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Dresdner Journal : 22.06.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189306229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930622
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930622
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-06
- Tag 1893-06-22
-
Monat
1893-06
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 22.06.1893
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M142 Donnerstag, den 22. Juni, abends. Veruxvprelrr pür Vr««a«v ^iortel^rUcN 1 Aiuk dv kf., d« U»a a«ut»eden kv,t»v»t»lt«o ^iert^- jL^rUcb» »u»,ork»Ib Ne, ,tout»eb«L U«u:U«» tritt kost- uoU 8tempvlrm>ckl»8 Uioro. kiorvlos Humwero: 10 kk. L»Ua»aixu»r»xvdUl»re»r Für Ne» k»um «ioor k«>p»!t«oeo 2«ilo Klei»« LoUrikt 20 kf. Voten „kivxssLoctt" Nie /teils bv kt. Kei 1'sbelleo - uoU L»Nero,»tr vvt«pr. ^uksetU»^. Lrsedelueor Ulliel» out XuivLÜiu« 6er 8con- u. keiertr^e »beaäs. kerospnecU-^oseUIuss: bkr. ILÄL. ZreMerZMrnal. Zür die Geiamtleitun- verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 1883 Loosdwe von ^vtivoiNxuoxen au^llri», l-,ip»iss^ etter, NowmissiouLr Ne» UresUosr ^ouen»I»j Lswdvex L«rl>o Vt«o »ipiix S,,«l ve,»l»ll kesoktuet ». ».: //aaeenetein et kvAker, SerNu Vi«Q-»»wdur^ krsz l^lpsi^-resoktoet ». n. Nüllck«»: ^/o^e,' ksri» l^oäoo L«rli»-?r»i>ktort ». It. 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Der Auöstand der Bergarbeiter ist vollständig beendet, nachdem auch auf den Schächten der Buscbtehrader Bahn die Streikenden dir Arbeit wieder ausgenommen Habens Paris, 2l. Juni. (W. T B.) Die hiesige englische Botschaft erklärt gegenüber anderweitigen Meldungen, keinerlei Papiere zu vermissen, über haupt von der ganzen, in der „Cocarde" angekün- digten Angelegenheit nicht die geringste Kenntnis zu haben. Der erste Botschaftssekretär Austin Lee ist heute nachmittag nach England abgereist; die Abreise deS englischen Botschafters, Lord Duffe- rin, hat mit der Angelegenheit nicht- zu thun. Pari-, 21. Juni. (W. T. B.) Der depu tierte Millrvoye begab sich heute in Begleitung des Marquis MoröS und DuretS zu dem Minister des Auswärtigen, Develle, und überreichte dem selben die vcn der „Cocarde" erwähnten Akten stücke. Paris, 22. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Millrvoy', TSrouldde, MoreS und Duret hatten gestern abend eine längere Unterredung mit Dupuy und Develle über die von der „Cocarde" angrkün- digten Dokumente. Dupuy und Develleerklärten, sie kannten amtlich von den angeblich auS der englischen Botschaft gestohlenen Schriftstücken keine Kenntnis nehmen, dieselben auch nicht in Verwahrung nehmen. ES verlautet, daß, wenn Millrvoye zögert, die Kammrrdebatte über die betreffenden Schriftstücke zu eröffneu, beantragt werden soll, daß die Kammer eine nichtöffentliche Sitzung abhalte. Rom, 2l. Juni. (D. B. Hd.) In Verbin dung mit der Affaire der Banca romana sollen weitere Verhaftungen unmittelbar bevorstehen. London, 21. Juni. (D. B. Hd.) Nach einem Telegramm der „Daily NewS" nimmt die Cho lera in Mekka weiter zu. New-Uork, 2«. Juni. (D. B. Hd.) Der Frachtdampfer „Lucania" mit Ladung von Cal- cutta nach Ncw Z)ork unterwegs, virbrannte voll ständig in der Falsebay. Dresden, 22. Juni. Carnot und Constans. Die Nachrichten, welche über da^ Befinden des Präsidenten Carnot einlaufen, widersprechen sich in vieler Beziehung. Während die einen von einer Besserung zu berichten wissen, melden die anderen, daß von einer solchen noch nicht die Rede sei. Wie dem nun auch sein mag, so steht doch fest, daß die Krankheit ein Leberleiden ist, und worin dies seine Ursache hat, erfahren wir aus nachstehender Zuschrift, welche der Kunst nnd Wissenschaft. MargotS Träume. Von Hermann Heiberg. l4 (Fortsetzung^. „Beinah ist's so!" entgegnete Henry. „Wir haben als Kinder wohl bisweilen hinter den Gärten zu sammen gespielt, aber sie kam mir immer wie eine verkleidete Prinzessin vor und hatte doch auch eigentlich nur Augen und Ohren für Dich. Ihr eigentümliches Wesen regte schon als Knabe mein Nachdenken an, und als sie einmal gütig und freundlich gegen mich war und unbefangen auf meinen Vorschlag - ich wollte mit ihr über ein Staket wegklettern — ein ging, war ich ganz hingerissen von ihrer Liebens würdigkeit." „Ganz dasselbe erzählt sie von Dir!" ent gegnete Alexander ,Du habest Dich stets gegeben, als seiest Du auS besonderem Holze geschnitten. Einmal hättest Du Dich mit ihr beschäftigt — sie erinnert sich genau der Zeit und Umstände — und da seiest Du allerdings so zart und so ritterlich gegen sie gewesen, und in all' Deinen Bewegungen, in all' Deinem Thun habe sich so viel Mut, Kraft und Besonnenheit gezeigt, daß sie fortan eine stille Schwärmerei für Dich gefaßt habe. Aber dann, glaube ich, saht ihr euch nicht ein einziges Mal wieder. Du gingst mit Deinen Eltern zum Besuch nach Bel gien. Als Tu zurückkehrtest, waren die meinigen mit „Hamb. Corr." von seinem Pariser Berichterstatter erhält: Der Punkt, auf den sich zur Zeit alle Gedanken, um nicht zu sagen alle Besorgnisse der politischen Kreise Frankreichs konzentrieren — so schreibt der- selbe —, ist die plötzliche hartnäckige Krankheit des Präsidenten Carnot. Denn es ist öffentliches Geheim nis, daß man diese Erkrankung mit einer moralischen Ursache in Verbindung bringt. Handelt eS sich doch bei Hrn. Carnot um ein Leiden, daS zu allen Zeiten als der Niederschlag deS Ärgers gegolten hat, dem nun einmal in besonderem Maße die staatsmännischen oder überhaupt politischen Persönlichkeiten ausgesetzt gewesen sind. DaS Leberleiden des französischen Staatsoberhauptes datiert von dem Augenblicke an, wo sich wie ein Blitzschlag die Wirkung der Toulouser Rede des Hrn. Constans über ganz Frankreich entlud. Denn darüber kann man sich ganz und gar nicht täuschen, daß diese Wirkung eine gleich unmittelbare in allen Kreisen, welcher politischen Richtung und Thätigkeit sie auch angehören, gewesen ist und daß die Elektrizität der Gewitterwolke nicht mit größerer Plötzlichkeit und mächtigerer Unwiderstehlichkeit dah°r- fährt, als wie die Rede des Mannes in das nationale Gewissen einschlug, von dem man schon lange die Er wartung hegte, daß er sich an die Spitze einer unauf haltsamen Bewegung stellen werde. Weniger als irgend ein anderer hat sich der gegen wärtige Inhaber der Staatsgewalt, Hr. Carnot, dar über täuschen können. Um das zu verstehen, braucht man nur einige Jahre rückwärts in die Vergangen heit zu blicken und auf das Emporkommen der beiden Männer zu achten, deren Ausgangspunkt ebensoviel Trennendes als Verwandtes darbietet. Im Juni 1889, zu der Zeit, wo sich die Popularität des Carnotschen Ehepaars in authentischer Weise bemerklich machte — Frau Carnot hat wesentlich dazu bei getragen —, erreichte zuerst das schmachvolle Unter fangen des BoulangiSmus eine solche Ausdehnung, daß es das Land mit einer ernsten Gefahr bedrohte. Es war unglaublich, aber alles trug sich so offen vor den Augen der gesamten Nation zu, daß es niemand aus dem Gedächtnis schwinden konnte. Trotzdem hat es der revolutioi äre Haß mit einem wahrhaften Mut der Verzweiflung versucht, die unzweifelhaften Retter des Landes noch dieserhalb zu bestrafen. Constans hat thatsächlich den General Boulanger vernichtet, indem er mit kühner Entschlossenheit den sonst so willfährigen, aber bei dieser Gelegen heit widerspenstigen GeneralstaatsanwaU Bouchez durch den festen und stolzen Hrn. de Beaure paire ersetzte. Düser aber zögerte keinen Augen blick, die ganze furchtbare Verantwortlichkeit zu über nehmen, womit ihn der Minister des Innern betraute. Und, was niemand zu hoffen wagte, geschah. Der „Empörer", der von den Orleans, mit einziger Aus nahme des Herzogs von Aumale, und von allen Legiti misten und Imperialisten Frankreichs, sowie von der überwiegenden Mehrheit der irregeführten und be- thörten Bevölkerung unterstützt war, wurde verurteilt! Und nun ging ein Ruf von Brest bis Marseille durch das Land: „Constans l at Frankreich gei eitet!" Und man fügte hinzu: „Zwei Männer teilen düse Ehre! Zwei Männer von gleichem Mute haben den Boden des Landes von der größten Schmach reingefegt, die er jemals zu tragen gehabt hat." Als dieser Ruf durch das Land ging, war es un möglich, von dem Namen Constans den des Hrn. de Beau- repaire zu trennen, aber noch in diesem Augenblick leuchtet durch alles der Ruhm deS Hrn. Constans wie ein unauslöschbarcs Licht hmdnrch. Er ist im rechten Augenblick der r ichtigen Eingebung gefolgt Ihm gebührt das Verdienst des kühnen Wagnisses, den Mann berufen, ernannt und auf den hohen Platz gestell» zu haben, den uns ins Land gereist und v rschieve: e Umstände führten es mit sich, daß ihr später nicht mehr mit einander in Berührung kamt. Übrigens hat Margot, wie ich annehmen darf, denselben Wunsch wie Du, und da dem so ist, schlage ich vor, daß ihr beide aus eurer Zurückhaltung heraus tretet." „Nun ja, das wäre ja ganz gut," erwiderte Henry, der bisher Alexanders Worten aufmerksam und freund lich zugehört hatte, mit einer gewissen Zurückhaltung und ohne, zu Alexanders Überraschung, auf den Schluß seiner Worte näher einzugehen. Am folgenden Tage empfing der letztere ein Schreiben von seiner Mutter, in welchem sie meldete, daß sie von den Verwandten über Luisella nichts er fahren habe und deshalb nach Hamburg reisen werde. Sie erzählte in ihrem Briese auch von Margot und ihrem Verlobten, wußte aber, wie eS schien, nichts Besonderes von ihnen zu sagen. „Deine Tante hätte Dich gar zu gern als Schwiegersohn gehabt," sügte sie hinzu. „Und nicht minder bedauert Onkel Johann, daß Dich weder Margot noch Thora ungezogen haben. Ich reise morgen ab und berichte Dir sogleich über meine Erfolge in Hamburg, mein lieber Sohn." Ter Brief enttäuschte Alexander nicht wenig. Nach den damaligen Andeutungen seiner Tante hatte er sicher erwartet, baß sie etwas über Luisella wissen und solches seiner Mutter mitteilen würde. Ais er mit Margot darüber sprach, sagte sie: „Was beschäftigst Du Dich mit diesen Dingen, Alexander? Ich sagte Dir bereit», daß Luisella Deine Frau nicht werden und über die Gründe dieser unabänderlichen Thatsache nicht sprechen kann." tinügen Mann für den er die Verantwortung mit voller Überzeugung übernehmen konnte DaS ist der einfache thatsächliche Hergang der Sache, den die öffentliche Meinung niemals verkannt hat. Aoer gerade dieser, aller Welt bekannte und einfache Her gang ist eS, der den schwachen und unfähigen Ministern CarnotS die Veranlassung znr Rache geboten hat. Denn Hr. Carnot hat immer nur mit einem schlecht verhehlten Widerstande daS Übergewicht des Hrn. Constans ertragen In dem engherzigen, neidischen Hasse gegen den Willensstärken und thatkräftigen Mann, den jeder in Hrn. Constans ahnte und hochschätzte, war er ein Herz und eine Seele mit seinen Günst lingen, den Tirard, Freycinet, Ribot, Bourgeois und anderen. Als sich nun ganz unwillkürlich, unmittelbar nach dem Hr. Constans am 4. Juni seine Rede in Toulouse gehalten hatte, die freudigste Zustimmung Lust machte und sich wie gesagt ohne jede Zurückhaltung die all gemeinste, sonnenhellste Genugthunng kund gab, begriff auch Hr. Carnot sehr wohl, um was es sich handelte. Aber der Zorn über den Sieg seines Rivalen fuhr ihm so in die Glieder, daß er zur selben Stunde von einer heftigen Leberkrankheit befallen wurde. Dcnn was am schmerzlichsten und am schwersten für Hrn. Carnot zu ertragen ist, ist. daß er selber besser als irgend ein anderer weiß, daß eS kein Mittel giebt, einem Manne den Ruhm streitig zu machen, der seine eigenen Erfolge vollständig in den Schatten gestellt hat. Wie jeder, der von der Popu larität gekostet hat, die er durch irgend ein zufälliges Glück gewann, so schätzt sie auch der gegenwärtige Präsident der Republik sehr hoch; aber er weiß auch sehr genau, daß man sich ihrer nur auf die Dauer erfreut, wenn man sie wirklich verdient, und daß man sie nur gewinnen und erhalten kann, wenn man Mut und Entschlossenheit besitzt. Niemand ist Heffer in der Lage, mit voller Sach kunde über die Überlegenheit des Hrn. Constans zu urteilen als Hr. Carnot, während ihn nichts zu der Überzeugung berechtigt daß er sich selber ener solchen Überlegenheit erfrcul. Er kann auch nicht darüber im Zweifel sein, daß es ihm nichts nützen würde, sich einem solchen Gegner zu widersetzen, weil seine einzige Hoffnung wegen der Dauer seiner Stellung darin be ruht, daß sich das Land mit dem bloßen Anscheine zufrieden giebt, während eS mit stolzer Freude das Empeckommen einer Kraft begrüßt, die sich niemals in irgend einem Punkte seinen eigenen, des Präsi denten, Schwachheiten und Machenschaften unterwerfen wird. Was Constans beabsichtigt, das steht seit langer Zeit fest, und es ist von Wichtigkeit, daß sich anch das Ausland darüber nicht täuscht. Constans ist der Minister des europäischen Friedens, weil er ein kraft voller Minister ist, der nur an der Spitze eines starken Ministeriums steht. Daran wird man nicht zweifeln dürfen, denn es ist daS die unabändcilrche Linie seines Verhaltens. Ec weiß, daß man es wagen muß, den Franzosen, wenn man sie vor unentwirr barem Unheil bewah'en will, den Frieden einfach auf. znzwingen und die öffentliche Meinung zu dem Ge ständnis zu bringen, daß die wohlverstandene Ehre auf der Erhaltung des Friedens und auf der Ein haltung der Vertragsverpslichtungen, mit einem Worte auf dem Kultus des Rechts und der Gerechl'gkcit beruht. LagcLgcjchlchk. DrcSdrn, 22. Juni. Se. Majestät der König zeichnen heute nachmittag um 4 Uhr das Königs schießen der privil. Scheibcuschützengesellschaft im Schützenhofe in den Trachenberge» mit Allerhöchst- feinem Besuche auS. Alexand r wollte sie noch einmal fragen, aber er verzichtete darauf. Dagegen brachte er die Rede auf Henry, berichtete über das Gespräch mit ihm und fragte Margot, was sie von ihm denke. „Er wollte Dir," entgegnete Margot, „ein für allemal an den Tag legen, daß er mir wohl wieder näher treten wolle, aber durchaus keine Lust habe. Dein Schwager zu werd.-n." Alexander blickte überrascht empor. Diese Äußerung sah der feinfühlenden Margot durchaus nicht ähnlich. Aber sie wußte, was in ihrem Bruder vorging, und fuhr fort: „Dich befremdet, ja verletzt meine Offen heit, Alexander. Ich wollte Dir nur ein für allemal einen Wink geben." „Bezieht sich denn Deine Äußerung auf irgend ein früheres Vorkommnis?" ,,Nein!" „Woraus schließest Tu denn, daß Henry diesen Gedanken hatte?" „Ich weiß die Dinge. Wvhcr sie mir kamen, kann ich nicht sagen. Meistens träumt mir, was geschehen wild. Aber es genügt auch, daß ich mich wachend ausschließlich mit den Personen nnd ihren Schicksalen beschäftige. Dann steht ihr Leben und ihr Denken greifbar vor mir." „Du bist ja also eine Hellseherin, Margot!" warf Alexander lachend, ein wenig spöttisch und mit der Absicht hin, seinen Unglauben an Margots Worten an den Tag zu legen. „Ja, ich d,n'S!" erwiderte sie, erhob sich, richtete ihre Gestalt empor und sah mit den dunklen Augen vor sich hin, al» könne sie die Zukunft durchdringen Berlin, 22. Juni. Se. Majestät der Kaiser erledigten, wie au« Kiel gemeldet wird, vorgestern abend nach der Rückkehr in den Hafen RegierungS- geschäfte. Gestern morgen um 7 Uhr nahmen Aller- höchstdieselben einen längeren Vortrag des Chefs deS CivilkabinettS entgegen. Um lO Uhr fuhren Se Majestät in den Nordostseekanal, besichtigten die Kanal- strecke bis Rendsburg und kehrten gegen Uhr nach Kiel zurück Bei Levensau legten Se. Majestät der Kaiser den Grundstein zu der zu erbauenden Hoch brücke — Die vereinigten Ausschüsse deS BundeSrats für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Aus schüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten gestern Sitzungen ab. — In welfischen Blättern und Wahlreden ist be stritten worden, daß der Herzog von Cumberland sich für die Miliiärvorlage ausgesprochen — denn dies war für die welfischen Agitatoren, welche jetzt sogar ausfordern, bei den Stichwahlen sür die Sozial- demokraten zu stimmen, natürlich sehr unbequem. Jetzt bringt der „Hannov Co:r." folgende Mit teilung : Hr. LandschasiSrai v. Hake aus Ohr bei Hameln Hal in tln m Briese an den LandesdireHor Frhrn. v Hammerstein geschrieben, ihm sei aus der Umgebung des Herzogs von Cumber land mitg-tei!l, daß der Herzog sich seiner Umgebnrg gegen über dahin ausgelvrochen habe, rr sei, gleichwie die übrigen deutsch n BundeSsürsten, sür Annahme der Mililärvorlage nnd könne nur bedauern, daß der ausgrlöfte Reichstag die Annahme lcrselben abgclehnt hat. Hiervon machte derHr. LandesdireUor dem Oberlandesgerichterat Erich v Reden in Gegenwart deS Brandtass nbirektorS Bürgermeister a. D Hurtzig Mitteilung Der letztgenannte Herr hat daraus bei Gelegenheit ter Sitzung des Ausschusses der Landschaftlichen Bcandlusse zu Hannover am 2ü. Mai 18S» den Landschasisrat v. Hake aus dies.n Bries hin angeredet und von ihm die Antwort erhalten, das sei so r chtig H . Oberlandes, erich erat v. Reden in Celle hat uus zur Berössei tlichung dieser Thatsachen autorisiert nnd erklärt, daß er persönlich sür deren Richtigkeit ein stehe. Oberlandes- gcrichterat v Reden hat das Wesentliche obiger Mitteilung — unter Nennung von Namen — in einer Wahlversammlung in Celle am 14. Juni bekannt geg den Daraus erklärte Rechtsanwalt Büsch, er habe am Tage vorher (13 Juni) mit Hrn v. Hake gisprochen nnd dieser habe rhm jene Mit teilung a s unwahr bezeichnet. Er «lt daraulbin se - gestellt worden, daß Hr. Büsch >icht mit dem Hrn. Lrnd- schaitsiat v. Ha'e Ohr gesprochen, was man nach seiner Aus lastung annehinen mußte, sondern mit dem Sohne desselben, der dann wohl von dem Schreiben sein-S Vaters keine Neovim» hat. TaS Schreiben selbst ist übrigens, wie Oberto idlSgenchis- ral v. Reden mittcil», an das Geheime Cwil'abineU d s Kaisers nach Berlin gegangen Hr. Landschastsrat v. Hake war, wie zum Übeifluß noch bemerkt sein mag. seil dem LS v. M von Ohr sort und weilte damals in Karlsbad. Daß sich Hr. Rechtsanwalt Büsch mit dem Zeugnis tcs Sohnes des Hrn. Landschastsrats v. Hale begnügte, wird auch den Welsen die Augen über die Loyalität der Taktik ihrer Parteileitung öffnen. Hätte sie ein Dementi vom Lankschasttrat v Hat- erhallen können, so würde dies sicher mitgeieill wolden sein, und sie würde es erhallen haben, wenn Hr. Landschasterat v Hale — bekanntlich eia eisrigcr Anhänger des Weljentums — rS, ohne der Wahrheit ins Eesichr zn schlagen, hätte geben kö.uer. Den Vornuis der Lüge weisen wir deshalb aus das Bestimmteste ab und geben ihn der welsi chm Parteileitung zurück Ertastet aus ihr und w rd nicht von ihr genommen werd-n. Der Herzog von Cumberland hat sich als Deutscher sür dir Stärkung der deutschen Weh-kraß als em- Notw.'ndigkeil ausgesprochen; die wclfische Parteileitung har, von blindem Hasse bestimmt, ent gegen dieser Wilünskundgebung dmch harinäckge Verbreitung einer Lüge deutsche Wähler zn bestimmen gesucht, nicht zur Stärkung der Sicherheit des Vaterlandes, sandern zur För derung der Sozialdemokratie beimtiagen. Die wclsijchen Han noveraner werden sich nach Klarstellung dieses Sackvei halte» zu entscheiden haben, welchen Weg sie gehe» wollen. Daß die welsische Stnnmeozahl bei der Wahl am tü. Juni um etwa 1V0N> zurückgegangen ist, darf als ein Zeichen dafür betrachtet werden, baß die Mahnung des Herzogs von Cumberland schon damals ihre W rkur.g gcthan hat — Wie aus verschiedenen Wahlkreisen verbürgt gemeldet wird, ist von der Leitung der freisinnigen Volksparter — allerdings nicht öffentlich nnd all gemein — mehrfach die Parole ausgegeben: Wählt den Sozialdemokralen! Alexander ließ sie gewähren. Nachdem sie sich aber wieder gesetzt hatte, schalt er sie wegen ihrer Hin neigung zu dem Absonderlichen. „Du wirst Dich un glücklich machen, Margot. Zuletzt beginnst Du, daS Schicksal über Dich selbst auszufrag n, und gerade die Unwissenheit über unsere Zukunft ist doch unser Glück." Margot aber schüttelte den Kops und sagte: „War Dir Furcht einflößt, ist bereits geschehen. Ich kenne mein Schicksal. Und da wir einmal diese Dinge be rühren: ich weiß, was mir bevorsteht, ich werde wirk- l'ch Henrys Frau werden! Und Alexander", fuhr sie fort, ,Deshalb schien ich so spröde nnd gleichgiltig gegen ihn. Ich liebe ihn seit meinen Kindersahren und hatte seitdem nie einen anderen Gedanken als an ihn. Aber mir träumte, daß wir uns erst später wieder begegnen würden, und daß er sich zuächst geg n eine Verbindung mit mir auflehnen werde Erst dann wird die Zeit der Erfüllung kommen " Alexander starrte seine Schwester an. Sie sprach wie eine Prophetin Frau v Schulenburg hatte, bevor sie nach Ham burg reiste, einen Brief an Mary Cornelius gerichtet und sie vor ihrem Besuch in der Familie um eine Unterredung gebeten, diese Besprechung fand auch am Tage ihrer Ankunft im Älsterhotel statt, führte aber nicht ganz zu dem von Frau v. Schulenburg ge wünschten Ergebnis. Mary erklärte Tag für Taz, namentlich seitdem sie Alexander kennen gel rnt, dar über nachgedacht zu haben, wie sie ihrer Schwester Glück befördern könne. Sie sehe keine Möglichkeit dazu, und auch Luisella« Geheimnis zu enthüllen, sei sie ohne deren Einwilligung nicht in der Lage.
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