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Dresdner Journal : 27.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189312276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18931227
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18931227
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-27
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 27.12.1893
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21 2 * Berlin, 27. Dezember. Am Sonntag vor mittag wohnten Se. Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin dem Gottesdienste in der Friedenskirche zu Potsdam bei. Nach dem Gottes dienst begaben sich Se. Majestät mittelst SonderzugeS nach Charlottenburg und nach der Ankunft daselbst in das Mausoleum, wo Allerhöchstderselde längere Zeit allein in der Gruft verweilten und anläßlich des hundertjährigen Hochzeitstages der hochseligen Urgroß eltern an den Särgen weiland Ihrer Majestäten deS Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise Kränze niederlegten Um 3 Uhr nachmittags kehrten Se. Majestät nach dem Neuen Palais zurück. Daselbst fand um 4 Uhr das D'ner statt und nach aufgehobener Tafel in althergebrachter Weise die Weihnachtsbescherung der Majestäten, der kaiser lichen Prinzen und der zur Tafel Befohlenen. Nach Beendigung der Bescherung verblieben Ihre Majestäten allein im Neuen Palais. — Am ersten Feiertage begaben Sich Ihre Majestäten vormittags mit den drei ältesten kaiserlichen Prinzen nach der Friedenskirche zu Potsdam und wohnten dem Gottes dienste in derselben bei. Nach Beendigung des letzteren kehrten Ihre Majestäten mit den kaiserlichen Prinzen zu Fuß durch die Parkanlagen nach dem Neuen Palais zurück Zu einem Weihnachtsbesuche waien im Neuen Palais neben mehreren prinzlichen Herrschaften auch die Prinzessin Victoria Margarethe und der Prinz Friedrich Sigismund, Kinder Ihrer Königl. Hoheiten des Prinzen und der Frau Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen, erschienen. Am 2. Weihnachts feiertage empfingen Se. Majestät vormittags den kommandierenden General des VIII Armeecorps, Generaloberst Frhrn. v Lod. — (B P. N.) Wer den Verhandlungen des Reichs tags und den Betrachtungen der Presse der politischen Parteien über die Steuervorlagen gefolgt ist. wird sich dem Eindrücke einer außergewöhnlich starken Zersplitterung der Ansichten und eines weitgehenden AusbiegenS in ganz ungangbare Nebenwege nicht verschließen Die Notwendig keit einer erheblichen Vermehrung der Einnahmen des Reiches machte sich zwar so stark geltend, daß der völlig verneinende Standpunkt nur wenige Vertreter sand Ader die Gegenvorschläge zur Erreichung dieses Zieles gehen nicht allein weit auseinander, sie bieten trotz ihrer Man nigfaltigkeit auch kaum einen praktisch verwertbaren Ge danken. Die Reichseinkommensteuer würde nicht ohne einen mit dem föderativen Charakter des Reiches wohl unser, k'nbareu Eingriff in die Steuerhoheit und damit .n die Souveränität der Bundesstaaten durchführbar sein und schon aus diesem Grunde aus unüberwindbare» Wider spruch stoßen (vergl. die Ausführungen in Nr. 296 des „Dresdner Journals"). Die Reichserbschaftssteuer würde nicht allein sehr störend in den Haushalt derjenigen Bundesstaaten emarnsen, welche selbst eine Erbschaftssteuer haben, sie würde überdies, wie die Verhandlun um un preußischen Landtage über den Erbschastssteuecentwurf be weisen, in der Volksvertretung auf unüberwindlichen Widerstand stoßen Daran, den ganzen Bedarf durch die Börsensteuer decken zu wollen, kann nur der den Ver hältnissen gänilich Fremde denken Ob auf diesem Wege auch nur der von oer Regierung in Aussicht genommene Ertrag zu erreichen ist, erscheint sehr zweifelhaft. Die Steuerdifferenz zu Gunsten des kontingentierten Spiritus, deren Beseitigung vorgeschlagen ist, liegt, wie die Vorgänge beweisen, nicht entfernt in dem Mane >m Interesse der großen Brennereien des Ostens. Sie bildet vielmehr hauptsächlich den Schutz der kleinen landwirtschaftlichen Brennereien Süd- und Süswestdeutschlands gegen über mäßige Konkurrenz der großen Brennereien Ein Ver such, diesen Schutz zu beseitigen, dürste im Reichstage den selben negativen Erfolg haben, wie 1892 im Bundesrate. Tie Erhöhung der Biersteuer begegnete nn Reichstage all- seitigem lebhaftem Widerspruch Selbst wenn nicht bei der Beratung der Militärvorlage darauf ausd-ücklich verzichtet wäre, würde es daher gar keine» praktischen Werr haben, auf dieselbe zurückzukommen. Der hiernach allein noch auf dem Plane bleibende Gegenvorschlag, die Matrikular- umlagev entsprechend zu erhöhen, müßte die Finanzen aller Bundesstaaten unheilvoll berühren und begegnet daher mit Recht von deren Seite und zwar nicht bloß von den Re gierungen dem entschiedensten Widerspruch Daü Gesamt ergebnis der Verhandlungen läßt sich daher doch so zu sammenfassen, daß die Notwendigkeit erheblicher Erhöhung der Reichssteuern zwar überwiegend anerkannt ist, und zahl reiche Vorschläge zur Erreichung dieses Zieles gemacht sind, daß aber keiner derselben dazu im geringsten geeignet ist. Daß dieses Bild größter Zerfahrenheit des R ichS tages ein besonders erfreuliches wäre, wird nicht behauptet werten können — In bemerkenswerter Weise hat sich der preu ßische Finanzminister Miquel einem Mit arbeitcr der ,D. Warte" gegenüber über die Steuer reform, den russischen Handelsvertrag und auch über die Lage der Landwirtschaft ausge sprochen. Bezüglich der Tabaksteuer sagte nach dem genannten Blatte der Minister: „Speziell gegen die Tabaksteucr ist die Opposition ganz ungerechtfertigt, schon aus dem einsachen Brunde, weil e» für die Dauer unmöglich sein wird, den Steuersatz beim Tabak in Deutschlaud aus t M pro «ops der Bevölkerung zu halten, während saft alle notwendigsten Lebensmittel besteuert sind. Auch wenn jetzt adoelrhnt, bleibt eme höhere Besteuerung des Tabaks unausbleitlich. Die Opposition der Tadaksinteressertei. schießt weit über jeveS v r- nunjlige Z-el hinaus Wenn man den Darstellungen g'auben soll so möchte man meinen, die Regierungen hänrn lein ande e« Bestreben, als die einheimische TabalSindustrie zu rmme en. WaS inSbesonde e die Aibeüerentlossungen anbe- trifft, so werden dieselben viel zu hoch v ranschlagt. W nn auch Wittlich loco» Arbeiter weniger eingeüelU werven sollen, so könnte man da» nur mit Freuden begrüßen, denn dann würden zunächst die jugendlichen Arbeiter in der Hausindustrie sowohl al' in den Fabriken entlassen werden Bezüglich der Wei>steuer bestärigte dir Minister, daß die R gicrungen in der That gegen eine Änderung deS jetzigen Projekts sich nicht sträuben werden Der Minister sagte: .Hin sichtlich der Weiusteuer werden die Regierungen eventuell nicht abgeneigt sein, aus gewisse Modifikationen einzugrhen Aber au v bei dieser Steuer werden di« Leute rrregesüh >, wenn man ihnen weiß zu machen sucht, daß der Weinbau durch die selbe getroffen werde In Baden b steht seit I8IZ die Wein steuer, ohne daß die Winzer j- Grund gehabt hält n, sich zu beklagen." Bezüglich der Zuckerexportprämien äußerte sich Hr. Miquel wie wlgt: .raran in gar nicht zu denken, jetzt mit einer Änderung dec bestehenden AuSsuhrbestimmungen für Zucker vor den Reichstag zu kommen. Er würde den g ößten Widerstand leisten. Wir wollen also nicht die gegenwärtig« Ausfuhrprämie festlegen, sondern taffen die Bestimmungen gellen, nach denen duich eine allmähliche Herabminderung der Prämie der schließlichen Aufhebung der Ausfuhrprämie vor- gearbeMl we de Lo^-e es sich dabei erweisen, daß die Aus fuhr zum Schaden unserer Industrie zurückgehl, jo würde es Zeit sein mit neuen gesetzgeberischen Bestimmungen einzu- grrisen So lange alle anderen Staaten Aussuhrpiämien für Zucker gewähren, wird uns wohl auch mchis anderes übrig blnben Di- Zuckkrindustrie ist die piScs cle iäsiotirncs un- se-e- Landwirte Wir können dieselbe nicht preitgeben ' Hinsichtlich des russischen Handelsvertrags meinte Hr Miquel: ..Ich verstehe sehr wohl, daß die Landwirte sich geg-.n den ruffischen Handelsvertrag sträuben, obgleich ich doch glaube, daß seine Wirkung bedeutend überschätzt wird. Den Preis deS rdttreides wird immer der Wellmarlt ohne Rücksicht auf keu Differentialzoll bestimmen Außerdem würde russisches Getreide auf Umwegen zu unS gelangen Was wollen wir machen wenn dasselbe in Antwerpen Verma!len wird und als belgisches Fabrikat zu uns berernkommt? Sollen nur jetzt, nachdem wir mil allen Slaateu Verträge abgeschlossen oder ihnen Meistbegünstigungen zugestanden haben, nur mit Rußland hängen bleiben? Die Kuh haben wir durchg.bcach' und der Schwanz soll drin bleiben? Auch der russische Roggen wird unS nicht erdrücken, obgleich er zu Zeilen unser Produkl geradezu unverkäuflich gcwack t bat Die Doiiausiaa en und die Türkei würden an die Slclle von Rußland treten, und erst Amerika! Cleveland hat den Amerikanern ichon zugerufen: Baut Roggen Freilich bei einem Vertrage mil Rußland bleiben manche Punkte immer noch bedenklich. So gilt bas sür die Wäh'ungSsrage Das »aidagw wirkt wie eine Prämie auf die Ausfuhr und macht den Zoll illusorisch. Das ist eigentlich das schwerwiegendste Bedenken gegen le.> r-isischen HandeiS- verna». Aber dasselbe ha nn wir setzt auch O leireich - U-garn und Jtilicn ge:enübcr Daher sind Hrndelsverträie mit solchen Staaten, die ungeordnete Währungsverhältniffe besixen, bedenk lich. Wie soll unser V-rbäUniS zu Rußland sich aber gesta len, wenn wir uns nicht einigen oder die Verträge nicht angrnnmmen werden — Ein Aussatz der „Nordd Ällgem. Ztg" be schäftigt sich eingehend mit den jetzt vielerörterten Absagen der „Kreuzztg." an die Regierung rc Es heißt da: Die „Absagen" der „Kreurztg", die wie ihr Anhang die be währten konservativen Grundsätze verleugne und das An sehen der Krone nach Möglichkeit zu erschüttern suche, richten sich übrigens nicht nur gegen den Reichskanzler, sondern auch gegen die Industrie. Letztere Absage kann jedoch der Reichskanzler bei allem Wohlwollen für die Landwirtschaft unmöglich mitmachen. Denn so wenig der Reichskanzler den Wert und die Bedeutung der Landwirt schaft sür dw Volkswittfchast und damit für den Staat verkennen kann, ebenso sehr sind die „Kreuzztg" und ihre Leute beflissen, nur den Wert der Landwirtschaft erkennen und gellen lassen zu wollen Der Kampf um handels politische Meinungsverschiedenheiten konnte trotz alledem sehr wohl sachlich geführt werden. Gerade die „Kreuzztg." aber ist eS gewesen, welche persönliche Gehässigkeiten in diesen Kamps hineingetragen hat und täglich fortfährt, eS zu thun. Wie außerordentlich schwierig es damit der Slaatsleitung gemacht wird, ihr Ziel veS einträchtigen Zusammenwirkens aller wohlmeinenden Kräfte im Reiche zu erstreben, leuchtet ein und Hot eine belehrende Beleuch tung im Kampfe um die Militärvorlage erfahren, in welchem die „Kreuzztg" sich ebenfalls bis beinahe zum letzten Augenblick in eifrigster Opposition bewegte, womit sie zur Verwirrung der Geister in kritischer Zeit bas meiste deigetragen hat. Großen Wert muß je er konservative Staatsmann aus eine innerlich starke konservative Partei legen, und das thut auch der Rnchskanzler Aber eine konservative Partei kann und wird nur dann innerlich stark sein, wenn sie das Staatcintercsse und die Erhaltung uuv Kräftigung der Monarchie über alles setzt und damit „ihrer eigeneff Berganaenhelt eingedenk bleibt" — Die seit längerer Zeit zwischen den preußischen Ressort- schwebenden Verhandlungen wegen Ein führung der Berufung in Strafsachen sind dem Vernehmen nach im wesentlichen zum Abschluß gebracht. — Wie die „B P N." hören, wird jetzt der Gesetzentwurf, betreffend die obligatorische Er richtung von Landwirtfchastskammern, nachdem da- preußi'che Staatsministerium sich nunmehr über die prinzipielle Grundlage derselben schlüssig gemacht, auSgearbtilet und eS kann als sicher gelten, daß der Entwurf dem preußi chen Landtage alsbald nach seinem Zusammentritte zugehen wird. — Aus den Kreisen des Bundesrats hört die ,Föln. Ztg", daß derselbe zu dem ReichstagSbcschluß über Aufhebung des Jesuitengesetzes vorläufig keinerlei Stellung nehmen wird, da er hierzu keinen Anlaß hat. indem nur eine unverbindliche Abstimmung zweiter Lesung, kein endgiltiger Beschluß des Reichs tage) vorliegt. Zu einem solchen werde es überhaupt in der gegenwärtigen ReichstagSsefsion schwerlich noch kommen, da der letz e Akt dieser Angelegenheit keinen Anspruch mehr erheben kann, den Vorrang vor den zahlreichen anderen Anträgen zu erlangen. Vielleicht hat auch das Zentrum selbst kein Interesse mehr daran, eine erneute Kraftprobe herbeizuführen. Prag. 26. Dezember. Der Hauptbelastungs zeuge im bevorstehenden Prozeise der Mitglieder des Gebeimbundes „Omladina' wurde am Sonn abend zwischen 7 und 8 Uhr abends durch Mord beseitigt und eS kann k-inem Zweifel unterliegen, daß man es in diesem Falle mit einem politischen Meuchelmorde zu thun hat. Das Opfer dieser ruch losen Timt ist der 2l Jahre alte Handschuhmacher Rudolf Mrva, der sich den Namen „Rigoletto von Toscana" beigelegt und wiederholt mit den Gerichten zu thun hatte wegen Teilnahme an dem Geheimbunde „Das unterirdische Prag" (die Mitglieder dieses Bundes wurden freigesprochen, da man in ihrem Be ginnen eine bloße kindische Vereinsspielerei entdeckte), dann wegen Beteiligung an dem ernsten polttisch- nalionol-sozialistijchen Geheimbunde „Omladma". Er war als Mitglied dieses Bundes in Untersuchungshaft und soll, um sich aus der gefährlichen Lage zu be freien, den Angeber gespielt, die Mitglieder des GeheimbundeS genannt, dessen ganze Organisation ver raten haben u. s w. — Mrva, welcher nach der gegen ibn kurchgeführten Voruntersuchung auf freien Fuß gesetzt wurde, ist es, den Abg. Or. Herold im Ab- geordiietenhauje des Reichsrates während der Debatte über den Ausnahmezustand in Prag als einen im Dienste der Polizei stehenden provoeatenr be zeichnet hatte, mit der Bemerkung, daß ihm (Mrva) nicht- geschehe, derselbe laufe frei herum. Von dieser Zeil ab wurden Mrva und dessen Pflege ¬ mutter, welche ein Handschuhgeschäft führte, von tschechischer Seite boykottiert und mit Trohbricsen der schlimmsten Art überhäuft, sodaß ihre ganze Existenz ruiniert wurde. Am Sonnabend nun wurde Miva in seiner Wohnung auf der Kleinserie Prag, während er sich mit Vorbereitungen zur Schmückung eines Christdaumes beschäftigte, von Meuchelmördern über satten, von denen einer ihn würgte und der cndere ihm einen Dolch tief ins Herz stieß Tas Entsetzen und die Entrüstung, welche dieses Verbrechen in weiten Kreisen hervorrust, ist kaum zu schildern, denn eine solche Blutthat ist in Prag noch kaum verübt worden. Die Verbrecher blieben übrigens nicht lange unent deckt; zwei vor kurzer Zeit aus der Untersuchungshaft entlass-ne „Omladenisten", namcns Dolezal, l8 Jahre alt, früher Schlossergehilfe, jetzt gewöhnlicher Fabrik arbeiter, und Dragoun, beschäftigungsloser Lackierer, wurden am Sonntag verhaftet, weil der Verdacht der Unihat sofort auf sie gefallen war. Dragoun hatte den Mrva gewürgt und Dolezal demselben den Dolch stich versetzt, infolgedessen Mrva sofort tot war. Den Dolch warf Dolezal von der Karlsbrücke in die Moldau. Zu dem Morde waren die Thater von dem 29 Jahre a ten Handschuhmachergthilfen Josef Kriz, ebenfalls einem „Omladenisten", aufgestachelt worden. Alle 3 wurden bereits dem K. K. Landes strafgericht eingeliefert. Brüssel, 24. Dezember. Das bei Malmedy an der preußisch-belgischen Grenze in der Au-sührung begriffene preußische Feldlager scheint die fran zösische Presse in große Aufregung zu versetzen und giebt ihr zu den heftigsten AuLsällen gegen Preußen und Belgien Anlaß. Das ist um so weniger ge- rechtsertigt, als die französische Militärverwaltung schon seit geraumer Zeit an der belgisch-sranzösischen der Gegenwart an und vcwegen sich in den Grenzen eines völlig anspruchslosen Geschmacks, der sich außer halb aller Kunslgesetze einer um so ungeniiteren Frei heit ergeben kann Ta§ geschieht dann auch in diesem Stück«', d-ssen kleine Zufall-spiele und unermüdlichen Plaudcnien im bühnenüblichm Kalaueuon Len Reiz der Uebcrraschung verlieren würden, wollte man durch nähere Mitteilungen seinen Inhalt verralen, besonders für die minder stimmungsvollen ganz gewöhnlichen Alltagsaben.de dürfte das nachieilbringend sein. Hr. Erdmann halte diese Komödie in Scene gesetzt und er selbst sowie die Herren Schubert, Paul, Swoboda und die Damen Baste-, Diacono und Wolss stellten die Hauptrollen dar. Opernmusik. Die dieiallige komische Oper „Die verkaufte Braut" von Friedrich Smetana Hal nun auch bcim Leipziger Publikum eine hochwillkommene Aufnahme gefunden. Am ersten Weihnachtsseiertage ist das Werk am Leipziger Stadttheater, da? an rührigem Fleiß eine erste Stelle unter den deutschen Opernbühnen be hauptet, zu wirkungsvoller Darstellung gelangt. Was Ware Sabina'- harmloser Text, schreibt M Krause im „Leipz. Tgbl", ohne Smeianas köstliche Musik, die so unaushaltsam, erfrischend, herzerquickend hervor- quillt? Es bletbi dem Zuhörer nur eine Frage: Wie konnte eine so reizvolle Oper so lange auf ein einzige- Theater (Nationalbühne in Prag) beschränkt bleiben? Smetana ist der weitaus begabteste, originellste Tonschöpfer Böhmens und darf in Bezug auf Originalität und Frische der Erfindung, auf meisterhafte Leichtigkeit der Gestaltung, auf Schlag fertigkeit d«S Ausdrucks den besten Meistern der Oper an dir Seite gestellt werden. Ausdrücklich gesagt: dec Oper, denn Smetana ist in keinem Falle wie es so irrig oft behauptet wurde, ein Anhänger oder Nachahmer Wagners. Er knüpft unmittelbar an Mozart und Weber an und hat das Prinzip der symphonischen Gestaltung des Orchesters klar erkannt und bewußt angewandt. Für jeden abgeschlossenen musika lischen Satz stellt Smetana ein Thema auf und führt es mit einer Hartnäckigkeit im Orchester weiter, die an den ljussc» ostinato der Alten erinnert. Bei ihm wird dies' Art musikalischer Feinarbeit zum Prinzip des Schaffens, das er durch Einführung der Volks- melovie popularisiert Die einzelnen Stücke gewinnen dadurch eine große Bestimmtheit, die Situationen sino durch die Hauptmotive von vornherein klar angekündigt, in ihrer Stimmung gleichsam im voraus fixiert. Man fühlt auch ohne Kenntnis deS Textes, was kommt und was kommen muß In dieser engsten Beziehung der Musik zur Handlung offenbart sich Smetanas Begabung zum dramatische» Tondichter am überzeugendsten. Und seine meisterhafte Instrumentierung erscheint so natür lich wie der Duft bei der Rose; überall Natur bei allem künstlerischen Feinempfinden, überall anziehende Eigenart der Erfindung bei meisterhaftem Geschick des Gestaltens. . — Die in der Musik warhaft volks tümliche Schöpfung des böhmischen Tondichters dürfte voranssichtlich beim Wiedereintritt der für den Theater besuch günstigen Zeit im Lause des nächsten Monats auf dem Spielplar unserer Dresdner Privatbühne neuerdings erscheinen. Auch sei hierbei bemerkt, daß ein musterhaft hergestellter KlavierauSzug der Oper im Verlage von Bote und Bock, Berlin, dieser für die Bcrücksichtigung der wertvollen ausländischen Opern ¬ produktion so bedeutsamen Firma, erschienen ist; der selbe dürfte vielen Musikfreunden lind Klavierspielern große Freude bereiten. Monumentale Kunst. Die sächsischen oder in Sachsen lebenden Maler verweisen wir auf ein Bewerbung sausschreiben im Inseratenteile unserer heutigen Blattes, welches der b absich.igten Ausschmückung der Aula der technischen Staatslebr- anstalftn in Chemnitz gewidmet ist. Es handelt sich dabei um die Konkurrenz bei vier bedeutungsvollen Wandgemälden. Ein neues Mittel gegen Influenza wird von Professor Or. v. Mosengcil in Bonn empfohlen. Es liegt uns ein Sonderabdruck aus der „Deutschen Medizinalzeitung" (189:; Nr. 98) vor, welchen Eugen Grosser in Berlin herausgegeben hat. Dieser Sonder abdruck enthält einen Artikel des Professors v Mosen geil über Salipyrin. Er schreibt u. a : „Mit Gebrauch des Salipyrins habe ich dauernd sehr gute Resultate in meiner Praxis erzielt und kann jetzt Folgendes konstatiren: Bei Influenza hat sich das Mittel als Spezifikum bewährt. Es muß jedoch, um absolut sicher zu wirken, schon direkt bei dem ersten Auftreten der Symptome gegeben werden; alsdann reichen ge wöhnlich wenige Gaben und zwar fchon kleinere Dofen aus. Bei ganz kleinen Kindern genügt V« bis '/» Gramm, bei größeren Kindern, bei solchen Patienten von weniq Gewicht und bei einzelnen, leicht auf Arz neien reagirenden Personen Gramm, bei kräftigeren und bei stärkeren Attacken, besonders aber wenn der Ausbruch der Erkrankung schon seit einigen Tagen Grenze bei Maubeuge ein umfangreiche» Feldlager errichtet hat. Ebenso bemerkenswert schreibt heute das französische Militärblatt ,Le Progr. Milit ": „Das Lager bei Molmedy macht UV- gar tkiar Sorgen Entweder sind dir vtlgier wenigstens moralisch di« Bundes- genossen der Deutschen oder sie find die uasrigen I» dem ersteren Falle haben sie nur die Dince gehen zu lassen, wie sie wollen; im zweiien Falle werden wir, wenn sie nicht dem Ein dringlinge eni«n Damm entgegenzustellea suchen. vnS damit be «rauen, ihn zur richtigen Zeit anzuhaitrn Die Belgier können »u gleicher Z it ihm in den Rücken fallen, wenn daS ihnen Vergnügen macht " In Belgien fpottet man über diese Ergüsse der französischen Presse, aber die militärischen Kreise Belgiens, deren Pläne auf eine wesentliche Verstärkung der belgischen HeereSkräfie im Lande nur sehr geringen Anklang finden, beginnen jetzt auf Betreiben des General» Brialmont und feiner Gesinnungsgenossen das Lager bei Malmedy dazu auszunutzen, um für ihre Pläne Stimmung zu machen Einmütig schildern sie die von Malmedy her angeblich drohenden Ge fahren, für deren Abwehr es nur ein Heilmittel giebt eine bedeutende Verstärkung der Armee. Rom, 24. Dezember. Der gestrige Ministerrat sprach lebhffte Anerkennung für die Truppen und das Kommando in Afrika aus, beschloß aber, strengstens bei der bisherigen defensiven Haltung zu bleiben, die wirtschaftliche Ausnutzung der Kolonie zu fördern und die italienische Kolonialtruppe in erhöhtem Maße durch eingeborene Mannschaften zu ersetzen Der Mi nisterrat behandelte auch eingehend die Finanzfrage. Wie verlautet, entwickelte Sonnino den Plan einer Erhöhung der Vermögenssteuer und Einkommensteuer unter Verschonung der ausländischen Rentenbesitzer Dagegen wird in Parlamentskreisen behauptet, die Vermutung, daß sich unler den von der Regierung dem Parlament vorzulegenden Gesetzentwürfen auch eine Erhöhung der Einkommensteuer auf Re te be finde, entbehre der Begründung — Im Senate er klärte auf eme Anfrage Serafinis der Kriegsminister Mocenni, die Regierung habe den Obersten Arimondi zu dem Erfolge bei Argodat beglückwünscht und ihm bekannt gegeben, daß sie von seiner erprobten Klug heil zuverlässig erwarte, er werde die richtige Grenze, um einen Angriff seitens der Gegner zu vermeiden, nicht überschreiten. Schließlich wurden sämtlich! auf der Tagesordnung befindlichen Gesetzentwürfe, darunter die einstweiligen Handelsübereinkommen mit Spanien und Bulgarien angenommen. Der Senat vertagte sich aus unbestimmte Zeit. — Die allgemeine Genug- thuung über den Sieg von Argodat ändert nichts an der allgemeinen Abneigung gegen jedwede Er- neuecung einer kriegerischen Asrikapolftik Die Mehr zahl der Blätter rät sogar erhöhte Zurückhaltung an und warnt vor Täuschungen über die Vorteile der Kolonialpolitik. „Fanfulla" beispielsweise sagt: „Ist es unmöglich, uns von den Fesseln zu befreien, die eine unverständige Politik uns auserlegte so bleiben wir in Bezug auf Afrika ohne Begeisterung und ohne Illusionen." „Riforma" betont, baß CrispiS altes polittjches Programm unverändert sei, und sagt: „Auch heute lst dieses Programm in einigen wesentlichen Teilen unerledigt Italien bedars heute mehr als je der radikalen Reformen zum Zwecke einer Erneuerung des Organismus, den es braucht, um seinen Anlagen und großen Kulturüberlieferungen gerecht zu werden und für die Erfüllung seiner Geschicke gerüstet zu sein." — Der König empfing gestern abend den General Barattieri, der sich unverzüglich zur Übernahme des Kommandos nach Massaua begeben sollte — Über die letztvergangenen Vorgänge in Massaua werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Oberst Arimondi, der interimistische Kommandant der italienischen T-up- pen in der Erythräischcn Kolonie, hatte bereit- vor fünf Tagen an den Kriegsminister telegraphiert, daß er Massaua mit den italienischen und den eingeborene Truppen verlasse und sich rach Argodat begebe, von wo das Herannahen der Derwische gemeldet würde. Der in der Schlacht gefallene Emir H'ined Ali halte gegen die Abessynier bei Me'ehmah gekämpft und den Negus Johannes getötet. Oberst Arimondi verfolgte den Feind und hoffte, ihm weitere Verluste zuznfügen. Der Sieg von Argodat sichert, wie e- scheint, für lange Zeit die Ruhe im Sudan. — 26. Dezember. In einem telegraphischen Cirkular an die Präfekten von Sirilien em pfiehlt der Ministerpräsident Crispi, die MaireS aus zufordern, auf eme gerechtere Verteilung der Gimeinde- steuern bedacht zu sein und dasür zu sorgen, daß die Verzehrung-steuer ohne Übertreibung der fiskalischen Maßnahmen erhoben würde. - Au- Palermo wird erfolgt ist, l Gramm. Jedoch sah ich nie, auch bei täglich wiederholten Dosen von 2 bis 3 Gramm, üble Nebenwirkung." Auch bei Erkältungen und Schnupfen hat sich daS Mittel vortrefflich bewährt, ebenso bei Rheumatismen. Für Äerzte und Patienten ist aus kleine Schrift sehr lesenswert (Dieses Mittel wird sehr gelobt, doch ist es keineswegs ganz neu?» * „DaS Reichsgesetz, belr die Jnvaliditätt- und Altersversicherung, vom22.Juni 1889." Tr läutert von Dr.R. Bosse undE v.Woedtke. Nachtrag zur I. biS 3. Auslage bearbeitet von L v. Woedtke, Kaiserl geh. OderregierungSrat. Vortragender Rat im Reichscmt de» Innern. Leipzig 1893. Verlag von Duncker u. Humblot (174 Seiten gr. 8°— 4 M ). Seit dem Erscheinen der letzten Auflage de» lthm lich bekannten Bosse - Woedtkefchen Kommentars zum Invalidität» und Altersversicherungsgesetz hat sich nicht i ur die Litteratur diese» Gesetz?» weiter ent wickelt, sondern e» sind auch zahlreiche Entscheidungen und Anordnungen dr» ReichSversicherungsamtet sowie der zuständigen LandrSbehörden ergangen, welche sür die Durchführung des Gesetzes vnn hervorragender Bedeutung sind. Dieses umfängliche Material in wissenschaftlicher Verarbeitung den Besitzern de» ge nannten Kommentars zugänglich zu machen, ist der Zweck de» vorliegenden Nachtrag», während sür eine Neubearbeitung de» ganzen Kommentar« dem Ber- faffer noch nicht ausreichender Anlaß vorlaq Der Nachtrag bringt zunächst da» eben angedentete Material in Kommentarssorm z« 8V Paragraphen de» Gesetze«, in 16 Anlagen werden alsdann vrrjchiedene Beiord nungen, Brkanntmachnngen rc. in ihrem Worttanle
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