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Dresdner Journal : 13.07.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189307135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930713
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930713
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-07
- Tag 1893-07-13
-
Monat
1893-07
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 13.07.1893
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Dir Stärke der einzelnen Parteien beträgt: T«utsch-Ko»fe«»tivr «8 («8) 4- o R«tchiW«Ut 27 (18) 4- » Deutsche «esormparlet (neu, zu ihr gehören dir Abag l)r. Boeckel, Graefe, Hänichen, Hirschel, Stemm, Köhler, Lieber-Meißen, Lohe, Werner und Zimmermann) 1V Zentrum . SS (10L) - v Polen iv (17) -z- 2 Nationalliberale b2 (42) 4- 10 Freisinnige «ereiiigung . . . . Deutsche Freisinnige Bolttparlri . 22/ Süddeutsche Bolktpartei (früher Volk-Partei 11 (io) 4 1 Sozialdemokraten 43 (SK) 4- 7 Außerdem find al» bei keiner Frak tion verzeichnet 28 (82) - 4 »8» Dazu die d ausstehenden Wahlen ü »97 Hiernach hoben den Verlust die Freisinnigen (- 3» Sitze) und da- Zentrum (— 6 Sitze), zusammen — SS Eitze zu tragen. Einen Eewinn haben die Reich-Partei mit -i- v, dre Polen mit -i- 2, die Nationalliberalen mit -i- IO, die Süddeutsche Volk»- partri mit -i- 1 und di« Sozialdemokraten mit -i- 7 Sitzen, zu sammen 2» Sitze. Außerdem haben die Antisemiten, von denen 10 die Deutsche Resormpartei gebildet haben, einige Eitze gewonnen Bei keiner Fraktion sind die solgeudrn «bgeord rieten: Tolbu», Guerber, vr. Haas, Süchly, Reumann, Preiß, vr. Simonis, Winterer (sämtlich Elsaß lothringer); Ahlwardt, Bachmeier, Graf v Bernstorff, Gras v. Bismarck Schönhausen, Bruckaraier, Frhr. v. Buddenbrock» Prinz zu Echönaich-Earolath, v. Dallwitz, Graf v. d. Decken, Fußangel, Hilpert Frhr. v. Hodenberg, Frhr. v. Hornstein, Johannsen, Lenh v. Levetzow, Liebermann v Sonnenberg, vr. Pachnickt, Roesicke und vr. Sigl. .ReichSanzeiger". — Für die Nachwahl in Rinteln ist als kon servativer Kandidat Landrat v. Buttlar-WolfShagen, für diejenige in Bingen als antisemitischer der Schrift steller Welcker aus Ulm aufgestellt worden. — Die klerikale „Schles. VolkSztg." bringt fol gende Mitteilung betreffs des Zentrums Wahlauf rufs für die jüngsten ReichStagSwahlen: vom Hrn. Abg. v. Schalscha geht uns nachstehendes mit dem Ersuchen um Veröffentlichung zu: Berlin, den 2. Juli 1893. Sr. Hochgeboren dem Mitglied des Reichstage- Hrn. Grasen Hompesch. Berlin-Reichelag Ew. Hochgeboren werden cS begreiflich finden, daß ich an allen Vorgängen in der ZenlrumSsraktion deS letzten Reichs tages, deren letzten Sitzungen beizuwohnen ich durch Krankheit verhindert war, lebhaften Anteil nehme. Ein besonders leb haftes Interesse habe ich für die Art, wie der Ausruf zu stände gekommen ist, welcher von einer Anzahl Herren des früheren FraktionSvorstandes unterzeichnet ist Wie mir mitgeteilt wird, ist die Genesis dieses AusrusS folgende: Ein sehr geachtet s Mitglied der Fraktion hat im Austrage der Fraktion den wichtigsten Passus des Ausrufs, den über die Militärvor'age, entworfen, die Fraktion hat denselben gut ge heißen und den Vorstand beauftragt, d,n Aufrus des weiteren zu entwerf n und den Passus übrr die Militärvorlage. wie er von der Fraktion gu'gehcrhen war, redaktionell einzusügen. Hr. vr. Lieber aber, welchem vom Vorstände die weitere Absassung des AuftusS anvertraut war, biseitigte diesen Passus nnd setzte an dessen Stelle em eigenes Elaborat, welches in der scharfen Spitze gegen den Antrag des grhrn. v. Huene seinen Abschluß sand; — und die Herren Unterzeichner les Ausrufes unterzeichneten diese — sagen wir: unbefugte Abänderung mit mehr oder weniger Widerstreben, aber sie unterzeichneten So unglaublich das alle- klingt, so ist mir der Vorgang, wie ich ihn dargelegt, doch von so zuverlässigen Personen mit- geteilt worden, daß ich glaube, ihn nicht ohne weiteres als bös- willige Erfindung ansehen zu dürfen. Ew Hochgeboren, als Vorsitzenden ter früheren Zentrumsfraktion, bitte ich daher um gefällige Aufklärung des Sachverhalts, und das um so dringender, als über die Angelegenheit recht verschiedene Versionen um laufen, die, foweit sie falsch sinn, berichtigt werden möchten, und als eS in dem Aufrufe ge ade der Passus über die Militär vorlage war, welcher in dem Wahlkampfe die Gemüter ganz befonderS erhitzte und irresührte. Indem ich Eiv. Hochgeboren bitte, ihre freundliche An - wort nach Frohnau bei Löwen in Schlesien adressieren zu wollen, wo ich in einigen Tagen eintreffe, bemerke ich gleich zeitig, daß ich dafür Sorge getragen habe, daß der Inhalt diese- Schreibens nicht eher veröffentlicht wird, als bis ich mit Bestimmtheit annehmcn kann, daß dasselbe sich in Ihren Händen befindet und so viel Zeit verstrichen ist, daß es beant wortet sein kann. Mit vorzüglicher Hochachtung Ew. Hochgeboren ergebenster v. Schalscha." Auf dieses Schreiben erhielt Hr. v. Schalscha folgendes Telegramm, <i. el. Berlin d. 7 /7. 1893: „Wegen Gefchäftsüberhäusung eingehende Antwort erst nächster Tage möglich. Hompesch" Bis zum 11 Juli ist diese in Aussicht gestellte Beant wortung nicht erfolgt. Nach anderweitigen unwidersprochen gebliebenen Mit teilungen handelt es sich um solgenden wesentlichsten Satz des ganzen WahlausrusS: „In diesem Sinne wird der Widerspruch gegen die Milnärvorlagc Caprivi und den von den verbündeten Regierungen aufgenommenen Antrag Huene im Vordergrund der jetzigen Wahlbcwegung stehen, das Feldzeichen des Zentrums in der Wahlschlacht sein." Wien, 12. Juli. Der Eindruck, welchen der Besuch des Großfürsten - Thronfolgers von Mühe damit haben, mich zu einem gefügigen Ehe mann zu machen. Aber das Zeug habt Ihr dazu und ich will mich gern von Euch belehren lassen." Im nächsten Augenblick war sie seinem Gesichts kreise entschwunden. Der junge Mann stieg vorsichtig von seinem un bequemen Standpunkte herab und lächelte stillvergnügt vor sich hin. „Sie ist gar nicht übel/ dachte er bei sich, während er langsam fortging. „Der Vater hat am Ende Recht. Nun, man kann sich die Sache ja überlegen". Marie, die sehr gut die letzten, ihr nachgerufenen Worte verstanden hatte, kämpfte mit Thränen. Sie war durch das Benehmen Gottschalks um so tiefer verletzt, als sie wirklich in den letzten Tagen viel an ihn gedacht und mit süßem Schrecken die ersten leisen Schauer aufkeimender Liebe empfunden hatte. In Gedanken war er ihr so edel und vornehm erschienen und nun benahm er sich wie ein ungezogener Junge. Ihr weibliches Zartgefühl lehnte sich gegen seine kecke Art auf, die ihr wie Hohn erschien. Sie fühlte sich sehr unglücklich und konnte dabei keinem Menschen die Qualen des übervollen Herzens anvertrauen. Wer hätte ihre Regungen auch verstanden! In einer Zeit, in der niemand nach dem Willen der heiratsfähigen Töchter fragte, mußte sie sich fügen wie tausend andere ihres Geschlechtes. „Paternostermaker bat um meine Hand," sagte sie vor sich hin. ,Lch habe noch niemals einen Mann ge sehen, der mir im Grunde so zuwider gewesen wäre. Und Gottschalk Perseval, dem ich so gern angehören möchte, kann mich nicht leiden. Wie traurig wird «ein Los sein." Rußland am deutschen Kaiserhofe in Wien Hervorrust, spiegelt sich in einer bemerkenswerten Au»- lassuna der „Neuen Fr. Presse" wieder, welche u. a. folgende- au-führt: „Der Zar Uleraader Ul. räumt feinen Stimmungen einen großen Einfluß aus seiae politischen EnNchließungea ein, aber feine Stimmungen entstammen zumeist feinem stark entwickrltrn Selbstgefühle und dem verdachte, daß man feine Kraft und Wlllenlstäike uatei schätze« könnte Wenn er den Franzose» feine Sympathien erwies, fo geschah e« weil er sich von den Mächten de- Dreibundes nicht genügend respektiert wähnte; wenn er jetzt etwa- näher an die Höse von Berlin und Wien heran rückt, fo darf man überzeugt fein, daß er auch von der Politik de« Dreibundes eine ande-e, weniger mißtrauisch« Vorstellung sich gebildet hat. Betrachtet man den neuerjicheu Berliner Besuch de- Zarewitsch au- diesem Geficht-punkte, so zerfalle» vor allen Dingen gewiss» anscheinende Widersprüche in nicht». Man braucht in dem Verhalten Rußland» in der Frage de» deutschen HandeltvertrageS nicht einen Gegensatz zu den höfischen «uimerksam ketten zu erblicken, sofern man sich vergegenwärtig«, daß die gebeflerte Stimmung de» Zaren überhaupt erst die An bahnung handel-politischer Abmachungen zwischen Deutschland und Rußland ermöglicht hat. Ganz ebenso verlieren all die jüngsten Gerüchte von einem bevorstehenden russischen Flottea- besuche in einem französischen Hasen und von der Stationier ung eines russischen Geschwader- im Mittelmerre voll kommen an Boden, da e» augenscheinlich den persönlichen Dis positionen Alexander» 111 durchaus nicht mehr entspricht, mit der französischen Freundschaft gegen den Dreibund zu demon- ftrieren. Di« falsche Vorstellung, daß der Dreibund eine offen sive Spitze gegen Rußland habe, beherrscht den Zar nicht mehr, und in dem Maße, in welchem sie sich verflüchtigte, konnten auch die leitenden Staatsmänner in Berlin und Wien in ihren politischen Exposes zu der Konstatierung des gebesserten Ver hältnisses den Ausdruck der Erwartung sägen, daß dre Besserung soitschreiten und sich desestigrn werde. So mag immerhin ein russisches Geschwader in Brest oder Cherbourg anlausen, um sich geräuschvoll begrüßen und bewirten zu lasst«; sür di« all- gemeine europäische Situation waren ru fisch französisch« Brr brüderungtsefte nur so lange bedenklich, al- demonstralioe ras sische Unfreundlichkeiten gegen die Höse des Dreibundes mit ihnen parallel gingen " Buda Pest, 11. Juli. Einen der häufigsten Gegenstände der öffentlichen Erörterung bildet gegen wärtig die Frage einer OberhauSreform. In den Komitaten ist angesichts deS Widerstandes, den die geistlichen Mitglieder der Magnatentafel und die ihr durch Geburt angehörenden Aristokraten und andere der Kirchenpolitik des Kabinetts Wrkerle entgegen setzen, die Bewegung zu Gunsten der bezeichneten Reform wieder etwas stärker hervorgetreten. Mehrere Komitote habm bereits bestimmte Forderungen in diesem Sinne erhoben. Ein Teil der Opposition ist nun, so schreibt die „Pol. Corr.", der Ansicht, daß diese Erscheinung auf eine seitens der Regierung be- solgle Taktik zurückzuführen sei. Das ist jedoch eine völlig irrige Annahme. Wenn man auch in den leitenden politischen Kreisen die Entwickelung der Re formgedanken auf allen Gebieten nur willkommen heißen kann und wenn auch die Haltung mancher Oberhausmitglieder den Gegenstand angemessener Kritik bildet, so ist daraus noch keineswegs zu schließen, daß man die Frage der Oberhausreform zu einer aktuellen zu gestalten beabsichtigt. Es ist vorauSzu- sehen, daß auch das gegenwärtige Oberhaus sich den sich gebieterisch aufdrängenden Reformen nicht ver schließen wird, wenn dieselben von der überwiegenden Mehrheit der Nation mit Nachdruck verlangt werden. Die Regierung zählt denn auch sowohl auf dem Ge biete der Verwaltungsreform wie auf demjenigen der kirchensiolitischen Reformen auf die Unterstützung des Oberhauses. Die Regierung wird diese Reform keineswegs mit der Oberhausreform verknüpfen, wo durch die Entwickelung der ersteren nur erschwert und verzögert werden könnte. An die Oberhausreform kann erst zu einem späteren Zeitpunkte die Reihe kommen. Die Regierung hat nicht den geringsten An teil an den gegenwärtigen Bestrebungen zur Beschleu nigung dieser Reform, und die Vorwürfe, welche die Opposition auf diese Voraussetzung gründet, entbehren jeder Berechtigung. Die Regierung ignoriert selbst verständlich nicht das Oberhaus, sie hofft dasselbe für ihr Programm gewinnen zu können, ohne daß letzteres eine Abänderung erfahren würde. Pari-, 11. Juli. Der Minrsterrat beschloß heute, auf eine von Leydel und Doumer angekündigte Auskunftssorderung ablehnend zu antworten. Leydet und Doumer beantragten die beschleunigte Freilassung der Jahresklasse von 1889, damit die Soldaten der selben an den Wahlen vom 20. August teilnehmen könnten. Der Premierminister wird bemerklich machen, von Rechtswegen sei die Klasse erst im November zu entlassen, man werde sie aber, wie es der Brauch ist, nach den großen Herbstmanövern heimschicken. Mehr lasse sich nicht thun, da diese Manöver für die Soldaten jeder JahreSklasse und die mit ihnen ver bundenen Reservisten eine unerläßliche Prüfung und Ihre gesunde Natur kämpfte den Schmerz nieder, sodaß sie äußerlich ruhig den Geschäften der Häus lichkeit nqchgehen konnte. Und Arbeit hatte sie voll auf, denn seit dem Tode ihrer Mutter stand sie allein dem ganzen Hauswesen vor. 1 Während Paternostermaler vorsichtig und mit sorg fältiger Berücksichtigung aller Umstände seine Pläne erwog und Marie Swerting ibren Kummer allein trug, saß einsam in ärmlicher Behausung ein junges stattliches Weib und fluchte denselben Patriziern, die jenen nicht den ihren nennen wollten und sie selbst verstoßen hatten. Magdalena Pape war eine Enkelin des hochangesehenen Bürgermeisters Heinrich Pape, entstammte also einem der ersten Geschlechter der Stadt. Ihr Vater aber war durch seinen Bruder, den Domherrn Arnold Pape, fast um sein ganzer Vermögen gebracht worden. Dieses Unglück allein wäre noch zu ertragen gewesen. Weil der Domherr aber wiederholt Urkunden gefälscht hatte und deshalb verurteilt worden war, lastete auf dem Namen ein Schimpf, den der Vater nicht ertragen konnte. Der Gram verzehrte seine Gesundheit, er siechte dahin und starb, die einzige Tochter in Jammer und Verzweif lung zurücklassend. Beim Tode des Vater- zählte Magdalena neun zehn Jahre. Der geringe Nachlaß genügte kaum zur notdürftigen Fristung ihre» Leben». Da überwand sie den vom Vater ererbten Stolz und ging zu denen, die in besseren Tagen nicht auf sie herabgesehen hatten Überall jedoch pochte sie an verschlossene Thüren, nie Schlußübung bildeten — Wie e» sich erwarten ließ, werden Dupuy und seine Kollegen von keiner Seite her zu ihrem neuesten Verhalten beglückwünscht. Die „Däbatö" bemerken 4« der gestrig»« Verhandlung üb«« de» A»«efti«a»trag: „Der Premierminister hat diese» An trag bekämpft; «venu «r ih» verteidigt hätte, so würde sich »ie- mand darüber gewundert habe» Die letzte» Ereignisse habe« uoö aus alle« vorbereitet Festigkeit u»d Schwäche lasse» sich do» Juhiec der Regierung gleich sehr -»traue». Nachdem Hr. Dupuy Hr«. Peytral und desstn Freunde» vo» der äußersten Linken den Polizeipräfefte» ao-grliksert hatte, lag kein Grund mehr vor, »icht die Kammer ei»,«laden, den Meuterern Gnade zu gewähren vor drei Tage» schien der Premierminister der strasend« Richter zu sei», vorgestern bat er um Gnade, gestern crwichte in ihm wieder der Verteidiger de» Gesetze-. Wir werde» »hoe Zweifel heute oder morge» die Fortsetzung dieser Metamorphosen sehen " Auf der anderen Seite sagt die ..Zustic«": „Wenn Hr. Pcytral sich einbildet, daß sein »icht au-gesührter Rücktritt etwa» a» der Lage änvern werde, so täuscht er sich. E- bleibe» in Frankreich zwei Pa> leien übrig: diejenige, die sich am Sonnabend mit der Rechten vereinigte und die Partei der Republikaner, die ihren aUen Grundsätze« treu bleiben. Die Herren Peytral, Terier, Biette «. s. w. gehöre« hinfort der ersteren an. Wir wohnen diesem Schauspiel nicht ohne tief« Trauer bei. Ein traurige» Gewerbe ist diese Politik, in welcher man ohne Unterlaß dem Falle der Überzeuguogeo beiwohnt und diejenigen, an welche man am meisten glaubte, der Reche nach stürzen steht. Wir haben schon viele ehemalige Kampf genoffen befehden müssen, aber keine Prüfung war härter, al» diejenige der letzten Tage. Die Thatjachen find gehässiger al» jemals." Im „Rappel" meint A. Bacquerie: „Wir haben wirklich ein recht kräftige-, seiner Absichten deutlich bewußte» Ministerium. Einmal belobt der Premierminister aus der Tribüne denPolizei- präseltrn zu dessen Entschiedenheit; am solgenden Tage setzt er ihn um dieser Entschiedenheit willen ad. Nirmal zeigt er an, er werde die Arbeiterbörse bi» zu einer gerichtlichen Entscheidung offen lasten, am folgenden Tage schließt er st», ohne ein Urteil abzuwarten Einmal verbietet er, daß man von den religiösen Genosteufchasten spreche; am solgenden Tage sagt er: „Sprechen wir doch von denselben.' Welche Folgerichtigkeit in den Ge danken! Wieviel Vertrauen kann man zu einer solchen Negierung haben! Frankreich ist wahrlich in guten Händen". — Man glaubt nach wie vor, daß Loze nach München gehen wird. Die Nachricht von seiner Ent fernung aus der Polizeipräfektur erhielt er erst gestern früh. Sie war seinem Sekretär Riviere nach dem Ministerrat in der Nacht von Sonntag auf Montag durch den Fernsprecher mitgeteilt worden, aber der selbe hielt es für unnötig, seinen Vorgesetzten um einer solchen Botschaft willen aufzuwecken Gestern früh bereits nahm Loze von den höheren Beamten der Präfektur Abschied. Er gehört zu den Polizei präfekten, die am längsten im Amte geblieben sind; er trat gelegentlich des Wilsonschen Skandals in das selbe ein. Bei seinem Personal, dessen Lage er be ständig zu verbessern suchte, war er sehr beliebt; er verkehrte eifrigst in der offiziellen und diplomatischen Gesellschaft und nahm an allen Festlichkeiten derselben teil. An Mut fehlte es ihm nicht und bei Unruhen auf der Straße feuerte er häufig durch seine Gegen wart den Eifer der Untergebenen an; so z B. noch in der letzten Woche bei der Emeute vor der Arbeitsbörse. Sein hoher Wuchs gab ihm bei solchen Gelegenheiten ein besonderes Ansehen. — Wie der „Temps" schreibt, wird der Premier minister mit dem neuen Polizeipräfekten die Änderungen prüfen, welche versprochenermaßen bei der Polizei eingeführt werden sollen. Der Minister wird untersuchen, ob es nicht zweckmäßig wäre, unter den Präfekten einen hohen Beamten, eine Art von Generalstabschef zu stellen, welcher den effektiven Ober befehl über die Polizeikräfte ausüben und als Ver mittler zwischen dem Präfekten einerseits und den jetzigen Befehlshabern der Brigaden andererseits dienen würde. Desgleichen wird man die Mittel prüfen, den Schutzleuten eine allgemeine Ausbildung ähnlich derjenigen der Soldaten zu geben und sie mit den Verhaltungsregeln bekam t zu machen, an denen eS ihnen gegenwärtig fehlt. Die Zentralbrigaden sollen ebenfalls anders eingerichtet werden und eine Art von Elitetruppe bilden, bei deren Anwerbung nicht bloß auf die körperliche Kraft, fondern auch auf geistige Befähigung Rücksicht zu nehmen sein würde. * Paris, 12. Juli. In der Deputiertcn- kammer wurde nach einer sehr lebhaften Debatte mit 252 gegen 220 Stimmen beschlossen, den Gesetzentwurf über die Getränkesteuerreform vom Budget zu trennen. Des weiteren brachte der Deputierte Beauquier den Antrag ein, daß die Hälfte der Militärpflichtigen aus der Jahresklasse 1890 vom 1. Oktober d. I. ab auf 6 Monate beurlaubt und die Reservisten im Jahre- 1893 nur zu einer 21 tägigen Übung statt zu einer 28 tägigen einberufen werden sollen. Tie hierdurch erzielten Ersparnisse im Betrage von 19 Millionen Francs sollen an die durch die Trockenheit in Notstand geratenen Landwirte verteilt werden. Der Antrag wurde an die Bureaus verwiesen. — Eine Ver sammlung vo« 2000 Studenten fand gestern im Saal Bullirr statt. Die Versammlung, die äußerst stürmisch verlief, nahm zwei Tagesordnungen an: 1) Sie beglückwünscht den Ausschuß der Arbeitsbörse wegen seiner energischen Haltung 2) Sie tadelt Bsrenger und Dupuy, weil sie die Studenten für die Vorgänge im Quartier Latin verantwortlich machen und in der Kammer die Amnestie verweigert haben. — DerNationalkongreß der 35 ArbeitSbörfen ist heute hierselbst eröffnet worden Sämtliche Arbeit», börsen sind vertreten. — In dem Arrondissement Toulon kamen gestern fünf Eholeraerkrankungen und vier Choleratodl »fälle vor. Loudon, 12 Juli Da» englische Unterhaus zeichnet sich im allgemeinen gegenüber manchen anderen Parlamenten durch den ernsten und sachlichen Lon seiner Debatten au». E» gehört zu den Seltenheiten, daß da» persönliche Verhalten eine» Mitglieder, die Außerachtlassung der althergebrachte^, streng um grenzten Satzungen der Geschäftsordnung da» Ein greifen deS Vorsitzenden nötig machen Wenn während der erregten Erörterungen über die Homerulebill, welche die Gegnerschaft der einzelnen Parteien auf das höchste gesteigert und die Parteileidenschaft in bisher ungekanntem Maße entfesfelt hat, auch einmal im Hause der Gemeinen die Bande der Ordnung durchbrochen werden, so trägt die» zwar dort ebenso wenig wie anderwärts zur Erhöhung de» Ansehen» des Parlaments bei, aber es findet in den außer ordentlichen Umständen, unter denen sich gegenwärtig die Homeruledebatten bis zur Ermüdung abspinnen, bis zu einem gewissen Grade seine Erklärung. Gestern kam eS bei Fortsetzung der Beratung über Klausel 9 zu wüsten Auftritten, wie nachstehende Meldung der „Voss. Ztg." zeigt: Im Laufe der gestern im Unter- hause fortgesetzten Erörterung der Klausel 9 der Homerulevorlage beantragte der Konservative Selon Karr ein Amendement zu Gunsten der Herab minderung der irischen Abgeordneten im Reichs-,arla- ment auf 48 Sitze. Morley bekämpfte im Name« der Regierung den Vor schlag. — Die Debatte nahm eine« ruhigen Verlauf, bi» der Konservative Brodrick im Lause seiner Rede sür dar Amende ment von den Jrländcrn als einer geldlosen uns schwatzhaften Raffe sprach. Sex ton sprang wütend aus und rügie diese Bemtrkung als überaus impertinent. Diese Äußerung veran laßte einen stürmischen Austritt — Der Vorsitzende Mellor bezeichnete Sexton» Ausdruck al- unparlamcnlarisch und sor- derte Sexton aus, ihn zurückzuziehen. Sexton entgegnete, er würde dies nicht eher thun, bis Brodrick seine, die irische Ration beleidigende Bemerkung zmückge oge» habe. — Balsour und andere Unionistensührer bestanden daraus daß Sexton seine Äußerung zulückztetze — Unter unbrjchrcibltchem Tumult for derte der Vorsitzende Sexio r wiederholt aus, den Ausdruck zu widerrufen, wobei er nicht verfehlte, BrodrickS Bemerkung als unglücklich und herausfordernd zu rügen; Sexton blieb unbeug sam — Schließlich legt: Gladstone sich ins Mittel und be schwor Sexton, nachzugeben, salls Brodrick nicht zuerst nachgeben wolle — Balsour erklärte er hätte Vrodrrck angera en, nicht nachzvgebcn, da seine Bemerkung vom Vorsitzenden nickt als ordnungswidrig bezeichnet worden sei. — Da Sexton uner schütterlich blieb, ver'angten die Unionisten stürmisch leine Aus schließung. — Daraus sorderte der Vorsitzende Sexton aas, da» Hau- sür den Rest der Sitzung ,u verlassen, weil sein Verhalten durchaus ordnungswidrig sei. Sexton rührte sich indes nicht von der Stelle. Jetzt «nlstanü ein großer Lärm. Unionisten, Gladstoneaner, Irländer überboten sich in unverständlichem Geschrei. O.d.nungsstrafen des Vorsitzenden verhallten uu- beachtet Sexion ries erregt, er wolle nicht zum Op-er malt tiöser Einmischung gemacht, sondern vom Hause abgeurteilt werden. Neuer minutenlanger Lärm, wieterholte Rust nach Ausschließung — Ta erhob sich Gladstone. Nachdem die Ruhe einigermaßen hergrstellt worden war, beschwor er Sexton, das Haus aus seiner Schwierigkeit zu reißen und sich ru ent» sernen. — S-xton desolate schließlich den Rat und verließ das Hau» untcr stürmischen Zurufen seiner Parteigenossen Nachdem Brodrick fein Bedauern auSgedrückt hatte, daß seine Bemerkung fo übel ausgenommen worden sei, endig'e der Zwischenfall, worauf das Amendement Selon Karr mit 251 gegen 218 Stimmen verworfen wurde. — Bei der heute fortgesetzten Beratung des Paragraphen 9 der Homerulebill beantragte Gladstone die Streichung der Unterabsätze 3 und 4, sodaß die irischen Vertreter im Reichsparlamente bei allen Gegenständen stimmberechtigt bleiben sollen. Gladstone erklärte, die Regierung habe sich bei diesem Anträge durch eine allgemein im Hause verbreitete Ansicht leiten lassen, nach welcher die irischen Abgeordneten für alle Gegenstände im Reichsparlamente bleiben sollen. Rath bone und Wallace (Radikale) bekämpften energisch den Anttag Gladstones. Die Debatte wurde schließlich vertagt. — Über die weiteren Vorgänge in der heu tigen Sitzung deS Unterhauses ist noch folgendes zu berichten: mand wollte mit ihr, der Trägerin eines schandbedeckten Namens, zu thun haben. Zuerst vergoß sie Thränen des Unglücks, dann des Zornes. Ünd ihr bis dahin sanftes Wesen wich einer finsteren Verschlossenheit. Ein kalter Zug legte sich um ihre Lippen, der einen jeden abstoßen mußte, der sonst an ihrer reizvollen Erscheinung Wohlgefallen hätte finden können. Manch einer aus dem Stande der niederen Kaufleute und der Handwerker begehrte trotzdem Magdalena zum Weibe. Sie aber wies alle Werber ab „Die Tochter aus dem alten Geschlechte reicht keinem anderen die Hand, als einem Ebenbürtigen," sagte sie dann. Von den „Ebenbürtigen" aber machte niemand Anstalten, sich nach ihr umzusehen, und so blieb sie ledig Darüber waren jetzt sieben Jahre hingeflossen, sieben Jahre der Entbehrung und voll bitterer Kränk ungen. Scheu gingen alle an ihrer Thür vorüber, denn obgleich sie regelmäßig die Kirche besuchte, stand sie in dem Gerüche, sich mit teuflischen Zauberkünsten abzugeben. Niemand konnte allerdings einen Bewei» für diese Annahme beibringen, höchstens war der Um stand, daß sie sich oft einschloß und von keinem Menschen sehen ließ, in bösem Sinne zu deuten. Sie verlachte alle Andeutungen, die ihr von übel wollenden Klatschschwestern zugettagen wurden und dachte bei sich: Wenn die Menschen mich nicht lieben wollen, so mögen sie mich wenigsten» fürchten. Nie mandem aber teilte sie mit, we-halb sie mrnchmal nicht gesehen sein wollte. E» gab Stunden in denen da» trostlose Gefühl der Verlassenheit sie vollständig niederwarf. Dann weinte sie blutige Thränen und gab sich rückhaltlos ihrem Schmerze ym. AVer nie» mals zeigte sie die weicheren Regungen ihres Wesens anderen. Sobald sie sich wieder gefaßt und die Spuren ihrer Traurigkeit verwischt hatte, trat sie mit demselben bitteren Zug um die Lippen hinaus und gab sich keine Mühe, den Leuten ein gefälligeres Be nehmen zu zeigen. Von Heinrich Paternostermaker hatte Magdalena oft sprechen gehört. Als sie ihn zufällig einmal sah, fiel ihr der stattliche Mann mit den merkwürdigen Augen auf. Skin Antlitz zeigte einen Ausdruck, der ihr zusagte. Sie sühlte unwillkürlich, daß auch ihn irgend etwas bedrückte, ein Kummer oder gekränkter Ehrgeiz, den er vergeblich ganz niederzukämpfen suchte. Denn die Augen der selbst Unglücklichen sehen schärfer in solchen Dingen als die anderer, an deren Thür sich die bösen Gespenster scheu vorüberstehlen Gram macht hellsehend, Glück verschleiert den Blick. Magdalena erinnerte sich dunkel, daß Patrrnoster- maker bei den letzten Handwerkerunruhen, obgleich äußerlich unbeteiligt, die Hand im Spiele gehabt haben sollte. Nachzuweisen war ihm allerdings nicht- gewesen, sonst würde man ihm wohl in irgend einer Art zu Leibe gegangen sein. (Fortsetzung folgt.) Nefideuztheater. — Am 13. d. MtS.: ,Nora" Schauspiel in drei Aufzügen von Henrik Ibsen. (Frl Thrffa Klinkhammer al» Gast.) Da» Stück ist unserem Publikum von sehr tüch tigen Aufführungen am Hoftheater her bekannt. Es enthält mehr al» Ibsen« „Gespenster", „Wildente" und . ndere im gleichen S choffen»kielt stehende Arbeiten
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