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Wien, 25. Juli. Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph ist heute früh au« Ischl eingetroffen und hat mittag- der Witwe de- Reichtkrieg-minister- Frhrn. v. Bauer einen Kondolenzbesuch abgestattet. Abend- gedenkt Se. Majestät der Kaiser nach Ischl zurückzukehren. — Se. Majestät der Kaiser hat, wie die „Wiener Zeitung" bekanntgiedt, mit Allerhöchster Entschließung vom 21. Juli d. I. dem ordentlichen Professor der Physiologie an der deutschen Universität in Prag vr. Ewald Hering den Titel einer Hof« rater zu verleihen geruht. I)r. Hering, dessen Arbeiten auf dem Gebiete der Physiologie in medizinifchen Kreisen einen bedeutenden Ruf genießen, ist geborener Sachse, habilitierte sich 1862 als Privatdozent an der Universität Leipzig, erhielt 1865 einen Ruf als Pro fessor an die Universität Wien, und wirkt seit dem Jahre 1870 an der deutschen Universität in Prag. In dieser Stellung ist 0r. Hering durch fein taktvolles und zielbewußte» Auftreten in den tschechischen Streitig« leiten, welche sich gerade zu der Zeit, als der Gedachte das Amt eines reotor waxniücus bekleidete, besonders heftig gestalteten, auch in weiteren Kreisen rühmlichst bekannt geworden. Paris, 24. Juli. Im Lager von Chülon» beginnen heute die großen Artilleriemanöver unter dem Befehl des Generals Ducas de Lahitte. E» beteiligen sich an ihnen 4 Artillerieregimenter, das 8. und 25., die von Nancy, Toul und ChLlonS kommen und daS 30. und 32., die der Garnison von Orleans angehören, ferner 12 detachierte Batterien, welche die Artillerie der 39. und der 40. Infanteriedivision bilden, sowie 6 berittene Batterien aus Lun^ville und Stenay. Die meisten Mitglieder des Artilleriekomitees nebst 40 höheren Artillerieoffizieren und einer Anzahl von Offizieren aller Waffengattungen werden diesen Übungen beiwohnen. — Zwei Compagnien der Fremden legion sind unter dem Befehl deS Bataillonschefs Tournier von Algier nach Siam unterwegs. Die 4 Bataillone dieser Legion, die sich in Tonkin auf halten, liefern ihrerseits 2 Compagnien, welche sich in Saigon mit den erstgenannten vereinigen und mit ihnen ein vollständiges Bataillon für die Ope rationen am Mekong bilden werden. Bei dieser Ge legenheit scheinen einige Bemerkungen über die in Frankreich dienenden fremden Soldaten an gezeigt. Das Ausland war in der französischen Armee immer stark vertreten. Vor der Revolution von 1789 sonderte man die fremden Regimenter nach ihrer Nationalität. Es gab ihrer 24 in der In fanterie, worunter 8 deutsche, 12 schweizerische, 1 bel gisches, l englisches, 1 schwedisches, 1 italienisches. Bei der Verabschiedung der schweizerischen Regimenter im Jahre 1792 wurden sie mit den französischen Truppen verschmolzen, erhielten unter Napoleon ihren früheren Charakter wieder und verschwanden abermals in der Restaurationsepoche. Seit 1815 giebt es nur eine Fremdenlegion ohne Unterscheidung der Herkunft ihrer Mitglieder. Gegenwärtig bildet dieselbe 2 Re gimenter von je 5 Bataillonen. Von diesen 10 Batail lonen befinden sich, wie gesagt, 2 in Tonkin, ein an deres hat an der Expeditton in Dahomey teil genommen; cin halbes Bataillon geht nach Siam: der Rest ist in Algerien, besonders in der Division von Oran, zerstreut. Die gesamte Effektivstärke der Legion ;eht über 10000 Mann hinaus, wonach das Bataillon ederzeit 1000 und die Compagnie 250 Mann um- 'aßt. Alljährlich melden sich 2500 bis 3000 Frei willige, die für 5 Jahre angeworben werden. Ein Teil dieser Freiwilligen besteht aus Elsässern und Lothringern, die sich der Heerespflicht in Deutschland kntziehen, der andere zumeist aus Deserteuren ver schiedener Länder. Einem jüngst angenommenen Ge setze zufolge soll die Fremdenlegion eine Reserve der künftigen Kolonialarmee bilden, in welcher der Marine minister eine Verstärkung für außergewöhnliche Expe ditionen zu schaffen hat, wie es schon für Tonkin, Dahomey u. s. w. geschehen ist * Pari-, 25. Juli. Die französische Regierung hat den Mächten die Absicht kundgegeben, die Küsten von Siam in Blockadezustand zu versetzen, ohne daß hierdurch andere Maßregeln ausgeschlossen würden, die möglicherweise getroffen werden müßten, um Frank reich die Bürgschaften zu sichern, auf welche es ein Recht habe. Hervorgehoben werden kann, daß die Blockade der siamesischen Küste thatsächlich nicht so sehr Siam wie England treffen würde, dessen Handel in jenen Gebieten beeinträchtigt werden müßte, während die Siamesen, die von ihrem hauptsächlichen Nahrungs mittel, Reis, im Lande selbst die umfangreichsten Vor räte besitzen, nicht allzu schwer betroffen würden. Es wird sich zeigen, ob die Engländer diese Handels» intereffen für so bedeutsam erachten, daß sie in Bangkok im Sinne der Nachgiebigkeit gegenüber dem fran« Mischen Ultimatum wirken. Da die Ablehnung dieses UlttmatumS sich insbesondere auf die Forderung be zieht, das Gebiet am linken Ufer de» Mekong über den 18. Breitengrad hinaus abzutreten, so würden die Engländer sich vor die Alternative gestellt sehen, ent weder die Nachbarschaft der Franzosen an der birma nischen Grenze über sich ergehen zu lassen, oder Einbuße an ihren Handelsinleressen zu erleiden. Kommt e» zur Blockade der siamesischen Küste, so entsteht zunächst die Frage, ob sie gemäß den Bestimmungen der Pariser Kon gresses durch eine gcnützende Streitmacht aufrechterhallen werden könnte, um wirksam daS Anlegen an der sia mesischen Küste zu untersagen. Die gegenwärtig im Hafen von Bangkok liegenden Kanonenboote in Ge meinschaft mit den vor der Barre ankernden franzö sischen Kriegsschiffen wären aber, so schreibt die „Nat.» Ztg." wohl ausreichend, die Blockade effektiv zu machen. Die französische Regierung verhehlt sich allerdings nicht, daß Siam selbst auf diese Weise nicht zur Nach giebigkeit veranlaßt werden könnte. Deshalb ist so gleich betont worden, daß andere Maßregeln nicht ausgeschlossen wären. Dies bezieht sich wohl im wesentlichen auf daS weitere Vorgehen am linken Ufer des Mekong. Da könnten sich die Verhältnisse aber leicht noch mißlicher gestalten, als seinerzeit in Ton- king. Frankreich würde sich überdies nicht bloß Siam gegenüber befinden, sondern müßte auch mit den Em pfindlichkeiten Chinas und der Engländer rechnen. Ob Frankreich bereit ist, eine so weit auSschauende Expedition, die zahlreiche Opfer an Menschen und Geld beanspruchen würde, zu unternehmen, bleibt ab zuwarten. Wenn der französische Minister deS Aus wärtigen, Develle, in der Kammer eine sehr energische Sprache sührte, so konnten auch Rücksichten auf die innere französische Politik mitgewirkt haben. Würde es doch andernfalls nicht anStimmen fehlen,die wieder aufCon- stans als den kommenden Mann hingewiesen hätten, der als vortrefflicher praktischer Kenner von Indochina die siame sische Angelegenheit sicherer und fester anfassen würde, als die gegenwärtigen Machthaber. Auch die bevor stehenden französischen Wahlen müssen von der Regier ung des Hrn. Carnot ins Auge gefaßt werden, wenn jetzt Entschließungen zu treffen sind, deren Tragweite bisher nicht abgesehen werden kann. — Nach einer Meldung deS „Temps" ist Admiral Humann heute morgen mit den Kriegsschiffen „Triomphante", „Vipere" und „Alouette" sowie einigen Torpedo booten von Saigon nach Siam in See gegangen. Wie andere Blätter des weiteren melden, wird General Humann, welcher morgen abend in den siamesischen Gewässern eintrifft, wahrscheinlich die Insel Kohsitschang besetzen. — Der siamesische Gesandte in Paris soll sich zur Abreise rüsten und sich voraussichtlich nach London begeben. — Wie aus Saigon gemeldet wird, ist der Hauptmann Thoreux, welcher cm Mai von den Siamesen gefangen genommen war, wieder aufgefunden und nach Pnompeuh zurückgeführt worden. — In Honfleur haben in der Dynamitfabrik Albon vier aufeinanderfolgende Explosionen stattgefunden, durch welche neun Personen getötet und zwanzig, größtenteils schwer, verwundet worden sind. Die Fabrik wurde gänzlich zerstört. London, 25. Juli. Der letzte große Sturm der Unterhausopposition gegen die Homerulevorlage ist siegreich abgeschlagen, die heiß bestrittene Finanz klausel, deren Erörterung am Freitag begonnen hatte, ist heute nacht mit der unverhofft großen Mehrheit von 226 gegen 19 l Stimmen angenommen worden. Damit ist das Schicksal der ganzen Vorlage, soweit das Unterhaus in Betracht kommt, gesichert. Über den Verlauf der denkwürdigen gestrigen Sitzung deS Unterhauses berichtet die „Voss. Ztg." folgendes: ES wurde die Erörterung der neuen Finanzklauscl der Homerulevorlage fortgesetzt. Schatzkanzler Harcourt verteidigte die Vorschläge der Regierung in einer längeren Rede, in deren Verlauf er die vielfach ge rügte Geringfügigkeit der Beisteuer Irlands zu den Reichslasten den übertriebenen verschwenderischen Aus gaben zuschrieb, die Irland durch die Zwangsherrschaft der unionistischen Regierungen auferlegt wurden. Die versöhnliche Politik, welche die gegenwärtige Regierung Irland gegenüber einschlage, sei nicht allein politisch weise, sondern auch finanziell gesund. Goschen folgte mit einer langen Entgegnung. Er behauptete, Ir land sollte mindestens ein Achtzehntel oder ein Zwan zigstel seiner Einkünfte zu den Reichslasten beisteuern, während es nach d<m neuen Finanzplane nur ein Vierzigstel beisteuere. Um Mitternacht wurde zur Abstimmung geschritten und die Klausel mit 226 gegen 191 Stimmen in zweiter Lesung angenommen. — Begreiflicherweise wendet sich die öffentliche Aufmerk samkeit in demselben Maße, in dem die Ausschuß verhandlungen de» Unterhauses über Homerule an Interesse und Tragweite verlieren, der nächsten Jnstanz zu, vor der Gladstone sein Befreiungswerk für Irland z« vertreten haben wird, dem Oberhause. Die Ablehnung der Vorlage durch die Lords kann kaum einem Zweifel unterliegen. Daß Gladstone durchaus nicht gewillt ist, alsbald nach dem ablehnenden Beschlusse deS Ober hauses daS Land anzurufen, ist ihm von unionistischer Seite als Feigheit gedeutet worden. Er wird der Opposition aber beweisen, daß diese Deutung voll ständig verfehlt ist. Den GOallen freilich wird er ihr wohl nicht thun, die Wählerschaften anzurufen, ohne vorher seine Reformzusagen wenigstens teilweise eingelöst zu haben. Allein hierzu genügen wenige Mo nate, vielleicht nur Wochen, und dann wird eS an der Zeit sein, die wahre Meinung deS Landes über die Homerule vorlage zu erforschen und die Nation zu befragen, ob sie ihren Willen und ihre Überzeugungen den Vorurteilen der Lords unterzuordnen gesonnen ist. Die von Gladstone beabsichtigte Taktik kennzeichnet die nach stehende Meldung der „Times". Dem genannten Blatte zufolge verlautet in gutunterrichteten politischen Kreisen, die Regierung beschäftige sich mit einem Plane, dessen Durchführung die Krisis rascher, als bisher erwartet worden ist, zum Ausbruche bringen würde. Darnach soll, wenn das Oberhaus die Homerulevorlage verwirft, der erste Teil der Tagung von 1894 dem Newcastler Programm gewidmet, als dann die Homerulevorlage neuerdings im Oberhause eingebracht werden und nach ihrer etwaigen nochmaligen Verwerfung sofort die Anrufung deS Landes erfolgen. — über die siamesische Angelegenheit schreiben die „Time-" folgendes: »Wir bedauern zu erfahren, daß man die siamesische Ant wort in Pari- als die Ablcdnung einer Genugthuung ansieht. Sogar ein Blatt wie der .TrmpS', dem man pet» Beziehungen zum Quai d'Orsay nachgerühmt ha«, weist den 18 PaeallelkreiS als Grenzlinie zurück, obwohl die sranki-anamitischen Truppen niemals darüber hinaus vorgerückt sind Es wird offen be hauptet, Laß Frankreich des linke Mekonguser bi- zum 23. Pa rallelkreis beansprucht Aber der Anspruch aus das zwischen dem 18. und dem 23. Grad nördlicter «ereile liegende Erbiet ist ein Mißbrauch der wohlbekannten Methoden deS annek tierenden Geographen. ... Die angedrohte Blockade Bangkoks ist nun zwar rn den Augen der sranzösischen Journalisten etwas Selbnoerstilndliches Aber thatsächlich würde die Handelssperre in jenem Hasen einerseits den regierenden Klassen keinen nen nenswerten Sch «den zusügen, andererseits jedoch einen wichtigen Zneig deS britischen Handels im sernen Osten, die SchiffahrtS- interessen in Singapore und in Hongkong zu Grunde richten und damit zugleich die Nahrungsmitlelvrrsorgung sür die unter bririscher Oberhoheit lebende Bevölkerung unmöglich machen. Wir vertrau n, daß Lord Roseberry Maßregeln gegen diese un mittelbar drohenden G-fayren ergreis n wird. Siam will Frankreich innerhalb der Grenzen deS praktisch Möglichen und des Vernünftigen volle Ernugthuung gewähren, und seine Weigerung, darüber hinaus an Frankreich territoriale Richte abzutreten, welche von letzterem zum ersten Mal in diesen Tagen geltend gemacht wurden, kann nicht zur Entschuldigung von Fernds.ligkerten dienen, die nur scheinbar gegen die Sia mesen, im Giunde aber gegen den Handel Englands und anderer mit Siam in Handelsbeziehungen stehender Länder ge richtet sind.' Belgrad, 24. Juli. Der parlamentarische Untersuchungsausschuß im Ministerprozesse hat unter dem Vorsitze des Rista Popowic seine Arbeiten im Gebäude des Staatsgymnosiums begonnen. Die angeklagten Minister sind sämtlich vorgeladen worden; es wurde ihnen mitgeteilt, daß die Skuptschina sie unter Anklage gestellt habe; sie wurden um Angabe ihrer Adressen ersucht und eS wurde ihnen zugleich bedeutet, daß sie sich zur Verfügung des Ausschusses zu halten haben und Belgrad für die Dauer der Untersuchung nicht ve> lassen dürfen. Zum Berichterstatter des Untersuchungsausschusses vor der Skuptschina, dcr zugleich auch als Ankläger vir dem Staatsgerichtshofe auftreten soll, ist Kosta Bori- savljewic, Präsident des Kreisgerichts in Milanovatz, gewählt worden. In der Sitzung der Skuptschina am 2. August wird der Bericht des Untersuchungsaus schusses als erster Gegenstand auf die Tagesordnung gestellt. Die Mitglieder des ehemaligen Ministeriums Avakumowic stehen unter polizeilicher Überwachung. Ernennungen, Versetzungen rr. im öffentlichen Dienste. Departement der Finanzen. Bei der fiskalischen Slraßenbauverwaltung ist der zeitheiige Aml-ftraßenmeineraspirant Franz Mox Trommer als Amt-ftraßenmeister (ohne besonderen Ticnstbe irk) in Zittau angeftellt worden. Dresdner Nachrichten vom 26. Juli. Au» dem Politeibericht«. Auf der Tiergarten» straße fiel gestern ein Arbeiter in einen 2 m tiefen Flut kanal und sog sicb einen Schlüsselbeinbruch zu. — In trunkenem Zustande lies gestern abend auf der Seestraße, nahe dem Altmarkt, ein Fleischer, ungeachtet de» War- nung«rufe» de» Kutscher», in eine Droschke hinein; er wurde umgerifsen, überfahren und am Knie leicht ge quetscht — In der Person eine» 40 Jahre alten Schau spieler», namen« Clemen», wurde gestern nachmittaa hier derjenige Mensch ermittelt, welcher in den letzten Tagen an zwei verschiedenen Stellen unter dem Vorgeben, er sei am hiesigen Residenztheater beschäftigt, sich eingemietet, gx- gessen und getrunken und nach einiger Zeit ohne Bezahlung und unter Mitnahme ihm nicht gehöriger Sachen wieder entfernt hatte. Wahrscheinlich hat der Verhaftete auch noch an anderen Orten unter gleichen oder ähnlichen Vor spiegelungen Betrügereien und Diebstähle verübt. In diesem Falle würde e« zweckmäßig sein, hierüber un gesäumt noch nachträglich Anzeige zu erstatten. — Gefunden wurde am 21. d. Mt« vom Tapezierer August Figulau auf der Residenzstraße eine goldene Brille mit Futteral, vom Cigarrenyandter Iuliu« Liebermann am 22. d. Mt» in seinem Verkaufsladen ein Geldtäschchen mit ungefähr 10 M., vom Schulknaben Richard Wehnert hier am 23. d. MtS. vor dem Leipziger Bahnhofe ein Geldtäschchen mit ungefähr s M, vom Unteroffizier Riegel hier am 10 d. Mt» auf der Großenhainer Straße eine silberne Damenremontoiruhr mit silberner Kette samt Anhang, am 23. d Mt». vom Schneiderlehrling Carl Bartak auf einem Felde in Vorstadt Strehlen in einer Kornpuppe versteckt ein Sack Rosinen, welcher ziveifello» von einem Diebstahle herrühren dürfte, am 24. d. Mt». von der Kehrfrau Johanne Müller hier in einem Hause auf der CirkuSstraße eine golvene Ankeruhr mit goldener Kette samt Anhang, am 23. d. MtS vom Vorarbeiter Gustav Kluge im Königl. Großen Garten in der Nähe des Pavillons 6 ein roter, großer eiserner Handschuh — Handwerkszeichen — mit eisernem Haken, welcher jeden falls von einem Verkaufsladen herabgerissen worden ist, und am 24. d. MtS. auf der Pragerstraße vom Schuh machermeister Constantin Liebich eine silberne Cylinderuhr. * Am gestrigen ersten Verhandiungstag der Dele- legierten des Allgemeinen Deutschen Musiker- verbandeS wurde noch gemäß mehrerer zu ßlOdesVer» bandSstatutS (Verdand-organ betreffend) eingebrachter An träge aus Berlin, Freiburg, Hamburg und Hannover beschlossen: daß die Geschäftsführung des VerbandSorgans au« dem Präsidenten als Herausgeber, dem Redakteur und 5 Kommission-Mitgliedern, sonach aus 7 Herren zu be stehen habe und daß eine Suspendierung des Redakteur« nur unter Zustimmung der Kommission und des Zentral - auSschusses stattfinden könne; daß zu bestimmten, näher bezeichneten Musikergesuchsinseraten die Genehmigung des Lokaloolstandes einzuholen ist, daß bei derartigen Gesuchen auf Angabe deS Orte» zu dringen ist und daß Chiffre gesuche keine Aufnahme finden; daß der Zeilenpreis von 15 Pf. nur denjenigen Verbandsmitgliedern gewährt wird, welche ihren Beitragsverpflichtungen bis 31. November jeden Jahres nachgekommen sind und daß der Verbandekassierer die Restantenliste der ZeitunaSexpeditron am 15. Januar zu liefern habe. Dec hierauf vom Rendanten Königsberg- Berlin erstattete Kaffenbericht des Zentralstellenvrrmittelungs- bureaus fand einstimmige Genehmigung Einnahmen und Ausgaben, letztere unter Einrechnung des Kassenbestandes von 202 M , balanzieren am 30. Juni 18S3 mit 1635 M. Ter Schluß der ersten Verhandlung erfolgte nach 2 Uhr. Nachmittags unternahm man einen Aus flug mittelst Dampfschiffs nach Loschwitz und Blasewitz. Abends von 10 bis 1 Uhr wurde ein Kommers im großen Saale der Tonhalle abgehalten. Den ersten Trink spruch auf die Pflege des deutschen Patriotismus, auf Ihre Majestäten den Kaiser und den König und auf das deutsche Vaterland brachte Hr. Bellmann, der Vorstand des Dresdner Allgemeinen Musikervereins, aus. Im Verlaufe des Abends g lanzten verschiedene vortreffliche Chor- und Einzelvorträge zu Gehör. — Die heutigen Verhandlungen nahmen vormittag« 4 9 Uhr im großen Saale der Ton halle ihren Anfang. Nach kurzer Debatte erhob der Delegiertentag einen Antrag des Verbandspräsidiums (TayeSordnungSpunkt 7) zum Beschluß, nach welchem, im Anschluß an 8 25 des Statuts, die Machtbefugnisse de« Präsidenten genauer festgcstellt werden. Ein vom Lokal verein Freiburg eingebrachter Antrag (Punkt 8) betreffend Abänderung des Statutenparagraphen 8 wurde abgelehnt. Dem als Tagesordnungspunkt 9 eingebrachten Antrag des Lokalvereins Kiel, die Verbanvsleitung zu verpflichtenden Paragraphen des revidierten Statuts vom Jahre 1891 Folge zu leisten, namentlich mit Beziehung auf einen ge gebenen Fall (Ausschlußantrag), folgte eine längere Debatte, deren Ergebnis in dem Beschluß gipfelte: „Das Präsidium zu beauftragen, strikte nach Maßgabe des 8 18 zu handeln." Der folgende Antrag des Lokalvereins Breslau: „das Präsidium zu beauftragen, an zuständiger Stelle dahin zu wirken, daß die Musiker als Gewerbsgehilfen anerkannt und somit den Musikerlehrlingen die Vorteile des Gesetzes zum Schutze jugendlicher Arbeiter zu teil werden", sand Annahme. Punkt 11 umfaßte einen mann. Sie können Vie Niederlage nicht vergessen, die sie vor einigen Jahren dem Rate gegenüber er litten haben " „Weshalb schreitet der Rat dann aber nicht ein und läßt die Rädelsführer dingfest machen?" „Werl er sicher ist, der Sache ebenso Herr zu werden wie früher, wenn es einmal wieder zu Un ruhen kommen sollte. Außerdem sind die Ämter nie mals einig. Strenge zur Unzeit aber könnte diese Einigkeit herbeiführen. Und eigentliche Rädelsführer giebt es wohl nicht. Wenigstens weiß man nichts von ihnen." (Fortsetzung folgt.) Residenzthratcr. Die Vorführungen des Suder- mannschen Schauspiels „Die Ehre" haben alle die ebhafte, in gutem Besuch und sehr freundlichem Bei- all sich ausdrückende Teilnahme dcs Publikums gr ünden. Dieser Erfolg entspricht auch vollkommen >em sür die Wiedergabe des Stückes aufgewandten Fleiß und Eifer sämtlicher Mitwirkenden, dem durch ein rund eingespieltes Ensemble wie durch manche tüchtige Einzelleistungen sich recht günstig darbietenden Gesamteindruck der Darstellung. Wir haben schon bemerkt, in wie glücklicher Art Hr. Vorwerk die romantisch anziehende Rolle des gräflichen Kaufherrn mit vornehmer Haltung, mit geistig pointierter Be handlung der Rede und auch mit der sehr willkommenen und notwendigen Zugabe von Humor und Satire zu gestalten weiß, obgleich er diese» Niveau de» Gelingens in den letzten Akten bei dcr matteren Zeichnung der Figur etwa» sinken läßt. Auch die sympathische Leonore des Frl. Marg. Frey wurde bereit» mit LZ» erwähnt. In dem Ehepaar Heinecke dominiert wie im Schauspiel so auch in der Darstellung die Frau (Martha König). Den Robert giebt Hr. Carl Sauermann recht achtbar, aber ermüdend durch das Einerlei des pathetischen RedetonS und nicht in allen mimischen und pantomimischen Bewegungen gleich ansprechend und ausdrucksvoll. Frl. Selden (Alina) ist sehr eifrig bei ihrer Auf gabe, aber sie ist außer stände, die dramatisch nicht günstigen Intentionen des VerfafferS ein wenig zu korrigieren und einen Teil des Interesses, das sich jetzt ausschließlich dem Bruder zuwendet, auch für dessen Schwester zu gewinnen. Recht gcwandt zeigte sich Hr. Pauly in der Partie des Kommerzienrates, dessen liederlichen Sohn unS Hr. Remde ziemlich farblos vorführte. -v- „Kuriosa au» der Neuen Welt." ill. In drei Aussätzen seines anregung-vollen Buches streift Hr. v. Hesse - Wartegg auch daS Gebiet politischer und staatlicher Einrichtungen und Zustände in Amerika An eine Schilderung des „Weißen Hauses" in Washington und der Haushaltung des jeweiligen Präsidenten in dem selben knüpft er ausführliche Bemerkungen über die soziale Stellung und die gesellschaftlichen Pflichten wie über die tägliche Berufsarbeit de« ersten Beamten der nordamerika- mschen Republik, dessen Ehrenposten er keineswegs be neidenswert findet. Schon die Wohnung de» Präsidenten hat nicht den Beifall unsere» Autor» Da« „Weiße HauS" ,st unbequem, zugig, verbaut, ganz wie die Pariser Tuilerien. Den Empfangträumen de» unteren Stockwerkes fehlt e« nicht ar Eleganz, aber desto unbehaglicher find die Wohnräume de« oberen Stockwerke», eingeengt durch die Bureaux, die Mmisterzimmer unv da- Arbetts- kabinett des Präsidenten mit seinem großen, die Mitte des Raumes einnehmenden Tisch und daneben gerade hin reichendem Raum, um ein paar Besuchern Stühle anbieten zu können. Im Winter sind diese Gemäßer nur schlecht heizbar, im Sommer brennt die südliche Sonne mit erdrückender Hitze auf das nach allen Seiten freistehende Gebäude herab, und ist sie untergegangen, so entsteigen den sumpfigen Niederungen an beiden Seiten deS Potomac- fluffeS schlimme fieberbringende Miasmen, denen sich die Präsidenten durch gänzliches Verlaffen der Hauptstadt während der Sommermonate entziehen. Kein Gebäude Washingtons ist in dieser Hinsicht so ungünstig gelegen wie „White House" . . . Dis Haushaltung de« Präsi denten war in früheren Zeiten viel einfacher als gegen wärtig. Jetzt herrscht größere Eleganz, Luxus, ja es hat sich geradezu eine Art Hofstaat entwickelt, der jenem des sranzösischen Präsidenten im Elysöe nahekommt Bereits bei dem öffentlichen Akt des Präfidentenwechsels wird der erste Repräsentant der Nation von den Behörden und vom Volke selbst mit einem Pomp und Zeremoniell umgeben, die schlecht zu den gerne hervorgekehrtcn amerikanischen Sitten paffen. Der Präsident selbst, wie z B. Cleveland, mag für seine Person der größten Einfachheit huldigen — der Pomp wird vom Volke zur Zeit nach Thunlichkeit ge fördert, ja eS giebt eine große Anzahl Menschen, die aus allen Teilen der Vereinigten Staaten mit jedem Winter nach Washington kommen, um sich im Glanze de» revubli- kanrfchen Hofe» zu sonnen, die Empfänge bei dem Präsi denten, den Ministern und Senatoren mitzumachen und vielleicht auch den SoüSen bei fremdländischen Gesandten zugezogen »u werden. Nun steht e» bei den sogenannten „offenen" Empfängen jedem frei, daran teilzunehmen, allein die Schranken, welche um den Präsidenten und feine Gattin gezogen werden, find dennoch undurchdringliche. Sekretäre und Adjutanten halten freundlich aber energisch Wache, und ebenso ist die Lady of the White House von einem Kranze von „Hofdamen' umgrvcn, oe« wetey.n o.r Anette, die Höhe des Korsage und die Länge der Aermel sorgfältig vorher besprochen wurden. Ein strenges Zeremoniell regelt den Vortritt der Richter-, Senatoren-, Admiral»- und Offiziers frauen, die Art der gegenfeitigen Besuche und Begrüß ungen, und in mehreren Büchern erhält man darüber er götzlichen Ausschluß. An keinem Fürstenhose können diese Vorschriften strenger sein, als hier in den Beziehungen der obersten Beamten der Republik zu einander. . . . Für same laufenden Arbeiten stehen dem Präsidenten zunächst sieben Sekretäre zur Seile; dieselben sind oft bis tief in die Nacht hinein beschäftigt, um überhaupt nur die ein- gehrnden Briefe zu lesen, zu ordnen unv den einzelnen „Departements" (Ministerien) zuzuweisen. Da der Präsi dent unmöglich die zweihundert Zeitungen lesen kann, die täglich im „Weißen Hause" eintreffen, so besorgt das ein eigener „Iteacksr" (Leser), welcher die seinem Ermessen nach den Präsidenten interessierenden Aufsätze «»«schneidet, in ein eigenes Buch, dem Gegenstand entsprechend, einklebt und täglich voilegt. Die meiste Zeit de« Präsidenten be anspruchen die Stellensucher, jene nach Hunderttausenden zählende Armee von Hungerleidern, welche irgend einen mehr oder minder einträglichen Dienstposten zu erhaschen suchen. Mit jedem neuen Präsidenten wechselt ja da» ganze ungeheure Beamtenpersonal der Vereinigten Staaten sowie da» GesandschastS- und KonsulatScorp». Die Be setzung dieser in die Hunderttausend reichenden Stellen liegt nun dem Präsidenten ob und erfordert von ihm eine gewaltige Nervenkraft und Selbstverleugnung, zumal nun jeder einflußreiche Parteimann, der redlich für die Wabl de« Präsidenten gewirkt hat, jeder Senator, jeder Ao» geordnete seine Freund« und Schützlinge versorgt sehen will. Dabei spielen Versprechungen, Drohungen, Kabalen, Jntriguen von allen Seiten und zwischen dem hunderUausenvköpfigen Herr von Leuten aller Stände, welche den Präsidenten brieflich, persönlich oder du'ch Freund« «lästigen, hat d«r arme Mann sich hindurchzuwinden, j«d?n einzelnen zu befrie»