Volltext Seite (XML)
Irprd u RedatNsn kre»den-Neustadl v. Meitzner Gasse 4. Dir Zeitung erscheint Ttenstag, Linnersta« und Evnnabend früh. Ndonnemeut»- Prct»: dierieljährl. M. 1.50. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- «stallen und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Hau» erhebt die Lost noch eine Ge« dühr von 25 Pf. ächsische AorßeiluV Inserate werden bi» Monta«, Mittwoch u. Freuag Mittag angenommen und kosten: dieispalt. Zeile 1b Pf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Inseraten» Annahmestellen: Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Herrmann Müller in Dresden. Die Arnoldische Buchhandlung, Invaliden dam, Haasenstein LVvgler, Rudolf Mosse, B. L. Daube L To. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, KesselSdorf u. s. w 59. Iakrgana Dienstag, den 6. Inti 1897 Politische Weltschau Deutsches Reich. Von allen Resultaten, welche die letzte RegierungSkrisis gezeitigt, hat unzweifelhaft am meisten die Ertunnung deS ehemaligen Reitergenerals v. Podbielski zum Nachfolger des Staatssekretärs v. Ltephan überrascht. Allgemein hatte man für diesen Posten die Berufung eines verdienten und im Post wesen ergrauten Beamten erwartet, aber nicht die eine- Mannes, der sich bisher wohl wenig oder gar nicht um dieses wichtige Resiort unseres öffentlichen Ver kehrslebens gekümmert hatte. Generalmajor a. D. v. Podbielski soll übrigens selbst anfangs erklärt haben, daß er ein solches verantworturgsreicheS Amt nicht gern übernehme, daß er sich aber als alter Soldat dem Befehle des Kaisers nicht entziehen könne. Die officiöse „Nordd. Allg. Ztg." motivtrt diese Er- n"inung u. A. mit folgenden Ausführungen: „In einer großen Verwaltung wird es sich als nützlich erweisen, :oenn von Zeit zu Zeit anstatt eines im regelmäßigen Gang der Beförderung Heraufgekommenen ein Mann an die Spitze tritt, der in mancherlei anderen Arbeits zweigen sich umgesehen hat, neue Gesichtspunkte mit bringt und unvoreingenommen die bisherigen Geschäfts, n Hoden betrachtet. Es würde für Deutschland nicht ohne Nutzen sein, wenn wir die Anschauung, daß eine Person an hoher leitender Stellung den Dienst von unten herauf in demselben Berwaltungszweige gemacht haben müsse, nach dem Beispiel vorgeschrittener Kultur länder, wie England und Frankreich, korrigiren würden. Die Vertrautheit mit allen technischen Einzelheiten einer Verwaltung kann nicht als ein unumgänglich noth wendiges Ersorderniß angesehen werden. Wie unmög lich wäre es sonst, Minister zu finden, von denen die Meisten sich in wesentliche Abtheilungen ihres Amtes erst einarbeiten müssen. Im Gegentheil: in gewissem Sinne kann gesagt werden, daß nothwendige Reformen besser durch Neulinge, falls sie nur über das nöthige Quantum von Geist und Wissen verfügen', als durch die Männer der traditionellen Praxis besorgt werden. Diese Erfahrung hat man überall gemacht, selbst in Fächern, die eine besondere technische Befähigung und Erfahrung erfordern. Was nun das Reich-postwesen im Besonderen betrifft, so find in der Centralverwal- tung desselben so hervorragende Kräfte vorhanden, dah man mit aller Sicherheit auf einen ruhigen un- gestörten Gang der Geschäfts rechnen darf.* Eine gegentheilige Anschauung vertritt u. A. die „Frei- nnnigc Zeitung", welche zu der Erwählung Podbielki'S bemerkt: „Die Ernennung v. Podbielski's erinnert an die Anschauungsweise Kön^ Friedrich'« des Großen IeuiU. Lon. Die Wege der Vorsehung. Roman von Axel Albrecht. (Nachdruck verboten.) (24. Fortsetzung.) 23. Kapitel. Der Abschied. Es war ein prachtvoller Tag in der zweiten Hälfte deS Februar; die Sonne durchfluthete mit einer für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Wärme die reine und durch keinen Windstoß bewegte Luft, welche von un zähligen Möwen und anderen Wasservögeln durchkreuzt wurde. Die ruhig dahingleitenden Fluthen der Weser er- glänzten in den Strahlen der Sonne, die die Kuppen der rauschenden Wellen leicht vergoldete. Zahllose Fahrzeuge aller Art von den schweren ungeschickten Schleppdampfern bi- herab zu den leichten Ruder booten durchfurchten den Strom und boten ein belebte-, sich in jedem Augenblicke änderndes und immer an ziehende- Bild dar. Auf den Quai- und Landungsplätzen von Bremer, baven war eine große Menschenmenge versammelt. Schiffer, Arbeiter, Geschäftsleute rannten eiligst hin und her, al- wenn ihre Seligkeit von ein paar ersparten Sekunden abhinge. Einzelne kleine Trupps von Berguügungk reisenden, Derselbe hielt damals die Officiere für die geeignetsten Verwalter der Post. Zu jener Zeit gab eS nur Fahr- ! posten und kam es daher allerdings auf ein besonderes Verständniß für Pferde und Postillone dabei an. Seit jener Zeit ist auch noch eine Anzahl Postmeisterstellen in Preußen in der Besetzung pensionirten Officieren Vorbehalten. Staatssekretär v. Stephan hat dies oft beklagt wegen der unzureichenden Eigenschaften der ! Officiere für das heutige vielgestaltige Verkehrswesen. Es gelang ihm aber nicht, diese historische Einrichtung abzuschaffen. Was würde er erst dazu sagen, einen pensionirten General als seinen Nachfolger zu sehen in ! einer Zeit, die angeblich im Zeichen des Verkehrs steht!" Vor der officiellen Bekanntgabe der Ernennung Pod bielski's batte bereits die „Nationalzeitung" in äußerst i scharfen Worten betont, „daß die Wirkung derselben ! auf das Beamtenpcrsonal des Ressorts und die öffentliche Meinung einer neuen Schwächung der Regierungsautorität gleich kommen würde." — Der „neue Stephan", wie das Publikum sagt, ! s gegen dessen Persönlichkeit und sonstige Verdienste sich natürlich absolut nichts einwenden läßt, wurde am s ! 26. Febr. 1844 zu Frankfurt a. O. geboren. Er ist ! ! evangelisch, besuchte da- Berliner Friedrich Wilhelm'S- Gymnasium und war dann später im Kadettenhause. Officier war er erst im 11. Ulanenregimente und im 9. Dragonerregimente und darauf Generalstabsosficier deS 10. Armeekorps. Dann kommandirte er die Ziethener- Husaren in Rathenow und wurde als Kommandeur ! der 34. Kavalleriebrigade verabschiedet. Er besitzt ein ! Rittergut zu Delmin im Kreise Westpriegnitz und wurde daselbst 1893 in den Reichstag gewählt. Podbielski war Mitglied der Budgetkommission und als solches ! mehrfach Referent über den Militäretat. Zeitweilig ! führte er auch den Vorsitz in der Budgetkommisfion. ' Mit Fragen der Post- und Telegraphenverwaltung hat er sich indessen auch hier niemals beschäftigt, dagegen fungirte er im Jahre 1896 als Vorsitzender der Kommission für das Börsengesetz. Podbielski ist Mitglied der deutsch-konservativen Partei; derselbe hat die Oberleitung des Deutschen Officiervereins und der mit demselben zusammenhängenden Geschäfte. Neuerlich hat derselbe auch die Leitung der Genossenschaft zum Absätze von Waaren aus den deutschen Schutzgebieten über- ! nommen. Auch präsidirt er gegenwärtig dem Komitü für die Transvaalausstellung am Kurfürstendamm in Berlin. Die Nachrichten über den bevorstehenden Rück tritt des Reichskanzlers Fürst Hohenlohe j erhalten sich andauernd in den Berliner Blättern. — > Anden verabschiedeten Staatsminister vr.v. Bötticher § hat der Kaiser ein Handschreiben gerichtet, welches nach dem „RcichSanzeiger" folgenden Wortlaut hat: „Mein lieber StaatSminister v. Bötticher! Nachdem ich Ihnen durch Erlaß vom heutigen Tage die nach gesuchte Dienstentlassung in Gnaden errheilt habe, ist eS mir Bedürsniß, Ihnen noch meinen besonderen Dank zum Ausdrucke zu bringen für die hingebende Treue, mit welcher Sie die Ihne : übertragenen verant wortungsvollen Aemter so erfolgreich verwalüt haben. Ich beabsichtige, Ihre bewährte Kraft anderweit im Staatsdienste zu verwenden und hoffe, daß Sie mir und dem Vaterlande noch lange Zeit Ihre hervor ragenden Dienste widmen werden. Ich verbleibe Ihr wohlgemeinter Kaiser und König Wilhelm, l ld. Kiel, an Bord meiner Yacht „Hohenzollern", den 1. Juli 1897." Ueber den Aufenthalt des Kaiserpaares in Kiel wird weiterhin von dort unter dem 2. Juli be richtet: Der Kaiser und die Kaiserin hielten gestern Nachmittag 5 Uhr an Bord der „Hohenzollern" einen Theeabend ab. Einladungen zu demselben waren er gangen an den König der Belgier, der zum ersten Male in der deutschen Admiralsunisorm erschien, ferner an den Prinzen Heinrich von Preußen, den Erbgroß. Herzog von Oldenburg, den Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, an die Admiralität und zahlreiche StabSofficiere, an Professor v. Esmarch sowie an die Vertreter der schleswig-holsteinischen Ritterschaft. Bei dieser Gelegenheit verabschiedete sich der König der Belgier in herzlicher Weise von dem Kaiser und ver ließ um 9'/» Uhr auf der Dampsyacht „Clementine" unter dem Salut der deutschen Kriegsflotte den Hafen. Die Mannschaften der Kriegsschiffe paradirten und brachten drei HurraHS aus, während der Kreuzer „König Wilhelm" in derselben Beleuchtung erstrahlte, welche er bei der Flottenschau zu Spithead gezeigt batte. — Gegen 10 Uhr begaben sich der Kaiser und Prinz Heinrich an Land, um an dem Bierabend in der Marine- akademie theilzunehmen. In der am Rhein gehaltenen, mehrfach erwähnten Kaiserrede wurde vor Allem auch die Nothwendigkeit des Schutzes der nationalen Arbeit betont; hieran anknüpfend, äußert die „KarlSr. Ztg.*: „Die jährliche Zu- nähme der Bevölkerung um jetzt rund V, Million Köpfe erfordert bei dem bisherigen Mangel einer vernünftigen Auswanderung eine starke Erweiterung der Arbeits gelegenheit. Sie ist erst durch die Erstarkung der Industrie und namentlich der Exportindustrie geschaffen. Darum erfordert diese Industrie Berücksichtigung und stetige Aufmerksamkeit. ES ist auch keine Frage, daß ein anderer Punkt des kaiserlichen Programms, der kräftige Schutz der Deutschen im AuSlande, mit in diese Richtung gehört. Ist dazu eine stärkere Kriegs- die sich zu jeder Jahreszeit einfinden, spazierten ruhig auf und nieder oder warteten auf ein D^mpfboot, va ste zu einer Lustfahrt besteigen wollten. Hier und da sah man auch an den Pfosten und Schuppen gelehnt einige jener zweifelhaften Gestalten stehen, die zu der großen Klasse der NichtSthuer und Bummler gehören und die man gerade in Hafenstädten besonder- häufig trifft. Etwa- abseits von der großen Masse der übrigen standen drei Personen — Albert Ebel, Alma Plößberg und deren Pflegemutter. Albert wollte heute seine Reise über da- Weltmeer antreten und die beiden Anderen hatten ihn nach Bremerhaven begleitet. Sie warteten hier auf da- Dampfboot, welches sie zu dem Oceandampf r führen sollte, der noch eine St ecke weiter stromabwärts lag. Noch waren die Liebenden ziemlich hriter, denn der herbe Augenblick der Trennung war ja noch nicht gekommen. Sie plauderten unbefangen über di« ihnen so ungewohnten interessanten Scenen, die sich vor ihren Augen adspielten und blickten voller Neugier und Therl- nahme auf da- laute geschäftige Leben und Treiben, da- sie umgab. Und doch waren Beide etwa- gedrückter al- ge- wöhnlich. Ihre Stimmen klangen gepreßt und sie be mühten sich Beide vergeblich, ihre innere Erregung und ihren Kummer vor einander zu verbergen. Nach wenigen Minuten kam da- Dampsboot, welche- sie olle Drei bestiegen, denn Albert's Begleite rinnen wollten so lange wie möglich mit ihm vereint bleiben. Sie hatten auch den erklärlichen Wunsch, das große Oceanschiff sehen zu wollen, auf welchem Albert die nächsten Tage zubringen mußte und welches iln nach der neuen Welt führen sollte. Sie standen auf dem Hinteren Verdecke deS Sch ffeS und blickten gedankenvoll und schweigend in die Fluthen hinab. Die Stunde der Trennung ückte immer näher heran und Jeder mochte wohl daran denken, wann die Stunde deS Wiedersehen- für sie schlagen würde. Hütte Albert ahnen können, welche Sorgen und welche- Herzeleid seine Reise üher ihn und das junge Mädchen bringen würde, dessen Hand er jetzt in der seinigen hielt, so würde er noch j^tzt umgekehrt sein, um lieber daheim den Kampf um- Dasein von Neuem zu beginnen, als in der Fremde schwere Gefahren für Leib und Seele zu finden. Doch ist keinem Menschen ein Blick in die Zu- kunst vergönnt; weise wie der ganze Aufbau deS Welt, gebäude- ist auch die- von dem ewigen Lenker unserer Geschicke gefügt. Denn was ist eS, das dem Menschen Kraft und Ausdauer giebt, seine Lebensaufgabe zu er füllen? Die Hoffnung allein! Ein Jeder von un- hat mannigfache Wünsche und Pläne, die er in diesem Leben verwirklicht sehen möchte; er arbeitet, stiebt und setzt seine ganze Krast dafür ein, um seine Ziele zu er reichen. Doch nicht alle Wünsche können in Erfüllung gehen und nicht alle Pläne können auSgeführt werden. Wenn wir die Zukunft kennen würden und wüßten, daß so viele- sich ander- gestalten wird, al- wir er warten, würben wir dann auch mit gleicht» Keaft schaffen und arbeiten? Würden wir nicht vielmehr restgnirt die Hände in den Echooß legen, da wir unser vorgezeicknete- Leben ja doch nicht zu ändern vermöchten?