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Dresdner Journal : 11.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189312112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18931211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18931211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-11
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 11.12.1893
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Italien melden sich wohl sofort die alten Geyner Crispi» zum Worte. DaS bedeutet aber derzeit kernen Nachteil. Die Männer, welche dort in den letzten Jahren ans Ruder kamen, wurden erst umwillen ihrer RegierungSthätigkeit oder lediglich wegen der That- sache, das; sie anderen den Weg zu Portefeuilles ver sperrten, angegriffen. Vor dem Tage ihrer Ernennung hatte man sich kaum um sie bekümmert, weil da» Register ihrer größern politischen Aktionen bis dahin zumeist ein — weißes Blatt Papier war. Crispi aber ist ein Mann von schaif gezeichneter Eigenart, der schon wiederholt so entschieden aufirat, daß die Gegnerschaften, die er aus sich lenkte, zum Teil :ie Erinnerungen an seine besten Thaten darstel'en. Italien benötigt heute einen leitenden Politiker, der sich nicht seinen Ruf erst erwer! en ;oll — einen Regierungschef, der sein Ansehen und feine Autorität im Kampf, mit erbitterten Widersachern zu behaupten wußie — euen Mann, von welchem man weiß, daß er f uheren Kämpfen gewachsen war und daß er da her neuen Fehden nicht aus dem Wege gehen wird. AI» nur politische Gestalt solchen Gepräges erscheint Hr. Crispi, wenn auch sein Wirken nicht immer ein vorwurfsfreies war. Von d eser Anschauung werden wir am alleiwenigslrn durch den Umstand abgebracht werden, daß die Feinde des Dreibundes in Italien und anderwärts schon jetzt ihre Verstimmung über das neuerliche Hrroortrnen Crispis lundgeben. LtMögelchlchte. Dresden l l. Dezember. Je. Majestät der König wolnN'N gestern, Son,tag, vormittag dem Gottes dienste in der katholischen Hoskirche b.i. Rach dem Kircher besuche erteilten der Monarch im Nesidenz- schlosse eine größere Anzahl Audünzen und kehrten daraus nach Villa Strehlen zurück, wo nachmittags ^0 Ubr Königl. Familientafel statlfand. Sc. Majestät dee König nahmen im Laufe des heutigen Vormittags die Vortrüge ter Herren Staatöminister und Dkpariementschefs der Königl Hofstaaten, sowie militätische Meldungen entgegen. Nachmittags verfügten Se. Majestät Sich wieder nach Villa Strehlen. Ihre Majestät die Königin sind an Influenza erkrankt und genötigt, das Bett zu hüten. Das Fie ber ist jedoch gering und auch die übrigen Krank heitserscheinungen treten so leicht auf, daß baldige Genesung zu erwarten steht. * Berlin, 10. Dezember. Se. Majestät der Kaiser haben Sich gestern früh ^8 Uhr zu dem Amtsral v. Tietze nach Barby begeben und sind abends nach dem Neuen Palais zurückgekehrt. — Se. Majestät brr Kaiser haben im Namen des Reichs den Rentier I. N A M. v. Harbou an Stelle des auf seinen Antrag ausgefchiedenen bis herigen Konsuls Kjellberg zum Konsul in Gothenburg (Schweden) ernannt. — Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und Steucrwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Aus schüsse für Zoll- und Steucrwesen und für Rechnungs wesen hielten gestern Sitzungen ab. — Amtlicher Nachweisung zufolge sind in den deutschen Münzstätten im Monat November an Reichs münzen geprägt worden: Goldmünzen für 3289280 Toppelkrvnen und zwar auf Privatrechnung, Silbermünzen für 553500 M. Fünfmarkstücke, für 334532 M. Zweimarkstücke und für 492221 M. Einmarkstücke, Nickelmünzen für 8400 M. Zehn- psennigstücke und Kupfermünzen für 52382,23 M. Einpfennigstücke. — Alle Freunde der Handelsverträge, soweit sie Mitglieder des Reichstags sind — so führt die „Köln. Ztg" aus, — werden Sorge tragen müssen, daß sie zu der in der nächsten Woche stattfindcnden Abstimmung vollzählig im Reichstage anwesend sind. Die zweite und dritte Lesung wird voraussichtlich vom Dienstag, den 12., bis Freitag, den 15. Dezember, dauern. Die Gegner der Handelsverträge werden alles aufbirten, die Verträge zu Fall zu bringen. Unsere Aurfuhlindustrie ist bei dem seinerzeitigen Ab schluß der Verhandlungen in umfassender Weise zu Rate gezogen worden und hat sich mit den erreichten Zollherabsetzungen und Zollbindungen durchaus ein verstanden erklärt; die Ablehnung der Verträge würde namentlich, was die Ausfuhr nach Rumänien betrifft, in der gegenwärtigen Zeit schweren wirtschaftlichen Druckes von den verhängnisvollsten Folgen begleitet sein. Die Behauptung der Agrarier, daß auf dem «.«SU- > um .iss. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 8. Dezember: „Die gelehrten Frauen" und „Der eingebildete Kranke." Lustspiele von Moliöre nach der Über setzung von Graf Baudissin Das letztgenannte Stück war für unsere Bühne in einem Akt eingerichtet und diese Zusammenziehung ist an sich ein Vorteil für einen Zufanimenhalt der kleinen Handlung — Im Ganzen waltet eine große behindernde Schwierigkeit für jedes Theater ob, wenn von Zeit zu Zeit, und zwar oft wohl ohne die ge hörige Muße zur Vorbereitung, ein Moliörsches Lust spiel gegeben wird. Diese Schwieiigkeit wird auch bleiben und nicht voll zu übe-winden fein, da es sich verbietet, unserm Geschmack der Gegenwart häufig mit diesen Gaben der Vergangenheit und eines vergangenen Theaterstils entgegeuzutreten. Man kann unsern Darstellern nicht im vollen Maße abverlangen, daß sie den leichten Moliörcschen Plauderton der Zeit- und Sittensatire in so gefälliger Form darbietcn, wie es der berühmte dramatische Pamphletist im Sinne gehabt hat. Es wird unserm Tagesgejchmack schwer, die Handlung zur Neben sache und das Kulturbild in der Theatervorstell ung zur Hauptsache werden zu lassen. So geht darin die Rede zu wuchtig vom Munde und wo sich Lcidenschaftlichkeit zeigt da wird sie ost zu heftig be tont. Weniger Gemüt und mehr Mutterwitz, das sollte die Losung aller Schauspieler sein. In den Vorführungen der genannten beiden Stücke zeichneten sich besonders Hr. Swoboda, Frl. Diacouo und Frau Wolff aus. O. B. Umwege durch Rumänien russische» Getreide zu den billigeren Zollsätzen in Deutschland eingeschmuggelt werde, hat sich al» Erfindung erwiesen, nicht ein einziger Kilozentner ist auf diesem Umwege zu uns gekommen. Die Entscheidung hängt jetzt ausschließlich davon ab, ob die Mitglieder des Reichstage» ihre Pflicht erfüllen . — Unter ter Überscknst „Berlin und Stutt gart" bringt die , Nat.-Zrg." nachstehende Ausführ ungen, welche die „Nvrdd Allg. Zig." ohne irgend- weichen Kommentar weiter verbreitet. „Vor einigen Tagen haben wir berichtet, wa» es mit dem ameblicden Konflikt zwischen Berlin und Stuttgart, der zu d m Rücktritt des württembergifchen Gesandten in Berlin, Staatsrat v Moser, gefühlt hab-n sollte, aus sich hat ES waren im Herbst, anläßlich der Truppenübungen, nochtlägtiche Zweisel darüber enlstaiden, ob die mehrere Monate vorher aus wüntewbergischen Wunsch hier bereit willig zugestandene Emschänkang der Manöver des Armee- corpS Württembergs — wegen der dortigen Futternot — wirklich notwendig gkwesen. Hieraus waren Erörterungin über die Frage hervorgegangen, an welcher amtlichen Stelle man für den, vielleicht etwas übereilt gefaßten Beschluß ver antwortlich war, und dieselben hatten zu Auseinander setzungen geführt, in deren Verfolg der württemdergische Ge'and'.e v. Moser dem württembergischcn Ministerpräsident n v Mitt acht weichen mußte, nach dein bekannten Grund satz?, daß, solange der Vorgesetzte im Amte b'.eibt, er drm Untergebenen gegenüber immer »echt hat. Es wird aber ui kr iskn, in denen man über o>e Einzelheiten der frag lichen Vorgänge unterrichtet ist, durchaus nicht angenommen, daß Hr. v Moser eine Schuld traf. Jedenfalls war zu einem Konflikt zwischen „Berlin und Stuttzart" kein Anlaß vorhanden, und e« Hal keinen solchen Konflikt ge eben. Im Gegenteil: gerade an den höchsten Stellen rn den b.iden Hauptstädten dürfte man in sachlicher Hinsicht, be treffs der Manöver, ganz üderrinsttm.menker Ansicht ge wesen sein Mit diesen im wesentlichen die Herren v Mittnacht und v Rinser angehenden Differenpn werden jetzt ur der Presse Gerüchte über eine gcnz andere, schon weiter Mück- da irrende Angelegenheit in Zusammenhang gebracht, wobei auch düse als einer der Anlässe zu dem angeblichen „Kon st'.kl" dargrstellt wird: dir Frage einer engeren Verbind ung des würtümbergischen ArmeecorpS mit dem preußischen Heere, als sie auf Grund der rn Versailles vereinbarten Militärkonvention vom 21. November 1870 jetzt besteht. Das württemdergische Carp', da» 14. der deutschen Armee, hat nach dieser Konvention im Frieden eine in der Haupt sache selbständige Stellung und Verwaltung; doch erfolgt dre Ernennung des kommandierenden Generals durch den König von Württemberg erst nach vorgängiger Zustimmung des Kaisers; dieser ernennt die Kommandanten in Württem berg vorhandener Bundesfestungen; zur Beförderung der Gleichmäßigkeit in der Ausbildung und dem Dienst der Truppen werden einige württemdergische Offiziere nach Preußen, einige preußische nach Württemberg kommandiert; zur Vermittelung der dienstlichen Beziehungen findet ein direkter Schriftwechsel zwischen dem preußischen und dem württembergischen Kriegsministerium statt Andere Kon tingente der deutschen Armee stehen bekanntlich in einem engeren Verhältnis zu dein preußischen Heere, während das der beiden bayerischen Corps zu ihm ein noch etwas loseres ist. Noch unserer Information, die wir für authentisch halten, ist der Wunsch nach einer engeren Gestaltung des Verhältnisses betreffs Württembergs lediglich aus mili tärischen Gründen, und zwar u a. im Jntereffe des würt tembergischen Osfiziercorps, entstanden. Wenn Meinungs verschiedenheiten in dieser Frage vorhanden sind, so dürsten auch sie nur in Württemberg selbst, und zwar weniger unter den dortigen leitenden Militärs, als zwischen dielen und Politikern bestehen, welche den partikularistischen Wider stand der schwäbischen Demokratie fürchten. Indes wird an eine Abänderung der Militärkonvention, die als ein Teil des ReichSoerfaffungsrechteS zu betrachten ist, nicht gedacht; wenn in der demokratischen süddeutschen Presse von einer solchen Abänderung nach dem Muster der Militär konvention mit Baden gesprochen wird, so dürfte damit nur das partikularistische Mißtrauen auf den Busch schlagen. Falls Änderungen eintreten, so dürften sie in einer etwas verstärkten Kommandierung wülttemdergischer Offiziere nach Preußen und preußischer nach Württemberg bestehen, die im allseitigen militärischen Jntereffe, und nicht am weni .sten im württembergischen, liegen würde " Hamburg, 9. Dezember. Der Bürgermeister Or.Vertmann ist zum ersten, der Senator Or Lehmann zum zweiten Bürgermeister Hamburgs für das Jahr 1894 gewählt worden. Buda-Pest, 9. Dezember. Bei der Beratung über die Petition mehrerer Munizipien wegen einer Re form des MagnatenhaujeS erklärte Ministerpräsident l)r. Wekerle im Abgeordnetenhaus?, diese Reform gehöre nicht in das Programm der Regierung, die Behandlung dieser Frage fei weder notwendig noch zweckmäßig. Der Ministerpräsident stellte entschieden in Abrede, daß daS Magnatenhaus gegen die kirchen- politischen Vorlagen der Regierung endgiltig Stellung genommen habe. Die Mehrheit de» Oberhause» be urteile die wahren politischen Bedürfnisse de» Lande» zu nüchtern, al» daß sie einem liberalen, freiheitlichen Fortschritte entgegentreten wollte. Die Petition wurde sodann dem Gesamtministerium überwiesen. — Wie au- Oedenburg gemeldet wird, widerfuhr am Freitag nachmittag Sr. Kaiferl und Königl. Hoheit dem Erz herzog Otto bei Havdhabnng einer Scheibenpistole ein Unfall, w.lchrr gliicklicherwe.se nur eine Ver letzung der Fletschtetle des linken Oberarme» zur Folge hatte Die Waffe entlud sich und da» Projekt'! drang in den Oberarm ein, ohne jedoch den Knochen zu treffen Tie Kugel welche tief im Fl-ische sticken geblieben war, wurde durch den sofort helb«igerufenen Arzt entfernt In später Abendstunde eingelausenen Nachrichten zufolge ist da» Allgemeinbefinden des Erzherzog» ein befriedigende» und kein Wundfieber eingetreten. Pari», 8. Dezember. Ter Marineminister erhielt gestern vom General Dodds folgende Depesche aus Dahomey: „Behanzin, der sich in beständiger Flucht vor unseren Truppen befindet, halte gehofft, über das Territorium von Savalu nach dem Norden ent weichen zu können. Ter König dieser Landschaft, der unser Verbündeter ist, hat ihm jedoch den Weg verlegt, daher schlug er sich westwärts. Unsere Truppen suchen ihn einzuschließen Behanzin ist von den meisten seiner Anhänger im Stich gelassen und hat nur noch rinige seiner Familienmitglieder und wenige seiner Getreuen um sich. Er befindet sich in Djidja am Kuffo und seine Sache scheint endgiltig verloren zu sein. Der ehemalige König von Dahomey ist fortwährend be trunken und die Lebensmittel gehen ihm aus. Die Gesundheit der Truppe ist gut trotz der anstrengenden Märsche dieser letzten Expedition". Die Verspätung, mit welcher die Depesche im Malineministerium eintraf, hat darin ihren Grund, daß das Telegraphenkabel zwischen Dakar und Kotonu unterbrochen ist. — 9. Dezember. Ter tcuie obgehaltene Mi- nisterrat beschloß, sich gegen den Antrag Baily zu erklären, nach welchem eine Untersuchungikomumsion betreff» des Ausstande» in den Departement» Nord und Pas de Calais eingesetzt werden soll. — Die am Donnerstag behufs Vorberatung der Nachtragskredite gewählte, aus 33 Mitgliedern bestehende Kommission der Tepuliertenkammer, welche die Budgetkommrssion vorübergehend zu vertreten hat, wählte mit 15 Stim men Rouvier zu ihrem Vorsitzenden. — Während der heutigen Sitzung der Deputiertenkammer wurde eine Bombe von der Tribüne auf der rechten Seite in den Saal hinabgeworfen und explodierte. Die Explosion ersolgie genau um 4 Uhr. Auf den Tribünen entstand infolgedessen ein panischer Schrecken, die auf derselben anwesenden Frauen entflohen in größter Hast. Einige Zuhörer wurden verwundet, in den Wandelgängen herrschte sehr lebhafte Erregung. Im Sitzungssaal verbreitete sich rin intensiver Rauch. Die Zahl der verwundeten Depu tierten wird aufeinigeLO geschätzt; diemeisten Deputierten erhoben sich von ihren Sitzen, um aus drm Saal zu flirhen. Die Deputiertenkammer war in dem Moment der Explosion gerade mit der Giltigkeitserkläruüg der Wahl des Deputierten Mirman beschäftigt. Nachdem die Ruhe einigermaßen wieder hergestellt war, erklärte der Präsident Dupuy, derartige Attentate könnten die Kammer nicht in Verwirrung bringen und er erfuche dieselbe, mit Ruhe ihre Arbeiten fortzusetzen; wenn die Tagesordnung erledigt sein wird, werde daS Bureau seine Pflicht ihun. (Lebhafter Beifall > Unter einer unbeschreiblichen Bewegung wurde hierauf die Beratung über die Wahl Mirmans wieder ausge nommen. Etwa ein Drittel der Deputierten befanden sich auf ihren Bänken. Im Sitzungtsaale waren die Spuren von Eisensplittern und Bleistücke sichtbar. Die Quästoren befahlen sofort die Schließung aller in» Freie führenden Thüren. Bruchstücke der Bombe flogen bis auf die Tribünen der zweiten Etage. Die Verwundeten wurden nach der Ouästur gebracht, wo ihnen ärztliche Hilfe geleistet wurde. Ein verwundeter Zu schauer behauptet, gesehen zu haben, daß einer seiner Nachbarn etwas in den Saal warf. Die Zahl der auf den Tribünen Verwundeten dürste etwa 20 betragen, darunter mehrere Frauen. Es wird versichert, daß niemand getötet oder tödlich verletzt fei. Weiter wird gemeldet: Die Wahl von Mirman wurde für giltig erklärt. Der Konseilpräsident Casimir Perier sprach darauf der Kammer seinen Dank aus dafür, daß sie auf die Stimme ihres Präsidenten gehört und ihre Be ratungen fortgesetzt habe. Die Kammer habe ihre Pflicht gelha«, die Regierung werde durch Anwend«- der Gesetze da» Ihrige thua. (Lehhafter Beifall.) Die Sitzung wurde sodann aufgehoben Dem Kammer-! Präsident Dupuy wurde in den Wandelgängro der j Kammer eine sehr lebhafte Kundgebung der Sympathie! dargedracht. Deputierte, Journalisten und Neugrmge l brachten Hochrufe auf Dupuy au», welcher mit Hoch, s rufen auf die Republik antwortete. Die Verwundung» ! sind im allgemeinen wenig schwer und bestehn hwpt- fächlich in Schrammen — Es bestätigt sich, daß die! Zahl der Verwundeten sich auf einige 50 beläuft. Der Oberstaatsanwalt und der Staatsanwalt der Re publik sind im Palui» Bourbon eingetroffen, an dessn Zugängen sich nur wenig Neugienge befinden. Im Nachstehenden verzeichnen wir noch eine Reihe De peschen des Wolffichen Telegraphenbureau», die ver-! schiedene Einzelheiten berichten: Pari», 9. Dezember. Die Nachricht v « dem Bombe«' ! attenlat ia der Kammer Verl reitete sich überaus schnell in dn Etad! und ries eine gieße Erreguna hervor. Die Bombe fol ! von der Tr büne d«S ersten Stange- oberhalb der rechten Seite gelchleudeit worden sein. Bomben- unn Vlaesplitier flöge» u den Halbkreis vor der Redner und Prtllidei lentribüne Dupri, i b5eb in seinem Fauirul sitzen m d wurde von den D pmieiln, nachdem der erste Schreck voiüber war, u-clamiert. Di« Kommer s war vollständig von Rauch ersüllt. Un'er den Verwundete« s befinden sich eine Dame, ein Offizier und ein Berichte,flauer Dre Kammer wind- sosort durch B-ilir^r abgesperrt SSmiüche ! Verloren, weiche aus den T-bänen anwesend waicn werde« unlerlucht Riema d wird in die Kommer ewgelassen Paris, 9 Dezember, abend» K U»r 43 Mwu'en D» Bombe, welche in der Kammer von der Tr-rüne des zveie« Runge» gewoisen wuere, expiodieiie in der Höhe der Rampe kn-fer Ti'bün-. Bombcnlplm r stoben durch den gan e> L«»l. Diejenigen Personen, w iche Auskunft über dcuAtenläer grbi« können, werden von den Quästoren vernommen. Medrcr« jj«- schauer, »aruattr auch ein Mrrineojfizrrr, versicherten, der Sneu- läler müsse duich die Exvlosion der Bowle seinen rechien Ä m verloren haben Die Za,l der verwundeten Deputier'«> soll s ch aus -iwa 12 brlanseo, darunter befinden sich Uarjainni und Ta^enove de Pradiue von eer Rechten Paris, 9 Dezember. 7 Uhr 30 Minuxn a^en S I« einem Bureau der Kommer werden sechs verdächtige P isone« s sigehalleii. D'tselb n stürzten unmü'eibnr nach der Exo »sw« n,ch dem SrsrischungSz mmer und suchten sich zu «nfumn Emer von ihnen soll brr mmmrdliche Urheber de- Aueiwu» lein Zuschauer b hanpieu, ihn wwderzucrk nnen Er soll Lenon heißen Pari», 9. Dezember, abends 7 Uhr 30 Min. (Bo« einem anderen Korrespondenten.) Vor dem Kammerpolait wächst dir Volksmenge immer mehr an; dieselbe bespricht sehr erregt da» Ereignis. Ein Deputierter erzählt, die Bombe, an welcher sich eine brennende Lunte befand, sei in der Lust explodiert DaS Ziel der Bombe sei zweifellos der Halbkreis vor der Prüsidententribüne gewesen, wo gewöhnlich eine große Anzahl Deputierter beisammensteht. Die Bombe dürfte mit Nilr»glyc«rin und Schießpulver geladen gewesen sein. Eisenstückt und Nägel flogen bis auf die Journallstentribüne auf der linken Seile d,r Hauses, wo zwei Reporter verwundet wurden. Paris, 9. Dezember Unter den bei d«r Bombenexplosw» m drm Sitzungssaale der Deputiertenkammer Verwundeten befinde« sich eine gut gekleidete Lame; dieselbe wurde an der Stirn ver wundet, weiche heftig blutete. Lin rumänischer Oberst nomevt Nasturcl wurde am Hal» und der Hand verwundet Alle im Palais Bourbon verfügbaren Räumlichkeiten sind provisorist in Lazarette umgewandelt. Der Abbe Lembyre, Deputierter sür Hazebruck, liegt auf einem Polster, sein B sicht ist von dm Binden völlig bedeckt. Einem Lieutenant, welcher sich aus die Tribüne begeben hatte, wurden zwei Finger zerschmettn. Dupuy und Casimir Pvrier durchwandern die verfch'edmen Säle Pari», 9 Dezember. General Billot, welcher sich aus der Tribüne der Kammer befand, wurde an der linken Schulter leicht verwundet Im PalaiS Bourbon werden alle anderen Personell, als Deputierte, welche der Sitzung beiwohnten, schars bewacht. LuM erhielt eine leichte Schramme an der Stirn. Zahlreiche Polizei- kommissare sind nach dem PalaiS Bourbon beiohlrn wordm, um eine eingehende Untersuchung vorzunrhmcn Dre verwunden Dame ist eine Wienerin, namenS Mantel; ihre Verwundung scheint ziemlich schwer zu sein. Die nach dem Palais Bourbon gekommenen Perionen können dasselbe jetzt verlassen, sobald sie sich über ihre Persönlichkeit ausgewiesen haben. Paris, v. Dezemvcr, 8 Uhr lO Mm. abends. Die Bomke explodier!« über dem Kopse de» Deputierten Lazmme de Pradin« und riß von dessen Pult dre Decke fort Lazenox wurde leist verwundet. Leffet, eia Deputierter des Departe ments Indre et-Loire, wurde schwer verletzt. Bon mchreim Seiten werd.n zwei bestimmte Individuen al» Urh-b.r d:t Attentats bezeichnet Gerichtsbkamle fragen die Berwuacclm aus. Man bofst, aus diese Weise eine genaue Personen beschreib- ung der Älleniäter zu erhalten und dieselben, da sie da» Haus nicht »rrlasien können, bald se lzumhmen Um ü Uhr t »sm var dem Kammerpalais städtische Ambulanzwagen ein. Paris, 9. Dezember, tO Uhr td Min. nachts. Die Er regung deS Publikums gi bt sich auch aus den Straßen k»»d. Dir Bouleva:dS sind außergewöhnlich belebt. Die Zeiur-gs- kiotke, bei denen immer neue Exirablä ter auSgegeben weid-n, sind sörmlich belagert. Pari-, S. Dezember. Eue Extraausgabe d«s „TempS" schätz« die Zahl der Verwundeien aus lvo, darunter sollen sich besonders viele Frauen befinden Biele haben Finger gebiochen, einer Frau wurde die Kniescheibe zertrümmert Di« Kammer- dureauS sind rn Lazarette umgewandrlt, in denen diejenigen DepmikNen, welche Ärzte find, Hilse leisten. Auch die ver wundeten dürsen die Kummer nicht »erlassen, da man glaubt, der Attentäter befinde sich unter demelben. Abte Lemhre wurde durch einen Ragel am Hinterkopse verwundet, dem De putierten des Departement« Indre-et Lo r-, Drake del Castillo, wurd-n zwei Finger wegger'ssen. Refidenzthtater- Am 9. Dezember: „Die ver kaufte Braut." Komische Oper in drei Akien von K. Sabina. Musik von F. Smetana. Also von der kleinen Privatbühve Dresdens haben wir die erste Gabe Smetana'scher Opernmusik em pfangen müssen! Wenn es noch eines Zeichens für den Niedergang unserer öffentlichen Tonkunstpslege bedürfte, mit dieser Thalsachc wäre eine charakteristische Bekundung desselben vorhanden. Unempfindlich gegen daS Schicksal der „Verkauften Braut" in der öster reichischen Hauplstadk, wo das Werk vor der Gleich giltigkeit der Hofbühne in ein Operettentheater flüch tete, Hal man bei uns diese Unehrbieligkeit gegen eii e Kunstschöpfung genau in der nämlichen Form sich wiederholen lassen: auch unserem Publikum ist es nicht vergönnt worden, diese m musikalischer Bezieh ung wahrhafte Volksoper in einer würdigen Vorführ ung kennen zu lernen und die Schönheiten derselben vollkommen zu empfinden und zu genießen Viel bittere Wahrheiten über unser ganzes Musikireißen, dessen berufener Hauptsakior immer mehr die bildende Leitung und Veredelung des allgemei nen Geschmacks vernachlässigt und ohne alle beherzte Initiative im engsten Kreise de» täglichen Programms die ewig gleichgestellte Uhr deS „Dienstes" abrollen läßt — viel scharfe Vo würfe könnte man an die neue Erfahrung knüpfen, dem lang und tief gehegten Un mut ehrlicher Musikfreunde einmal zum rücksichts losen Ausdruck verhelfend. Ist cS doch, al- schlügen die Wellen deS allgemeinen großen Musiklebens nur von fern an unsere Ufer, als ständen wir auf einer Insel nur im leisesten Kontakt mit den eigenartigen Bestrebungen der rührigen lebensvollen Außenwelt! In unseren Konzertsälen jahraus jahrein dieselben Virtuosen beiderlei Geschlechts, die ihre sicheren Hoffnungen auf materielles und künstlerisches Erträgnis noch stets von einem freundlich resignierenden Publi kum erfüllt sahen; in unseren Konzertprogram- men stets dasselbe Einerlei, das wenig Neue erdrückt von der Fülle deS Bekannten und Alltägli chen; in unserem Theater immer derselbe kurze Kreislauf von Wagnerschen und neuitolicnischen Werken! Zwar haben einige Kammermusikvernnigungen, les Ton- küustlervereins merklicher Ermattung beispringend, den Weg zum Besseren angebahnt, auch ist gerade rn der gegenwärtigen Saison ein berechtigter Widerstand gegen alle nicht ".uf der Höhe ihrer Kuust sich dar stellenden Erscheinungen laut geworden; aber anderer seits haben wir eben in diesen Tagen wahrnehmen können, wie unser Publikum nicht sofort daS klare Augenmaß für das bedeutende Neue, für die recht schaffene künstlerische Tendenz eines vom Impuls des lauteren Eörgeizes cingebenen Unternehmens zu finden vermag. Man blicke auf die Regsamkeit in der deut schen Kaiserstadt, die auch in musikalischen Dingen längst daS für uns so mißliche ZeniralisationSprinzip verwirklicht hat und deren Wnrtsühr-r in der Presse unS schon unbefangen Recht undGesrtz in ästhetischenFragen diktieren möchten; man sehe auf Hamburg, München, Köln, ja selbst auf Leipzig mit ihrem anregungsvollen Opernlebev: nnd bei uns fragt man mit unverhülltem Neid, wo bleibt dar wertvolle Neue in der Opern produktion unferer Zeit, wann kommt Verdis „Othello", Cornelius „Cid" u. a. m. zu un», wo bleibt unter den Erneuei ungen Götz „Bezähmte Wider spenstige", Schumanns „Genovefa", warum sucht man nicht die durch keinerlei Novväten bean spruchte Kraft eines die frischen Elemente vor- schiebeiiden Personals der würdigen Neueinstudierung klastischer und romantischer deutscher und italienischer Werke nutzbar zu machen? Aber man übergeht das Neue, ohne sich in dem alten Besitz nach Notwendig keit zu klüftigen, und hier wie in unserem gesamten Musiktreiben drängt die Behaglichkeit angenehmer Ge wöhnung die Initiative der That völlig zurück. Selbst unter diesen Verhältnissen, bei deren an- deutender Kennzeichnung wir dem Gebot unserer Überzeugung und unserer Liebe sür die rühmliche Tradition unseres großen KnnstinstltutS nachgeben, und mit deren weiterer Fortwucherung tie mu sikalischen Kunstzuftäabe Dresden- unrettbar dem Provinzialismus entgegcntreiben — hat es über rascht und empfindlich berührt, daß Smetana- köstlicher Werk auch bei uns auf einem Opeietten- theaier Unterkunft suchen mußte. Denn so einfach die Oper in Handlung und Musik, in ihrem geringen Anspruch an die scenische Ausstattung auch erscheinen mag, so sehr hängt ihre Wirkung doch von einer feinen künstlerischen Darstellung ab und gerade ihre possenhaften Elemente, die für eine kleine Bühne viel Anziehende» besitzen andererseitt aber nach mancherlei Präcedenzen dieser Art heute auch in einem vor nehmeren Theater nicht mehr ausfallen, verlangen eine möglichste Veredelung feiten» gesanglich und schau spielerisch tüchtig geschulter Kräfte. Wo dir» nicht erreicht wird, entsteht ein Widerspruch zwischen der Aktion und der Musik: letztere kann daun nicht in der schönen Eigenschaft aufreckt erhalten werden, bei allem Tonwitz und kräftigen Pointieren nirgend» der
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