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Nun wollte es einmal ein unglücklicher Zufall, daß die drei Brüder an einem und dem nämlichen Tage zu der gleichen Zeit Schulschlutz hakten und, waS fast undenkbar war, wirklich einträchtig miteinander den Weg nach Hause zurücklegten. Man stand vor den Ferien und war In sanftester Stimmung, so dast diese Eintracht vielleicht dadurch erklär lich wurde. Man kam die Promenade herunter zu den Laufsteinen, die in Meter-Höhe neben ihr herliefen, und Hackepeter wählte sogleich diese exponierte Art der Fortbewegung, ohne daß ein Bruder störend, hindernd eingegriffen hätte. So rannte Hackepeter auf den Laufsteinen dahin, und jutt kam oben am Bahnwall der Zug herangebraust, was die Annehmlichkeit noch erhöhte. Hackepeter schwenkte die Mühe, jo delte und winkte, denn aus einem Abkeilfenster winkte ein Herr munter zu ihm herunter, und da he — holla — da flog was zu Ihm, dem Hackepeker. „Last dlr's schmecken," rief der Herr in dem davonrollen dem Zug, und patsch, fiel auf die Promenade ein Paket. Hackepeter warf sich in blihschnellem Erkennen der Situation zu dem geheimnis vollen Päckchen auf den Boden, aber -auch die Brüder waren stehen ge blieben und beugten sich herab. „Na, nu erleb' ich was," sagte Hacke peter in seligem Erstaunen, „das sind ja, eins, zwei — drei — vier — fünf — Kremeschnilken. Da esse Ich zwei Mittage nischk," und er wollte die von dem Wurf ein wenig zerdrückten, aber herrlich duftenden Ku chen schön stapeln, um dann mit ihnen zu verdusken. Da fühlte er eine schwere Hand auf seiner Schulter. „Und wir?" fragte Hans drohend. „Nur keine Einbildung." höhnte Frih von der andern Seite, und Hacke peter bekam's mit der Angst. Was wollten die? Ihm das Geschenk streitig machen? War's möglich? Und er überlegte blihgeschwind. Es gab zwei nette Auswege. Menn man . Aber da schnitt ihm der Hans kalt jede Möglichkeit der Rettung ab. „Weisst du nicht, was V.stcr dir neulich erst einblnule, mein Sohn? Abgeben! Abgebcn! Ab geben!" Ja, das wusste er, hatte es schmerzhask zur Kenntnis genom men, das, er „abgeben" sollte, immer zu keilen halte mit den Brüdern. Und im stillen dankte er einer gütigen Vorsehung, das, er nicht etwa vier Brüder Halle, so blieben ihm doch immerhin drei Kremeschnilken. Und finster reichte er jedem der beiden einen Kuchen herüber. Die schmausten und hielten eS für wertlos, über die resticrenden zwei Kuchen bereits zu streiten, ehe an sie die Neihe kam. Als aber dreimal eine Kremelchnikke verzehr! war, tippte Hans dem Hackepeter auf die Schul ler und mcinle gelassen: „Teil' nur auch die beiden andern aus, dann Ist's ein Aufwaschen." „Und Aussultern," echote Frih. Hackepeter dachte wieder an irgend einen RellungS-Ausweg, aber deS Vaters Mah nung stand ihm noch zu deutlich in Erinnerung: „Abgeben!" Die Tei lung sand statt, und die slinf Kremeschnilken waren nach wenigen Au genblicken nur noch abstrakte Bcgrisse eines höchst gcnus,reichen Au genblickes. Wenigstens für die beiden Grasten, siir Hackepeter waren sie etwas ganz anderes, und er ballte die Hand In der Tasche, und das Ganze, waS er dachte, war immer nur: „Wartet nur ab, warkel nur ab!" Und die Grasten kannten den Hackepeter viel zu genau, um nicht zu wissen, das, er aus Rache sann. Aber was sollte der machen, wenn man auf der Hut war? Und so sragle Hans den» sehr' sanst: „Haben dir die ein und ein Drittel Kremefchniile nicht prächtig geschmeckt? Denk' mal, wie nett wir waren, das; wir dich vor Leibwch bcwahrkcn. Wenn wir heute Abend vom Angeln znrückgekommen wären und dich von fünf Krcmeschnitten gepeinigt im Belt gefunden halten — —" „Na, und dann heisst es doch: Geteilte Freude Ist doppelte Freude! Denk' mal, wie gut du eS da hast, da hast du ja 'ne dreidoppelle Freude ge habt, Mensch." Hackepeter aber rannte, rannte. Er horte schon nicht mehr Fristens Necken, aber sein jinstercs Gesicht war hell geworden,