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Uxptd. u. Redatil»» LreSden-Neustadl kl. Meißner Lasse 4. Lie Zeitung erscheint Ttenstag, Lannerstag und Eonuabeitd früh. Udonnements- Preis: »terteljährl. M. 1,50. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- «nstaltcn und durch unsere Boten. Sei freier Lieferung inS Hau» erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pf. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und. Verleger Herrmann Müller in Dresden. Inserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freilag Mittag angenommen und kosten: dieispalt.Zeile 15P». Unter Eingesandt: 30 Pf. Inseraten» AnnahmcfteUril: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstein L Vogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kesselödorf u. s. w. Ar. 91. Donnerstag, den 5. August 1897. 59. Jahrgang. DMUlltS-LilMlU. Beft'llungen auf die „Sächsische Dorfzeitung" für -ie Monate August und September nehmen alle latserl. Postanstalten und Posterpeditionev, sowie auch alle Lauddriefträger gegen Voraus bezahlung von 1 Mark entgegen. Die Verlag-«Expedition. Politische Weltschau Deutsches Reich. Ueber die allgemeine Lage für das Jahr 1896 lesen wir in einem süd deutschen Handelskammerberichte: Im Jahre 1896 hat die schon im zweiten Semester 1895 hervorgetretcne Besserung der wirthschaftlichen Verhältnisse erhebliche > Fortschritte gemacht. Die Mehrzahl der Gewerbs zweige war so stark beschäftigt, daß in vielen Fällen ! die Aufträge nur mit verlängerten Lieferungsfristen ausgeführt werden konnten. Unternehmungslust und i Vertrauen in die Zukunft kehrten wieder ein. Die ! politischen Schwierigkeiten in entfernten Ländern üben keine nachtheilige Wirkung, da der Dreibund als eine zuverlässige Garantie des europäischen Friedens galt. Charakteristisch ist, daß die gedeihliche Entwickelung des Wirtschaftslebens überwiegend durch die Hebung ! der Lage im Jnlande herbeigesührt wurde, wo der > Verbrauch sich ungewöhnlich steigerte. Andere Staaten befanden sich weniger gut, daher waren die Weltmarkt preise im Allgemeinen niedrig, so daß die hauptsächlich für das Ausland arbeitenoen Geschäfte geringere Er- folge erzielten. Gleichwohl stieg auch bei diesen der Export. Die in früheren Jahren wiederholt eingetre tenen Preistreibereien unterblieben, da sich die Preise i besonders infolge der Maaßnahmen der industriellen Verbände in angemessenen Grenzen hielten, so daß Rückschläge vermieden werden konnten. Eine Wirkung des guten Geschäftsganges war es, daß es nicht an Arbeitsgelegenheit fehlte. Mehrfach zeigte sich sogar Mangel an tüchtigen Arbeitern. Die Arbeitslöhne wurden vielfach erhöht, wovon mittelbar auch die ! Kleinhändler und Handwerker Vortheil hatten. So hob sich die Kaufkraft weiter Kreise der Bevölkerung. Auch der Handel konnte im Allgemeinen mit dem Gange der Dinge zufrieden sein, wenn er auch mit der stetig sich mehrenden Konkurrenz zu kämpfen hatte. Nur die Landwirthschaft hatte Grund zu klagen, da die Ernte mit Ausnahme des trocken eingebrachten Roggen- in folge andauernder Nässe wenig befriedigend ausfiel. Dem „Reichranzeiger" zufolge beträgt die Ist- Einnahme der Reichskasse abzüglich der Ausfuhr- Vergütungen und Verwaltungskosten bis Ende Juni 1897 aus den Zöllen 94,335,118 M., 3,393,182 M. mehr als im gleichen Zeiträume des Vorjahres, auS der Tabakssteuer 2,258,954 M. (4- 183,246 M.), Zucker- steuer nebst Zuschlag dazu 16,908,340 M. (—5,167,122^ M.), Salzsteuer 10.892,141 M. (— 132,526 M.), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 5,204,439 M. (4- 260,302 M.), Verbrauchsabgabe von Brannt wein mit Zuschlag dazu 25,640,148 M. (4- 654,663 M ), Brennsteuer 574,509 M. s— 57,810 M.), Brausteuer- Uebergangsabgabe von Bier 7,382,249 M. (4- 326,896 M.), Summe: 163,195,992 M. (— 539,170 M), Spielkartcnstempel 4535 M. Die Kündigung des deutsch-englischen Handelsvertrages ist ein wirthschaftlich-poli- tisches Ereigniß ersten Ranges. Am 30. Juli 1898 läuft damit ein Vertrag ab, der seit mehr denn 32 Jahren die Handelsbeziehungen zwisLen dem deut schen Zollvereine beziehungsweise dessen Rechtsnachfolger, dem Deutschen Reiche und Großbritannien, sowie den Kolonien desselben geregelt hat. Unter diesem Vertrage haben sich die gegenseitigen Beziehungen auf dem Ge. biete deS Güteraustausches sehr erfolgreich entwickelt. Der WaarenauStausch zwischen dem Deutschen Reiche und Großbritannien nebst den wichtigsten englischen Kolonien belief sich im Jahre 1895 auf insgesammt 1,648,100,000 M., überstieg demnach in seinem Werthe 1*/? Milliarden. Im Einzelnen vertheilte Sch diese Summe wie folgt: unsere Ausfuhr betrug nach Groß britannien und Irland 678,1 Millionen, nach Britisch- Ostindien 44,7, nach Britisch-Australien 22.9, nach Britisch-Nordamerika 16,3, nach Kapland 13,0, zu sammen 775,0 Millionen, waS 22,7 Procent unserer Gesammtausfuhr gleichkommt. Eingeführt wurden nach Deutschland aus Großbritannien und Irland 578,3 Millionen, aus Britisch-Ostindien 162,1, aus Britisch- Australien 113,6, aus Britisch-Nordamerika 2,0, auS Kapland 17,1, zusammen 873,1 Millionen oder 20,6 ' Procent unserer Gesammteinfuhr. Aus diesen Ziffern ist ersichtlich, wie bedeutend der auswärtige Waaren- handel ist, der durch die Entschließung der britischen Regierung, den Handelsvertrag zu kündigen, betroffen wird. Der Ausgangspunkt der Kündigung liegt offen, bar in dem von Kanada unternommenen Versuche, die Einfuhr englischer Waaren in die Kolonie zu Ungunsten ' anderer Staaten differentiell zu behandeln. Dieses Vorgehen der kanadischen Regierung wird von der einen Seite auf die Bestrebungen zurückgeführt, die auf Gründung eines großenglischen, das Mutter land und alle Kolonien umfassenden ZollverbandeS abzielen. Von anderer Seite ist man der An sicht, daß sich daS Vorgehen Kanadas viel un gezwungener dadurch erklären lasse, daß man dort über die Schwierigkeiten verstimmt war, die von ver schiedenen Ländern der Einfuhr landwirschaftlicher Er zeugnisse Kanadas bereitet wurden. Kanada habe gehofft, durch sein Vorgehen einen Druck auf diese Länder auSzuüben und sie so sür die Aufnahme seiner landwirthschaftlichen Erzeugnisse günstiger zu stimmen. Vielleicht mag beides zusammengewirkt haben. In welchem Maaße unsere Ausfuhr-Industrie durch die Kündigung einen Schaden erleiden wird, wird im Wesentlichen von den Bedingungen abhängen, unter denen unser handelspolitisches Verhältniß zu England erneuert wird. Angesicht- deS Anwachsens deS PartikulariS- mus hat es der Großherzog von Baden, der alte Vorkämpfer für die nationale Einheit, für gut gehalten, wieder einmal für den Reichsgedanken einzutreten. Der „Badischen LandeSzeitnng" zufolge richtete er an den 18. Abgeordnetentag des badischen Militärvereins, der in Wertheim tagte und mit welchem zugleich die Enthüllung eine- Kaiser Wilhelm-Denk mal- verbunden war, ein Schreiben, in welchem er auf da- Heer als Bildung-- und Erziehungsmittel hinweist, welches uns befähige zur Bekämpfung so mancher Versuche, die Ordnung de- Staate- und den Frieden der Familie zu zerstören. Solcher Kampf müsse zum Sieze führen, denn er habe als ehrenvolles Ziel die Wahrung von Ruhe und Sicherheit. Zum Schlüsse weist der Großherzog darauf hin, daß man sich die Interessen des Reiches und deS Landes nicht im Gegensätze denken dürfe. Wenn es gelte, das An sehen des Reicher in der Welt zu stärken, müsse daS Land dafür einstehen zu eigenem Schutze. Zu den Stimmen, die scharfe Repressalien gegen die Zollpolitik der nordamerikanischen Union fordern, gesellen sich allmählig auch HandelS- kreise und zwar die Handelskammer zu Gera. In dem Jahresberichte derselben wird sehr über die schwere Schädigung geklagt, welche die willkürlichen Zoll- maaßnahmen und Zollchikanen der Amerikaner der Textil-Jndustne und der Ausfuhr von Porzellan, Ma schinen, Leder und musikalischen Instrumenten zufügen. Gegenüber der offenbaren Absicht der Amerikaner, den Import von Waaren immer mehr einzuschränken, wäre eS sehr zu wünschen, daß die deutsche Regierung die wiederholten Zolltarif - Aenderungen der Vereinigten IeuMeton. Die Wege der Vorsehung. Roman von Axel Albrecht. (Nachdruck verboten.) (36. Fortsetzung.) „Durchaus nicht! Ich habe es vielmehr selbst entdeckt", versetzte May und erzählte, auf welche Weife er Kenrtniß von dem Geheimnisse erhalten hatte. „Ah, jetzt weiß ich auch, Herr May, auS welchem Grunde Sie da- arme Fabnkmädchen geheirathet haben!" rief Heller mit höhnischem Lachen. „Vielleicht wissen Sie es — vielleicht auch nicht. Toch ich bin nicht gekommen, um mich hierüber mit Ihnen zu unterhalten. Ich frage Sie ganz einfach: Was gedenken Sie zu thun?" „WaS gedenken Sie zu thun?" war die schnelle Antwort. „Meine Handlungsweise wird sich nach der Ihrigen zu ricyten haben. Ich bin ein verhültnißmäßig armer Mann und müßte em Thor sein, wenn ich das Inter esse meiner Frau und mein eigene- vernachlässigen würde." „Ihr Preis? Was verlangen Sie?" schrie Heller. „Würden Sie in meinem Falle etwa- Andere- ver langen, al- völlige BermögenSabtretung?" „Völliger Unsinn! — Zwanzig Jahre lang bin ich unbestrittener Besitzer der Fabrik und deS Ver mögen- gewesen; kein Gesetz und kein Richter der Welt kann e» mir mehr absprechen. Wie konnte ich wissen, daß mein Bruder verheirathet war und ein Kind hinterlassen hat?" „Sie haben eS aber gewußt und zwar bereits zwei oder drei Jahre nach seinem Tode. Sie haben sich dennoch Ihres Besitzes nicht begeben, obwohl Sie wußten, daß die rechtliche Erbin lebte — in derselben Stadt mit Ihnen lebte. Wenn Ihre Besitzrechte nicht angefochten wurden, so kommt das nur daher, daß Sie die Unterdrückung der Wahrheit durch Schweigegelder erkauften. DaS Gesetz nennt eine solche Handlungs weise — Betrug! Dock wozu so vi-le Worte verlieren? Sie wissen ja, daß Alles wahr ist, was ich Ihnen sage. Was foll die Welt von Ihnen denken, wenn alles die- bekannt wird?" „Wollen Sie eS bekannt machen?" „Nur wenn Sie mich dazu zwingen. Wenn Sie sich aber dazu entschließen wollten, gütlich ein anstän diges Abkommen mit mir zu treffen, so soll daS Ge heimniß bewahrt bleiben." „Kommen Sie im Auftrage Ihrer Frau zu mir?" „Nein, sie ahnt sogar nichts von diesen ganzen Verhältnissen." „Und waS nennen Sie ein „anständige- Ab kommen"?" „Völlige und ehrliche Theilhaberschast an Ihren Fabriken. — DaS ist doch gewiß nicht zu viel verlangt unter den obwaltenden Umständen?" „Nein, da- ist nicht zu viel", sagte Heller mit einem barten, rauhen Lachen. „DaS ist fogar eine sehr mäßige und bescheidene Forderung. ES heißt ja nur, Ihnen die Hälfte von einem Besitzthume zu über lassen, welche- gegen zwei Millionen Mark werth ist." . „Nehmen Sie mein Anerbieten an?" fragte Muy > kalt. „Ich fordere die Hälfte, während ich doch das Ganze beanspruchen könnte. Entschließen Sie sich; wollen Sie Krieg oder Frieden mit mir?" Heller faß einen Augenblick schweigend und wie gebrochen da, dann sprach er mit leiser Stimme: „Frieden . . . Doch Sie müssen schwören, da- Geheimniß vor aller Welt geheim zu halten; selbst Ihre Frau darf nicht- davon erfahren." „Gut, da- schwöre ich." „Nun wohl, so sei eS denn. — Sie haben Ihre Karten geschickt gemischt, Herr May und ein große- Spiel gewonnen." 36. Kapitel. Eine eigenthümliche Annonce. Ungefähr um dieselbe Zeit, als Heller und Moy jene bedeutsame Unterredung in der Laube hatten und die Bedingungen ihrer Theilhaberschaft diSkutirten, stand Max Aßmann, ein Bierseidel in der Hand Hal. tend, an dem Schanktisch seiner Wirthschaft gelehnt und erzählte seinen Gästen von der heute vollzogenen glän zenden Hochzeit seiner Stieftochter. Der in verschiedenster Gestalt, vom Champagner bi- zum Äilka, reichlich genossene Alkohol hatte ihn in eine Stimmung versetzt, die man mild ausgedrückt mit „gehoben" bezeichnen kann. Sämmtliche Stammgäste feine- Lokal- wurden heute von ihm sreigehalten, so daß man sich auch deren animirte Stimmung leicht vorstellen kann. Aßmann schilderte in den glänzendsten Farben die Vortheile, welche für Alma durch diese Partie erwachsen mußten.