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Dresdner Journal : 02.10.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189310024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18931002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18931002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-10
- Tag 1893-10-02
-
Monat
1893-10
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 02.10.1893
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— Die Veröffentlichung der hauptsächlichsten Be stimmungen deS deutsch - spanischen Handels vertrages in spanischen und danach in deutschen Blättern hatte in Interessentenkreisen insofern Beun ruhigung hervorgerufen a'.S die Tarifsätze, in welchen deutscherseits Zugeständnisse gemacht sind, nach Pesetas ausgeführt wären. Dadurch hätten die einzelnen Waren, für welche Ermüßigungn zugestanden sind, sehr erhebliche Zollherabsetzungen erfahren. Wie nun mehr die „B P N " versichern, liegt zu diesen Beun ruhigungen keine Veranlassung vor. Wie die Ver öffentlichung überhaupt nicht genau ist, so sind die deutscherseits zugestandenen Ermäßigungen natürlich nicht in Pesetas, sondern in Mark erfolgt — Die „Kreuzzeitung" nimmt in einem Leit artikel grundsätzlich Stelling gegen die Tabak- fabrikatsteuer, sowie gegen jede höhere Besteuerung des Tabaks. Nun ist es klar, so schreiben hierzu die „B. P. N", daß von dem auch von der „Kreuzztg." vertretenen Standpunkte au?, daß der Mehrbedarf im Reich- durch Erhöhung der eigenen Einnahmen deS- selben zu decken ist, die Tabakfabrikatsteuer nicht fallen kann, ohne daß gleichwertigcr Ersatz geboten wird. Und zwar handelt es sich dabei um die Hauptsumme; denn Börsen- und Weinsteuer können naturgemäß nur einen vergleichsweise kleinen Teil des Bedarfs decken. Auch die „Kreuzztg" kann sich dieser Überzeugung nicht verschließen, sie schlägt deshalb die Wiederauf nahme des Planes einer höheren Besteuerung des Bieres vor. Allein dieser Vorschlag kann wohl kaum ernst gemeint sein, wird vielmehr nur ut alignick 1t-ci88e villeatur gemacht. Denn ihm steht die bis jetzt unüberwundene Schwierigkeit einer Verständigung mit Bayern und die von dem Hrn. Reichskanzler namens der Bundesregierungen der der Verhandlung über das Miliiärgesetz abgegebene Erklärung ent gegen. So weit sich die Sache zur Zeit übersehen läßt, hätte auch der Plan, soviel mehr auf das Bier zu schlagen, als der Ertrag der Tabakfabrikatsteuer ausmacht, im Reichstage nicht die mindeste Aussicht auf Annahme Scheidet sonach das Bier aus der Reihe der Steuerobjekte aus, welche für die Finanz reform jetzt tatsächlich in Frage kommen können, so bleibt als Ersatz sür den Tabak in der That nur der Branntwein übrig. Sollen aber 50 bis 60 Millionen Mark mehr als bisher aus dem Branntwein gezogen werden, so wird das voraussichtlich nicht ohne schwere Schädigung der Landwirtschaft vor sich gehen können. — Kürzlich hat uns die offiziöse, Nordd. Allg Ztg." eine fr udige Überraschung gebracht: die Mitteilung nämlich, daß die Entschädigung unschuldig Ver urteilter von Rei.-bswegen in Angriff genommen worden ist, ja daß ein Entwurf bereits ausgearbeitet vorliegt, der mit anderen wichtigen und längst ge wünschten Reformen, so der Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen, Einführung eines be schleunigten Verfahrens bei gewissen Strafthaten, zu sammen den Reichstag beschäftigen soll. Nach den vielen juristischen Gesetzentwürfen der letzten Zeit, die als Remedien für soziale Übel mannigfacher Art be stimmt waren, berührt eS doppelt angenehm, daß langjährige Wünsche, welche tief in dem Rechts bewußt- fein des Volkes wurzeln, aber trotz steter Betonung durch die Volksvertretung bisher nicht durchgesetzr werden konnten, endlich der Erfüllung entgegengehen. — Tas Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt: In Hamburg wurden vom 29. bis 30. September morgens 2 Neuerkrank- ungeu, darunter eine mit tödlichem Ausgauge, außer dem zwei Sterbefälle unter den früher Erkrankten, festgestellt, in Stettin und in Sydow saue, Kreis Greifenhagen, Regierungsbezirk Stettin, je eine tödlich verlaufene Erkrankung, in Alt Drewitz bei Küstrin zwei Elkrankungen (Schiffer, davon einer ge storben), in Rissen, Kreis Pinneberg, Regierungs bezirk Schleswig, ein Krankheitsfall bei einem Kies arbeiter. Der kürzlich aus Itzehoe gemeldete Krank heitsfall ist tödlich verlaufen. Wien, l. Oktober. Ihre Majestäten der König und die Königin von Sachsen trafen gestern vormittag kurz vor 8 Uhr in Baden bei Wien ein. Auf dem Bahnhofe waren zum Empfange an wesend die Erzherzöge Albrecht, Wilhelm und Eugen, die Erzherzoginnen Maria Theresia, Josepha und Elisabeth, Se. König! Hoheit der Prinz Johann von Sachsen mit Höchstseiner Braut, der Herzogin Isa bella von Württemberg, der Her-og Philipp und der Herzog Robert von Württemberg. Die Fürstlichkeiten begaben sich sodann nach der Weilburg. — Ihre Majestät die Königin von Sachsen sind heute abend Blanche sehr lrev gehabt, aber diese dumme kleine Geschichte kann ich ihr so recht noch immer nicht ver geben. — Stellen Sie sich vor, sie steht als Mädchen von achtzehn Jahren einmal neben ihrer Mutter am Fenster und sieht im Park unten einen jungen Italiener um Almosen die Harfe schlagen. „Schade um ihn!" ruft sie aus. „Ec hat solch hübsche Augen'.' Und halb mitleidig, halb leichtfertig setzt sie hinzu: „Weißt Du was, Mama? Ec soll mich die Harfe spielen lehren! Ich habe mir sagen lassen, tadellose weiße Arme kommen beim Harfenspiel so recht zur Geltung". Tie Mutter ihut dem verwöhnten Liebling den Willen und in acht Tagen ist das Unglück da!" „Das heißt, sie hatte dem Italiener ihr Herz ge schenkt?" „Ja, und sie bestand darauf, ihn zu heiraten — einen Bettler von der Landstraße! Natürlich wußte die Familie dies zu hindern, aber einen anderen zu nehmen — dazu hat man sie ihr Lebenlang nicht be wegen können." „Und sie tadeln ihre Treue?" „Ihre Treue ebensosehr wie ihre Liebe." „Warum?" „Weil sie beide an einen Menschen von gewöhn lichen Gesinnungen megwarf " „DaS war er?" „Nun, ich meine doch, da er die Hand nach Almosen auSstreckte!" Sie hatte recht und nicht nur von ihrem eigenen Standpunkte aus, Waldstedt sah dies ein, allein er fühlte sich verstimmt und — jo, und einigermaßen auch gewarnt Daß er in seiner Tändelei nur nicht zu weit ging, daß er sich in reinem Über mute nur 158» über Wien nach Dresden zurückgereist. Se. Majestät der König von Sachsen, sowie die Erzherzöze gaben Ihrer Majestät der Königin das Geleit nach dem Bahnhofe, woselbst die Spitzen der Behörden zur Ver abschiedung sich eingefunden hatten. — Bekanntlich wurde vor kurzem ein neues Reglement betreffend die Zulassung fremder Kriegsschiffe in den Häfen Österreich - Ungarns erlassen und veröffentlicht, welche Thatsache in einigen publizistischen Kreisen mit gewissen im Mittelmeere bevorstehenden maritimen Vorgängen in einen Zu sammenhang gebracht wuide. Demgegenüber wird der „Pol. Corr." von angeblich gutunterrichteter Seite versichert, daß daS erwähnte Reglement lange, bevor die angedeuteten Vorgänge angekündigt waren, fest- gestellt und ausgearbertet worden ist, wodurch jeder Zusammenhang der bezeichneten Art als ausgeschlossen erscheint. Für die Schaffung eines neuen Reglements war vielmehr, abgesehen von der Reformbedürsiigkeit des im Jahre 1806 erlassenen und in vielen Punkten veralteten Reglements auch der Umstand maßgebend, daß einige europäische Staaten, wie Italien, Holland und andere, die Anzahl der Kriegsschiffe eines fremden Staates, die in einem ihrer Häfen gleichzeitig vor Anker liegen dürfen, auf drei beschi änkt haben Man habe sich nun in Österreich-Ungarn bewogen gefunden, dieses Vorgehen nachzuahmen, und demgemäß gleich falls die Verfügung getroffen, daß in einem Hafen der österreichischen Monarchie gleichzeitig nur drei Kriegsschiffe eines fremden Staatcs weilen dürfen. Außerdem habe man es sür geboren erachtet, diese Vorschrift dahin zu erweitern, daß die Zahl sämtlicher Kriegsschiffe eines sremden Staates, die an der Küste Österreich-Üngarns gleichzeitig ankern, nicht mehr al? sechs betragen dürfe. Die Zulassung einer höheren Zrhl, als die eben angegebene, bedarf in jedem ein zelnen Falle der besonderen Zustimmung der dafür zuständigen Behörde. — In hiesigen politischen Kreisen hat die Andeutung des „Figaro", daß Don Carlos demnächst sein Be harre.! auf seinen Thronanjprüchen in Spanien in einem Manifeste verkünden wolle, die ungünstigste Aufnahme gesunden. Mair glaubte hier in letzter Zeit, Don Carlos werde, ganz abgesehen von der ge botenen ritterlichnr Rücksichtnahme auf die Königin- Regentin von Spanien, auch durch seine Kenntnis der Gesinnungen dcS österreichischen Hofes zu einer dauernden Reserve veranlaßt w.rden. An Mahnungen in d esem Sinne hat es nicht gefehlt und wird es auch in Zukunit nicht fehlen. Schenkt aber der Prä tendent trotz mancher sür ihn sehr naheliegenden Er wägungen, deren Gewicht er nicht unterschätzen sollte, den Ratschlägen von österreichischer Seite kein Gehör, so wird er damit nur seine persönlichen Beziehungen zu hohen Kreisen unseres Landes schädigen. Dies könnte der einzige Erfolg der im „Figaro" angekündig ten Manifestation sein, nachdem an politische Ergeb nisse der letzteren nicht zu denken ist. Angesichts dieser Sachlage ist wohl die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Don Carlos die Propheten des „Figaro" durch vielsagendes Stillschweigen dementiert. Innsbruck, 30 September. Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph ist heute abend 8 Uhr unter begeisterten Ovationen der Bevölkerung von Innsbruck nach Wien zurückgereist, und hiermit sind die Innsbrucker Festtage als beendigt anzusehen. Die selben verliefen durchaus gelungen, auch nach der ethischen und politischen Seite hin. Das Volks bewußtsein des Tiroler Landes hat sich sichtlich ge kräftigt in diesen Tagen, gleichzeitig aber auch die Treue gegen das Haus Habsburg. Es ist das, so schreiben hierzu die „M. N N", ein erquickender Lichtblick bei dem Völkerwirrwar in Österreich, der die Regierung bis zur Verhängung von AuSnahme- veriügungen gezwungen hat. Ebenso kann man der Art und Weise, wie der italienische Teil Tirols beim Kaiser seine Autonomiewünsche zur Geltung zu bringen suchte, die Anerkennung nicht versagen. Das war kein trotziges Fernbleiben, keine mit verhaltenem Grolle ausgesprochene Bitte, es war ein der Form und dem Inhalte nach ehrsurchsvoller Vortrag, den die Städte Trient, Roverkto, Arco, Riva und Ala durch OS Mazurana dem Monarchen zu Gehör brachten. Um so weniger kann die Antwort deS Herrschers überraschen Sie wird viel dazu bei tragen, auch im südlichsten Teile Tirols eine Be ruhigung der Gemüter eintreien zu lassen und die dortige Bevölkerung gegenüber den Lockungen derJrredenta widerstandsfähiger zu machen. Ganz Tirol hat dem Kaiser gehuldigt, wie auch der Kaiser selbst dem alten, auf daS jetzt lebende Geschlecht vererbten tirolischen Geiste rückhaltlos Anerkennung und Dank zollte Ein Handschreiben Sr. Majestät deS Kaisers nämlich an den Statthalter von Tirol, Grafen v. Merveldt, erwähnt die erhebenden denkwürdigen Feste, welche ihn in da» treue Land Tirol und dessen aufblühende Hauptstadt geführt, wo er einen ebenso glänzendcn wie herzlichen Empfang gesunden habe. Dasselbe erwähnt ferner die Enthüllung des Andreas Hofer- denkmalS, welches die nie erlöschende dankbare Er innerung an den Helden und Blutzeugen vom Jahre 1809 an der Stelle errichtete, wo er die edlen und opfirmütigen Söhne des Landes zum Siege ge leitet. Die Errichtung einer nuen Schießstätte be weist, daß der Geist der kampfgewohnten Vorfahren im Volke walte. Der Kaiser stellt ferner mit Be friedigung die emsige Arbeit auf den mannigfachsten Gebieten fest, sowie dir mächtigen, herzergreifenden Eind:ücke dieser Festtage, und schließt: „Ich weiß mich und mein HauS innig vereint mit dem biederen Lande immerdar. Mein wärmster Dank und die Versicher ung meines Wohlwollens sind dem ganzen Lande und allen gespendet, die, in welcher Weise immer, dazu beigetrageu haben, mich so wahrhaft zu erfreuen." — Über die einzelnen Vorgänge dec letzten Tage möge noch folgender nachgelragen werden: Gestern morgen Uhr begaben sich Se. Majestät der Kaiser und die anwese, den drei Erzherzöge nach dem Jselberg zur Eröffnung deS Schießens. Se. Majestät der Kaiser sah zunächst dem Mannschaftsschießen zu, wiederholt Lob spendend, sodann dem OffijierSschießen, woran sich Erzher zog Joseph Ferdinand beteiligte, und hierauf dem Schießen der Paffeierschützen. Se. Majestät besichtigte sodann noch mals das Hoferdenkmal. Beim Kommen und Gehen wurden Se Majestät überall mit brausenden Hochrufen begrüßt. Im Laufe des Vormittags empfing Se. Majestät der Kaiser zahlreiche Deputationen, darunter Huldigungs deputationen der hervorragenden Städte und Land gemeinden Nordtirols, Südtirols und Vorarlbergs. Unter anderem nahm der Kaiser von einer Deputation der Städte Trient, Rovereto, Arco, Ala und Riva eine Denkschrift mit Wünschen betreffs der italienischen Landesitile entgegen. Der Kaiser zeichnete besonders die Deputation der Bürger Innsbrucks aus, und be tonte, er habe immer gerne in Innsbruck geweilt, sich aber nie dort so wohl gefühlt als heute. Freudige Bewe. ung entstand, als mittags die Passeirer Schützen compagnie mit klingendem Spiele die Burgwehr bezog. Nachmittag» 2 Uhr fuhr Se. Majestät der Kaiser nach Silz und von dort zur Besichtigung des neuangekauften Schlosses Petersberg und kehrte gegen 5 Uhr nach Innsbruck zurück, woselbst um 6 Ühr Hosdiner zu 88 Gedecken stallfand Außer Sr. Majestät d'in Kaiser und den Erzherzögen nahmen auch vie anläß lich der Silberhochzeit des Herzogs von Alenyon ver sammelten Mitglieder des Hauses Orleans teil, darunter der Graf von En und Prinz AlfonS von Bayern, ferner die Bürgermeister der voimitlagS empfangenen deutschen und italienischen Huldigungsdeputationen. Abends erschien Se. Majestät der Kaiser in Begleitung der Erzherzöge im Stadttheater, woselbst ein schwung volles Festspiel, , Andreas Hofer", von Heimfelsen mit Bildern aus HoferS Zeit zur Aufführung gelangte — Heute vormittag besichtigte Se. Majestät der Kaiser in Begleitung dec Erzherzöge die Ausstellung und äußerte seine Befriedigung über dieselbe. Der Kaiser sowie die Erzherzöge wurden überall mit Hochrufen begrüßt. — Unter den von Sr. Majestät dem Kaiser Franz Joseph empfangenen Deputationen verdient vie Ab ordnung der fünf südtirolischen Städte beson dere Beachtung. Diese hat Sr. Majestät dem Kaiser ein Memorandum überreicht, welches das bisher stets unerfüllt gebliebene Verlangen Südtirols nach einem eigenen Landtage und einer besonderen Lindes ordnung enthielt. Der Bürgermeister von Trient hielt die begleitende Ansprache. Über die hierauf erteilte Antwort Sr. Majestät des Kaisers liegen verschiedene Lesarten vor. Der „N fr. Pr." zufolge lautete die Erwiderung: „Meine Regierung hat sich wiederholt mit dieser Streit frage beschäftigt, aber bisher war eS n cht möglich, eine Lösung derselben zu finden Die Schwierigkeiten sind vielfacher Art. In jedem Falle werde ich meiner Regierung den Auftrag er teilen, die F-age neuerlich zu studieren. Stet« Rechnung tragend den höheren Interessen d-S »esamlftaalrs, kann ich Ihnen kein Versprechen erteilen. Aber ich grbe Jh'-rn die Versicherung, daß d e Interessen der von Jhnrn rertreleueu i'atientjchen Be völkerung meinem Herzen ebenso nahe st-hen, wie jene d r übrigen Provinzen." Übereinstimmend wird berichtet, daß der Kaiser die Abordnung äußerst wohlwollend aufnahm. Buda Pest, 1. Oktober. Der Vizepräsident de» Abgeordnetenhauses, Bokro», stürzte hcutr in seinem Wohnhause au» dem zweiten Stockwerk durch dieFahrstuhlöffnung hinab und starb sofort/Vergl.Telegr.) — In der gestrigen Sitzung de» Abgeordneten hauses gab der Ministerpräsident Wekerle auf die Be merkung de» AbgeordnetenPolonyi, hinsichtlich deSkirHen- politischen Programms der Regierung sei eine plötzliche Windstille eingetreten,dieElkläcungab,dieRegierung hak der Krone einen Ehegesetzentwurf vorgelegt; indem fix letztere auf den Ernst und die Wichtigkeit aufmerksam machte, habe die Regierung gebeten, die Krone möge ihre Einwilligung nur nach gründlichem Sta dium deS Entwurfs auf Grund einer allseitigen Orien tierung erteilen. Der Minister»)'äsident gab der sicheren Hoffnung Ausdruck, daß dies demnächst ge schehen werde; sollte dies nicht der Fall sein, so könne er nur erklären, daß die Regierung ihre Pflicht kennen würde. (Lebhafter Beifall) Im weiteren Verlause der Sitzung wurde angefragt, welche Erfahrungen die Regierung mit dem FutterauSfuhrverbot gemacht habe und ob sie eS aufrechterhalten wolle? Da die Anfrage von Percze!, einem Anhänger der Regierung, eingebracht wurde, schließt man, daß sie von der Re gierung bestellt sei. — Der Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses beschloß, zwei Petitionen des Buda Pester Central-UnabhängigkeitSklubS in dem Archiv zu hinterlegen, weil sie im Widerspruch mit den Gesetzen ständen und auf unrichtigen Voraussetz ungen beruhten. In den Petitionen wird verlangt, daß das Ministerium wegen der Antworten Sr Ma jestät deS Kaisers an d e Abordnungen in Boios- SebeS und GünS zur Verantwortung gezogen werde Im Verlaufe der Erörterung hob Ministerpräsident vr. Wekerle hervor, daß in Guns ein internationaler Fest in Gegenwart von Beherrschern und Vertretern sremder Mächte vor sich gegangen sei, wobei eS gerecht fertigt gewesen sei, darzuthun, daß die Armee eine Einrichtung dauernder Natur sei. Pari», 30. September. Das offizielle Programm für die Festlichkeiten, die gelegentlich des russischen Besuches in Frankreich gegeben werden, ist nunmehr folgendes: !8. Okiober Ankunft deS Geschwaders in Toulon, Besuch im Alsenal und Rathaufe, abends Diner beim Marinemmister. 14. Oktober. Tafel an Bord des „Formidable". Ball. iS. Ok-ober. Festmahl, von dir Stadt gegeben Nachmittags Blumensest. Galavorstellung im Theater. 16 Oktober. Ein gehende Besichtigung deS Arsenale; Abreife nach Paris (kein Aufenthalt unterwegs). 17. Oktober Ankunft in PariS; Früh stück im Loreto Uilitair«; Audienz bei Carnot 4 Uhr nach- mitags. Abends Tatet und Ball im Lty'öe. 18 Okiober. Tafel beim russischen Gesandten. Abend) Diner im „Holet de Ville". Konzert. Fackelzug. 19 Oktober Besuch der Stadt. Frühstück im Bois de Boulogne. Abends Ball im , Hotel de Bille" 20 Oktober. Frühstuck beim Minister drSAuSwäitigen. 21. Oktober. Frühstück beim Ministerpräsidenten Gala vorstellung in der „Großen Oper." »2. Ol ober Frühüück im KriegSaeinifterium Empfang in der „Ecole Militair" Relterspiel. Bankett der Presse aus dem Marsselde. Feuer werk im Eiffelturm 2». Oktober. Frühstück im „Cercle Müi- tair." Besichtigung der großen Wasserkünste ir Versailles Tafel im Marin. Ministerium. 24. Okiober. Frühstück drim Präsidenten der Republik Empfang im Elysöe. 11 Uhr abends Abre-se nach Toulon. 2S. Oktober. Aufenthalt in Lyon. 26. Okiober. Aufenthalt in Marseille. Ankunft in Toulon. 27. Okiober Stapellaus deS „Jauräguibeny." 28. Oktober. Abfahrt deS Geschwaders. Gestern hat der Vorstand der Theaterkommis sion deS Festausschusses für die franko-russischen Festlichkeiten beim Ministerpräsidenten Dupuy und dem Unterrichtsminister Poincarö eine Audienz gehabt, bei welcher das Programm der Galavorstellung in der Großen Oper eingehend geprüft wurde. Die Ein'adungen zu deisrlben werden in „individuelle' und in solche „nach einzelnen Kategorien" zerfallen Die Oisi- ziere weiden in großer Anzahl vertreten sein und in Uniform erscheinrn. Die individuellen Einladungen umsasfen, außer Carnot nebst Gemahlin, das ganze hohe politische, diploma.ische, parlamentarische und militärische Persona', sowie die hohen Te- rich'Sbeamten und die Gröger, de, Kunst und Wissenschaft, auch die «hemalig'n Piäsivenicn von Kammer und Senat, die früheren Gesandten, M nisterpräsidenten u s. w. Bei den Ein ladungen nach Kategorien entscheivet daS Los. ES gehöien hierzu: die Zeichner von Beiträgen, die Senatoren, Deputierten, die Presse der Provinz, die Studenten und Schüler staatlicher Bildungsanstalien, die Syndikate von Handel und Industrie u. s. w. Die Abgeordneten der Presse von Lyon wurden gestern vom russischen Gesandten in Audienz em pfangen, wobei letzterer ihnen mitteilte, daß er die russischen Seeleute am 24. Oktober nach Lyon be gleiten werde. — Der Vorsitzende der Kommission der Geschäftsleute hatte gestern mit dem Präsidenten des StadtrateS und dem Minister des Innern eine Unterredung, in welcher er zur Aurschmückung der Großen Boulevards durch die Kaufleute die Unter nicht die Finger wi brannte! Ein Bettler von der Landstraße war er ja nicht, aber — „So!" ries Sibyll-, sich von den Dingen der Ver gangenheit abw.ndend, „jetzt müssen Sie auch noch mein Sanktuarium sehen!" Sie trat, die Thüce öffnend, wieder in die kleine Eingangshalle und begann eine schmale Treppe hinan zusteigen Sehr langsam, sehr bedächtig that sie es; denn sie hatte ihre Gründe — schwerwiegende Gründe, wie sich herausstelfte, als ihr, auf der obersten Stufe angelangt, plötzlich der eine Pantoffel entschlüpfte. Polternd, krachend kam er Waldstedt entgegengcstürzt — ein Lederding von unbescheidenem Umfange mit nägelbeschlagener Sohle. Sibylle wußte nicht, ob sie sich des Unfalles schämen oder ihn belächeln sollte, aber Waldstedts Ge- sichtSauSdruck benahmihrdenZweifel. „Ihrbarmherzigen Mächte! Was haben wir denn hier?" sagteseinstaunender Blick, und er hob den Flüchtling auf und betrachtete ihn von allen Seiten, al» könne eS kein größeres Kuricsum geben. Dann, als sei es vielleicht möglich, ihm aus der Entfernung einigen Reiz abzugewinnen, hielt er ihn mit steifem Arm von sich und blinzelte ihn stirnrunzelnd aus zusammengekniffenen Augen an. (Fortsetzung folgt.) Wissenschaft und ihre Anwendung. Bei der ersten jetzt in Köln tagend-n Versammlung des Ver bandes der Elektrotechniker hielt Professor vr Slaby eine bedeutungsvolle Rede, in welcher er sagte: „Meine Herren! Es ist nicht unwichtig, sich die An fänge der deutschen Elektrotechnik heute zurückzurufen. Werfen sie doch ein bezeichnendes Licht auf die E, t- wirktlung des wissenschaftlichen Geistes in Deutschland. Die Universitäten, die einzigen Glätten, an denen früher wissenschaftliche Bildung erworben werden konnte, huldigten in einseitigem Idealismus dem Grundsatz, daß die Wissenschaft nur ihrer selbst willen gelehrt werden dürfe, ohne Rücksicht auf die praktische Bedeutung ihrer Ergebnisse. Zwar setzten sie sich dabei selber in Widerspruch mit einigen ihrer wichtigsten Lehrgebiete, der Jurisprudenz und der Medizin, deren Endziel vornehmlich in der zielbewußten Anwendung wissenschaftlicher Thatsachen auf die praktischen Fälle des Lebens besteht. Welch frische, lebenskräftige und frühe Entfaltung der tief in unserer Volksseele wurzelnden praktischen Fähigkeiten hätten die Natur wissenschaften mit ihren unvergleichlichen Errungen schaften zntigen können, wären sie dem Sturmschritt der kulturellen Entwickelung in ihren praktischen Zielen verständnisinniger und dienstbereiter gefolgt. Die unabweisbaren Forderungen der Zeit haben auf den Wcg der Selbsthilfe geführt. Zu neuen Brennpunkten verdichteten sich die wohlveiwandten Strahlen, und in den Technischen Hochschulen erstan den neue Hochburgen deutscher Geisteimacht, in denen der kastalische Quell reiner Wissenschaft «benso lauter rinnt, wie an den grauen Stätten scholastischer Ge lehrsamkeit. ES ist ein beklagenswerter Irrtum vieler Ver treter der humanistischen Bildung, daß mit der Er forschung und Formulierung eines Naturgesetze» die wissenschaftliche Arbeit beendet fei. WaS dahinter folgt, ist ihnen lediglich die „künstliche praktische Ver wendung". Wie würden sie staunen, könnten sie mit vollem Veiständms einen 20 cl we len n> o,e geul-gc Werkstatt keS Ingenieurs. Welche Fülle ues wlsjen- schafilich logischen Denkens, welch ein Reichtum des Besitzes an wissenschaftlicher Kenntnis, welche Kraft deS divinatorischen Erfassens würde sich ihnen ent hüllen! Nicht ohne Schaden ist diese Spaltung der wissen schaftlichen Arbeit sür unsere Nation geblieben. Sie hat uns jenen erbitterten Kampf um das Lehrziel der höheren Schulen gebracht, der die weitesten Kreise unseres Volkes erregt, daS vielgestaltige Berechtigungs- unwesen und die unerquicklichen Befähigung-- und Rangstreitigkeilen in jenen Ämtern, wo die Vertreter beider Wissensgebiete zu gemeinsamer Arbeit berufen sind Verkleirerungssucht und Übelwollen hat den Vertretern der sogenannten humanistischen Bildung harte Worte in den Mund gelegt, konnten doch selbst von der Tribüne des Parlaments jene verletzenden, ungerechten Beschuldigungen erhoben werden, um deren energische Zurückweisung sich ein Vertreter dieser Stadt, Hr. Baurat Stübben, so hoch verdient ge macht hat. Unbeirrt von dem Mangel an Anerkennung, welche die gebildeten Kreise der wissenschaftlichen Technik ent gegenbrachten, verrichtete dieselbe in der Stille ihre fesselbefreiende Arbeit. Immer dichter breitete sie da» Stahlnetz über die zivilisierte Erde, hoch in die Lüste spannte sie ihre eisernen Bogen, felsendurchsprengend und meerüberbrückend trug sie Bildung und Gesittung, ein moderner Christoferu», in die entlegenste Wildni». Wahrlich nicht geringer sind ihre Leistungen für die -nlturentWickelung der Menschheit, al- die größten Geists thaten der Wissenschaft . .
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