Suche löschen...
Dresdner Journal : 26.08.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189308268
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930826
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930826
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-26
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 26.08.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^198. Sonnabend, den 26. August, abends. 1893. vrescko» visrtoljLbrlicl» * IL«Il X kt., bat ä« U»i»«rt. ckoutooboo k»»t»»st»lto» »wttst- j-Urliol» e »IsrU; ««erluttb ä«, ckoutscUea K«el»« tritt ko»t- uo6 8te«pol»o»oUI»E kü»«». Liwtolo« Kuwwero: 10 ?k. ^ür 6« K»um «ioor 2«I» klbi»e keLritt »0 kf. vot«r <li« 2«l« so KL ü«l Tsdoit«»- uxt Hitk-ra»^-- e»t-pr. AuksoblsG. ?r»eb»ii«e» - LtAli^ »it X«o»b»« <Ier 8coa u ^«ierts^s »deack«. ?«rD»pr»ci» - La»cblu»,! Kr. 1LNL. „ , . . .. -- - - > > Ares-mrImmml. Für öt« Elefamtlettuug v« antwortlich: . ^ofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- nnd Kunstgeschichte. L»»ab»« re» L»N0»etr«»sc» »a,»Lrt»r NowaiiiStooLr 60« Vrerüllvr ^vurru»!»; I»«d«r« I»rN» Vi«a »—l >r«Wa e>»«rWt «. N.! Laa»rncin« <e l'o-ktv, I«It» Vt«»-M«»»diuA- e»»L L«P«tU-^r»akw-i ».I«. US»«L«: /cuä. k»rt» l^to» L«r!t» rr«»k5lu< ». L.-»i«tr^«r1: F 6», /nra/K/^äuit, Ur—Nw: L«,t ^aöatä,' L,'. Lc/iu«>/«r, U»U» «. >.- </. Larct «0 L». tter»a»u»b«rr ASoizl. Lrpeäiiioa «le» Dre«6oer loonlsl». vre«iea, 2»ioz«r»tr. LV. koro-precb-äv,cbl»u»: >r. .-dü. Ämtlicher Teil. Dretdeu, 2l. August. St. Majestät der König haben AllerguLdigst geruht, den bisherigen Herzoglich Braunschweigiichen LaudeSvermessunq« - Din ftor und Privatdocent für Geodäsie an der Technischen Hoch schule in Braunschweig B. Patten Hausen zum ordentlichen Professor für Geodäsie an der hiesigen Technischen Hochschule zu ernennen. Se. Majestät der König haben dem Concertmeister nnd Kammervirtuos Friedrich Grützmacher da» Ritterkreuz 1. C lasse des Albrecht«ordenS Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Halle a. d. S., 2S. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) D-r „Hallischen Zeitung" zufolge ist in der vergangenen Nacht im Nachbardorfe Kröllwitz ein Steinsetzer unter choleraartigen Erscheinungen erkrankt. Alle Lorfickttmaßregeln find getroffen. Die bakteriologische Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Lemberg, 2Z. August. (D. B. Hd.) Laut Be schluß deS ÄemeinderateS werden in Zukunft alle von der Gemeinde hergestellten Militärgrbäude polnische Aufschriften erhalten. Prrßburg, 23. August. (D B Hd.) Ja dem nabe gelegenen Orte Maaßt ist gestern ein Tode-- fall an Ebolera amtlich festgestellt worden. Rom, 25. August. (D. B. Hd) Gestern und beute find wieterum mehrere choleraverdächtigr Erkrankungen hier vorgekommrn Rom, 26. August. (Tel d. DreSdn. Journ.) Heute nacht z,störte rin großer Brand teu Pa lazzo Negroni-Caffarelli, woselbst auch der päpst- liche Auditor Fausti sowie der portugiesische Kon sul nebst Familie wohnten. Die Bewohner wur den durch Fenster ins Freie gebracht und so ge rettet; in den Nachbarhäusern berrschte große Besorgnis. Schließlich wurde der Brand gelöscht. London, 23. August. (D. B Hd) Die Re gierung legt» dem Parlament Pläue zur Erbau ung von zwei neuen Kriegsschiffen vor. Dieselben sollen alle jetzigen Schiffe der «zgUschon Marin« an Größe und Lollkommruhrit der Ausstattung übertreffen. London, 2lk. August. (Tel d DreSdn. Journ.) Im Unterhaus« wurde die Sebatte über den Ho- mrrulrbericht erledigt; dieselbe wurde um 11 Uhr geschlossen. Bei der Abstimmung betrug die Mehr- deit der Regierung 88 Stimmen. Die dritte Lesung wurde auf nächsten Mittwoch vertagt. Christiauia, 25. August. (D. B. Hd.) DaS Anerbieten der hier tagenden sozialdemokratischen LankeSversammlung, unter gewissen Bedingungen bei den nächsten StorthingSwahtrn mit der liberalen Partei zusammengehen zu wollen, wird von der gesamten liberalen Presse zurückgewiesen; rin BüntniS mit den Sozialdemokraten könne unter keiner Bedingung in Frage kommen. Lie Ver handlungen auf dieser LandeSversammlung, sagt „Dagbladet", hätten den BewriS erbracht, daß die norwegischen Sozialdemokraten noch gänzlich unreif für daS allgemeine Wahl ccht seien. Warschau, 2). August. (D. B. Hd.) Auf Befehl dec Regierung wurde bereits mit Maß regeln begonnen, um in Zukunft die Beteiligung der Juden KongreßpolenS an industriellen Unter- rehmungen zu beschränken. Dretdeu, 26. August. Ein Beitrag zur Reform de» Militärstrafprozesse«. Zu den Forderungen, welche im Rc ich« tage fast in jeder Legislaturperiode erhoben zu werden pflegen, gehört die einer Reform unsere» heutigen Miluärfliuiproiesjes So sehr sich derselbe auch sowohl in der Gestalt de» preußischen wie 'm der de» bayerischen Recht« geeignet er wiesen hat, die Di»up'in, jenen Grundpfeiler unsere« Heere«, zu festigen und zu erhalten, so sehr ist man doch änderns«» auch an den maßgebenden Stellen davon über zeugt, daß mancherlei in unsnem heutigen Strafprozeß einer durchgreifenden Umgestaltung fähig, ja daß die letztere im Hinblick auf unsne gegenwärtigen Rechtsanschauungen nötig sei. Der Grund dafür, das; unter diesen Um- stand.n die ReichSreginung noch nicht mit Reformvor schlägen vorgetreten ist, dürfte lediglich in den außer ordentlichen Schwieiigkeiten liegen, welche sich einer Neu regelung diese« wichtigen Gegenstände« entaegenstellen und die nicht zum mindesten auf politischem Ge biete liegen, da dem preußische!! Militaistrafproieß der bayerische gegenübersteht, welch' letzteren man m Bayern, weniger in den Regierung«- und einsichtsvollen parla mentarischen Kreisen al« vielme r in den breiten Schichten de« Bolle«, nicht gern fallen sehen möchte. Auch die verschiedenartigen, zuweilen diametral entgegen gesetzten Anschauungen, welche unsere Patteipolitiker in dieser Reformsrage beherrschen, erhöhen ohne Zweifel die obwaltenden Schwierigkeiten. Immerhin darf man nach den Erklärungen, welche der Reichskanzler Graf v. Caprivi in der Reichstagssitzung vom 1. Dezember 1892 abaab, hoffen, daß eine einschlagende Vorlage in Bälde dem Reichstage zugehrn wird, denn der genannte höchste Reichs beamte erklärte damals, daß di« Angelegenheit zur Zeit in den Händen dcr preußischen Militärverwaltung liege, und daß er annehmen dürfe, baß sie rm nächsten Jahre den Reichstag beschäftigen werde. Wenn man somit in absehbarer Zeit einer Regierungs vorlage ertgegensehen darf, so ist zu rechter Zeit vor einigen Wochen ein Werk erschienen, da», zwar noch nicht fertig vorliegend, so doch in dem der Öffentlichkeit übergebenen Teile sich eingehend mit den Hauptgrundsätzen einer Reform de« Milttärstrafprozeffrs beschäftigt. *) In der Sitzung de« Reichstag« vom 15 Februar 1892 hatte der Reichskanzler au«gefprochen, „daß bei der Reform immer der Gesicht«- punkt im Vorverarund bleiben müsse, wie wirkt die Sache auf die Disziplin e n? Die Armee habe ein sehr starke- Interesse daran, Gerechtigkeit zu üben, denn ohne Gerechtigkeit würde auf dre Druer Dis- ziplin nicht erhalten werden können. Die Wege aver, wie die Gerechtigkeit geübt werde, könnten sehr wohl von denen eine« Ziviloerfahren« abweichen Es werve nach einem Wege gesucht werden müssin, der sich dem Zivil- verfahren so «et nähere, der aber dea mili ¬ tärischen Verhältnissen gerecht werbe, und dazu Helse, di« Disziplin in der Armee zu erhalten und zu erleichtern. E« muffe ferner auch die Frage «wogen werden: wie würde sich das Verfahren im Kriege gestalten? Ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen den Anforderungen, welche an ein Militär- und welche an ein Zivilverfahren zu stellen seien, berühr darauf, daß eine Armee um so bester organisiert sei, je mehr ihre Friedenseinrichtungen sich dem Kriegszustände näherten. Jr mehr die Friedentgewohn- heiten auch im Kriege beibehalten werden könnten, um so leichter werde man im stände sein, die Disziplin auch im Kriege aufrechtruerhalten." Es ist nun ein Hauploorzug de« Werkes de« Ur. jur. v. Marck, daß sein Verfasser *) Ur. jur. v. Marck: „D r Militärstrasprozeß in Deutschland und seine Reform " Berlin i8S:r. R. v Decker« Verlag. G. Schenk, SSnigl. Hosduchhckadl«. Erste Hälfte «4« S gr 8 IS M. Fertig in rwri Bünden, von denen der zweite, enthaltend den zweiten und dritten Tnl, im Herbst diele« Lahre« erscheinen wird. — Im vorl ege. den ersten Bande behandelt Bersasstr nach einer längeren Borrcde, die zü gle ch eine Einleitung ist, dea ersten (allgemciaen) Teil, der den Titel , Borcrötterungen" trägt Derselbe gliedert sich in drei Kapitel, von denen das erste grundlegende Begriffe und technische Ausdlücke festlegt. Im zweiten Kopuel wiid der gegenwäitlge Rechtszustand grschildert. Hi.r wird nach einem Abriß der Eeschichtc de« Miliiärstra Prozesse« die deutige Srsepgebung dar^ gestellt, die Nolwentigk it einer Resorm d-rselden erbitert u d ein« Arfchi t >e der Reiormbewegung gegeben Ta« dritte Kapitel endlich enthält die »uSgaag-punkre sür di« Refoimgesetzgebung durchweg bestr«bt ist, mit seinen Reformvorschlägen diesen in ihrer Berechtigung unanfechtbaren Anforderungen gerecht zu w^den vr. jur. » Marck ist augen scheinlich mit d«n militärischen Verhältnissen außerordentl'ch »«traut; er hat dea Geist, der unser Heer durch weht, voll «faßt und au« ihm heran« entwickelt er alle die Anforderungen, die da« Heer an eine brauchbare Strafprozeßordnung zu stelle« und alle di« Bestimmungen, welche dres« zu enthalten hat Da« Werk bringt keinen fertigen Entwurf einer neuen Strafprozeßordnung, nur deren Grundzüge werden in logischer Weise entwickelt und begründet. DaS, was Verfasser dazu anführt, v-rdient — ohne daß man indessen ihm deshalb in allen Dinaen verpflichten müßte, dazu ist eben die ganze Materie viel zu sehr umstritten — allseuigc Beachtung und vor allen Dingen möchten seine Ausführungen diejeniqen Parieipolitiker beherzigen und würdigen, welch« im Glauben, alle« besser zu wissen, ohne jedwed« nähere Kenntni« der militärisch«. Verhältnisse eine Reform des Militärstrafprozefse« fordern. Unter diesen Umständen «scheint e« angezeigt, die Grundzüge anzugeden, welche Verfasser für eine Reform aufstcllt, wob« wir un« leider au« Rücksicht auf den zu Gebote stehenden Raum versagen müssen, auf deren Be gründung näh« einzugehen Verfasser verlangt ein ge meine« deutsche- Milttärftrafprozeßgesetz, da« somit die parükulare Gesetzgebung beseitigt. Für dieses Gesetz seien zwei Extreme vorhanven: eine radikale Neuschöpfung und dre Ausdehnung, sei es de« preußischen, sei e« de« bayerrschen Rechts, auf ganz Deutschlund. Da« erstere «klärt v. Marck für völlig ausgeschlossen, denn da» deutsche Heer ist historisch erwachsen; was national ist, liegt bereit« in ihm, eine nationale Gestaltung «r post zu konstruieren, sei ein Unding. DaS andere Extrem ver biete sich gleichfalls von selbst, denn weder die preußische noch die bayerische Militärstrafprozeßordnung genügen in ihr« gegenwärtigen Gestalt den Anforderungen. Die» frei lich aus entgegengesetzten Gründen: die bayerische trägt den militärischen Anforderungen nicht ausreichend Rechnung, ist allzu bürgerlich; die preußische entfernt sich mehr vom bürgerlichen Recht, als erfordellich ist, ist insofern allzu militärisch und steht in ihren Mitteln und Formen nicht auf der Höhe d« modernen Wissenschaft. Entfallen somit beide Extreme, so bleibt allein em Mittelweg gangbar, da« Reformgrsetz (guß« selbstverständlich au« dem bürgerlichen Recht) erwachsen zu lassen aus beiden vorhandenen Parti kularrechten, da« Gute und Bewährte sowohl au« dem preu ßischen al« dem bayerischen System zu nehmen, sich in der einen Materie mehr an die«, in der anderen mehr an jnre« anzulehnen. Ja. Schlußresultat würde allerdings bei dergroßen Verschiedenheit beider Systeme notwe. dig da« Eine dergestalt in den Vordergrund treten, daß dre Anhänger des anderen üb« Annäherung an da« ersterwähnte Extrem klagen würden „Solche Klagen", führt Verfass« ans, „werden sich unr« keinen Umständen vermeiden lassen, weil die Elemente, au« denen die Zusammensetzung zu «folgen hätte, hinsicht lich ihr« Bedeutung sür die Allgemeinheit und für das He« und in ihrem inneren Werte sür eine Militärstraf- prozeßordnung allzu verschieden sind. Die Abmessung kann nicht nach der Quantität, sondern muß nach der Qualität er folgen. Und in der Auffassung über die letztere stehen der bürgerliche und der militärische Gesichtspunkt, da« bayerische und da« preußische Recht einander vielfach schroff gegenüber. Durchschlagend muß dann der Gedanke sein, daß es sich handelt um rine Militärstrafprozeßordnung, daß die Frage, wie wirkt eine Einrichtung aus das Leben«- element de« Heere«, auf die Disziplin, alle« über ragen muß." Für das Reformgesetz will nun Verfasser aus dem preußischen Recht entnommen sehen: den grundlegenden Gesichtspunkt, daß die Mllitärslrasgenchlsdarkeit Ausfluß der Kommandogewalt sei, deren Inhaber al« Gerichts herren rm Strafprozeß zu wallen, nicht bloß üb« die Strafverfolgung im Vorv«fahrcn, sondern auch üb« die au« letzterem sich ergebende Folge, einschließlich der Er öffnung de« Hauptoerfahren«, zu entscheiden, selbst in g'wissem (gegen jetzt verringertem) Maße, zum Ersatz der fehlenden Rechtsmittel über die That- srage, em BestätigungSrecht auszuüb.n haben; ferner die strenge Scheidung der rechtlichen Stellung der Offiziere einer- und der Unteroffiziere und Mannschaften andererseits sowohl in dem Verhältnisse al« Organe der Kunst und Wissenschaft. Lady Sibylle.*) Erzählung von E. Schroeder. Erstes Buch. 1. Kapitel. Ein heiterer Seplembernachmittag an der Südküste von Devon, der Perle englischer Grafschaften. Zu unserer Linken haben wir das Meer, tiefblau wie der wolkenlose Himmel, den es widerspiegelt. L«se rauschend zieht es den Spitzensaum seiner Wellen neben uns her über die augeschwemmten Kiesel, auf denen wir Mühe haben, zu schreiten. Zu unserer Rechten heben sich die Uferselseu. Sie schimmern in allen Abstufungen eines köstlichen Rot, daS durch den Kontrast der duukelvioletten Schatten, die in den Spalten und Höhlen lagern, jetzt im grellen Sonnen schein fast augenblendend wirkt. Hier und da springt ein malerischer Ausläufer kahl und nackt in daS Meer, die Hauptwand bleibt uns treu zur Seite, bis sie auf einmal weit — thalweit — auSeinanderklafft. Ein Flüßchen drängt sich her vor. ES ist al» wolle es unS quer über den Weg, allciir e» besinnt sich eine» Höflicheren. Im Nu ist eS verschwunden und unter dem Kieselgeröll, da» un» trägt, sucht e» sich im Finstern sein Endziel. Nun ober kehren wir dem Meere den Rücken und er lohnt sich der Mühe. In irgend einem gedruckten Unbesagt« Nachdruck »«botea Führer durch Devon steht über das entzückende Thal da vor uns zu lesen: „ES ist ein kleines südlichcS Paradies, in dem der Winter unbekannt ist." Wir glauben eS gerne, denn wo sollte wohl der Nordwind her mit seinem Schnee, oder der Ost mit seinem EiseS- atem? Tie Hügel halten ja so sorgsam Wacht, daß nur dem milden Süd die Pusiage freib'eibt. Solch' saftige Wiesen, solche Weizenfelder zwischen Blumenheckeu, solche düsterragende Ulmen und immer grüne Eichen haben wir nirgend; gesehen und daß irgendwo in Alt-England die Fuchste zum Baume würde, daß man zwischen Lorbeern und Myrten wandelte und Feigen äße von feinem eig'nen Feigen bäum, hätten wir niemals gedacht. Es ist den Kindern Albion» eigentlich nicht zu verargen, daß sie sich inmitten dieser Schönheit ein Seebad angelegt haben, aber gewissermaßen schade ist es doch auch. Die weißen, blumenübrrrankten, berg- ankletternden Villen wirken ja reizvoll genug, allein die großen, steifen Hotel» und Badehäuser, die schnur gerade Deichpromenade, die dicke Gasfabrik sind eben- soviele Flecken auf da» Bild gesetzt. Toch wo fände man die Schönheit wohl voll- ominen? Wir fragen eS uns und — Richard Wald- tedt fragte sich'» auch Freilich waren es nicht land- chaftliche Reize, die rhn im Augenblicke beschäftiglen. Er war soeben aus dem Hotel „Zum Herzog von Kent" getreten, schritt nun gemächlich die Promenade entlang und dachte im Schreiten: „Er ist vier Uhr nachmittag» — nach de» Wirte» Aussage die Stunve de» Flanieren» und Kokettierens h'er am Strand«. Wir sind mitten in der Saison und statistisch nachgewiesen scheint'», daß in diesem Jahre in Salmouth auf einen männlichen zehn weib liche Badegäste kommen. Übermäßig unbescheiden wäre cs also nicht, wenn man erwartete, unter der gesamten anwesenden Weiblichkeit eine einzige Schönheit zu finden, vor der man den Hut abziehen könnte, aber — Mutter Natur macht'» hier wie überall. Hat sie ein hübsche? Stück beinahe fertig, so verpfuscht sie es rasch noch ein bißchen — wie Figura da zeigt: Ein reizendes KrauSköpfchen auf eine ellenlange Hopfen stange gesetzt! Und da wieder! Blitz noch einmal! Augen wie strahlende Sonnen mit rußigen Fingern in ein Mulattengesicht gedrückt!" Co spottete er weiter, während die Kritisierten ihm ahnungslos BöseS mit Gutem vergalten. Seine stattliche schöne Erscheinung, sein freier Gang, die edle Haltung, da» vornehm geschnittene bräunliche Antlitz mit dem schwarzen Schnurrbart und den Fa'kenaugen unter buschigen Brauen veranlaßten fast eine jede, sobald er vorüber war, den Kopf be wundernd zu drehen, und dann gab es allemal ein Geflüster mit der Begleiterin — etwa in dieser Weise: „Sicher einer von den Gästen in Walstone Abbey! Oeer sollte er gar nach Carsbrooke Court gehören? Wenn e» der Herzog von Bangor selber wäre!?" Einen leibhaftigen Herzog von Angesicht zu An gesicht gesehen zu haben, da» ist ein Gedanke, um da» Herz einer jungen Britin vor Wonne beben zu machen. In diesem Falle war er leider nur nicht haltbar. Man mußte sich sagen, daß der Herzog von Banaoc kaum majorenn sei und der interessante Fremde stchcr schon die Dreißig überschritten bade. Da» hatte er auch nun in der That, allzuweit war Militärstrafjustiz als auch in dem Verhältnisse al- Be schuldigte (yöhc c Gerichtsbarkeit). Alle« die« al» Gebot der für ein M'litärqesey vor allem maßgebenden Ditziplin. Au« dem bayerischen Recht, welche« msofern gemeinsame Einrichtungen mit dem bürgerlichen Recht hat, dürfte der Grundsatz größerer Ständiqk<-it der Gerichte, der Unmittel, darkeit (Mündlichkeit) de» Verfahren«, die «weiterte Ver teidigung zu entnehmen sein Au« beiden Rechten die regelmäßige Ausschließung de« die Thatfrage betreffenden Recht«mittels der Berufung, dazu eine Menge Detail- vorschristen, die bald in diesem, bald in jenem Rechte besser geordnet sind Zwischen beiden Rechten dürfte der richtige Mittelweg liegen bezüglich der Stellung de« Audi- toriat«: Wo e« al« Beirat de» MilitärdefehlShaberS auf- trrtt, muß e» ebensoweit von der maßgebenden Stellung wie im bayerischen Reckt, al« von dem bloß platonischen Rechte de« Aktenvermerke« und Bericht- sein, wie im preußischen Recht; al« öffentlicher Ankläger, soweit diese« Institut einqesührt würde, muß e« vom Befehlshaber ebenso entschieden abhängig, wie als Gerichtsmitglied un abhängig, in letzt«« Funktion stet« mit Richtnstimme aus gestattet sein. Aus dem bürgerlichen Recht wären im ganzen die Grundzüge der Gerichtsverfassung und de« Verfahren«, soweit nicht militärische Notwendigkeiten Abweichung bedingen, ins besondere das Schöffensystcm d. h da« gleichberechtigte Mitein- anderwirken de« gelehrten und des Laienelement«, ferner da« Rechtsmittel der Revision, dazu eine Menge Einzelheiten zu entnehmen. Außerhalb dcr disherigen Systeme, als mili tärische Besonderheit, die weder im gegenwärtigen preußischen noch bayerischen Recht genügend ausgeprägt ist, müßte der Osfizialschutz für den Beschuldigten zur Geltung ge bracht wnden, dazu die grundsätzliche Scheidung in der Rechtsstellung d« Offiziere einer- und Unteroffiziere und Mannschaften andererseits dahin, daß die modernen Kautelen des Beschuldigten grundsätzlich und in vollster Ausbildung nur der letzteren Kategorie zukommen, während sür die Offiziere der Gesichtspunkt, in der Geiichtsherrlichkelt und unter dem Bestätigungsrecht des Allerhöchsten Kriegsherrn und vor einem Gerichte von Standesgenossen zu stehen, dazu führen muß, daß sie als Beschuldigte jener gesetzlichen Kautelen zum großen Teile entraten können: also in dieser Hinsicht eine prozessualische Schlechterstellung der Offiziere. Der aus all' diesen Elem-nte r zusammengesetzte Bau ist — insoweit giebt wieder das bürgerliche Recht das Vor bild her — zu krönen durch ein Reichsmilrtärobergencht. Dies die allgemeinen Grundzüge, welche v Marck sür ein Reformgesetz feststellt. Im weiter n Fortgang de« Buches werden sie sodann eingehend ausgesührt. Auf die Einzelheiten dies« Ausführungen körnen wir nicht näh« eingehen, nur einen Punkt davon wollen wir zum Schluß noch kurz berühren, weil « eine vielseitrg nhobene Forder ung betrifft: die Öffentlichkeit de« Verfahrens. Hinzu führt v. Marck aus: „Wre der Solvat im Kriege und im ganzen Leben sein Heil und sem Teil sucht von den HeereSgenoffen, so entfällt für lhn auch das Bedürfnis, welches im bürgerlichen Recht für den Beschuldigten an genommen wird, daß « nämlich einen Schutz gegen das Gericht suche in der Öffentlichkeit d« Verhandlungen vor dem gesamten Volle, welches berufen sei, die richtige Gesetzesanwendung, sei es Lurch indirekten Zwang aus tue Gerichts Personen zu beeinflussen, sri e« direkt zu kontrol lieren. Dahingegen begünstigt die Kameradichast eine Form der Öffentlichkeit, welche Kameraden den Zutritt ge stattet Sie haben ein nahes und berechtigtes Interesse daran zu sehen, wie an dem beschuldigten Kameraden Gerechtigkeit geübt wird Und wiederum der Beschuldigte hat da« Gefühl, unter den Augen einer Zuhörerschaft zu stehen, die in demselben Gedar kenkreise lebt und webt, aus welchem heraus die That des Soldaten beurteilt sein will! Daher schlägt v Marck eine „Militäröffentlichkeit" vor in dem Sinne, daß Offizieren stets der Zutritt zu den Verhandlungen gestattet ist, Unteroffijieren und Mannschafien aber nur zu den Verhandlungen ge^en gleiche oder niedere Chargen. Um aber zu verhindern, daß sich Mannschaften auf diese Weise beliebig dem anderweiten Dienste entziehen od« infolge indirek en Einflusses mancher Vorgesetzten an d« Beiwohnung der Verhandlung verhindert werden, soll stet« eine gewisse Anzahl Kameraden zur Beiwohnung komman diert werden entweder nach streng ernzuhaltender Kom- mandi-r-Rolle od« nach Los, wobei auch besondere Wünsche de« Angcschuldigten hinsichtlich dir Person der zu Komman dierenden zu berücksichtigen wären, überdies wäre auch er nicht mehr von seines Lebensweges Mitte. So etwas fiel ihm selber plötzlich ein, und er fragte sich mit Ironie, ob er nicht im Grunde ein bißchen zu alt und zu gewitzigt sei sür das Studium, das er treibe und bei dcm erfahrungsgemäß ja doch nichts herauSkomme al» em wüster Kopf und ein Herz voll Verachtung — Welt-, Menschen-, Selbstverachtung Weiter fragte er sich, was ihn eigentlich au» Deutschland fortgetrieden bade, und wa» für ein Brief eS sei, den er in der Hotelthüre vorhin in Empfang genommen und, nach dem er den ersten wütenden Impuls, ihn zu einem Klumpen geballt von sich zu schleudern, überwunden — in die Brusttasch- geschoben hatte. Ein bitter höhnisches Auflachen entfuhr ihm, und statt seine SchönheitSforschungen sortzusetzen, that er den kurzen Sprung auf den Strand hinunter. Die Kiesel stoben weithin auseinander unter seinem Gewicht und zwei Backfischchen, die ahnungslos am Wellen saume entlang gewandelt kamen, fuhren kreischend zurück. Höflich um Verzeihung bittend, trat cr zur Seite und machte, während die Dämchen mit nieder geschlagenen Augen errötend an ihm vorübertrippelten, die Bemerkung, daß die Kleinere von den Beiden wirklich recht passabel sei. Hinterher nannte er sich dann einen unverbesserlichen Narren und lachte wieder, aber schon mit weniger Bitterkeit. Die Erinnerung — er merkte eS mit Genugthuung — hatte nicht mehr die Macht, ihn dauernd aufzuregen. Tag und Nacht hatte er sich mit ihr herumschlag»n müssen in der ersten Zeit, jetzt zog sie in einer flüchtigen ZorneSwolke an seiner Seele vorüber. „Die Heilung schreitet gut vorwärtt, findest Du nicht, meine holde Irene ?" höhnte er, die geballte
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite