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Dresdner Journal : 19.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189312198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18931219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18931219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-19
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 19.12.1893
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»e,>,»»ret«: »tr »rk-de« vitttrljßhrlich »»arkboPf., beidm-aitcr- ltch dniklchtii Postanstalttu ri«tcI,Lhrlich S Mark; außer- hald de« deutschen «eiche« Post und Gtenipeljuschlag Einzelne Nummern: 10 Pf «rfcheine». täglich mit Au-nahme der Sonn- und Feiertage abend« Pern,pr.. Anschluß. Nr. IKE Dresdner W Zournnl. Für die Gesamtleitung verantwortlich: L)ofrat Otto Banck, Professor der titteratur- und Runstgeschicht«. »nkLnHiiogSgetthre« Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift Sv Pf Unter „Eingesandt" die Zeile so Pf. Bei labellen- und Zifsernsatz entsprechender Aufschlag Herausgeber: Königliche Expedition »r« Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr so. Fernspr-Anschluß: M.I2«. M 294. Dienstag, den 19. Dezember, abends. 1893. Aesteünngen aus das „Dresdner Journal" für das nächste Vierteljahr werden zum Preise von 2 M. 50 Pf. angenommen fir Dresden: bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), sir ansrärtS: bei den betreffenden Postanstalten zum Preise vou 3 M. Lümgl. Expedition des Dresdner Journals. -Zi-iugerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebaudcs.) Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Nichtamtlicher Teil. HeLeMpyische und telephonische Aachrichtm. Hamburg, 18. Dezember. (D. B. Hd.) Der Senat hob da« Lerbot der Beförderung russischer Auswanderer über Hamburg für diejenigen Aus wanderer auf, welche die Untersuchung und DeSin- fektio» in der Auswandererstation Ruhleben bei Berlin durchgemacht haben und im Besitz von vollbezahlten Fahrscheinen der Paketfahrtgesell- schäft find. Wien, 18. Dezember. (D.B.Hd.) DaSrussische Konsulat, daö sich bisher in Brody befand, ist «ach Lemberg verlegt worden. Am 1. April 1894 wird tn Krakau ebenfalls ein russisches Konsulat errichtet werden. Triest, 18. Dezember. (D B. Hd.) Der eng lische Dampfer „Glrbevic" ist auf der Fahrt von Venedig nach Fiume gestrandet; die Mannschaft wurde gerettet. Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß der Lloydtampfer „Kalypso" auf der Fahrt von. Schwarzen Meere nach Marseille in den Darda nellen von einem englischen Dampfer angefahreu wurde, wobei ersterer schwere Beschädigungen erlitt. DaS englische Schiff ist gesunken. Paris, 18. Dezember. (D. B. Hd.) Ein Artikel der „Justier" tadelt die gegenwärtige Schulung der Mariae, dir völlig unzulänglich sei, sowie die Küstrnvrrteidiguag, deren mangrlhafte Beschaffenheit dir vielt» Manöverunfälle nach sich Hehr. Ferner beklagt eia ebenfalls veröffentlichtes Schreiben keS ehemaligen MarineministerS Rieu- nier die Häufigkeit von Beschädigungen an den Maschinen der Torpedoboote und verlangt schleu nige Beseitigung dieses ÜbrlstandeS. Paris, 19. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Rach Meldungen auS BuenoS-AyreS ist die An legung eines KriegShafenS auf drr Insel Maria Blanca beschlossen worden. In Catamarca wurden goldhaltige Lager ent deckt. AmienS, 19. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Journ) Bei dem Zentralpolizeikommiffariat wurde eine Bombe aufgrsuuden, deren Zünder abgebrannt war, ohne eine Explosion herbeigrführt zu haben. St. Etienne, 18. Dezember. (D.B.Hd.) Nach- dr« bei hirsigrn Bergleuten mehrfach Dynamit entdeckt worden ist, hat die Polizei in verflossener Nacht Hauösuchnngea abgehalten und zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Der Justizbehörde »ar die anonyme Mitteilung zugegangen, daß Laust und Wissenschaft. Der Dichter Ernst Müller E-zShlung von E. Reinhold. s (Fortsetzung.) Er machte seine beliebte Verlegenheitsgeste, daS heißt er wickelte seine Bartenden um die Zeigefinger und entgegnete ziemlich kleinlaut: „Ich bezweifle das ja gar nicht." Die junge Dame war durch dieses Zugeständnis nicht versöhnt. In ihren Ohren tönten noch „Unsinn" und „überspanntes Zeug", die Zensur, die der Übel thätcr vor ihr ihrem Aufsätze hatte angedeihen lassen. DaS mußte sie anbringen. „Ich weiß, daß die Männer," sagte sie mit an genommener Gleichgiltigkeit, „das, was wir reden und denke», überspanntes Zeug nennen —" „Aber, liebes Fräulein —" „Ich weiß cS, Herr Doktor." Jetzt begann sich auch der Oberlehrer zu ärgern. Er wurde da gleichsam auSgescholten, und wußte nicht warum. „Es scheint, mein gnädiges Fräulein," begann er nach längerer Bause förmlich, „ich bin zu einer un günstigen Stund« gekommen." „Die Stunde ist weder günstig noch ungünstig," entgegnete SuSchm, „oder doch günstig insofern, al» sie Ihnen jetzt die beste Gelegenheit giebt, unsere gestern verabredete Tischnachbarschast für übermorgen wieder aufzuheben. Ich betrachte daS als geschehen." Bergleute die Absicht haben sollten, den Justiz- palast und daS Stadthaus in die Luft zu spreugeu. Palermo, 19. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Journ) Vorgestern abend wurde von dem „Arbeiterbund" in Monreale eine Kuudgebung unter den Rufen: „Nieder mit der Stadtver- waltung! Nieder mit der Verzehrungssteuer!" veranstaltet. Nachdem an einigen Zollwächtern Mißhandlungen verübt und mehrere Steuerhäuser in Brand gesteckt worden waren, trieb Polizei und Militär die Kundgebevden auseinander und nahmen einige Verhaftungen vor. Die Kund- grbenden bestürmten darauf die Kaserne, nm die Verhafteten zu befrrien. Im Handgemenge wurden ein Sergeant der Bersaglirri, zwei Gendarmen und zwei Bersaglieri leicht verwundet; auf der anderen Seite sind 12 Personen verletzt wordeu. Dir bewaffnete Macht enthielt sich deS Schießens. Die Verhafteten, deren Zahl 32 beträgt, wurden in der Nacht nach Palermo gebracht. Gestern vormittag wurde die Kundgebung unter Hochrufen auf den König und die Königin und unter dem Rufe: „Nieder mit der Verzehrungssteuer" er neuert, aber ohne Kampf unterdrückt. Der „Arbeiterbund" von Villapioppo verband sich m(t der Kundgebung in Monreale und versuchte die Fahne deS Bundes auf dem Balkon der Bürger meisterei aufzuhissen, waS, dauk der versöhnlichen Dazwischenkunft von Offizieren und Polizei- beamten verhindert wurde. Nach Monreale wurden Verstärkungen geschickt. Der Bürgermeister von Monreale wurde abgesetzt und vor Gericht gestellt. London, 18. Dezemb-r. (D.B.Hd.) Die Anarchisten fanden sich gestern wieder in Trafalgar Square ein und versuchten eine Versammlung abzuhalteu. Polizribcamte hinderten dieses Vor haben. Mehrere Detektivs sollen len Genossen Vaillant« auf der Spur sein. Kopenhagen, 18. Dezember. (D.B.Hd.) Bei Harboöre ist gestern der gekenterte norwegische Schoner „Emanuel" auf den Strand getrieben; daS Schicksal der Besatzung ist unbekannt. Drr Finanzministec legte im Kolkething daS NachtragsbewilligungSgesetz zum Kiuanzgesetz für 1898/94 vor; eS schließt mit 1159U999 Kronen, wovon jedoch nur 1899999 Kronen uene Bewillig ung-» sind, ab. Stockholm, 18. Dezember. (D.B.Hd.) Der vom Staat-kontor aufgestellte Voranschlag der Staatseinnahmen im Jahre 1895 weist 9193899V Kronen auf. Lie CholerabeobachtungSstation auf Aejau in den Stockholmer Schären wird am 29 d. Mts aufgehoben. Malmö, 18 Dezember. (D. B. Hd.) Die Anlage eine« Freihafen« in Malmö wird , nach einer Meldung aus Stockholm, den nächsten Reichstag beschäftigen. Rio de Janeiro, 19. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Präsident Peixoto hat die legislativen Wahlen bi« zum Mai vertagt. Dresden, 19. Dezember. Die jüngsten Begebenheiten im österreichischen Abgeordnetenhause. pp Die erste parlamentarische Campagne, welche in Oesterreich seit dem Rücktritt deS Ministeriums Taaffe stattfand, ist nun abgeschlossen. Der Rückblick auf den Verlauf des kurzen Abschnittes gewährt ent schieden erfreuliche Eindrücke. Seitens der Regierung wie seitens der großen Parteien sind in dem Zeit räume weniger Tage zahlreiche bedeutsame Kund gebungen erfolgt, welche insgesamt geeignet waren, den Glauben an die Ersprießlichkeit und die Dauer der neuen Verhältnisse zu festigen. Den sachlichen Anlaß zu jenen Kundgebungen boten die parlamen tarischen Verhandlungen über die AuSnahmeverord- nungen und über das provisorische Budget. In beiden Beratungen war die Negierung sichtlich bestreit, die Debatten durch das Eingreifen der begabtesten Sprecher des Kabinetts auf ein hohe« Niveau zu bringen Wir haben bereits hervorgehobeu, in welch' ernster, wür diger und geistvoller Form der Minister des Innern, Marquis v. Bacquehem, diese Aufgabe mir Bezug auf die Erörterung der Ausnahmeverordnungen be wältigte. Zn einem parlamentarischen Ereignisse ersten Ranges gestaltete sich aber die Budgetberatung, welche von der Regierung und den Parteien zu umfassenden pro grammartigen Äußerungen benutzt ward. Der Kabinetts chef selbst eröffnete diese Debatte. Er schuf damit in gewissem Sinne etwas neues. Unter dem früheren Regime blieb nämlich die Vertretung deS Budgets einzig dem berufenen Fachminister überlassen. Der Chef deS Ministeriums beteiligte sich während seines langjährigen Wirkens nur dann an der Beratung des StaatsvoranschlagcS, wenn sich durch irgendwelche Zwischenfälle eine zwingende Notwendigkeit dazu ergab — insbesondere wenn die Stellung des Kabinetts im Hinblicke auf die Möglichkeit einer Budgetoer verweigerung zu präzisieren war. In der verflossenen Ära hatte man in Oesterreich eben die Ansicht zur Geltung gebracht, daß die Bewilligung des Budgets mit dem Vertrauen oder Mißtrauen gegenüber der Regierung nichts zu schaffen habe. Die Votier ung des Budgets wurde als Pflichterfüllung der Volks vertreter gegenüber dem Staate dargestellt und nur so wurden Enischeidungen erzielt, die unerreichbar gewesen wären, wenn man dem Votum der Hauses die sonst stets vorausgesetzte Bedeutung einer Vertrauensäußer- ung beigelegt hätte Solchen Gepflogenheiten entsprach es auch, daß in der vergangenen Zeit die Regierung stets bestrebt war, die Wichtigkeit der Beratungen über den StaatSvor- anschlag thunlichst zu verringern. Völlig anders ist aber der Weg beschaffen, welchen der neue Kabinetts chef wählte. Fürst Windischgrätz gestand in seiner trefflichen Rede ohne weiteres zu, daß er in der Ge währung deS Budgets eine Vertrauenskundgebung für die Regierung erblicke Er deutete dabei in verbind lichen Worten an, daß diese Auffassung im gegebenen Falle nur deshalb nicht uneingeschränkt zutreffe, weil die Regierung noch keine Gelegenheit hatte, sich auf sachlichem Gebiete ein Anrecht auf das Vertrauen des Parlaments zu erwerben. Und eben an diese liebens würdig bescheidene Ve,Wahrung knüpfte der Premier eine gehaltvolle politische Darlegung, welche von den Volksvertretern und der Bevölkerung selbst nur mit Dankbarkeit und Genugthuung entgegengenommen werden kann Er entwickelte in großen Zügen daS Bild der heutigen parlamentarischen Gruppierung und er machte kein Hehl daraus, daß diese Gruppierung in seinen Augen den Kern der gesamten politischen Lage bilde. Dem Fürsten Windischgrätz ist offenbar der Gedanke völlig fremd, daß ein Parlament als ein notwendiges Übel zu betrachten sei, mit dessen Existenz sich die Regierung unter möglichst geringen Opfern abzufinden habe... So mußte eS denn alle ein sichtigen Mitglieder des österreichischen Volkshauses mit Freude erfüllen, als sie vernahmen, wie der jetzige Kabinettschef daS Dasein der heutigen Regierung unverhohlen als das Ergebnis der großen Novemberaklion des Parlaments darstellte, und wie er die Unterstützung seitens der Volksvertreter als wichtigste Bedingung eines gedeihlichen Wirkens der Regierung bezeichnete Wenn der Ministerpräsident an diese Worte noch den Ausdruck der Hoffnung knüpfte, daß die Koalition der drei stärksten Parteien noch neue Anhänger gewinnen werde, so hat er damit nur im Sinne einer gesunden Logik gesprochen. Die Annahme, daß eine Regierung, welche die höchste Achtung vor den Rechten und dem Einflüsse des Parla ments bekundet, früher oder später auch manche der bisherigen Gegner an ihrer Seite finden werde, muß sicherlich als eine vernunftgemäß begründete gelten. Allerdings darf man dabei nicht etwa der Jung- tschechen gedenken. Diese sind vorweg die Feind; jeder Regierung, welche die Traditionen des österreichischen StaatSbewußtseins hochhält, und das Kabinett Windisch grätz wird daher auf die ehrende dauernde Feindselig keit jener Partei zählen dürfen. In jenen Lagern aber, in welchen nicht die Bekämpfung des StaatS Prinzips zu einer traurigen Parole erhoben wird und in welchen die neue Gestaltung immerhin mit regem Mißtrauen ausgenommen wurde, ist die anfängliche Erregung einigermaßen geschwunden Dies gilt von einer Gruppe der konservativen Partei, ebenso wie von einer Fraktion des Polenklubs und von den sogenannten Deutschnationalen. Man beginnt da wie dort zu er kennen, daß die gesinnungsverwandten Mehrheiten der drei Parteien eine tiefgehende Umgestaltung der ge samten Verhältnisse denn doch nicht herbeigeführt haben, damit die eigensten Interessen dieser Parteien schnöde preisgegeben würden! Das Programm der Rück stellung jener Son^erinteressen zu Gunsten der Lösung der wichtigsten staatlichen Aufgaben wurde zuerst von den Widersachern fälschlich in solcher Weise gedeutet; die vermeintlichen „gesinnung-tüchtigen" Pessimisten können sich aber nun nicht mehr ganz und gar der Einsicht verschließen, daß jene- Programm ehrlich aus gestellt und festgehalten, nur den Geboten der Not wendigkeit entspreche und daß von einer„Preirgebung" dabei nicht die Rde sei. Die Förderu g eines derartigen Umschwunges in dem Urteile über dre neue Lage ist die wichtigste moralische Aufgabe der Regierung und der vereinten Parteien. ES handelt sich zunächst darum, daß bei den Freunden wie bei den Unschlüssigen der Glaube an die Ehrlichkeit der Koalition gefestigt, bez. wach gerufen werde. Die Regierung muß die Überzeugung zu fördern suchen, daß sie einzig um deS StaatS interesses willen ohne jeden Hintergedanken bezüglich der Begünstigung von Sonderplänen die Bürde der Geschäftsführung auf sich nahm. Und die drei Par teien müssen in gleichem Sinne daraufhinarbeiten, daß die Selbstlosigkeit, mit welcher sie an der mäch tigen Schöpfung mitwirkten, weder angezweifelt noch mißdeutet werden könne. Diesen rühmlichen Bestreb ungen entsprachen neben den obenerwähnten Aus führungen des KabinettSchefS auch die Reden des FinanzministerS v. Plener und der Leiter des konservativen und Polenklubs Hr. v. Plener hat in geradezu glänzender Darlegung den Nachweis erbracht, daß die Lösung, welche er noch als Führer der Deutschliberalen anbahnte, die einzig gedeihliche war, die überhaupt erzielt werden konnte, und dieselbe Auffassung kam auch in den Reden des Grafen Hohenwart und deS Sprechers der Polen, v. Benok, zum Ausdrucke. Die Koryphäen des österreichischen Parlamentarismus haben diesmal ihr Können nicht in fruchtlosen Kämpfen verbraucht, sondern zu dem schönen Zwecke verwertet, daß sie die Vorteile der neuen Situation der allgemeinen Würdigung näher bringen wollten. In den Hallen des österreichischen Eine zeiemoninöse Verbeugung, und die junge Dame war verschwunden. Aßmann blickte mit einem Gemisch von Staunen und Aerger ihr nach. Dann schüttelte er den Kopf, brummte etwas in den Bart und verließ gleichfalls das Zimmer, ohne die Rückkehr des Sanitätsrates ab zuwarten. Surchen aber flüchtete sich in ihr Kämmerlein und brach dort schluchzend zusammen. Sie hatte sich tapfer gehalten und einen Sieg erfochten, aber sie fühlte, es war ein Pyrrhussieg. Doch nein, das war er nicht wert, daß sie weinte, er, dessen Geheimnis sie so zart gehütet. Verdiente er da» noch länger? Wie er Gedanken anderer bekrittelte, so sollten auch andere seine Gedanken bekritteln Er verdiente keine Schonung. Sie hatte „ewiges" Stillschweigen gelobt, indessen — die Ewigkeit der Frauen hat mitunter doch Grenzen. Nun war eS Zeit, den Schleier zu lüften, das Geheimnis preiszugeben. Erfüllt vou diesen Nachegedanken machte sich Sus- chen auf und eilte zu ihrer Freundin Adele, die sie tröstete und ihren Plan billigte. * 4- * Oberlehrer Aßmann war, nachdem er das Schiöter- sche Hau» verlassen hatte, weder in das Restaurant uoch nach Hause gegangen. Trotz des ungemütlichen NoremberwetterS fühlte er das Bedürfnis, einen größeren Spaziergang zu machen. Seine Gedanken beschäftigten sich mit der ihm rätselhaften Umwandlung, die er soeben an SuSchen Schröter wahrgenommen Was für ein Geist war in da» Mädchen gefahren? Warum hatte sie ihm die Freundschaft gekündigt? Warum seine Tischnach barschaft znrückgewiesen? Das kränkte ihn am meisten. Er hatte schon seit mehreren Tagen den freilich uneinjpstaudemn Wunsch gehabt, sich der jungen Dame Gesellschaft für den Kränzchenabend im voraus zu sichern; war cs doch im Grunde genommen seine Pflicht, dem Hause, dessen Gastfreundschaft er genoß, seine Kavalicrsdienste anzubieten. Und nun war er gleichsam an die Luft gesetzt. Sie war doch schließlich nur ein launenhaftes Mädchen. Doch nein, das war sie nicht, es mußte irgend etwas passiert sein, daS ihn in ihren Augen herabgesetzt hatte. Aber waS? Der Oberlehrer zerbrach sich vergebens den Kopf, und in unbehaglicher Stimmung kam er nach zweistündigem Marsch wieder in seiner Wohnung an. Dort wartete seiner eine Nachricht, die den zwei felnden Mann indessen nur für kurze Zeit seinem Grübeln entriß. Der Mathematiklehrer war erkrankt, und der Herr Direktor ersuchte den geschätzten Herrn Kollegen Aßmann, für den Erkrankten morgen früh die Stunde in Untersekunda zu geben „WaS sängt man da an mit den Jungen»?' fragte sich Oberlehrer Aßmann. „Ich habe die zwei Stunden hintereinander. Ach, lassen wir sie einen Klassen aufsatz schreiben, da brauch ich mich nicht erst vorzu- bereiien.' — Die Untersekundaner waren nicht sehr erbaut, als sie am anderen Morgen mit vielem Beschluß ihres Ordinarius bekannt wurden. Aussätze sind selten nach dem Geschmack der jungen Herren. (Fortsetzung folg«.) Bilderweike. Aus dem fruchtbringenden künst lerischen Unternehmerkreise „ Vereinig ungderKunst- sreunde für amtliche Publikationen der K. Nationalgalerie zu Berlin" seien hier zwei Bilder erwähnt, die sich durch sorgsamste technische Vervielfältigung der Farbengebung, ja der Pinsel führung der Meister ganz besonders auszelchuen. Es sind die Darstellungen: „Eine Gruppe von Neu gierigen auf einem Brückenbogen in Venedig" von Pass ini, (Original im schlesischen Museum zu Bres lau) und „Die Würfelspieler" von Claus Meyer. Wenn es galt, bei dem letztgenannten Genrebilde, in Auffassung und Kompositionsstil der alt nieder ländischen Schule, ein sehr abgekämpftes, in ge brochenen Farben gehaltenes Kolorit mit der treuesten Beobachtung des Originals wiederzugeben und in den fein gestimmten Ausdruck dieser Köpf.- innig cinzu- gchen, so war die Aufgabe bei Passinis Gemälde wieder eine ganz andere: hier mußte die markige, frische, oft farbenbunte Sprache der modernsten und vollendetsten Aquarelltechnik festgehalten und durch die keckesten Mittel in den Druck übertragen werden. Beide Forderungen sind vortrefflich erfüllt worden und bekunden eine andauernde Vervollkommnung in der Pflege der Vervftlfältigungskunst, welche den Namen einer solchen nur unter der Beachtung ernster Bedingungen verdient. — Wir weisen hier noch ferner aus eine andere nicht farbige, aber in ihrem Gegenstände zur Festgabe sehr geeignete Vervielfältigung hin, die in der Ausführung einen schönen Erfolg zu verzeichnen hat. Es ist: „Das Abendmahl" von Heinrich Hofmann, das als ein umfangreiches, gediegen durchHearbeitete» Blatt im jetzt oftmals genannten C T. WiSkott'schen Verlag zu BreSlau erschien. Die Darstellung gehört
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