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Dresdner Journal : 19.06.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189306195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930619
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930619
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-06
- Tag 1893-06-19
-
Monat
1893-06
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 19.06.1893
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Ak 139. Montag, de« 1S. Juni, abends. 1893. IM Vr«»-»» viart»^Lt>rlicU » ü* a» L»»««rl. <t»ut«d«o k«»»»»«t»lt«» ««MS- , >t»^; <l« tot» ko«t- vL<t 8t«Mp«l»i»<:üt»U tllo-N. UtQ»«lo» Kummern: 10 ks LnkRnaixunssiUvdNkrenr lür ä« k»um einer ^»epnlLenen 2«il» kleiner 8«br>t1 2V?k. Unter ,,1>o^e«uutt" 6i« ^«il« t0 ?k. Le» Dedelien- unck /LiNernentr eotepr. Xnkecdin^. Lreedelnen: LK^iied mit Xnenndm« 6«r 3cnn- u k'eiertnik« nbeml«. kernepreed-Xneodlu»»: Kr. 1L0L. DrrsdnerZMmal. Für die GeiamtleiUmg verantworUtch: ^ofrat Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. re» L»da»4lL»»xeo »ne^Mt»« Le^etL: ^>. Lra^ii^trtter, NommimiouLr 6», Ure^iner ^onr»»I»; »emdMr» NerUn Vt«n LetpeiU >e»«l Lreelen ^r»»Lt»r< ». ».: //aareertrin ^OAt«, SerIi» V»ll H»»dLrU kn>« Letp«t,-rnmdt»rl ».». »Lneden; L«<i. «««««,' kert» Lenäen lerltn ereuktari ». U.-»t»tt^»rt: Dani»« <7»., LerUn: /nrainienliant, Ire»!»»! ^.m»l ^taüal^, Henner«: F. §c/»«»«icr, L»U« «. >.: Laret <2 6». Nernnexederr USoigl. LrpeäiUoa 6se vreeäoer ^ournni». Or»»aen, 2viozer»tr. 20. karneprocd-^oeodin»,: Kr. 12VL. Amtlicher Teil. Dre-den, 15. Juni. Se. Majestät der König haben Allergnädigft zu genehmigen geruht, daß Aller- höchstihr Leibarzt, der Geheime Medizinalrath vr. F ied- ler, das von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen ihm verliehene Ehren- kreuz 1. Klasse annehme und trage. Wekanntinachung. Das Ministerium deS Innern hat 1) der Krankenkasse des Zimmer- und Maurergesellen- VreinS für Mohorn und Umgegend, ein geschriebene Hülfskasse, 2) der KrankenunterstützungS kaffe der Schneider in Pirna, eingeschriebene Hülfskasse, 3) der Krankenkasse des Kaufmännischen Vereins zu Plauen i. V, eingeschriebene Hülfskasse, auf Grund deren revidirten Statuten zu 1) vom 21. Dezember 1884 und der dazu erlas senen Nachträge vom 1. Februar und 15. Juli 1888, 14. November 1891, 27. November 1892 ur.d 19. Februar 1893, zu 2) vom 18. Januar 1893, zu 3 vom 7. Oktober 1892 bescheinigt, daß diese Kassen, vorbehaltlich der Höhe deS Krankengeldes, den Anforderungen des 8 75 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 genügen. Dresden, am 16. Juni 1893. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Lodel. Lippmann. Nichtamtlicher Teil. .JeLegrapyifche und telephonische Nachrichten. Potsdam, IS. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Heute nacht entstand im neuen Proviantamt der hiesigen Garnison Feuer, durch welches daS ganze Gebäude niedergelegt wurde; ungefähr 60V Zentner Brot sind verbrannt, sowie ein großer Posten Heu. Der Schaden ist riemlich bedeutend. Die diesige Feuerwehr war bis morgens 5 Uhr in Thättgkeit, darauf rückte zuc Hilfeleistung eine (sompagnie Gardejäger zur Brandstelle. Friedrichöruh, 1S. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ., An der gestrigen Fahrt der Mecklen burger zum Fürsten BiSmarck beteiligten sich un grfähr 4000 Personen. Ansprachen an den Fürsten hielten: Stichler-Wismar, Hillmann-Güstrow, Grospitz - Hamburg, letzterer in platlkeutscher Sprache. Fürst Bismarck antwortete in einer halbstündigen Rede, worin er sich gegen den Par- tikulariSmuö und gegen die Fraktionspolitik aus sprach, und schloß mit einem Hoch auf Se. König!. Hohe t den Großherzog von Mecklenburg. Prag, 1S. Juni (Tel. d. Dresdn. Journ.) Im deutschen Kasino fand eine Parteiversammlung unter dem Vorsitze Schmeykals statt, welche die neue Parteiorganisation einstimmig annahm, sowie eine Resolution beschloß, um die Entrüstung über den Landtagsvorgana auSzudrücken und nm ein administratives Verfahren betreffs der Errichtung des Tiautenaucr Kreisgrrichts zu fordern. Prag, lS. Juni. (Tel d. Dresdn. Journ.) In folge des verbotenen ArbeitcrmeetingS wiederholten sich die Zusammenrottungen, welche jedoch durch die Polizei jedeSmal zerstreut wurden. Die Polizei wurde überall mit Steinwürfen empfangen. 18 Kunst nnd Wissenschaft. MargotS Träume. Lou Hermann Heiberg. 1t (Fortsetzung. Alexander hatte seiner Familie den Tag seiner Rückkehr nach Berghöhe nicht genau angegeben, son dern nur geschrieben, daß er innerhalb einer Woche eintreffen werde. Unterwegs malte er sich alle Einzelheiten des Wiedersehen- im Elternhause auS. Er sah im Geiste den strahlenden Blick seiner Mutter, das glückliche Antlitz seines Vaters und MargotS dunkle Augen, in denen es so lebendig funkelte, wenn etwas Besonderes ihr Inneres bewegte. Es war gegen die zehnte Stunde morgens, als er in seiner Heimat eintraf. DaS erwartungsvoll be klommene Gefühl, daS uns so oft erfaßt, wenn wir unS einem langersehnten Ziele nähern, war auch über ihn gekommen. Wie befreit atmete ar auf, als er das Coup6 endlich verlassen hatte und auf einem Seiten pfad, an Wiesen und Gärten entlang den Weg zu Fuß nach dem Herrenhof nahm. Alle-, waS er sah, hatte ein bekanntes Gesicht und grüßte ihn vertraut Auf den grünen Wiesen lagen die Kühe auSgestreckt wie immer. Dahinter tauchte, reizvoll sich von der Landschaft abhebend, der glän zende Streifen deS Flusses auf; am jenseitigen Ufer erhoben sich die Dörfer mit ihren schindelgedeckten, Polizisten und 2 Sozialisten wurden verwundet. Ein sozialdemokratischer Redakteur namrnS Lorenz sowie ein sozialistischer Agitator namens Spurny sind verhaftet worden. Brünn, 1S. Juni. (Tel. d DreSdn. Journ.) Aus Anlaß de» Verbote- einer Volksversammlung fand rin Zusammenstoß zwischen der Menge und der Polizei statt. Letztere gebrauchte die Waffe; mehrere Waet-leute wurden verletzt. Die zur Unter stützung der Polizei requirierte Kavallerie wurde mit Steinwürfen und Schüssen empfangen, es ge- lang ihr jedoch, die Menge mit Waffengewalt zu zersprengen, wobei zahlreiche Verletzungen vor- kamrn. Es wurden 55 Personen verhaftet, unt.r diesen auch 4 Arbeiterinnen. London, IS. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ ). Nach einer Meldung der „Daily News" auS Konstantinopel wurden durch ein soeben ergangenes Urteil des Gerichtes von Angora gegen die wegen Ruhestörungen iu Cäsarea angeklagten Armenier, 17, darunter zwei Professoren, zum Tode, 6 zu 15 Jahren und 18 zu 7 biS Iv Jahren Gefängnis verurteilt, 15 Angeklagte hingegen freigesprochen. Dresden, 19. Juni. Die russische Frage in Galizien. lü In der Sitzung der österreichischen Delegation vom 14. Juni brachte der polnische Abgeordnete Graf Badeni die jüngsten groben Ausschreitungen und Miß handlungen des greisen Metropoliten Sembratowicz durch die ruthenischen Studenten am Wiener Bahn hofe zur Sprache und sagte unter anderem, daß diese Scenen die Früchte der panslawistischen und pan russischen Saat wären, die man ganz besonders in letzter Zeit in ausgiebiger Weise unter der Heran wachsenden ruthenischen Intelligenz auSzustreuen be müht gewesen war. Er lenkte auf diese Weise die Aufmerksamkeit der Wiener RegierungSkreise auf die Gefährlichkeit dieser von auswärts geleiteten Wühl arbeit und auf die in Galizien sichtlich erstarkte staats feindliche panrussische Bewegung in jenen ruthenischen Kreisen, aus denen die Reihen der nationalen Vor kämpfer sich ergänzen. Diese Bewegung äußerte sich in letzter Zeit vor nehmlich in der Organisation eines thalkräftigen Wider standes gegen die von der Landesregierung geplante und bereits eingeleitete Einführung der Phonetik in die ruthenische Schriftsprache. Diesen Reformversuch unternahm die Landesregierung zunächst im Interesse einer sprachlich geordneten Verwaltung des Landes. Um die verfassungsmäßig gewährleistete Gleichberech tigung beider Volksstämme auch in ihren Beziehungen zu der ruthenischen Bevölkerung zur Geltung bringen zu können, mußte sie endlich aus die Austragung des langjährigen Streites zwischen den Alt- und Jung- rutheren nm die „einheitliche Schriftsprache" drängen. Indem sie nun den Landesbehörden die Weisung gab, im Verkehr mit den rutheniscken Parteien sich künftig hin ausschließlich der phonetischen Schriftsprache zu be dienen, wollte sie diesen Streit zu Gunsten der jung- ruthenischen Ausfassung zur Entscheidung bringen, da die Jungruthenen die überwiegende Mehrheit ihres Volkes hinter sich haben. Sie ließ sich dabei von der Erwägung leiten, daß es leichter wäre, die Minder heit, welche sich bis jetzt der in der russischen Littera- tur gebräuchlichen Schriftsprache bediente, nach und rach an den Gebrauch der phonetischen Schriftweise zu gewöhnen, als der Mehrheit des Volkes lie rus sische Schriftsprache aufzunötigen. Daß sie dabei auch den politischen Gesichtspunkt nicht aus den Augen ließ, von dem aus es unzulässig sein mußte, den panslawistischen Wählern durch die Wiedereinführung grauen Kirchtürmen unter Gebüsch und Wald, und auch die lange Allee war deutlich sichtbar, die zu den Thoren deS Städtchens führte. Und unmittelbar am Mexe, den Alexand r be schritt, erhoben sich die rotbekachten Stadthäuser mit ihren Gärten, Pavillons, Scheunen, Einfahrten und Höfen. Alles unverändert seit undenklicher Zeit; die selben Bilder, die Alexander vertraut waren seit seinen Knabenjahren, und die er so lieb gewonnen hatte, daß ihr Anblick sein Inneres in eine glückliche Stim mung versetzte. Hier hatte höchstens eine Gartenpforte einen neuen Anstrich bekommen, dort war ein von Knaben und Hunden als Durchgang erzwungener, nieder- getretener Zaun mit Buschwerk verstopft; jetzt eben drängte sich trotzdem ein kleines, lebhaftes Tier hin durch, und auf einem hohen Giebelhause klapperten die Störche, vielleicht dieselben von ehedem. Freiliegende Gebäude mit Wink ln und Ecken, vorübergehende Männer und Frauen, langsam sich bewegendes Fuhrwerk, Luft und Fernblick, ländliche Düfte und das Kikeriki der Hähne. Nnn nahte sich Alexander seinem eigenen Besitz, zu dem ihn der Weg durch den großen Pack führte Am Eingang standen die alten, mächtigen Kastanien bäume und begrenzten die stille, große Wiese mit ihrem herrlich üppigen Wachstum, und weiter hinauf schimmerten durch den beschnittenen Baumgang die Hellen Wände deS Herrenhose- hervor. Alexander stieß die unter dem dunklen Laube in ihrem schneeigen Weiß sich abreichnende Etacketpforte auf und trat in den Garten. Alle Wege waren aufs sorgfältigste geharkt und die großen, breiten Rasen der russischen Schriftsprache in allen von den Ruthenen bewohnten Landesteilen ihre Arbeit zu erleichtern, ist selbstverständlich. War es doch für sie kein Geheim nis, daß die Bekämpfung der Phonetik durch die Alt- ruthenen ausschließlich aus dem Grünte ins Werk gesetzt wurde, um der weiteren Entfremdung der „ga lizischen Russen" von 1er großen russischen Nation im Zarenreiche entgegenzuarbeiten. Eine weitere Nahrung erhielt jene Bewegung durch die angeblichen Versuche der griechisch-katholischen kirchlichen Behörden, durch Einführung einiger den äußeren Unterschied zwischen der Union und der römisch-katholischen Kirche beseitigenden gottesdienst lichen Gebräuche dem nationalen Eigenwesen des Ruthencnvolkes den Boden abzugraben. Diese Ver suche sollten anläßlich des Besuches des Metropoliten Sembratowicz im Vatikan die oberhirtliche Weihe erhalten, und nun erging an die russophilen Kreise in Galizien von jenseits der Landesgrenze der Ruf, thatki ästig einzugreifen, um den dem russischen Volks stamme in Galizien drohenden Gefahren abwehrend entgegenzutreten. In welch unerhört brutaler Weise die ruthenische Aktionspartei diesem Ruse Folge leistete, das erfuhren wir aus den Polizeiberichten über die beklagenswerten Vorgänge am Wiener Bahnhöfe, bei denen das geistliche Oberhaupt der Ruthenen die LeidenSrolle des überführten und gemaßregelten Volks- verräters zu spielen hatte. Über die am päpstlichen Hofe anläßlich seiner Anwesenheit gepflogenen Be ratungen, welche den unmittelbaren Anlaß zu diesen widrigen Scenen gaben, äußerte sich der Metropolit Sembratowicz zu der vom Jungruthenensührer Romanczak angeführten Abordnung folgendermaßen: „Ich kann auch Ihnen die Versicherung vom Wohl wollen des Papstes für die griechisch-katholische Kirche nnd das ruthenische Volk geben. In der Ansprache deS Papstes an die ruthenischen Pilger wurden die Worte hinsichtlich der Annäherung beider Riten falsch verstanden. In Rom denkt man ebensowenig wie ich an die Übertragung gewisser Neuerungen und Gebräuche aus dem römisch-katholischen in den grie chischen Ritus. Es handelt sich bloß um die Bestäti gung einzelner Gebräuche, die schon längst bei uns Wurzel gefaßt haben, wie das Absingen des „Swiatzj Boze" unter Glockengeläute oder das Herumtragen der Monstranz, welche früher dem griechischen Ritus fremd waren und sich später eingebürgert haben, ohne den Charakter dieses Ritus zu verwischen. Dies allein hat der Papst bei seiner Ansprache vor Augen gehabt. Was nun die Gerüchte betrifft, daß ich in Nom ge wisse Zusagen gemacht oder einen Eid geleistet habe, so strllt sich das alles als eine Unmöglichkeit dar. Ich konnte keineswegs wegen Einführung von Neuerungen auch nur unterhandeln, da hierzu die Zustimmung wenigstens zweier Bischöfe erforderlich wäre. Solche Verhandlungen müßten öffentlich und könnten nicht insgeheim geführt werden. Es ist daher nicht mög lich, daß Befürchtungen dieser Art die Demonstration gegen mich veranlaßt haben. Davon, daß die Jesuiten die Verwaltung und Leitung unseres Seminars zu übernehmen hätten, ist keine Rede, überhaupt werden keine Veränderungen vorbereitet, und ich bitte nur ein wenig Geduld zu haben, und Sie werden sich bald überzeugen, daß zu keinerlei Befürchtungen irgend welcher Grund vorliegt Ich versichere Sie, daß ich thätig bin und stets wirken werde für das Wohl unserer Kirche und unserer ruthenischen Nation." Auch die nachherigen Äußerungen des Kirchen- sürsteu, daß er bereit ist, von der geistigen Führung des Rmhenenvolkcs zurückzutrctcu, sobald sich dieselbe in der Folge als den Ruthenen nicht ersprießlich er weisen sollte, und daß niemand an die Einführung des Cölibats in der ruthenischen Geistlichkeit dcn'e, beweisen, wie wenig begründet die gegen ihn von den Panslawisten und Panrussen erhobenen Anschuldigungen waren. Aber dieses sichtliche Bestreben deS ruthenischen Oberhirten, die aufgeregten Gemüter im Ruthenenvolke zu beruhigen, zeigt auch, wie groß bereits die Fort schritte der panslawistischen Wühlarbeit sein müssen. Dieser Bewegung liegt auch h-cr die Absicht zu Grunde, zu verhüten, daß die griechisch-katholische Kirche in ihrer „ursprünglichen Reinheit" bewahrt werde und damit auch auf kirchlichem Gebiete der national politischen und kulturellen Wiedervereinigung der „galizischen Russen" mit ihren Brüdern jenseits der Landesgrenze — und darin liegt das Wesen der „russischen Frage" in Galizien — keine neuen Schwierig keiten in den Weg gelegt werden. Nur ein kleiner Teil der von den panslawistischen Wühlern erregten nationalen Kreise bekämpft die gegenseitige Annäherung der beiden Riten und es hieße die politische Bedeu tung dieser Elemente nur künstlich erhöhen, wollte man sich von ihnen auS den einmal betretenen Bahnen ohne Gegenkampf wegdrängen lassen. Tagesgejchichte. Dresden, 19. Juni. Ihre Majestäten der König und die Königin verlassen heute das Königl. Jagd haus Rehefeld wieder. Allerhöchstdieselben werden mit Sonderzug ab Bahnstation Geising-Altenberg nach mittags 5 Uhr 15 Minuten nach Mügeln fahren, dort 6 Uhr 54 Minuten eintreffen und Sich von Mügeln auS mit Wagen nach Pillnitz begeben, um das Königl. Schloß daselbst zu beziehen. — Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem König hat auf die Zeit vom 19 Juni bis mit I.Juli der Kammerherr v. Schönberg-Mockritz übernommen. * Berlin, 18. Juni. Se. Majestät der Kaiser wohnten mit Ihrer Majestät der Kaiserin gestern nachmittag dem Adlerschießen des Offiziercorps des 1. Garderegiments z. F. bei. — Heute vormittag be gaben sich die Majestäten vom Neuen Palais zum Gottesdienst nach der Garnisoniirche in Potsdam. — Der Bundesrat erteilte in der am Donners tag unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten desStaatS- ministeriums, Staatssekretärs des Innern 0r v. Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung dem Antrag des Ausschusses für Handel und Verkehr, betreffend den Verkehr mit Sprengstoffen, und dem Zusatzab kommen zu dem internationalen Vertrage wegen Unter drückung des BranntweinhandelS unter den Nordsee fischern auf hoher See die Zustimmung. Sodann wurde die erforderliche Ersatzwahl eines nichtständigen Mitgliedes des Reichrversicherungsamtes aus der Mitte des BundeLrats vorgenommen. Endlich wurde über mehrere Eingaben in verschiedenen Angelegen heiten Beschluß gefaßt. Am Sonnabend hielten die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Stcuerwesen und für Handel und Verkehr eine Sitzung. — Das preußische Staatsministerium trat am Sonnabend zu einer Sitzung zusammen. — Die Überführung oer Gebeine deutscher Offiziere und Soldaten von St. Ail nach dem neuen Begrübnisplatz aus deutschem Boden vollzog am Sonnabend rn sehr feierlicher Weise. Um 6 Uhr morgens nahmen die französischen Truppen an dem Denkmal in St. Ail Aufstellung; zu gleicher Znt er schien dec Divisionsgeneral Jamont. Um 7 Uhr traf die Deputation von sechs deutschen Offizieren in Paradeuniform ein und begrüßte den General Jamont. Der Unterpräfekt übergab darauf im Namen der fran zösischen Regierung den deutschen Offizieren die Ge beine der deutschen Soldaten. Nach einer Ansprache der Feldprediger stellte sich der Zug auf, wobei ein Bataillon Chasseurs mit der Musik eskortierte. An der Grenze auf französischem Gebiete hatten französische Husaren und Chasseurs Aufstellung genommen, auf glänzten in so frischen Farben, als sei ihr junges FrühlingSgrün eben erst zur Entfaltung gelangt. Die Boskets, Gebüsche und kleineren Bäume waren sorgsam beschnitten, und eine Stille und Ruhe herrschte in dem nur von Vogelgezwitscher belebten Park, als feiere die Natur, abgewandt von allem Welttreiben, in genügsamer Freude und still in sich gekehrter Demut einen hohen Festtag. Plötzlich raschelte etwas an der Wegbiegung, und als Alexander den Blick erhob, stand Margot vor ihm. Mit einem GlückSschrei streckte sie die Arme aus und flog an seine Brust. „O, mein Alexander, mein Alexander!" rief sie bewegt, und — „Nun ist alles gut, und mein Herz wird wieder glücklich!" fügte sie unter tiefem Atem holen hinzu. Schon als Kind hatte sie sich in ganz ausschließ licher Weise mit ihrem Bruder beschäftigt. War er gütig gegen sie, so hockte sie wie eine Dienende neben ihm nieder und küßte seine Hände. Erfaßte ihn ein- mal der Zorn und war er ungerecht, so schlich sie stumm fort und weinte, und wenn er sie, feine Heftig keit bereuend, zurückrief, dann strahlte ihr Auge in Dankbarkeit. Und das war so geblieben. „Ganz wie Du müßte der Mann sein, dem ich einmal meine Hand reichen möchte", hatte sie einmal gesagt, „aber weshalb soll ich heiraten, solange ich Dich habe." Erst in den letzten Jahren hatte sich Margot eiwar geändert; sie zog sich zurück, la- viel, äußerle seltsame Gedanken in ebenso seltsamer Form und blieb, wenn sie mit Alexander zusammen war, vielfach schweigsam und lichtete ihre stummen, sonderbaren Augen auf ihn. Heute hängte sie sich nach den Ausbrüchen ihrer Zärtlichkeit an seinen Arm, überlegte, wie er die beiden Alten überraschen könne, und lachte mit kind licher Freude, als sie sich deren erstaunte Mienen ausmalte. „Ich hab's!" rief sie nach allerlei unausführbaren Vorschlägen. „Gleich ist's Zeit zum zweiten Früh stück. Ich werde Mama aus der Nähe des Eß zimmers entfernen. Papa kommt ohnehin jetzt nicht auS seinem vollgedampften Zimmer heraus! Du setzest Dich an Deinen gewöhnlichen Platz an den Tisch, Alrxanter, rührst Dich nicht und machst, rvenn sie ein- treten, als ob's gar nichts Besonderes wäre." Diesem Vorschläge stimmte Alexander zu, schlich, nachdem Margot alles vorbereitet hatte, inS Hau-, betrat das Eßzimmer und ließ sich dort nach Abrede nieder. Er hörte seine Mutter draußen sprechen, und sein Herz zitterte bei dem Klang ihrer Stimme. Es schien ihm fast unmöglich, ihr nicht sogleich an die Brust zu fliegen. Nun war'S für Augenblicke still. Ader dann ver nahm er den langsamen Schritt seines Vaters. Er hätschelte den Jagdhund, der sich eben durch die an- gelehnte, mit einer altmodischen träge anschlagendrn Klingel versehene HauSthür gedrängt hatte. Der Diener deS Hauses redete auch, und jetzt Margot, und abermals Alexanders Mutter. Dann aber öffnete sich die Thür. „Nein, ich werde heute einmal ein Gläschen Rot wein trinken", sagte, auf eine Frage feiner Frau Ant» wort erteilend, der Oberst beim Eintritt.
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