Suche löschen...
Dresdner Journal : 18.08.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189308189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-18
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 18.08.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Zur Verhütung der Leuchencinschleppung erscheint e« daher im Sinne der Beliimmungkn de« tz 4 der Revidierten Instruk tion zum Rrnderpestgelrtz vom 9 Juni 187» (Reich«ge>esblatt S. 147) notwendig, die Emiuhr von Heu und Stroh au-RuL- laud bi« auf weitere« zu verbiet, n. Demgemäß ersuche ich Euer Hochwrhlgeboreu ergebenft, eine diese« Verbot autsprechende Anordnung sofort für den dortigen Verwaltungsbezirk zu erlassen und durch das Amts blatt zu publizieren, auch sür die inlsprechende Benachrichtigung der Steuerbehörden zu sorgen und die beteiligten Polizrivrrwal- tungen mit der erforderlichen Anweisung zu versehen. Ta» Inkrafttreten des Verbots ist auf den Beginn des 25. d. MtS seftzuiehen, bis zu welcher Zeit da« m den näheren und nicht so häufig von der Rinderpest b:trofseneu Teilen Ruß lands bereits angrkaufie Heu und Stroh zur Einfuhr gebracht sein kann. Mit Rücksicht darauf, daß in einigen Ercnzgrgrnden dies seitige Landwirte da« aus ihren jenseits der «renze belegenen eigenen oder aagepachleten Grundstücken grivonnene Heu und Stroh sür ihren diesseitigen Wirischast-betneb gebrauchen ober für diesen Beiried von in der Nähe der Kunze angesessenen jenseitigen Landwirten alljährlich Heu und Stroh zu kaufen pflegen, ermächtige ich Euer Hochwohlgeboren, in solchen Fällen ausnahmsweise die Einfuhr dieser Futtermittel in dem durch das wirtschaftliche Bedürfnis del betreffenden Landwirt- be» dingten Umfange noch nach dem Inkrafttreten des Einsuhrver- bots zu gestatten, sofern die Scuchenfteiheit de« HerkunftSbezirkS zweifellos ist. — DaS Reichsversicherungsamt hat den Vor» ständen der JnvaliditätS- und Altersversicherungs» anstalten die Ergebnisse der Rentenverteilung für das Jahr 1892 mitgetellt. Danach sind im genannten Jahre an Altersrenten 21,1 und an Invalidenrenten 1,» Millionen, zusammen 22,4 Millionen gezahlt worden. Auf Preußen kamen von den Altersrenten 14,«, von den Invalidenrenten 0,7 Millionen. Während im ganzen Reiche die Jnvalidenrrntenzahlungen K Proz der Rentenzahlungen üb rhaupt betrugen, machten sie in Preußen 5 Proz, in Boyern dagegen 10 Proz. aus Bei den als besondere Kasseneinrichiungen zugelassenen Knappfchafts- pensiontkaffen hat der Anteil der Invalidenrenten saft durchweg 'chon den Anteil der Alterdrinten überstiegen. Bei der Knapp- schaftrpensionSkasse für daS Königreich Sachsen betrug er 77 und bei der Saarbrücker Knappfchaflspensionskasse sogar 79 Proz. brr gesamten Rentenzahlung. Lon den Altersrentenzahlungen im ganzen Reime entfielen 8,4 Millionen auf das Reich, 12,7 Millionen auf dir Versicherungsanstalten, von den Invaliden renten 0,5 auf daS Reich und 0,8 aus die Versicherungsanstalten. In Prozent n de- Anteils der Versicherungsanstalten betrug der Anteil des Reichs bei dec Altersrente «6, bei der Invaliden rente 71. Sus den Kops der Bevölkerung des ganzen Reich- entfielen von din AlteiSrrntenzahlungen 42,6 Pf, von den Jnvalidenrentenzahlungen 2,7 Pfennige, zusammen 45,3 Ps. Ter Reichszuschuß bezifferte sich aus 18,1 Pf Für Pieußen stellte sich das Verhältnis aus 48,9 und 2,8, zusammen aus 51,7 Ps Auj den Kops der versiche ung^pflichtigen Be völkerung, allerdings nach der jetzt wohl wenig zutreffenden BcrusSstaiistik von 1882 gerechnet, entfielen von den Al ers- rentenzohlungen 186,7 Ps, von den Jnvalidenrentenzahlungen 12 0 Ps., zusammen 198,7 Pf. Für Preußen stellte sich das Verhältnis aus 2l1,ö und 12, l, zusammen 223,6 Pf. — In dem Entwürfe von Bestimmungen über die Regelung des Giftoerkehrs, wie er dem Bundesrate zur Beratung und Beschlußfassung unterbreitet ist, sollen dem Vernehmen der „B. P. N." nach sür den Großhandel mit Giften sowohl hinsichtlich der Aufbewahrung, als auch der Abgabe, Erleichterungen von den allgemeinen Vorschriften vorgesehen sein Zunächst soll für den Groß handel die Führung eines Glftbuches als entbehrlich er lassen werden, sofern die Giftstoffe nicht im Einzelverkehr unmittelbar an das Publikum zum Selbstgebrauch ab gegeben werden Ferner soll der Entwurf aus die Aus stellung von Giftscheinen bei Wiederverkäusern, technischen Gewerbetreibenden, sowie staatlichen Untersuchungs- oder Lehranstalten verzichten. Auch wird es bei der Abgabe von Giften an die bezeichneten Personen oder Anstalten nicht der sonst vorgeschriebenen genauen Signierung der Ad- gabegesähe bedürfen, sondern es wird jede Bezeichnung genügen, welche geeignet ist, eine Verwechselung auszuschließen. Auf die Apotheken sollen die Vorschriften über die Ab gabe von Giften insoweit keine Anwendung finden, als die Verabfolgung von Giften zu Heilzwecken stattfindet. Weiter jedoch richt. Man hat dieser Regelung die Be trachtung zu Grunde gelegt, daß die Fälle, in denen Gifte zu anderen als zu Heilzivecken in Apotheken ab gegeben werden, durchaus nicht selten sind. Man sagte sich, daß, wenn man die Apothekeninhaber künftig anders behandeln wollte, als die sonstigen mit dem Gisthandel sich befassenden Gewerbetreibenden, und etwa die Gift abgabe in den Apotheken vollständig sreigäbe, während sie außerhalb derselben an beschränkende Bedingungen geknüpft wäre, die Absicht des Entwurfs, die Abgabe von Gist an verdächtige Personen zu verhindern, großenteils wieder ver eitelt werden würde. Hamburg, 17. August. Bei der heute statt- gehadten Reichstagsersatzwahl erhielten: Laeisz (nat.-lib.) 8800, Naab (Antis.) 2285 und Molkcnbuhr (Soz.) 16 474 Stimmen; zersplitterte Stimmen 29, ungiftige 85. Molkenbuhr (Soz.) ist somit gewählt. * Wien, 17. August. Wie aus Ischl berichtet wird, wurde der ungarische Ministerpräsident vr. Wekerle vorgestern von Sr. Majestät dem Kaiser in einer mehrstündigen Audienz empfangen Ferner bitte Np W ke-le mit dem Minister des Äußeren, zog ich mich zurück, um diesen Wochenbericht ab zufassen. Für morgen ist eine Gebirgstagestour geplant. Sogar die Professorin und der Kanzlist gehen mit. Der Hauptmann kann fein vortreffliches Mittagsmahl nicht missen, und Tante Minchcn richtet sich nach ihm und ihrer phlegmatischen Schwester. Fräulein Lulu will auch zu Haufe bleiben. Tie jungen Mädchen und ich setzten ihr schon den ganzen Tag zu, um sie umzustimmen. Ich din überzeugt, sie wünscht mich ins Pfefferland, weil ich sie also in die Enge treibe. Ter Kanzlist opfert sein Nestchen Lunge, um in vornehmer Gesellschaft zu sein. Man mag dem armen Manne doch nicht sagen, daß er solche Touren nicht mehr verträgt. Die Cigarren sind aber nicht die rechten. Ich habe eine dunkle Ahnung, als hättest Du hierbei Dein sonst zu lobendes Sparsamkeitssystem in Anwendung gebracht. Dachtest sicher, „für die frische Luft sind sie gut." — Hier steht man im Zeichen der Heidelbeer kuchens. Die acht Würmer der Wirtin kenne ich nur noch schwarz tätowiert. Frisch, zum Kaffee, ist er nicht übel und eS verschwinden ansehnliche Pyramiden. Die kleinen Strauchdiebe leisten dabei ein Erkleckliches. Die kommen überhaupt ohne Debatte auf ihre Kosten hier. Die Pensionsmutter, eine Dame von vernünf tigen Ansichten, hält die Rangen ein bißchen im Zaume, daher Feindschaft bis aufs Messer zwischen ihr und der „Strauchin". Ich werde wohl bis zum Ende des Urlaube« hier auShaften. Ls ist bekömmlich, billig, und wenn nicht Regen auf da« Programm kommt, auch sehr hübsch. Schreib mal, was Ihr eigentlich getrieben? Mir Grasen Kalnoky, eine längere Besprechung. Gestern begab sich der ungarische Ministerpräsident nach Äusser und von dort nach Wien, woselbst er abends eintraf. Während der Anwesenheit de« Ministerpräsidenten vr. Wekerle in Ischl weilte dort auch Sektionschef v. Papay. — Die heutige „Wiener Zeitung" veröffentlicht eine Kundmachung de« Ministeriums des Innern, betreffend die Teilung de« politischen Amtsbezirk« Smichow und Errichtung einer neuen BezirkShauptmannschaft in Kladno in Böhmen Nach der Kaiser!. Ent schließung. auf welcher diese Änderung der admini strativen Einteilung Böhmens beruht, verbleiben die Gerichtsbezirke Smichow und KönigSsaal beim poli tischen Bezirke Smichow, während die Gerichtsbezirke Kladno und Unhost den politischen Bezirk Kladno zu bilden haben werden. — Auf die wiederholten An zapfungen der alttschechischen Blätter in betreff der Stellung deS feudalen Großgrundbesitze« zu dem Streite um die Prager Straßen- aufschriften antwortet im „Vaterland' die be kannte Feder, welche die in der Parteileitung deS Feudaladels vorherrschenden Anschauungen zum Aus drucke zu bringen pflegt, mit der Bemerkung, die Jung tschechen hätten mit ihrem Anträge auf ein sprachige tschechische Straßentafeln ein politische- Ei in der offenbaren Absicht gelegt, daß das selbe ein Agitationsmittel für ihre Parteizwecke ab geben und die alttschechische Mehrheit im Prager Rathause ins Gediänge führen solle, und eS zeige sich nun, daß es von den Alttschechen nicht politisch klug war, die Durchführung dieses Antrages zu über nehmen. Die Begründung der Statthaltereientscheidung lasse sich schwer entkräften. Im übrigen bestehe der vom böhmischen konservativen Großgrundbesitze fest gehaltene Grundsatz der Gleichberechtigung darin, „daß das historisch begründete und staatsgrundgesetzlich ge währleistete gleiche Recht beider Nationalitäten und ihrer Sprachen im ganzen La?de zur Durchführung gelange, und nicht darin, daß der diesem Rechts- prinzipe nicht entsprechende thatsächliche Zustand in einzelnen Gebieten des Landes auch auf andere Teile desselben und auf die den beiden Volksstämmen ge meinsame Hauptstadt des Landes übertragen werde." Paris, 16. August. Nach der „Autorite" soll sich der Präsident Carnot nächste Woche einer Operation unterziehen müssen, von welcher schon vor einigen Tagen die Rede war und die aus verschie denen Gründen immer hinausgeschoben worden sei. — Auf Vorschlag des Kriegsministers und durch ein Dekret vom l4. August ist der DivisionSgen-ral Billot, Mitglied deS obersten Kriegsrats und ehe maliger Chef des 18. Armeecorps während des 70er Krieges, in die l. Srktion des General stabs der Armee versetzt worden. Der „Eclair" bringt in heutiger Nummer sein Bildnis und bemerkt, daß Billot im Jahre 1828 im Departe ment La Correze geboren ist. Während des deutsch- französischen Krieges wurde er zum Divisions general ernannt und kommandierte die Loirearmee. Im Jahre 1871 wählte ihn sein heimatliches Departe ment als Deputierten, als welcher er seinen Sitz auf der republikanischen Linken emnahm. 1882 folgte er dem General Campenon als Kriegsminister; später wurde er zum Befehlshaber des I. Armeecorps und zum Großosfizier der Ehrenlegion ernannt. Er ist heute einer der 5 Inspektoren, welche im Kriegsfälle mit der Führung einer Armee betraut sind. — Dem „Temps" wird aus Mars-la-Tour geschrieben, daß der Jahrestag der gleichnamigen Schlacht diesmal wieder besonders festlich begangen worden ist. Mehr als 20000 Personen seien bei dieser Gelegenheit dort hin gezogen und aus allen Teilen Frankreichs seien Kränze zur Schmückung der Gräber der Gefallenen gesendet worden. Die Generäle Mouton und Dulac seien von Verdun herübergekommen mit der Musik des 1. Jägerregiments. Der Festlichkeit wohnten noch General Geslin, der ehemalige Oberst des 94. Regi ments bei, der am 16. August 1870 Sainte-Marie- aux Chimes in heldenmütiger Weise verteidigte, sowie zahlreiche andere Offiziere. Von den bei dieser Ge legenheit gehaltenen Reden sind diejenigen des Unter- präfekien Giraud und des Bischofs von Nancy die interessantesten gewesen. — 17. August. Der Minister des Auswärtigen, Level le, empfing gestern eine Abordnung der Pariser Journalistenvereine, um Aufklänrng über die von Millevoye im Prozeß Norton-Ducret wiedergegebene Anschuldigung zu geben, daß Pariser Zeitungen von fremden Möchten bezahlt würden. Develle erklärte die Wiedergabe seiner Worte für ungenau. Er habe schwant so, als ginget Ihr nicht aus dem Bau. Ist dem so, dann fürchte das Strafgericht Deines ge bietenden, Dich im Geist samt den Kindern herzlich umarmenden, treuen ManneS. Haindorf, den 16. Juli. . Liebster Hans! Bist Tu ein ungestümes Wesen, Hänschen! Be greife doch, daß ich in der Sommerfrische als regel rechte Luftschnapperin mich unmöglich mit allzu öfterem Schreiben kasteien darf! Großmama und Tante Lene wollen's absolut nicht. Tante las übrigens Deinen Brief und machte ein Gesicht wie ein hoher Gerichts hof. Sonst ist sie ja furchtbar nett; aber mit dem Doktor, das hat sie frappiert. Also Du denkst, dieser Mister Bindfaden würde mir gefährlich! Sei un- bessrgt. Wenn ich Witwe wäre und schulpflichtige Buben hätte, an denen er Probeprügelstudien machen könnte, — so sagt der Geheime — dann wäre eben falls Hoffnung, sein unschätzbares Wohlwollen zu gewinnen. (Fons, folgt.) Konzert. Das vorgestrige Symphonie-Konzert der Belvedere-Kapelle, welches in einer lobens wert gelingenden Vorführung der großen 6-6ur- Symphonie Fr. Schubert» gipfelte, brachte den zahl reichen Hörern auch einige Neuheiten, so eine Ouver türe 1813, 1814, 1815, die ein Jemand aufgefunden hat und die daS Programm als von Weberscher Ab kunft bezeichnete. Letztere Angabe wurde aber durch Form und Inhalt deS Tonstücke« nicht recht glaub» Haft gemacht, im besten Falle hat man e« hier mit einer Gelegenheitsarbeit deS Meister« zu thun, die niemals von einer Pariser Zeitung sagen wollen oder gesagt, daß dieselbe Geld vom Ausland annehme. Er habe nur von .^eeut» äv publieitL" (Anseratenagenten) und deren Beziehungen zu Pariser Blättern anläßlich gewisser fremder Anleihen sprechen wollen. „Lanterae" ist mit dieser Ehrenerklärung noch nicht zufrieden und verlangt, daß der Minister auch die im Finanzteil vom AuSlande beeinflußten Blätter nenne. — Lock» roys Gegner in seinem Wahlkreise erklären in einem Maueranschlag, er habe sie nicht empfangen wollen und ihnen nicht gestattet, ihre Finger in seine Wund male zu legen, folglich (!) sei der Anschlag eine Er findung zum Zweck der Wahlklapperei. — Floquet läßt bereits ankündigen, daß er, wenn er gewählt werde, Bewerber um den Kammervorsitz sei. — Eine Meldung de« „Figaro" auS Draguignan besagt, die Niederlage Clemenceau- im ersten Wahlgange sei gewiß. * Haag, 16. August. Die zweite Kammer, die in außerordentlicher Sommersitzuug drei Wochen mit allgemeinen Beratungen über den Wahlgesetzantrag beschäftigt war, beschloß heute mit 62 gegen 35 Stimmen, die inzwischen eingelaufenen zahlreichen Amendements erst in den Abteilungen zu prüfen. Ein Antrag, diese Prüfung am nächsten DienStag stattfinden zu lasten, wurde mit 53 gegen 42 Stim men verworfen und es wurde darauf beschlossen, die Prüfung erst im neuen Sitzungsjahre am 20. Sep tember anzufangen. Die Lösung dieser brennenden Frage ist dadurch wieder bedeutend verzögert. — AuS Amsterdam wird gemeldet: Bei einem heute abend hier abgehaltenen sozialistischen Meeting wnrde ein Antrag angenommen, in welchem die Haltung mehrerer Deputierter während der Debatten über die Wahlreform getadelt wird. Man beschloß, diese Re solution dem Deputierten Rutgers van Rozenburg zu über geben. Eine große Menschenmenge sammelte sich vor der Wohnung dieses Deputierten an. Als die Po lizei die Menge zerstreuen wollte, wurde sie mit Steinen geworfen. Hierauf zog die Polizei blank und es kam zu einem Handgemenge, wobei ein Brigadier, sowie mehrere Manifestanten verwundet und zwei Schutzleute entwaffnet wurden. * London, 17. August. Die gestrige Homerule- erörterung im Unterhause berührte sich inhaltlich mit einer Verhandlung, die vor dritthalb Monaten geführt worben ist. Am 2. Juni beriet daS Unter haus über einen Zusatzantrag deS liberalen Unionisten Byrne zur Klausel 3, demzufolge der irischen Gesetz gebung die Befugnis entzogen werden sollte, Gesetze über Waffentragen, bewaffnete Verbindungen und Waffenübungen zu erlassen. Byrne dachte bei seinem Anträge, ohne es auszusprechen, vor allem an Ulster, wo damals die Vorbereitungen zu bewaff netem Widerstande gegen Homerule gerade in vollen Fluß geraten waren. Aber auch die Regierung und ihre Partei dachten sofort an Ulster. Namens des Kabinetts bekämpfte Morley den Antrag, sagte aber gleichzeitig zu, die irische Regierung und Gesetzgebung würden verhindert werden, Gesetze über das Tragen und Benutzen von Waffen zu militärischen Zwecken oder über die Bildung bewaffneter Verbindungen für militärische Zwecke zu erlassen. Der Ire Sexton nahm, geradezu auf Ulster hinweisend, für die irische Legislatur das Recht in Anspruch, Gesetz und Ord nung aufrecht zu erhalten. Gladstones Scharfsinn gelang es, die von Byrne ganz allgemein aufgewor fene Frage in einer dem Rerchsinteresse angemesse nen Weise einzugrenzen und dadurch ihres shwie- rigen Charakters zu entkleiden; er erklärte, die irische gesetzgebende Gewalt müsse in die Möglichkeit versetzt werden, Ruhe uud Ordnung im Lande zu er- halten, doch wolle er die Klausel dahin ergänzen, daß der irischen Legislatur das Liecht voreuthaften werde, über die Bildung gewissermaßen militärischer Anstalten Bestimmungen zu treffen. Daraufhin wurde der An trag Byrnes verworfen, ebenso ein solcher des Obersten Lockwood, welcher der irischen Vertretung die Befugnis entziehen wollte, Gesetze über Erzeugung und Verkauf von Waffen, Schießbedarf und Sprengstoffen zu be schließen. Der glückliche Schachzug Gladstones hatte der Opposition die Möglichkeit benommen, zu klagen, daß der irischen Legislatur ein leicht zu mißbrauchen des Übermaß von Befugnissen in gewissermaßen mili tärischen Dingen eingeräuml worden sei, aber er hatte auch eine Lücke in der Gesetzgebung gelassen. Diese ist durch den gestern eingebrachten und vom Hause genehmigten Zusatzantrag Morleys zur Klausel 1Ü ausgefüllt worden, der das Tragen und den Gebrauch von Waffen für militärische Zwecke und die Bildung man mit Unrecht jetzt an die Öffentlichkeit zog. An genehmer berührte eine andere Novität, zwei elegische Melodien von Grieg, Stücke von feiner inniger Ton sprache, welche das Streichquartett wirksam vortrug, und auch Bellmanns liebenswürdige schwedische Volks lieder erregten das lebhafte Gefallen des Publikums. Eine Suite in v-clur von Franz Kretschmer, die schon in den Gewerbehauskonzcrten einige Male sge- spielt worden ist, empfiehlt sich durch tüchtige musi kalische Faktur bei allerdings noch unsetbständig schwankender Erfindung. DaS Scherzd aus Mendels- sohnS „SommernachtStraum" und Beethoven« Fidelio- Ouverture, deren Ausführung die ganze Leistungs fähigkeit des Orchesters klarlegte, waren weitere Gaben deS trefflich gestellten Programme. * Sonnabendvesper in der Kreuzkirche, nachmittags 2 Uhr: 1) Sonate (ä-üur) für Orgel von F. Mendelssohn-Bartholdy; 2) „O du, der du die Liebe bist", Chorgesavg von Nie!« W. Gade; 3) „Veigiß mein nicht, mein allerliebster Gott", geistliches Lied für Tenor von Joh. Seb. Bach, gesungen von Hrn. Or Rich. Müller; 4) „Ich will dich lieben, meine Krone", sechtstimmige Motette von Peter Cor neliu-; 5) „Wenn alle untreu wrrden", geistliches Lied für Tenor von Jos. Rheinberger, gesungen von Hrn. 0r. Rich. Müller. P Einer der berühmtesten französischen Ärzte und Universitätslehrer der Gegenwart, Professor Jean Martin Charcot, ist vorgestern in Morvan, De partement Nievre, wo er Sommeraufenthalt ge nommen hafte, gestorben. Alt Nervenarzt besaß er einen internationalen Ruf, und wie Kranke von Vereinen zum Einüben de« Waffengebrauch- für- die gleichen Zwecke untersagt. Wenn demnach später hin einmal die Entwaffnung Ulster» durchgesührt werden wird, dann wird die- nicht ein „Gewaltakt der Dubliner Regierung" sein, sondern lediglich in Aus führung eine- unmittelbar vom Reichsparlament be schlossenen Gesetzes geschehen. Konstantinopel, 14. August. Der „P. C." wird von hier geschrieben: Der leise Wellenschlag, den die Anwesenheit de« Khedive am Bosporus verursachte, hat sich gelegt. Die Nachklänge, die da« Ereignis in Kairo weckte, bestätigen im allgemeinen da- Urteil, welches man sich in den hiesigen unterrichteten Kreisen über daS Ergebnis der Reise gebildet hat. Eine eng lische, von Kairo stammende Nachricht bedarf aber doch einer gewissen Richtigstellung, nämlich die Kairener Nachricht der „Times", nach welcher der Sultan dem Khedive erklärt haben soll, die Beziehungen England» zu Ägypten gingen nur ihn (Abdul Hamid) und nicht Abba» Pascha an. Der Form nach ist diese Meldung ganz unzutreffend. Eine solche offene Sprache ist im Oriente nicht üblich; eine derartige entschiedene Zurück weisung de« Khedive würde aller Voraussicht nach ge rade das Gegenteil von dem bewirkt haben, was von türkischer Seite angestrebt wurde, nämlich AbbaS Pascha zu gewinnen, zu beruhigen und seine ehrgeizigen Be strebungen, welche den friedlichen Kurs der türkischen Politik leicht stören könnten, zu zügeln. Der englische Berichterstatter an den Ufern deS Nils hat eben seine Meldung den englischen Wünschen angepaßt, denen eS gegenwärtig entspricht, die Oberhoheit de- Su'tans über Aegypten mehr hervorzuheben al« zu Zeiten des leichter lenkbaren Tewfik Pascha . .. Bemerkenswert ist ferner, daß rasch nacheinander Gerüchte auftauchcn bezüglich der Abberufung derjenigen diplomatischen Persönlichkeiten, die England und die Pforte an den Ufern deS Nils bez. am BoSporu« und an der Themse vertreten. Man scheint eben beiderseits die Schuld an der jetzigen Lage in Ägypten den betreffenden Personen aufbürden zu wollen DaS zuerst auf getauchte Gerücht über die Abberufung Ghazi Muktar Paschas ist aber mit seiner Abreise nach Ägypten ver stummt, und dem Gerücht über die Ablösung Lord Cromers ist dieser Tage auch englischerseits offiziös widersprochen worden, und zwar in der „Cgyplian Gazette". — In der letzten Zeit ging auch am Bos porus das Gerücht von der Abberufung des türkischen Botschafters in London, Rustem Pascha, und viel fach wird al« sein Nachfolger der gegenwärtige Fürst von Samos, Karatheodori Pascha, der einige Wochen hier weilte, genannt. Das Gerücht dürfte vielleicht auch in die ausländische Presse Eingang finden und es ist daher angezeigt, demselben im vor hinein entgegenzutreten. Man hat englischerseits schon früher einmal erklärt, daß man mit Rustem Pascha gern verk-hre, d. h. also, ihn gern auf seinem Posten sehe und wie sehr die Pforte solche Wünsche zu be- rücksichtigen pflegt, ist bekannt. So ließ man z. B. Musurus Pascha, den Vorgänger Rustem«, deshalb so viele Jahre auf seinem Londoner Posten, da eS eng- lischcrseits wiederholt gewünscht wurde. Bezüglich Karatheodori Paschas, der übrigens bereit» nach Samo- zurückgekehrt ist wäre noch zu bemerken, daß derselbe am Bosporus keineswegs als eine persona grata gilt. Ernennungen, Versetzungen ?c. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche deS evangelisch-lutherischen LanveskonsistortumS sind oder werden demnächst sa gende Stellen erledigt: Da- Psarramt zu Beilsdorf (Llnuen) — »lasse IV —. kollalor: Philip Lee v Nauendorfs aus BeilSdois und Schwand, König! Sächjiichcr Lammerherr uns Haup.mann v. d A.; das Psarramr zu Schlunzeg Glauchau) — Klasse Ul —. Kollatvi: Se. Erlaucht El-mens Bias v Schönburg Hinteiglauchau; das Pfarramt zu Jah irdorf mit Meinersdorf (Stollberg) - Klasse VIl —. Kvllator: da» evangelisch-lutherische LandeLkonsislortum. Dagegen wurden an gestellt bez. befördert: Alexander Otto v. Molch, Pfarrer in Vrrnstadl als Pfarrer in Markran städt mit Laufen (Leipzig II.); 'totifciedJohanne« Hildebrand, Pcedigtamtsrandrdat, als Hufsge.sUicher in Oelsniy ^Stollberg). Dresdner Nachrichten vom 18. August. * Se Durchlaucht der Erbprinz Ferdinand Zdenko v Lobkowitz ist nebst Gemahlin, Fannie und Diener schaft hier emgetroffen und hat in Senvig« Hotel „Euro päischer Hof" Wohnung genommen. r Am 17. August abends 7 Uhr nahmen die Stadt verordneten in ihrer 25. öffentlichen Sitzung ihre Thätigkeit nach den Sommerferien wieder aus. Den Vor sitz führte der Strdnerordn'tennorsteber -He G»b .fwsrat aus aller Herren Lanoer feli.e Sprechstunde uuf- suchten, so verfehlten auch die fremdländischen Ärzte, welche zur Velrollständigung ihrer Studien nach Paris kamen, es nicht, seine Klinik und seine Vor lesungen eine Zeit lang zu besuchen. Charcot war am 29. November 1825 in Paris geboren, promo vierte 1853 und wurde 1860 krokesseur an der dortigen Universität. Zwei Jahre darauf wurde er Arzt an der Sa'p<ftriere, die er durch seine Vor lesungen zu neuer Berühmtheit brachte, und 1873 Professor der patholog schen Anatomie an der medi zinischen Fakultät zu Paris; 1882 erhielt er endlich den für ihn errichteten Lehrstuhl sür Klinik der Nervenkrankheiten. Tie wesentlichen Verdienste Char- cots liegen in erster Linie auf dem Gebiete der patho logischen Anatomie de» Nervensystems. Die Wissen schaft verdankt ihm für eine Reihe von Nervenkrank- heilen, z. B. der multiplen Sklerose, der Seitenftrang- sklerose, die genauere Kenntnis der anatomischen Grundlage. Ebenso hat Charcot die Diagnostik der Nervenkrankheiten vielfach gefördert und erweitert. In neuerer Zeit, wo er sich dem Studium der Hysterie eifrig widmete, zeigte er, daß eS sich bei ihr keineswegs immer, wie man wohl früher annahm, um ein wirres Durcheinander von Symptomen handelt; er wie- nach, daß man hier ebenso wie bei organischen Krankheiten oft ganz festgeschlossene KrankheitSbilder antrifft. Von CharcotS sonstigen zahlreichen Arbeiten seien noch seine Untersuchungen über die Krankheiten de« Greisenalters und über den Hypnotismus er wähnt; namentlich der HypnotiSmu« hat ihm seine wissenschaftliche Begründung und Anerkennung zu ver danken.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)