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Dresdner Journal : 28.08.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189308286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930828
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-28
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 28.08.1893
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NW eierlichen Einweihung der EmmauSkrche bei. — Se. Majestät der Kaiser werden Sich, der „Post" zufolge, nach den Kaisermanöoern von Stuttgart auS un mittelbar nach Österreich-Ungarn zum Manöver und zur Jagd begeben, dann über Wien nach Berlin zurück reisen, hier einen Tag verweilen und dann direkt nach Gothenburg zur Jagd abreisen. Bon da begeben Sich Se. Majestät der Kaiser auf dem kürzesten Wege nach Rominten, wo Allerhöchstdieselben bis in die zweite Woche des Oktober zu verbleiben gedenken. — Da- preußische StaatLministerium trat gestern vormittag um 11 Uhr in der Wohnung des Reichskanzlers zu einer Sitzung zusammen. — Die Börsensteuer hat, wie die ,B. P. N." schreiben, in den letzten Jahren regelmäßig weniger erbracht, als der Anschlag im Etat betrug. Im Jahre 1892/93 belief sich da- Minus sogar auf nahezu 8 Millionen. Im Etat für 1893/94 ist die Börsensteuer niedriger normiert als im Jahre 1892/93 und zwar um mehr als 1H Million. Trotzdem scheint cs, als wenn auch im laufenden Jahre der Etatsansatz nicht erreicht würde. Denn daS erste Drittel dieses Jahre- hat noch um 120000 M. weniger als der gleiche Zeitraum de- Borjahres erbracht. Wenn die beiden anderen Drittel nicht bedeutende Änderungen in den Einnahmen au- der Börsensteuer bringen, so würde auch daS laufende Jahr bei der Börsensteuer mit einem Minus und zwar noch immer in der Höhe von 5 bis 6 Millionen abschließen. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „An die Tbatsache des Besuchs, den der Erzbischof v. Stablewski bei seiner Rückreise von der Fuldaer Bischofrkyr.ferenz dem Kultu-Nliuistrr abgesiattet hat, werden in der Provinzialpresse mehrfach ganz unzutreffende Ver mutungen geknüpft. Soweit wir haben erfahren können, hat es sich dabei vorzugsweise lediglich um die Frage der Übertragung dcs Vorsitzes in den ' katholischen Kirchenvorständen innerhalb der Erzdiözese Gnesen-Posen gehandelt, eine Maßregel, die nach den Verhandlungen im Abgeordnetenhaus schon siit längerer Zeit in der Vorbereitung begriffen ist. Ebenso liegt eS dem Hrn. Erzbischof am Herzen, dem Priestermangel in seiner Diözese einigermaßen steuern zu können, und er bemüht sich zu diesem Zwecke, für den auch aus baulichen und gesundheitlichen Gründen dringend nötigen Neubau des erzbischöflichen Klerikal seminars in Posen das Entgegenkommen der Staats- regierung zu gewinnen. Andere Fragen, namentlich die Sprachenfrage in den Volksschulen, dürften kaum zur Erörterung gelangt sein." — Ein neuer Fall asiatischer Cholera ist in Berlin vorgekommen. Ter Mechaniker Baumgart, der bei seiner Mutter in der Hirtenstraße wohnt, erkrankte am Donnerstag nachmittag, nachdem er in der städti schen Badeanstalt an der Jnselbrücke gebadet hatte, unter verdächtigen Erscheinungen. Er wurde nachts in das Krankenhaus nach Moabit gebracht, wo man am Freitag nachmittag durch bakteriologische Unter suchung die asiatische Cholera feststellte. Die Er krankung soll auf eine Erkältung beim Baden und Diätfehler (Genuß von Jungbier) zurückzuführen sein. Jedoch erscheint es auch nicht ausgeschlossen, daß Baumgart sich durch den Genuß von Spreewasser, daS demnach verseucht wäre, aigesteckt hat. Jedenfalls hat die Infizierung in Berlin stattgcfunden. Tas Be finden de- Kranken war am Sonnabend mittag ver hältnismäßig gut. Auch der Zustand der Stieftöchter des Schiffers Pinnow, Klara und Emilie Schlüssel burg, war am Sonnabend leidlich. Die Ärzte hoffen, alle drei Kranken am Leben erhalten zu können. Sämtliche Flußbadeanstalten in Berlin, die städtischen sowohl wie die privaten, sind mit Rücksicht auf die etwaige Choleragefahr am Sonnabend geschlossen worden. — In das Krankenhaus Moabit wurde am Sonnabend ein beim Bau des neuen Reichs- tagkgebäudes beschäftigter Arbeiter als choleraverdächtig eingeliefert. Der Bestand der Choleraabteilung da selbst beträgt jetzt 14. Davon leiden drei (die beiden Schwestern Schlüsselburg und der Mechaniker Baum gart) wirklich an Cholera, drei bis vier sind cholera verdächtig, während die übrigen nur vorsichtshalber zur ärztlichen Beobachtung ausgenommen wurden, aber bis jetzt gesund sind. — Die Untersuchung bei dem unter choleraverdächtigen Umständen erkrankten Stein setzer in dem bei Halle a. S. gelegenen Orte Kröll witz hat keinen Anhalt für Cholera ergeben. Hin gegen hat die Untersuchung bei dem in Homberg am Rhein om 23. d. M. gestorbenen Schiffsheizcr Phi- lipsen der „Rhein- und Rrhrzeitung" zufolge asiatische Cholera als Todesursache ergeben. Coburg, 27. August. Zu den morgen hier statt- findenden Beisetzung-feierlichkeiten sind heute eingetroffen: Ihre Künigl. Hoheiten der Prinz von Wale-, der Großherzog von Baden, der Herzog von Connaught, der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar, Fürst Leopold von Hohenzollern, ferner Prinz Wilhelm von Hessen- Darmstadt, der Fürst zu Hohenlohe und der Fürst von Leiningen. — Der österreichisch ungarische Gesandte in Dresden, Graf Ehotek, ist heute vormittag hier eingetroffen. Derselbe wird in Vertretung de- Kaiser- Franz Joseph den Beisitzung-feierlichkerten beiwohnen. — Se. Majestät der Kaiser werden heute abend ^12 Uhr von Potsdam abreisen und morgen vormittag 10 Uhr 40 Min. hierselbst eintreffen. (Die vom „W T B." verbreitete Nachricht, daß Se. Majestät der König von Sachsen bereits heut: früh in Coburg eingetroffen sind, beruht auf einem Irrtum, da Se. Majestät erst Sonntag abend 6 Uhr 43 Min. von Freiberg aus nach Coburg abgereist sind. Anm. d. R) * Wien, 26 August Das „Fremdenblatt" bespricht die in verschiedenen Zeitungen aufgetauchten Enthüllungen über die politischen Bestrebungen des Hrn. Rimler, deren Nichtigkeit eS mit ironischer Schärfe bloßstellt. Seine Reisen nach Paris und St. Petersburg und alle seine übrigen Bemühungen zur Lostrennung Ungarns von dem Ziele des Drei bundes seien elend gescheitert. Auch der andere Zweck, nämlich französisches Geld sürWahlzwecke der ungarischen Unabhängigkeitkpartei zu erlangen, s?i unerreicht ge blieben. über diese Partei und ihre Bestrebungen schreibt das Blatt: ,D>ie Ziele der kleinen Gruppe, „er der Abgeordnete Pazmandy angehört, sind ja be kannt; reu ist höchstens, daß sie auch gegen den Drei bund sich bethätigt. Der Dreibund wird davon ebenso wenig berührt werden, wie die Gesamtmorarchie von ihren UnabhärgigkeitSbestrebungen, denn jene Gruppe vertritt eben nur die extremsten Köpfe der ungarischen Nation, den äußersten Radikalismus, der in keinem Lande fehlt, und der sich nur überall mit anderen Fragen beschäftigt. Graf Gabriel Kaioly und Pazmandy machen keine Weltgeschichte, und die Loyalität deS ungarischen Volkes wird durch die jüngsten Enthüllungen nicht in Frage gestellt." — Die „Wiener Abendpost" meldet: Im politi- schen Bezirke Nadworna fanden am 24 August in Nadworna selbst zwei, in Delatyn zwei und in Zarzbecze — einer neu ergriffenen Gemeinde — zwei Erkrankungen, in Delatyn ein, in Mikuliczyn ein, in Zarzbecze zwei Todesfälle an Cholera statt — Im politischen Bezirke Kolomea erkrankten in Kolomea selbst und in Okreszynce je eine Person. Die in Okreszynce erkrankte Person starb. Aus den politi schen Bezirken Brzesko, Limanowa, Kosow, Rawa Ruska, Sokal, Horodenka und Snialyn liegt keine Nachricht über neuere Erkrankungen oder Todesfälle vor. In Krakau, wo schon vor einigen Tagen ein cholerav.'rdächtiger Todesfall im LazaruLspitale sich ereignet hatte, starb heute ein gestern erkrankter Fuhrmann unter verdächtigen Symptomen. Die bakteriologische Untersuchung ist im Zuge. Prag, 27. August. Tie Streitigkeiten zwischen dem Jungtschechensührer vr. Julius Gregr und dem Führer der sogenannten Realistenpariei, Professor dir. Massaryk, welche schon seit längerer Zeit an dauern, gaben zu einem „Schiedsgericht" Veianlass- ung, das gestern stattfand. Zu der bezüglichen Ver sammlung hatte sich der größere Teil der jungtschcchi- schen ReichSrats- und Landtagsabgeoldneien eingefun den, auch Massaryk war erschienen, vr. Gregr aber war nicht gekommen und hatte seine Abwesenheit durch Unwohlsein entschuldigt. Tie Verhandlungen, welche an sechs Stunden dauerten, waren sehr erregt, ihr Ergebnis fiel, wie vorauszusehen, zu Ungunsten Massa- ryks aus. Tie Versammlung nahm mit allen Stim men gegen jene Massaryks eine Resolution an, in welcher das Vorgehen des vr. Gregr als korrrkt be zeichnet und ferner kundgegeben wird, daß niemand in dieser Angelegenheit das Recht habe, demselben in politischer und nationaler Hinsicht irgend welche Vor würfe zu machen. Dagegen wird das Vorgehen I)r. Massaryks in der ganzen Angelegenheit verurteilt und er klärt, daß seine Handlungsweise in ihren Folgen die Würde und das Interesse der jungtschechischen Partei geschädigt habe. Die ganze Aktion gegen Vr. Gregr, an welcher sich in erster Reihe auch die alttschechische Partei beteiligte, hat also mit einem entschiedenen Fiasko geendet; dem Abgeordneten Massaryk, der auf das jungtschechische Programm gewählt wurde, wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als sein Mandat niedermlegen l)r. Gregr versteht es, wie auS diesem Vorgange'zu ersehen ist, sich allerdings nicht be liebt, aber doch gefürchtet zu machen. — Am letzten Donnerstag ging über einen Teil de» nördlichen und nordöstlichen Böhmen- ein furchtbare- Unwetter nieder, da- mit Hagel und einem Cyklon verbunden war, wodurch in den Gegenden von Aussig, Groß- priesen, Dux, Niederlangenau, Starkenbach u. s w. die größten Verwüstungen angerichtet wurden; auch kamen mehrere Personen hierbei um» Leben. * Pari», 27. August Der Wettstreit der sran- zösischen Hafenstädte um die Ehre der Begrüßung des russischen Geschwader» scheint zu Gunsten Brests zu enden, nachdem man bi» in die letzten Tage hinein geglaubt hatte, der russische Gegenbesuch für Kronstadt werde in Toulon stattfinden Havre halte seine früheren Hoffnungen, al» „Hafen von Paris" zu der Ehre des Empfanges der russischen Gäste auLersehen zu werden, in den letzten Wochen bereits stark herab gestimmt, seit nämlich bekannt geworden war, daß daS russische Geschwader für da» Mittelmeer bestimmt sei. Gerade darauf hatte Toulon seine Hoffnungen gebaut, die nun so unangenehm enttäuscht werden sollen. Wie der „Boss. Ztg." gemeldet wird, hat der russische Maler Bogolow, der eben mit dem Auftrage, das Bild der bevorstehenden Flottenbewegung zu malen, auS St. Petersburg dort eingetroffen ist, einem AuSfrager die Versicherung erteilt, daS russische Geschwader werde Mitte September vor Brest ankern und sich sodann, ohne einen anderen französischen Hafen zu berühren, :::? mittelländische Meer begeben. Der besondere „symbolische" Charakter, der nach der Ansicht der Franzosen mit euern Besuche der russischen Kriegs schiffe in dem Mittelmeerhafen von Toulon verbunden gewesen wäre, wi d den Festen in Brest fehlen. — In belrcff ter Vorgänge zu AigueS-Mortes treffen immer neue ausführliche Berichte ein, die auf die Grausamkeit der Franzoien bei den von ihnen verübten Mordthaten grelle Lichter werfen. So ent hält eine Römische Korrespondenz der „Nat-Ztg" Schilderungen zurückgekehrter italienischer Arbeiter, denen wir, zur Vervollständigung unserer bisherigen Mitteilungen, noch folgende drastische Einzelheiten entnehmen möchten: ... Tie Gendarmen waren bald überwunden, und die Mei ge begann, daS Dach der Baracke, in welche die Italiener sich aus den Rat deS GenrarmeriesührerS zurückgezogen hatten, abzudecken und Steine aus die eng Zusammrngedrängten herab zvlchleudcrn. Tie Führer überredeten nun den Wachtmeister, die Italiener zum Herau-kommen zu bewegen, indem ne ver sprachen, es solle ihnen kem Leid geschehen, wenn sie nur sosort nach Italien abreisten Ein Teil der in der Baracke Belagerten scheint tcreil- vorher sein Heil in der Flucht versucht zu haben Etwa zwanzig von diesen fielen den Franzosen in dw HLnde, die sie mit Stöcken totschluaen oder in den Kanal warsen. Die in der HüNe Zurückgebliebenen traten nun also h-raus uno machten sich unter Bedeckung der fünfzehn Gendarmen nach der Stadt aus. Der Zug war von den franzö sischen Arbeitern sortwährend umringt. Zwei Kilometer vor der Stadt kam eine andere Schar, darunter viele Frauen heran, die sLrien: „Bringt sie um! Macht ein Ende mit ihnen!" Und nun begann ein fürchterlicher Stein regen. Zugleich fi len die Franzosen mit Schippen und Stöcken über die Italiener her Biele wurden in den Kanal geworf n, andere mit Stöcken totgeschlagen Zwei Kinder, eine- von v er, das andere von sechs Jahren, wurden ausgefpießl und vor der Beifall klatschenden Menge bergetragen Een junger Mann lag schon mit l luiüb-rsirömUm Gesicht om Boden, als d r Ruf ertönte: ,Hoch Frankreich! Tod Critpi und Italien!' rief er: „Es lebe Ialien" und wurde toigeschlagen. Ein Gcr darm erschoß einen Franzosen, sank aber sogleich, durch einen Mefferftch tödl-ch getroffen, nieder. Tie Gendarmen wußten nichts anderes als schleunige Flucht zu roten. An emer Billa versuchte der Wachtmeister die fünfzig Arbeiter, die m t ihm flohen, in Sicherheit zu bringen Ter Besitzer verweig rte den Eintritt mit den Worten: „Nndcr mit den Italienern! Feige Hunde! Ver teidigt Euch, wie Ihr könnt!" * London, 26. August. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses nahm die Erörterung deS Berichts über die Anträge zur Homerulevorlage ihren ge wöhnlich schleppenden Verlauf. Mit dem Glocken schlage elf wurde von Gladstone das parlamentarische Fallbeil zur Beendigung der Beratung zur Anwendung gebracht. Der gerade in Erörterung befindliche oppo sitionelle Antrag wurde mit einer Mehrheit von sechs unddreißig Stimmen verworfen, dann wurde über den Antrag deS irischen Staatssekretärs Morlcy zu Klausel 23, dem zufolge die irischen Richter künftig, hin vom Statthalter von Irland angestellt werden sollen, abgestimmt; er wurde mit 228 gegen 190 Stimmen genehmigt. Nach Annahme der übrigen ministeriellen Anträge und Zusätze zur Vorlage wurde der Bericht genehmigt und unter begeistertem Jubel der ministerlellen und irischen Bänke die dritte Lesung der Vorlage auf nächsten Mittwoch an- gesetzt. Die Anwendung des parlamentarischen Fallbeils verlief ohne die peinlichen Scenen, die den Schluß der Einzelberatung vor mehreren Wochen be» gleiteten. Gladstone wird die dritte Lesung, der liberale Unionist Lonrtney nameu» der Opposition die Verwerfung der Vorlage beantragen. Freitag abend wird da» Ende der Erörterung erwaitet. — Gladstone empfing gestern eine schottische Abordnung, die ihn ersuchte, eimr von dem Abgeordneten Cameron im Unter Hause eingebrachten Vorlage zur Entpfründung der Staatskirche in Schottland die Unterstützung der Regierung zuzuwenden. Im Verlaufe einer sehr sym pathischen Antwort erklärte Gladstone, Schottland und Wales hätten Anspruch darauf, daß die Kirchenfrage nach ihren und nicht nach englischen Ideen gelöst werde. Die Regierung sei der Vorlage freundlich ge sinnt. Sie weroe alle» thun, was m ihrer Macht stehe, um der Frage zur besten und schleunigsten Lösung zu verhelfen. — In den Wandelgängen de- UnterhauseS kam e» gestern zu einem Streite -wischen dem Abgeordneten Swift Mac Neill und Harry Furniß, dem Karrikaturenzeichner des „Punch", wegen einer Karrikatur in diesem Blatte. Mac Neill be leidigte Furniß und prügelte ihn Furniß gab die Schläge nicht zurück, sondern brachte seine Beschwerde vor da» Präsidium de» Unterhauses und beabsichtigt, die gerichtliche Klage gegen Mac Neill anzustrengen St. Petersburg, 27. August. Ein kaiserlicher Tagesbefehl an die baltische Flotte hebt die Bedeutung des L i ba u er Kr ieg S h a se n - hervor, dessen Bau kürzlich in Gegenwart des Kaisers eingeweiht wurde Wegen der Entwickelung der internationalen Beziehungen Rußlands und zur Festigung der russischen Seemacht im äußer sten Osten sei die bereit- von dem Vater d?S Kaiser- geplante Errichtung eine- nicht zufrierendcn Hafen- für die baltische Flotte dringend notwendig geworden. Der Erlaß schließt, drr Kaiser sei überzeugt, daß die tapfere baltische Flotte jeden Versuch, in russisches Gebiet einzudringen, zurückweisen und daß sie der russischen Flagge die ruhige Herrschaft in ihren Ge wässern zu sichern und rechtzeitig überall da zu er scheinen wissen werde, wo dies die Würde der russischen Macht erheischen würde — Die von der Hauptinten- dantur der Verwaltung des Kriegsministeriums rin- berufene Konferenz von Vertretern verschiedener Ver- waltungSzweige behufs Ventilierung der Frage de- direkten Einkaufs von Roggen von Landwirten für die Bedürfnisse der Armee erachtete eine solche Maß nahme, um die Getreidepreise zu halten, süc zweck mäßig und setzte die Menge des für da- nächste Jahr anzuschaffenden Roggens auf 30 Millionen Pud fest. LresLner Nachrichten vom 28. August. o Der gestrige Sonntagsverkehr auf den hiesigen Bahnhöfen litt unter der kühlen mit Niederschlägen ver bundenen Witterung, sodaß von den sonst bei regem Ver kehre besonders auf der Bodenbacher Linie erforderlichen Sonderzügen der größere Teil ausfallen konnte Auf dem Böhmischen Bahnhofe machten sich für die Bodenbacher Linie nur ein Sonderzug und für die Tharander Linie deren zwei notwendig, während im übrigen die ver stärkten fahrplanmäßigen Züge genügten. Der Leip, ziger Bahnhof, auf welchem gegen 2900 Fahrkarten nach den Lößnitzstationen verkauft wurden, hatte immer noch einen verhältnismäßig starken Verkehr; cs mußten daselbst 5 Sonderzüge verkehren. Auf dem Schlesischen Bahnhofe machten sich 2 Sonderzüge erforderlich, während auf dem Friedrichstädter Bahnhofe die fahrplanmäßigen Züge ausreichten. Aus dem Polizeiberichte. 200 Kronen Belob» nung setzt die Königl. Polizeid^rektion zu Stock holm auf die Ermittelung des Schuhmachers Carl August Nilson-Ljung-Mörlin, am 24 Mai 1856 im Kirchspiel Torshälla, Provinz Nyköping, geboren, aus-, welcher dringend verdächtig ist, am 19. Juli d. Js. während des in Stockholm stattgesundenen Schuhmacher streikes den Cchuhmachergesellen Lindell in Gemeinschaft mit einer anderen Mannsperson auf offener Straße über fallen und so schwer mißhandelt zu haben, daß dieser am 3. d. Mts. infolge der erlittenen Schäden verstorben ist. Mörlin ist im Besitze eines für den Schuhmacher Töruberg ausgestellten Ältestes Er ist mittelgroß und von mittelstarkem Körperbau, hat bleiches Gesicht, hervor- stehende Backenknochen, hellblaue Augen, etwas breiten Mund, hellbraunes Haar, ziemlich großen Schnurr bart und ist auf der Oberseite der einen Hand mit den Buchstaben 0 N. tätowiert — Vermißt wird seit dem 25. dieses Monats die neunjährige Schülerin Anna Dora Beer von hier. Sie hat sich am gedachten Tage abends in der 7. Stunde ohne eine besondere Veranlassung au» der elter lichen Wohnung entfernt und ist seit di ser Zeit ver schwunden. Es wird vermutet, daß ihr em Unfall zu- aestoßen ist. Die Vermißte bat blond«- s-anre blaue wie ein Binnensee. In der trotzig herausforderndtn Laune, in der cr war, hätte er es bis in die tiefsten Tiefen aufgewühlt sehcn mögen, mit der ganzen Macht seiner wilden Wasser gegen die Felsen prallend, statt ihnen schmeichlerisch um den Fuß zu scher wenzeln. Die Felsen wiederum wahrten nicht durchwegs streng ihren Charakter, sondern ließen nach obenhin allzu deutlich merken, daß sie nur das steinerne Herz des Hügels waren, welches das Meer bloßgelegt halte. Schroff und jäh genug schossen sie empor, aber statt in wildlavnigen Naturskulpturen zu endigen, rundeten sich in der Höhe die scharfen Linien, über den roten Stein schichtete sich rote Erde, und die letzten Härten deckte ein Mantel aus Gras und Moos. Ganz Fel sen — ganz nackt und wild und kühn erschienen sie nur, wo sie sich, eine Bucht zu schließen, gleich Riesen ungetümen quer über den Weg warfen. Vor solch einem Ungetüm — man sah ohne allzu große Mühe einen ruhenden Löwen heraus, der mit der vorgestreckten Tatze weit hinaus in daS Meer griff — stand Richard Waldstedt still. Er überzeugte sich, daß eS hier unten am Strande für ihn kein Vor wärts mehr gab, hielt kurze Umschau und fing dann an, einen der Zickzackpfade hinanzusteigen, die die Frühlingiwasser auShöhlen und die das Fischervolk der Küste sich nutzbar macht. Zum Fußverrenken war eS wegen de« herabgeschwemmten SteinyerölleS im übrigen für einen schwindelfreien Kopf eine ziemlich harmlose Kletterpartie. In einiger Höhe überlagerte auch schon eine Erdschicht da- Gestein und die Vege tation hatte hier einen Vorposten aufgestellt in Form eine« Ginsterbusche«. Im Schatten dieses GinsterbuscheS ließ sich Wald- stedt nieder. Der Löwe erschien von hier aus wie ein unförmlicher Koloß, aber dar Panorama, soweit eS in seinen Gesichtskreis kam, war von überraschender Wirkung Nun erst befand er sich in Wahrheit in einer Felsenwildnis, denn nun hatte er den weichlichen Abschluß deS Ganzen im Rücken und das Schroffe, Spitzzackige, Wildphantastische deS E'nzelvorspringenden fiel klar in das Auge. Sowohl die größere Bucht, aus der er heraufgestiegen, wie die kleinere, zu der die Löwentatze ihm den Zugang versperrt hatte, zeugten von der Cyklopenacbeit deS Meeres — diese! Meeres, daS sich da so ohnmächtig gebärdete, auS seinem Diamantenauge so fromm und zahm aufwärts blinzelte. „Wenn ich ein Laster hasse vor allen Lastern", sagte Richard Waldstedt, nach dem Meere hinnickend, „so ist es die Heuchelei — die Falschheit!" Dabei erinnerte er sich deS Briefe-, den er noch ungelesen bei sich trug, und ingrimmig auflachend zog er ihn hervor. „Ich hab'S gewagt!" warf er ironisch hin, während er das Siegel brach. Ein süßlicher Heliotropduft wehte ihm entgegen. In sei» en, übermäßig verschnörkelten Schriftzügen stand zu lesen: „Mern Richard, mein einzig Geliebter! Kannst Du — willst Du mir denn nicht vergeben? auch bann nicht, wenn ich Dir schwöre — auf den Knien schwöre, daß ich nie — nie einen anderen ge liebt habe al« Dich?! Kann man einen anderen lieben al« Dich? O, wenn Du ahnen könntest, wie Du vor mir stehst — wie groß, wie herrlich! Und nun dieser Herr v. Northeim! Wahrhaftig! — wenn ich mir nicht die Augen auSweinen müßte, so würde ich lachen. Richard, sei doch nicht so grausam — so grausam und so thöricht zugleich! Sieh, ich will Dir wahrheits getreu erzählen, wie es kam: Es war eine solche Menschenmenge bei Northeims, ein solches Gedränge und eine Hitze in den engen Räumen — zum Er sticken. Da schlug er vor, mich ein bißchen im Garten spazieren zu führen, und ich nahm seinen Arm und dachte mir nichts dabei. Nun und dann — dann lag der Kahn am Ufer und auf dem Wasser, meinte er, würde es so köstlich kühl sein und — Richard, war es oenn wirklich etwa- so Fürchterliches, daß ich ein stieg und mich ein bißchen hinausrudern ließ von ihm?" Mit einem verächtlichen Zucken der Lippen, mit einem höhnischen Auflachen hin und wieder hatte er so weit gelesen, jetzt aber verzerrte ein Wutausdruck leine Züge. , Heuchlerin! Schlange!" stieß er durch die zu sammengebissenen Zähne. „Ein bißchen hinausrudern ließest Du Dich und hernach — ein bißchen küssen! Es war nicht- Fürchterliches — o nein! E« war etwas sehr Spaßhafte« und Verlockendes. Warum? Weil Dir der Mann gefiel? — Bahl Daß Du Dir au« ihm nichts machst, brauchst Du nicht zu be schwören WaS Deinesgleichen reizt, ist die verbotene Frucht E« war so hübsch dunkel, wo der Mond nicht hinschien, aber — ich habe verdammt scharfe Augen!" Seine Finger zuckten, al« wollten sie den Brief zerreißen, allein er zwang sich, weiter zu lesen: „Hatte er wirklich einen so entsetzlichen Empfang verdient? Welch' cine Scene! Die Haare strauben sich mir, wenn ich daran zurückdenke! Wir traten aus dem Boot, da standest Du vor un- — wie aus der Erde gewachsen — mit einem Gesicht, so wutentstellt, ich kannte Dich nicht wieder! Du sagtest nicht viel — gar nichts. Ich sehe nur noch immer Deine weißen Zähne blinken in der Nacht — an einen Tiger mußte ich denken — eS war schrecklich, aber — es war schön! Du packtest den Mann bei beiden Schultern, Du schütteltest ihn und hobst ihn hoch, als wolltest Du ihn in den See hinausschleudern. DaS Herz wollte mir springen vor Angst und dann auch wieder war eS mir — zum Lachen. Der kleine, erbärmliche Mensch, wie er zappelte! Ach! Und Du, Richard, so groß, so gewaltig! Nie — nie hatte ich Dich so bewundert, vor Dir hinknien hätte ich mögen, wie vor einem Gott! Und Du — Tu glaubst, ich liebe Tich nicht — ich liebe Jenen? Ach! E» ist Thorheit, es ist Wahnsinn! Richard, wenn Du mir die Treulosigkeit zuiraust, den jämmerlich schlechten Geschmack solltest Du mir nicht rutrauen Solch' rin Dutzendmensch und Du! Meinst Du, e« hätte sich etwa« in mir geregt, als ich hörte, er sei verwundet worden in dem Duell? Töten hättest Du ihn können und mein Herz hätte doch nicht« gefühlt, al- jubelnde»- Frohlocken, weil Tu glücklich davongekommen!" Schaudernd hielt er inne. „Nicht« al« jubelnde« Frohlocken", wiederholte er„ „und den Tag vorher hatte sie ihn geküßt! Da« ist da« Weib — da« seelenlose Zerrbild von einem Weibe, da« ich geliebt — wahnsinnig geliebt habe! — Und — e« ist nicht, al« ob mir plötzlich die Schuppen von den Augen fielen. Ich habe gewußt, daß nicht- an
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