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WS22. — - — > — 1» Veerckv» visrto^jLkrliek a -l»rb KV KS, b«S ll»i»»rl. ckvutvoßeo ko»t»o»t»It»n p »u»»ert»«äb äv» äsut«t»«a üsiob« tritt?c»t- ua^ 8t«wp«t»u»vß1»E di»»». Liorstos Uuwmera: 10 kk. Lutz Svel >»«»»»»« dtzkr»»» M ä«» k»vm «iaor ^«»p»lt«»ei» L«U» ßtsi»«r «^nit io kk. Vater ,,küi>8««octt" äie 2«U« KV Lk. g.» ^»veU«»- uaä 2>Serv»Lt^ eatepr. k.al»ot»1»A. I?rMvdelnvar ^ffov mit Xa»»»t>ra« 6er 8c»a- u. keiert»^« »deaä». roru»prvct»-?t»8eblri,».- tir. 12VL. B-^- ' DresdnerIoiMal E«mabend, den 23. September, abends. - - - - " > Für die Eeiamlleiwng verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Rnnstgeschtchte. 1893. Bk» L»NN»4tra>»e» »a,«Srt», LeiMt»: Lrancktrtter, No»»a»i»«t0aL» ck« Oreräver lauriuU»; lerlt» Vt«a S»»«l >r—l»» r,»Lkkar1 »> K.: «aa«n»tr,n F ^vAter, SerUa Vt«v U»«b!UU- »r»U LetP»t, -Ur»»k1kr1 ». N. -Nü»ed«»: äko««,' »«M L«»»» N«U» rnu»KNvt ».».-»tiltl,»«»: I-a-ös Oo, lerU»: /»vakickenckanL, >r«»1»u: L«,it Xuöat^,' L«w<n«: v. §c^ü«ier, L-Us «. S.r Larct <F 0'o. Her»u»eed«rr Lvai^l, Lrpeäitioa äs, vrs»6oer ^oura»!, vreiäea, Lviaxerstr. 20. keraiprvcN -Xaeolüu»: Ikr. ILVS. Amtlicher Teil. Tret den, 23. September. Se. König!. Hoheit -er Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, ist gestern Abend 10 Uhr 35 Min. nach Gmunden gereist. Dresden, 16. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Rektor des Gymna sium- in Wurzen Professor Heinrich Theodor Friedrich Pötzschke und dem Oberlehrer am Annencealgymna- sium zu Dresden Professor Karl Ernst Besser da» Ritterkreuz I. Klasse deS AlbrechtSordevS zu verleihen. WekannLrnachung. Das Ministerium deS Innern hat der Kranken- und Begräbnißkasse der Barbier» und Friseuraehülfen zu Leipzig, eingeschriebene HülfSkasse, auch auf Grund des aufgestellten I. Nachtrages zu ihrem Kassenstatute vom 8. September 1893 bescheinigt, daß sie vor» behältlich der Höhe deS Krankengeldes, nach wie vor den Anforderungen des 8 75 deS Krankenversicherungs gesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 genügt. Dresden, am 20. September 1893. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Lobel. Lippmann. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Brünn, 23. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ihre Majestät die Königin von Sachsen find gestern aus Dresden hier kingetroffen. Wien, 23. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Wie die „Reue Freie Presse" aus GünS meldet, ließen Se. Majestät der Kaiser Wilhelm den C orpSkommandavten v. Schönfeld vvd v.Rhrinländer unter de« Ausdruck Allerhöchstseiner Anerkennung je einen Ehrensäbel überreichen. Metz, 23. September. (Tel. d.Dresdn.Journ.) Lie Überreste der im Jahre 1870 bei Colombey gefallenen Krieger wurden in Aumrsevheit de« Gouverneur», des Bezirkspräfidentev und mehrerer patriotischer Lereine in eine« gemeinsamen Grabe im Parke zu Colombey feierlich beigrsetzt. Paris, 23. September. (Tel. d. DreSdn. Zourn., Die neuesten Mitteilungen auS Buenos- LvreS stellen die Ankunft deS Generals Pelle grini in Tucuman für heute in Aussicht. — Die brasilianischen Aufständischen blockieren zur Zeit SantoS. — Gerüchtweise verlautet, daß Lesterro, die Hauptstadt der brasilianischen Provinz Santa Catharina (Westküste der gleichbenannten Insel), ein genommen sei. Nom, 23. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gegenüber anderweitigen Blättermeldungen wird aus Turin berichtet, daß sich Kossuth andauernd wohl befindet. London, 23. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Rach einer Meldung deS Reuterschen BureauS auS Kingsbury (Indiana) stieß gestern vormittag ein nach dem Osten deS Landes fahren der Personenzug bei Wabash infolge falscher Weichenstellung mit einem Güterznae zusammen. Elf Personen wurden getötet, fünfzehn ver wundet. London, 23. September. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) Wie die „TimrS" auS Philadelphia mel den, ist in mehreren der bedeutendsten Silber- gruben dortselbst die Arbeit wieder aufgeuommen worden. Kunst und Wissenschaft. Lady Sibylle. Erzählung von E. Schroeder. 2ö (Fortsetzung.) Was war denn dort zu sehen?" „Nichts." WaS in aller Welt hast Du denn da gemacht?" „Gebadet." „Gebadet?! In Sodom und Gom —" „Zerstört," erinnerte der Herzog. „ Gebadet an der Stelle, wo Sodom und — Lionel, wie durftest Du eS wagen?!" „Gefahr? Keine Spur!" „Lionel, er hieß Gott versuchen — der Abgrund konnte Dich verschlingen!" „Wasser ging mir nicht bi» an die Hüfte" „Feuer tonnte vom Himmel fallen, Lionel!" „Sonnenstich hätte ich bald weggehabt — zum Glück Regenschirm bei mir." „Entsetzliche- Bad!" schauderte die Mutter. Der Sohn nickte. „Wasser im Begriff zu kochen, dick und schwarz von Asphalt — stieg an» Land wie ein Neger." Der ältere Teil der Gesellschaft fand Grund, ernst dreiuzuschauen, der jüngere fühlte sich belustigt. Mr». Seymour beugte ihr goldlockiges Haupt vor und Loudon, 23. September. (Tel. d Dresdn Journ.) Die Aufständischen auS Tucuma find, wie das Rentersche Bureau berichtet, in die Pro vinz Santiago eiugedrungen und kämpfen mit den Lrvppea de« dortige« Gouverneurs. Der Premier- «inister befahl dem Gouverueur, möglichst Wider stand zu leisten, bis der General Pellegrini ein- treffen würde. Die Telegraphevleitungen und Eisenbahnen find unterbrochen. Die National garden in Santa Fs wurden mobilisiert. Stockholm, 22. September. (D.B.Hd.) Die CholeraobservatioaSaustalt auf der Ansel Hvea im Sunde ist iu Lhätigkeit getreten, eS werden alle auS Lübeck kommenden Schiffe dorthin verwiese». Alle Quarantäne- und Observationsanstalten au den Küsten find jetzt in Thätigkeit. Christianis, 22. September. (D.B.Hd.) Die Stadt Hamburg und die Elbehäfen find für cholera- verseucht erklärt worden. Dresden, 23. September. Die Wahrheit über Emin Pascha. Wie der ganze Lebenslauf des ungewöhnlichen Mannes, der, als deutscher Jude in Breslau geboren, eS zum selbstherrlichen mohammedanischen Statthalter im wildesten Afrika brachte, so scheint auch sein Tod von rätselhaften und aller Wahrscheinlichkeit nach nie völlig aufzuklärenden Umständen umgeben zu sein. Während wir aber für EminS Tod auf ganz unzu verlässige Berichte angewiesen sind, fließen für sein Leben noch Quellen, die zur Aufhellung mancher dunklen Punkte seiner Laufbahn wichtige Beiträge liefem. Aus einem jüngst erschienenen Werke, *) das der Feder eines gut unterrichteten und unparteiischen Verfassers entstammt, sind auch jetzt noch Mitteilungen über die Nichtswürdigkeiten, unter denen Stanley seine angeb liche Rettung EminS vollzog, von Wert. Die „Münch. Reuest. Nachr." stellen diese Mitteilungen in einen Auf satz zusammen, den wir nachstehend wiedergeben. Als im Jahre 1887 Emin zuerst Nachrichten über die zu seiner Befreiung ausgerüsteten Expedittonen erhielt, interessierte er sich in erster Linie für die unter Führung von Lenz und PeterS ausgerüsteten deutschen Unternehmungen und traf Vorkehrungen, um ihr Herannahen möglichst schnell in Erfahrung zu bringen. Die Stanleysche ließ ikn zunächst ziemlich gleichgiltig. Damals war, wie Vita Hassan wieder holt ausdrücklich hervorhebt, Emins Ansehen in Wade lai und den Nachbarländern noch unerschüttert, und selbst Casati, der vielfach unbillige Kritik an Emin übte, verdankte es diesem Ansehen, daß er manche Fährlichkeiten, in die er sich durch seine Unbesonnen heit gestürzt hatte, ungeschädigt überstand. Im Januar 1888 überbrachte Casati die Nach richt, daß Stanley nicht mehr fern sei; im April der selben Jahres kamen Jephson und Emin zuerst zu sammen, und jener überbrachte einen Brief Stanleys, in dem es hieß, seine Expedition sei nicht in der Lage, Emin irgendwelche wirksame Hilfe zu leisten. Die ägyptische Regierung habe ihre Besitzungen im Sudan längst aufgegeben, und Emin Pascha dürfe nicht erwarten, daß ihm noch eine andere Expedition zu Hilfe geschickt werden würde. Als Emin das Schreiben durchgelesen hatte, warf er es heftig bei seite und sagte bekümmert: „Wenn ich Stanleys Expedition ungeduldig erwartet habe, so geschah es in der Hoffnung, Verstärkungen und Munition zu er halten. Nachdem ich mich abgemüht habe, die Provinz *) „Die Wahrheit über Emin Pascha, die ägyptische Äqva- torialpkvvinz und den Sudan" von Bim Hassan. Deutsch von vr. B Moritz. Berlin, Geographische Verlag-Handlung, Dietrich Reimer. zu organisieren und au-zudehnen, nachdem ich überall Stationen eingerichtet und die meisten der umliegenden Stämme unterworfen habe, heißt man mich jetzt alle« aufgeben, alles verlassen und davonyehen. DaS war nicht die Vorstellung, welche ich mir von Stanley- Expedition und ihrem Zweck gebildet hatte". Casati und Bita Hassan berieten mit Emin, wa« zu thun sei; ein bestimmter Entschuß wurde nicht gefaßt. E« folgte dann das erste Zusammentreffen mit Stanley, der Ende Mai 1888 nach Westen aufbrach, um die Nach hut seiner Expedition heranzusühren. Wie Stanley die Geschichte seiner Expedition gefälscht hat, und wie der Gerettete nicht Emin sondern Stanley war, geht unter anderem auS dem hervor, was Vita Hassan an dieser Stelle berichtet: „Während Stanley» Aufenthalt am See waren Emin Pascha und wir stets bei ihm geblieben. Unsere beiden Dampfer fuhren beständig auf dem See hin und her, um Lebensmittel aller Art für Stanley und seine Leute zu bringen, welche nun gut zu essen und zu trinken hatten und sich so von allen Entbehrungen ihres Marsches erholen konnten. Schon seit langem waren sie nur mühsam und namentlich sehr dürftig verpflegt worden Bei uns angelangt, befanden sie sich in einem verhältnismäßigen Überfluß, den sie in vollen Zügen genoffen. Um nur ein Beispiel anzu führen, so verzehrten StairS und Jephson allein in einem Tage den Inhalt eine« ganzen Topfe« Honig von ungefähr 4 Lz Gewicht. Al« Stanley nach Westen aufdrach, besorgte ihm Emin Pascha gegen 100 Träger, da seine eigenen nicht auLreichten." Während der Abwesenheit Stanleys brach die zum großen Teile durch sein Eintreffen verschuldete Meuterei der Soldaten EminS au«, infolge deren Emin und seine Freunde vom 20. August bis 17. No vember gefangen gehalten wurden. Ihre Befreiung verdankien sie dem Einbruch der Mahdisten in Wa delai und der Niederlage, die sie den abtrünnigen Soldaten deS Paschas beibrachten. Eine Niederlage der Derwische hatte ihren vorläufigen Rückzug zur Folge; interessant ist, was Vita Hassan erzählt, daß die Sudanesen Emins fest au die Unverwundbarkeit der Mahdisten glaubten und dagegen bas Mittel ausgeklügelt hatten, entweder mit silbernen Kugeln zu schießen oder in ihre Bleikugeln Stückchen Ebenholz einzubohreu. Beides ist wirklich geschehen, und die Mahdisten zogen sich hauptsächlich deswegen zurück, weil sie mit dem Nimbus der Unverwundbarkeit auch den Nimbus der Unbesieglichkeit verloren hatten. Im April des folgenden Jahre» erschien Stanley wieder; wie er es verstand, Emin zur Nachgiebigkeit zu zwingen, berichtet Vita Hassan in folgender Weise: Am 4. April gab Stanlly dem Pascha vier Sansibarträger zu den 14 Mahdi, dem Rest von den 1U1 Mann, die wir Stanley verschafft hatiea, als er zur Aussuchung seiner Itachhut aus- gebr»chrn war, woluich die Zahl s iuer Träger auf l8 wuchs. Casati gab er drei Sansibarer, die mit seinen Dienern neun Träger anSmachten, und mir zwei Sansibarer, di- mit meinen Dienern die Zahl meiner Träger aus 30 brachte. Stanley Hane in dem Lager einen Spron, der ihm selbst die geringsten Vorkommnisse hinterbrachte. eS war dies ein Diener Sisley, ein 18jähriger Sansibarer, ein intelligenter und geweckter Bursche, welcher außer seiner Muttersprache etwas Englrsch verstand und von den Negersoldaten der Expedition einige B-ocken Arabisch ausgcschnaxpt hatte Stanley hatte durch ibn Kenntnis von unseren Besinnunaen bekommen und machte am -°>. April, w»s man seinen Staatsstreich gerannt hat Er wagte n-chl, uns aus unserer löblich,n Absicht, die Abreise zu verschieben, einen direkten Borwurs zu machen, sondern klagte in seiner außer- oidentlichen Rücksichtelosigleit unsere L.uie Dinge an, die keinem von un- eingesallen waren. Der genaue Bericht über die Er eignisse dieses Tages ist solgruder: „Gegen Mittag ertönte der wohlbekannte Pfiff Stanley» durch das Lager. Ich stürzte heraus und begegnete Casati, der gleich mir heraue gekommen war, um zu s Yen, was vorging. Wir erstaunten, als wir d'e Sansibarer die Lrinwandzelte zusammenlegen sahen und Stanley mit seinen Offizieren in Reisekleidung erblickten. Wir begaben uns zum Pascha und sanden auch ihn reisefertig gekleidet Er war bleich und besand sich in größter Auslegung „WaS giebt c»?" fragte ich ihn. „Rur da», daß ich zum ersten Mal in meinem Leben in meinem eigenen Haufe b.leidigt worden bin blickte den Herzog mit lächelnder Bewunderung von der Seite an. „Reizend", murmelte sie, „wirklich reizend naiv! Finden Sie nicht?" wandte sie sich mit strahlendem Antlitz an Waldstedt. „Ich möchte bezweifeln, gnädige Frau", entgegnete diefer kalt, „daß er ganz so naiv ist, wie er sich giebt." ,Ach! sollte er sich verstellen können?" rief sie im Tone innigen Bedauerns. „Mit diesen kindlich unschuldigen Zügen? — Wissen Sie, ich kann er mir nicht recht denken! Ich glaube — ich bin ganz fest überzeugt, seine Seele 'ist wie ein weißes Blatt Papier!" „Auf das Sie, meine Gnädige, vielleicht nicht un gern ein paar garstige Tintenflecke setzen würden," dachte Waldstedt in seinem argen Sinn. „Aber ich vergaß," fiel eS der Dame ein. „Sie sind ja sein Freund — Sie müssen eS freilich besser wissen." „Sein Freund? Sie irren, ick darf mich nur der oberflächlichsten Bekanntschaft mit ihm rühmen. Wir trafen auf Reisen flüchtig zusammen." „Auf Reisen? Wohl auch in Amerika? Am Ende gar auch in dem berühmten Blockhause?" Er sah sie staunend an. Sie lachte mehr mit den flimmernden Augen al» mit den Lippen. „Seien Sie mir nicht böse," schmeichelte sie in Sirenentönen, „wir haben vorhin von Ihnen ge sprochen — Sir Mainwaring und ich. Er erzählte mir eine reizend abenteuerliche Geschichte, die ihm passiert war im fernsten Westen von Amerika. Er hatte sich nämlich verirrt in einer Prairie, oder in einem Hinterwald — ich weiß nicht mehr genau. Es war spät in der Nacht, man sah nicht die Hand vor Augen und hörte nichts als da« Geheul der Löwen und Tig —, Sir Mainwaring, Sie blicken so spöttisch herüber?" „Verzeihung," lachte Robert, „aber die Löwen und Tiger kamen in meiner Erzählung nicht vor." „Ach so", nickte sie, „das soll wohl so viel heißen, daß sie in Amerika auch nicht vorkommen? Ja, ich bin eine unwissende Frau, aber ich kann nicht dafür, John will mich nun einmal nicht klüger haben" Und sie warf ihrem Gatten einen bezaubernden Blick zu, der aber, indem sie den Kopf wandte, auch noch Wald- stedt zugute kam. „Sagen wir also", fuhr sie heiter und den Ton so geschickt hebend fort, daß sie nun die ganze Tafelrunde in ihren Zuhörerkreis zog, „sagen wir also, unser Wanderer sah nicht die Hand vor Augen und hörte nicht» al- da» Geheul der wilden Tiere, welche» lo laut und schauerlich klang, daß es ihm da» Blut in den Adern gerinnen machte —" „Run, nun", fiel ihr Rodert wiederum l ichend in« Wort, „ich hatte eme gute Büchse am Tat el und zum Überfluß noch einen Revolver. Machen Sie mich auch nicht allzu feige!' „Ein bißchen Feigheit erhöht drn Effekt", erklärte Mr«. Seymour schalkhaft. „Da» Blut also gerann Ihnen in den Adern, Sie wäre« mit Todesangst de« Moments gewärtta, wo die gräßlichen Bestien Ihre Fährte wittern und sich blutdürstig auf Eie stürzen Stanley hat mir heute eine schreckliche Scene gemacht und be hauptet, daß wir ein Komplott gegen ihn gesä> miede, hätten, daß er jetzt Blut in dem Lager vergießen wolle und daß dies Blut auf mein Haupt fallen solle. Er will sofort ausbrechrn und wir können uns dem nicht widersetzen." „Wieso, sofort ausbrechen? Kein Mensch ist bereit, wir haben weder Träger noch Sklaven, die in den Wald gegangen sind, Holz zu holen; wir wußten, daß der Aufbruch aus den zehnten festgesetzt, und habrn deshalb keine Vorbereitungen sür heute getroffen." „Trotzdem muß ausgebrochen werden, weil Stanley e» will; Sie wissen, wie verdreht dieser Mann ist und daß er mit dem Kopf durch die Mauer will, wenn ihm eine in den Weg kommt. Aber wa-ist da zu thun?" „ES ist jetzt Essens zeit," sagte ich ihm, „setzen Sie sich zu Dsch, wir werden Ihnen G-Michast leisten. Wenn Stanley Sie nicht im Lager sieht, wird er Sie hier aussuchen, und dann können Sie ihm sagen, daß Sie beim Essen seien. Er wird Ihnen sagen: wir brechen auf, und Sie ihm antworten: ich bin nicht bereit. Er wird Sie nicht umbringen, denn das liegt nicht in seinem In teresse; der Khrdive und da» Komitee in London haben ihn beauftragt, Emin Pascha und seine Leute zu retten und nicht, sie zu tüien oder zu mißhandeln." Emin senkte resigniert den Kopf, dachte einen Augenblick nach und forderte unS ohne zu antworten, mit einer Handbewegung auf, ihm zu iolaen; wir gingen in daS Lager hinan» Stanley und seine Ossiziere be fanden sich inmitten eine- auS unferen Leuten gebildeten Karree-, da- von den Sansibarern und Wanjema der Expedition um ringt war. AlS wir näher kamen, hörten wir Stanliy schreien: „Ich habe gehört, daß man gestern einem meiner Leute ein Gewehr gestohlen hat und daß man mir ans Leben will; hier bin ich, hier ist meine Brust, schießt aus mich, wenn Ihr r» wagt! Ihr wißt nicht, daß ich Stanley heiße, das ist Bula- matari (Sttinzerklopser), und der Herr hier bin Wir brechen aus der Stelle auf, da- ist mein Wille Alle, die ausbrechrn wollen, mögen sich recht» von mir stellen, und die, w> lche bleiben wollen, link» und den letzteren will ich sagen, daß ich sie auf der Stelle erfchießen lass:." Stanley hatte seine Red« geschickt vorbereitet. Er hotte zunächst eme unsinnige Anklage geschleudert, die wie ein Seulenhieb niedergesallen war und alle- starr gemacht hatte, daun nach einigen effektvollen Ausdrücken, wie Bulamatari, die aus die einfachen Gemüter seiner Zuhörer be rechnet waren, dema-kierte er plözlich seine Batterien, und fein Wille begegnete nur einem passiven Gcko,sam Der voll ständigste Erfolg krönte fcinen Coup, und alles drängte sich mechanisch zu seiner Rechten " Über Stanley urteilt Hafan in ruhiger und zu treffender Weise: Stanley ist nicht ein AlltagSmensch, sondern ein Mann von seltener Energie, der nie um die Wahl seiner Mittel verlegen ist. Au» diesem Grunde verdient er eine gewisse Berühmtheit. Stan ley wäre zu einem jener Eroberer deS Altertums wie geschaffen gewesen, die wilde Horden fortzureißen und Schrecken auf ihrem Wege zu verbreiten wußten. Aber der Unterschied zwischen einem Livingstone und Stanley ist ebensogroß, wie der zwischen Himmel und Erde, da beide von einem diametral entgegengesetzten Punkte an-gehen. Während der erste nichts für sich selbst that und alle Leute als seinesgleichen ansah und ihnen, trotzdem sie tief unter ihm standen, oder vielmehr gerade deshalb sein Wohlwollen zuwandte; während er sein ganzes Leben daran setzte, sie zu bessern, indem er sie gütig und milde behandelte — so sah der andere im Gegenteil sein menschliches Ebenbild nur als Werkzeug für sein ausschließliches Interesse und seinen persönlichen Ruhm an, ein Werkzeug, das man zerbrechen darf, wenn es nicht mehr nutzen kann. Die weiteren Schilderungen über den Rückmarsch zur Küste bestätigen das Urteil, das man schon nach dem Vorhergehenden fällen kann, daß Stanley seiner Gesittung nach ein von Hcrzensroheit durchtränkter Mensch, ein Rowdy war, der außer hervorragenden Eigenschaften des Charakters und Verstandes edlere Regungen und Gesinnungen nicht besaß. Viele seiner Offiziere glichen ihm. Nelson und StairS sind rohe Gesellen, denen man die Benennung Gentlemen nicht zuerkennen darf. Von besonderer Bedeutung für Emins spätere Schicksale erscheint eine seiner Äußerungen, die unmittelbar in die Zeit nach dem Eintreffen EminS in Bagamoyo zurückvatiert. Schon einige Tage vorher hatte Emin einen Brief von dem Major Wißmann erhalten deS Inhalts, daß er (Wißmann) selber nach der Küste habe zurückgehen müssen, aber den Haupt mann Schmidt in Umpapua beauftragt habe, ihn und die Seinigen zu empfangen, ihm alles zu ver würden, da — gewahrten Sie in einiger Entfernung Licht. Mit wiedererwachtem Mut ging es vorwärts, bis Sie ein niedriges Blockhaus erreichten. Mit dem Peitschenstiel klopften Sie an Die Thüre sprang auf und in dem Rahmen erschien, fremdartig kostümiert, die hohe, imposante — die Gestalt des Herrn, der mir hier zur Seite sitzt!" Sie machte mit der vollen, schneeweißen Hand eine kleine vorstellende Bewegung in Waldstedts Rich tung und ließ den neckischen Blick dabei über die Ge sellschaft gleiten, die ihr — wenigstens was den männ lichen Teil betrifft — bezaubert Beifall lächelte. „Worin bestand denn das fremdartige Kostüm ?" erkundigte sich Treherne. „In allerlei Firlefanz, mit dem man dortzulande den Indianern imponiert," antworiete Waldstedt. „Mir imponiert er auch, der Firlefanz," erklärte Mrs. Seymour, „ich habe ihn mir ins Gedächtnis geschrieben, denn ich muß Dich drin sehen, John, auf der nächsten Maskerade. Ein lederne- Hemd, stelle Dir vor. da» den Oberkörper bedeckt und an den weiten Ärmeln mit langen Fransen besetzt ist — Beinkleider in hohen Reilerstiefeln, in dene , mächtige Silbersporen klingen — ein breiter, patronengespickter Gürtel mit einem Revolver daran und einem langen Messer in lederner Scheide — nachlässig um den Hal- geschlungen ein scharlachrote» Tuch und, luat not keck nach einer Seite gerückt, der breit randige araue Hut, dessen vordere Krempe in die Höhe geschlagen ist und von dem hinten golddurch wirkte Troddeln herabhangen."