitartikel, die sich über- Malcrci. Im Münchner Kunstvercin ist für einige Tage Uhdes neuestes Werk, die für Wien bestimmte „Grabtragung Christi", ausgestellt worden. Uhde hat dies mal auf alles landschaftliche Beiwerk verzichtet. Die lebensgroßen Figuren füllen die Bildfläche fast ganz. Zwei jüngere Männer und ein Greis tragen den Leich nam Christi, Maria drückt die Hand des toten Sohnes inbrünstig, schmerzlich an die Lippen Von dem Gefolge ist nur ein junges Mädchen vollständig sichtbar, ein Krieger leuchtet mit einer Fackel voran. Der Lichtcffekl ist nichts weniger als realistisch behandelt, auf die Mittelgruppc fällt voller wcißcr Glanz, das übrige verschwimmt im Dunkel. ES ist ein ergreifendes Bild und namentlich die Köpfe der beiden jüngeren Männer sind von außerordent licher Schönheit. — Eduard Grützner hat ein neues Klostcrbild vollendet. Dicscsmal sind es Karthäuscr in ihrer weißen, besonders malerisch zugeschnittcnen Ordens tracht, die er vorführt. Er zeigt sie uns in der Klostcr- küchc, wo eben die Fastenmahlzcit zugcrüstct wird — ein armer Orden sind die Karthäuscr, darum sind cs auch ziemlich armselige Fischlcin, welche eben in ihre Küche ab- geliesert wordcn sind und von den Mönchen doch mit ver gnügtem Schmunzeln betrachtet werden Besonders schön gelungen ist dem Künstler dicscsmal das Interieur, das ein behaglich warmer Goldton durchflutet; virtuos gemacht, wie immer, sind die Stillleben und meisterlich charakteri siert, wie immer, die Köpfe. Auch ein großes, mit viel Sorgfalt und Liebe gemaltes Stillleben, Lecker bissen aller Art darstellend, hat der Künstler vollendet, ein Seitenstück zu einem im Vorjahre im Münchener Kunst- vcrrin schon gesehenen Bildc dieser Art. is Aus Breslau wird der „N. Fr. Pr." geschrieben: Der Tod Rubinsteins ist in eine Zeit gefallen, wo man am hiesigen Stadtthcater eifrig damit beschäftigt war, die unter Leitung des Direktors I)r. Loewe zunächst für Bremen geplante Vorstellung von Rubinsteins geistlicher Oper „Christus" zu fördern Die Skizzen sür die De korationen und Kostüme sind vollendet; wegen der Besetz ung der Solopartien schweben Verhandlungen, mit Ein studierung der Chöre hat man in Bremen begonnen, und nun ist plötzlich Anton Rubinstein, der an diesen Vor bereitungen lebhaften Anteil genommen hatte, gestorben. „Der „Christus" ist das Hauptwerk meines Lebens", hat Rubinstein dem Direktor wiederholt erklärt, „führen Sic ihn auf, wo Sie wollen — ich folge Ihnen überall." Durch dcn Tod des Komponisten werden die Bremer Vor stellungen nicht vereitelt; nur wird man allgemein be dauern, daß Rubinstein die Oper nicht mehr selbst zu dirigieren vermag. Es war sein Lieblingswunsch, die von ihm geschaffene „geistliche Oper" auf der Bühne zu sehen. Wenn von künftigen Aufführungen seiner anderen Opern die Rede war, äußerte er stets, daß er im Laufe der nächsten Monate sterben werde; wenn aber von der geist lichen Oper gesprochen wurde, so war er voll Vertrauen, daß er deren Vollendung und scenische Vorführung erleben werde. Rubinstein wollte eine Art „musikalische Karwoche" zustande bringen, inder an sieben aufeinanderfolgendcnAbendcn geistliche Opern gespielt werden sollten. Für den ersten Abend war „Das verlorene Paradies" als dramatischer Stoff ge dacht Für den zweiten Abend war seine Oper „Kain" bestimmt, die er eben komponieren wollte, für den dritten Abend die zwei Werke „Hagar in der Wüste" und der „Turmbau zu Babel". An den drei folgenden Tagen sollten „Moses", „Das hohe Lied" (Sulamith) und die „Makkabäer" zur Aufführung gelangen; „Christus" war als Schlußoper auScrschcn. Rubinstein besaß seit langer Zeit ein Textbuch zum „Kain" von Heigel, das er während seines diesjährigen Sommcrausenthaltes in Peterhof in Musik setzen wollte, schließlich aber sür diesen Zweck un geeignet fand. Ein von anderer Seite ihm zugesagtcr Text wurde nicht geliefert, und so schrieb er während der Sommermonate sehr resignierte Briefe, in denen er klagte, daß er den ganzen Sommer verstreichen lassen müsse, ohne sein Werk vollenden zu können, während ihm doch die Lebenszeit so karg zugcmessen sei. Anfangs November bat er Vr. Loewc, ihm einen Librettisten zu verschaffen, und fügte hinzu, cs wäre sehr traurig, wenn er auch dcn Wintcr in Unthätigkcit verbringen müsse. Noch kurz vor dem Tode glaubte er, in Loewe selbst dcn gesuchten Dichter gefunden zu haben, und bat diesen auf das dringendste, ihm dcn „Kain" zu schrcibcn. Wenige Tage nach Absen dung des Briefes entsank der Griffel den Händen des Meisters. — Aus St. Petersburg wird uns unter dem gestrigen Datum gemeldet: Die Leiche Anton Rubinsteins ist heute vormittag von Peterhof nach St. Petersburg gebracht wordcn. Vom Bahnhofe bis zur DreifaltigkeitSkirchc harrte eine große Menge des Trauerzuges. Vertreter der russischen Musikgesellschaftcn begleiteten den Sarg, der in der Drei- saltigkeitskirche aufgebahrt wurde. Morgen mittag findet die Beerdigung auf dem Newvki-Kirchhofe statt. Littcratur. „Geschichte des deutschen Volks." Von Theodor Lindner, ordentlichem Professor an der Uni versität Halle. 2 Bände. (Geh. 10 M.) Stuttgart, I. G. Cottaschc Buchhandlung Nachfolger. Das Buch trägt die Geschichte des deutschen Volks von der Gründung des alten deutschen Reichs bis zum Beginn des neuen vor. Obgleich an guten Werken über die deutsche Geschichte kein Mangel herrscht, so kann man dem vorliegenden eine Empfehlung doch nicht versagen, schon um deswillen nicht, weil der Verfasser, seine Darstellung von allem gelehrten Bal last frcihaltend) zu dem großen Kreis aller Gebildeten spricht. Er schildert den Lebensgang des deutschen Volks mit größtem Bemühen um sachliche Unbefangenheit und sucht das Bild möglichst einheitlich zu gestalten, ohne ein breites Nachgeben an einzelne Epochen. Die älteren Zeiten der Geschichte sind kurz behandelt. Von Kriegen und poli tischen Verflechtungen ist nur soweit die Rede, als sie die geschichtliche Weiterbildung bestimmten Dagegen sind die allgemeinen Zustände und die bedeutenden Persönlichkeiten in den Vordergrund gerückt. Die möglichst genaue Kennt nis der Geschichte seines Vaterlandes ist für jeden Deutschen notwendig und diese sich zu verschaffen, dazu dürfte das Werk Theodor Lindners besondere Hilfe bieten. Auch auf dem Weihnachtstisch möge man dem gediegenen Buche einen guten Platz offen halten —k. Littcratur. Die ersten kursächsischcn Leib wachen zu Roß und zu Fuß und ihre Geschichte. Aus dein Nachlaß des OberhofmcisterS August v. Minckwitz, herausgegcben durch Georg v. Schimpfs, Oberst z. D. Dresden, Wilhelm Baensch, Königl. Sächs. HofvcrlagS- buchhandlung. 1891. 125 S. 8'. Daß die Geschichte der sächsischen Armee noch recht viele Lücken aufweist, die das umfängliche Werk von Schuster aus hoffnungsvoll über das neue Einvernehmen »wischen England und Rußland äußern. So schreiben die „Times": „Die Handlungsweise des Kaisers Ni kolaus wird in Großbritannien mit sympathischer Auf merksamkeit verfolgt werden, um so mehr wegen des warmen Interesses für die Prinzessin, die er sich zur Gemahlin erkoren. Wir sind willens, unsere frühere Nebenbuhlerschaft und unsere Konflikte mit Rußland zu vergessen und lediglich auf unsere gegenwärtigen Be ziehungen zu blicken Eine gewisse Bedeutsamkeit liegt in der Thatsache, daß der Zar zum Chef der „Royal Scot» Greys" ernannt worden, jenes Reiterregiments, dai an dem berühmten Reiterangriffe in der Schlacht von Bala- klava teilgenommen. Daß dem russischen Kaiser diese Würde angeboten wurde und er sie angenommen, heiße in ritterlicher Weise beiderseits sagen: „Laßt das Ver gangene ruhen " Der „Standard" betont die Besserung der Beziehungen zwischen England und Rußland. Die» brauche weder Frankreich noch Deutschland zu beunruhigen; der ganze Geist und Zweck der englischen Diplomatie sei die Ausrcchthaltung des Friedens in Europa, Asien und Afrika. „Könnten wir der ganzen Welt einen „l'ar brititnuiea" aufnötigen, würden wir es thun " Das sei der einzige Ehrgeiz, der das englische Volk beseele. Weil es glaube, Rußland sei derselben Denkungsart, nähere cS sich bereitwillig dem Zaren und seiner Regierung — Daß es sich auch bei der jüngsten englisch-rus sischen Entente vermutlich hauptsächlich um das Ge schäft handelt, dafür dürfte ein in hiesigen Finanzkreisen im Umlauf befindliches Gerücht sprechen, wonach die rus sische Regierung eine 3Hprozentigc Anleihe von zwei Millionen Pfund hier aufzulegen gedenke. Rutzland. St. Petersburg, 27. November. Aus Anlaß der Vermählung des Kaisers ist ein Kaiser!. Manifest er schienen, in dessen Eingänge es heißt: „Um die Geschicke Unserer neuen Regierung bedacht, erachten Wir es für gut, nicht aufzuschieben die Erfüllung Unseres Herzens wunsches, des für Uns heiligen Vermächtnisses Unseres in Gott ruhenden Vaters und der freudigen Erwartungen des ganzen Volkes, daß Unser von den Eltern gesegneter Ehcbund durch das Sakrament der heiligen Kirche gesegnet werde." Das Manifest gewährt den Ackerbau treibenden VevölkerungSklasscn, Adel und Bauern, Erleichterungen. Dem ersteren werden die Herabsetzung des Zinsfußes für Darlchne aus der Reichs-AdelS-Agrarbank von 4^ auf 4 Proz. fowie Erleichterungen bei der Schuldentilgung be willigt. Den Bauern wird der Erlaß verschiedener Äron- schulden und Steuerrückstände gewährt. Im Anschlusse an das Manifest wurden heute Erlasse veröffentlicht, betreffend Beamten-Belohnungen und Milderungen von Strafen in der Armee und der Marine — Bei der Schilderung der gestrigen Fahrt des jungen Kaiserlichen Paares nach dem Anitschkowpalais hebt der „Regicrungsbote" die überaus enthusiastische LH grüß ung der Majestäten durch das Volk hervor. Ter Kaiserliche Wagen vermochte nur langsam zum Amv'Äcw- palais zu gelangen; auch hier erschollen bis in die Nacht hinein Jubelrufe des Volkes, die ihren Höhepunkt erreichten, als der Kaiser und die Kaiserin sich an einem Fenster des Palais zeigten. — Ein Teil der russischen Presse begrüßt dieRolle, welche die Vereinigten Staaten von Nordamerika in dem chinesisch-japanischen Kriege übernommen haben, mit Genugthuung. Dem „Ssyn Otetschestwa" erscheint sie jedenfalls mehr erwünscht, als die Sonderein mischung eines beliebigen europäischen Staates, oder des gesamten „europäischen Konzerts". Es werde hierdurch die Gefahr einer direkten Kollision der europäischen Staaten vermieden. Rußland im speziellen werde ja stets die Mög lichkeit haben, den Resultaten dieser Pourparlers sein Veto entgegenzustellen, falls das Ergebnis seinen Interessen irgendwie nicht entsprechen sollte. Die „Birfhewyja Wedomosti" halten den Zeitpunkt, Friedensunterhand lungen zwischen China und Japan anzubahnen, im Inter esse Japans gesprochen, für verfrüht. Sie begründen dieses Urteil mit dem Hinweis auf frühere chinesische Niederlagen, die alle, da sie nicht gründlich genug ge wesen, von China leicht verwunden worden seien Das selbe sei sofort wieder drohend aufgetreten und habe alle merkantilen und kulturellen Einwirkungen nach wie vor verhindert. Die Japaner würden sich und anderen den größten Dienst erweisen, wenn sic dcn Chinescn eine mög lichst fühlbare Lektion zu erteilen fortführen. Keine der Mächte werde sie hierin stören. N umiinien. Bukarest, 27. November. Tas Parlament wurde heute unter dem üblichen Zeremoniell eröffnet. Ter König wurde auf der Fahrt, sowie beim Eintritt in das Haus wärmstens begrüßt. Die Thronrede wurde ost durch andauernden Beifall unterbrochen. In derselben gab der König vorerst der Befriedigung Ausdruck über die an läßlich der Feier der silbernen Hochzeit und der Geburt der Prinzessin Elisabeth seitens der gesamten Bevölkerung u. Francke nicht ausgefüüt hat, ist eine Thatsache, die keinem entgehen kann, den seine Arbeiten einmal auf dieses Gcbiet führen; cs ist daher nur zu bedauern, daß die Ab sicht, eine eigene Zeitschrift für diesen Gegenstand zu be gründen, nicht ausgeführt wordcn ist. Einer der eifrigsten Erforscher der armecgeschichtlichen Details war der vor wenigen Jahren verstorbene Oberhofmeister v Minckwitz; in unermüdlichem Sammlerfleiße und mit anerkennens werter Gewissenhaftigkeit hat er viele Jahre seines Lebens zur Durcharbeitung des gewaltigen Materials verwandt, daS das Hauptstaatsarchiv, das OberhofmarsHallamtsarchiv und die erst neuerdings vereinigten militärischen Archive Sachsens enthalten. Veröffentlicht hat er freilich bei Leb zeiten nur weniges aus seinen Kollektaneen. Ta ist cS denn mit lebhaftem Danke zu begrüßen, wenn ein bewährter Fachmann sich die nicht geringe und wenig dankbare Mühe gegeben hat, einzelne Abschnitte aus dem handschriftlichen Nachlasse des Verstorbenen zur Veröffentlichung vorzu bereiten. Oberst v. Schimpfs hat aus demselben schon im vorigen Jahrgange des Neuen Archivs für Sächsische Ge schichte und Altertumskunde einen Aufsatz über die kur fürstlichen Leibwachen zu Roß publiziert, der das „reisige Hofgesinde" des Mittelalters und 16. Jahr hunderts, das 1620—1624 als „Hoffahne" sort- bestand, ferner die „Leibcompagnie der Einspännigen" (1624—1657), endlich die „wutsche Leibgarde zu Roß" (1657—1680) betraf. Ein Wiederabdruck dieses Aussatzes bildet den Eingang des uns vorliegenden Büch leins; dann aber folgt die weitere Geschichte der Leib wachen zu Roß nach der Errichtung des stehenden HeercS: der „Trabanten-Lcibgarde zu Roß" (1681—1700) und der „Garde du CorpS", die 1812 in den Schnecseldcrn Rußlands fast bis auf den letzten Mann zu Grunde ging. Der zweite Haupttril des Buches betrifft die Leibwachen zu Fuß; die ihren Anfängen bis noch ins Mittelalter zu verfolgende, als militärisch organisiertes Corps aber erst seit der Mitte dc» 16. Jahrhunderts nachzuwcisende „Trabanten-Lcibgarde zu Fuß", die 1725 in die „Schweizer Leibgarde" umgewandelt und 1814 durch das General gouvernement ausgelöst wurde Wir möchten dabei auf die im 13 und 14 Bande dc« Neuen Archivs für Säch sische Geschichte veröffentlichten Aufsätze von A v. Welck
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